Mit dem Motorrad nach Ägypten - über Zypern, Israel und Jordanien

Reisezeit: September - November 2000  |  von Martin Gädeke, Mio Beck

Ägypten: Der Nil - Von Luxor bis Assuan

Leider erreichen wir den Nil bei Dunkelheit, doch am nächsten Tag sticht es uns regelrecht ins Auge: Grün. Alles ist fruchtbar, wächst und gedeiht. Nach einigen Wochen in Sand und Staub ist das ein recht ungewohnter Anblick und unerhofft noch dazu, sind wir doch den öden deutschen Mischwäldern entflohen, nur um jetzt sowas zu finden.

Am Nil entlang von Luxor bis Assuan, mit einem Abstecher nach Edfu.

Am Nil entlang von Luxor bis Assuan, mit einem Abstecher nach Edfu.

Blick von der Sahara über den Nil bei Luxor.

Blick von der Sahara über den Nil bei Luxor.

Es geht uns prächtig, der Wüstenwind, der Fluch der Pharaonen, er lässt weiter auf sich warten. Wir sind mittlerweile dazu übergegangen, so ziemlich alles zu essen, wobei ich noch Ausnahmen mache. Mio hingegen liebt halt einfach Tomaten und Petersilie.

Fischer am Fluss bei Luxor.

Fischer am Fluss bei Luxor.

Wir verbringen einige Tage in Luxor, der Stadt, deren Kultur einen geradezu erdrückt. In der, diese Stadt umgebenden Wüste, befinden sich unzählige Überreste der alten ägyptischen Kultur, unter anderem das Tal der Könige und der Totentempel der Königin Hatschepsut. Hier wird die Wüste jeden Tag von unzähligen Besuchern heimgesucht, die diesen Ort mit vollklimatisierten Bussen erreichen. Wir beide, Mio und ich, unternehmen eine kleine Wanderung über den Berg vom Taltempel der Hatschepsut ins Tal der Könige. Unterwegs retten wir so nebenbei einem Japaner das Leben, der plötzlich röchelnd und vollkommen außer Atem vor uns steht. Die Hitze ist in der Tat unerträglich, darum hat jeder von uns 3 Liter Wasser dabei, über die sich der durstige Japaner göttlich freut.
Doch auch in Luxor selbst bietet sich einem ein gigantisches Kulturangebot: mitten in der Innenstadt Luxors befinden sich zwei riesige Tempelanlagen, der Luxor-Tempel und der Karnak-Tempel. Hier reiht sich eine Säule an die andere, überall stehen Statuen der einst großen Pharaonen, und ein Monument jagd das andere.

Der Umgang mit den Menschen in Luxor ist größtenteils sehr problematisch, sie haben alle ihr kleines Touristen-Geschäft am Laufen, und überall wird man als reicher Europäer angebettelt: Bakschiiisch-Bakschiiisch, sogar die Kinder in Luxor geben keine Ruhe und verfolgen uns stundenlang. Bei der Frage nach irgendwelchen Preisen erfährt man immer erst die Touristen-Preise (Flasche Wasser 3 Mark), nach kurzer Handelei gibts dann den normalen Preis (1 Mark oder weniger). Toll. Funktionniert aber leider nur manchmal.

Schiffsschaukeln auf einem Jahrmarkt in Luxor - eine gute Gelegenheit den Scharen von Kindern zu entkommen.

Schiffsschaukeln auf einem Jahrmarkt in Luxor - eine gute Gelegenheit den Scharen von Kindern zu entkommen.

In Luxor bleiben wir 3 Tage, unser Zelt haben wir im Reizcky-Camp einem sehr schönen und vor allem grünen Campingplatz mitten in Luxor aufgeschlagen.
Hier treffen wir auch ein paar 'Freaks' aus dem bayerischen Raum, die zum x-ten Mal mit 2 Mopeds und einem riesigen Unimog irgendwo durch die Wüste fahren. Für diese Jungs sind wir einfach nur Grünschnäbel, Asphaltfahrer, Bremsgriffpolierer. Dafü schauen wir uns auch noch was anderes an, als nur die Qualität unserer Stollen.

Unsere Abreise aus Luxor gestaltet sich schwieriger als erhofft. Unser nächstes Ziel ist Assuan, die südlichste Stadt Ägyptens. Um 2 Uhr wollen die Stadt verlassen und zwar mit einem weiteren Konvoi, der für Touris (überflüssigerweise) zwingend ist. Am Polizei-Checkpoint im Süden Luxors angekommen, finden wir zwar keinen Konvoi, erhalten aber die Information, der nächste Konvoi starte pünktlich um 5 Uhr, bestimmt. In den folgenden 3 Stunden zusätzlicher Freizeit scheiterten auch unsere zögerlichen Individualverkehrs-Ausbrüche. Der Tipp im Reiseführer, Luxor in Richtung der Sahara-Oase El Kharga zu verlassen und dann per Schiff über den Nil zu setzen und ohne Konvoi einfach weiter zu fahren, funktionniert nicht. So stehen wir also 3 Stunden später wieder da und warten. Es ist viertel vor 5. Um 16.55 Uhr heißt es: "Ja, in 5 Minuten geht der Konvoi". 5 Minuten später wissen alle viel besser Bescheid: doch kein Konvoi.
Daraufhin verbringen wir fast zwei Stunden damit, Terror bei der hiesigen Polizei zu machen. Wir wollen eine Sondergenehmigung oder einen eigenen Konvoi. Es stinkt uns ganz gewaltig, vor allem da wir leider nur begrenzt Zeit haben. Die Beamten scheinen durchweg freundlich und verständnisvoll zu sein, lassen sich aber nicht erweichen: frühmorgens am nächsten Tag versuchen wir es dann nochmal und diesmal erwischen wir den Konvoi.

Eine recht interessante Beobachtung scheint mir, dass sich die hiesigen Beamten einen Dreck um Ihre Mitbürger scheren, vielmehr machen sie sich einen Spaß daraus, aus dem fahrenden Auto Dattelkerne nach den Bauern auf ihren Eselskarren zu schmeißen. Sehr nettes Verhalten.

Nachdem wir mit Hilfe unseres Konvois den Checkpoint Edfu passiert haben, verlassen wir die Gruppe nach ein paar Kilometern. Wir haben keine weiteren Probleme mehr, allein bis Assuan zu kommen. Dort kommt es, wie es kommen mußte, und wie mir jeder prophezeit hat: nach langen Wochen des Wartens und nach ungefähr 6000 Km habe ich endlich den ersten Kontakt mit der Rache der Pharaonen. Aber die können nix, garnix, die Pharaonen. Überhaupt nix. Nach 2 Tagen bin ich schon wieder fit wie Turnschuh und über Pharaonen lache ich nur. Also, alle Beschwerden überstanden, mir gehts prächtig. Aber der Mio uiuiui...

Das Old Cataract Hotel in Assuan.
Hier hat Agatha Christie Death On The Nile geschrieben.

Das Old Cataract Hotel in Assuan.
Hier hat Agatha Christie Death On The Nile geschrieben.

Doch so kommt es, dass ich von Assuan eher wenig sehe, eine Aktion pro Tag muss genug sein:
Der Assuan-Staudamm ist eher ernüchternd, wie bei einem Eisberg befinden sich auch hier neun Zehntel des gesamten Kolosses unter Wasser. Angeblich hat er die 17-fache Masse der Cheopspyramide, nur halt nicht dieselbe glorreiche Vergangenheit. Die angeblich verbotenen Photos ("Military Instruction you know?" uiuiui) bekommt man für ein paar Piaster Bakschisch praktisch umsonst.
Unsere Suche nach den im Stausee ach so zahlreich vorkommenden Krokodilen ist vergeblich, aber wenigstens verbunden mit einer kleinen feinen Motorrad-Geländetour rund um Assuan.
Ein bisschen Kultur gabs auch noch, hier besonders zu empfehlen: Dumont, Ägypten.
Unser Plan, von Assuan aus bis nach Abu Simbel an die sudanesische Grenze zu fahren scheitert, die Straße ist für Touristen gesperrt, die dürfen nur fliegen. Ein Ägypter bietet uns im Scherz an, unsere Mopeds runter zu fahren, jedoch ohne uns, Touristen als Beifahrer sind auch nicht erwünscht.

Darum schlagen wir von Assuan aus wieder den Weg nordwärts ein. Wir wollen kurz vor Luxor nach Westen in die Lybische Wüste abbiegen und über einige abgelegene Oasen nach Cairo weiter fahren.
Wir tingeln also ganz brav im Konvoi, wie wir uns das auch gewünscht hatten, nach Norden, doch ach plötzlich werden wir aus unserer beschaulichen, ja meditatösen Lage geweckt, sozusagen in die Realität zurückgerissen, als wir voller Entsetzen feststellen müssen, dass wir in einer unaufmerksamen Sekunde den Konvoi verloren haben. Ups. Das tut uns dann auch schrecklich leid und zur Wiedergutmachung schauen wir uns umgehend den Horus-Tempel in Edfu an. Toll!

Der Tempel von Edfu.

Der Tempel von Edfu.

Leider sind wir so blöde, unsere Mopeds direkt am Tempel an der Polizeistation abzustellen, was nach der Besichtigung dazu führt, dass wir von sehr freundlichen und zuvorkommenden Polizisten zu einer kleinen Stadtführung eingeladen werden: im Polizeiauto, mit 6 Polizisten, 4 Maschinengewehren und anderem Spielzeug, werden wir zum CheckIn ins nächste Hotel gefahren, danach erst (und nach Deponierung unserer Pässe an der Rezeption) dürfen wir unsere Motorräder abholen.

Unsere eigene Polizeieskorte - sehr lustige Erfahrung.

Unsere eigene Polizeieskorte - sehr lustige Erfahrung.

Und wahrlich, ich sage Euch: das ist vielleicht eine Absteige. Wahnsinn.
Abends gehe ich dann noch das erste Mal in meinem Leben zu einem Barbier, seitdem tue ich das regelmäßig.

Am nächsten Morgen geht es weiter mit dem Konvoi (endlich wiedergefunden, Mensch sind wir erleichtert), den wir dann auch nach 50 Km (noch südlich von Luxor) schon wieder überraschend verlassen müssen. Dort hatte ich meinen ersten richtigen Unfall:
beim Versuch, zu Mio aufzuschließen, um direkt hinter ihm so schnell wie möglich den nahenden Checkpoint zu passieren (Überraschungseffekt, und dann schnell weiter) muss ich eine Vollbremsung machen wegen eines dieser zahlreichen Geschwindigkeitshubbel auf der Straße. Dabei bricht mir das Vorderrad auf dem Kopfsteinpflaster aus, Schlingern, Sturz. Ich rutsche direkt über den Betonhügel drüber, bis ich vor den Polizisten liegen bleibe. Hat wohl ziemlich scharf ausgesehen, ging aber doch eher glimpflich aus, abgesehen von ein paar Kratzern am Motorrad. Den Polizisten ist es ziemlich egal, dass wir ohne Konvoi unterwegs sind, und kurz danach befinden wir uns wieder in der Einöde.

© Martin Gädeke, Mio Beck, 2002
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Herbst 2000: Noch schnell den Motorrad-Führerschein gemacht und dann auf ins Land der Pyramiden! 10 Wochen Sonne, Sand und Abenteuer.
Details:
Aufbruch: 01.09.2000
Dauer: 10 Wochen
Heimkehr: 07.11.2000
Reiseziele: Zypern
Jordanien
Ägypten
Katharinenkloster
Israel
Der Autor
 
Martin Gädeke hat www.umdiewelt.de vor über 23 Jahren gegründet, ist aber nur einer von tausenden Aut­oren - und bei Weitem nicht der Aktivste. Dafür ist er für alles andere auf der Seite zuständig und immer für Dich erreichbar!
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