Ägypten - Jordanien

Reisezeit: August / September 2008  |  von Thomas K.

Cairo - Assuan - Luxor - Hurghada - Dahab - Aqaba - Petra - Wadi Rum - Dahab

Cairo

Cairo - Die größte Stadt Afrikas. Von offiziellen 16 Mio. bis 18 Mio , inoffiziell sogar bis über 20 Mio. gehen die Angaben über Einwohnerzahlen hier. Täglich ziehen neue Bewohner aus dem Süden des Landes oder aus anderen afrikanischen Staaten in der Hoffnung auf Arbeit und ein besseres Leben hinzu.

30.8.08

Zamalek, eines der schönsten und ruhigsten Stadtteile, auf einer Insel im Nil gelegen. Die verkehrsarmen Seitenstraßen ziehen sich zwischen alten Hochhäusern, und trotzdem ist genug Platz für ausreichend Grün da, um das Stadtbild zu verschönern. Allein die Straße des 26. Juli, die einzige Hauptverkehrsader, in Zamaleks Norden, bringt den gewohnten Lärm und Verkehr der ägyptischen Hauptstadt mit sich. Der Himmel ist dunstig, die Sonne kommt nur schwer durch, was aber weniger mit einer schlechten Wetterlage, als viel mehr mit dem ewigen Smog des Verkehrs, der sich wie eine Glocke über die Stadt legt, zusammenhängt. Breit und grau liegt der Nil da und fließt gemächlich Richtung Norden, wo er sich bald verzweigt, um in einem fruchtbaren Delta ins Mittelmeer zu münden. Ohne ihn hätte Ägypten keine Chance gehabt sich jemals zu entwickeln, geschweige denn, schon in früher Geschichte eine Hochkultur hervor zu bringen.

Eine stark befahrene Hauptstraße legt sich mir in den Weg. Auto an Auto rauscht, ohne jede Beachtung irgendwelcher Geschwindigkeitsbegren- zungen oder sonstiger Verkehrsregln an den wartenden Fußgängern vorbei. Wer heil auf die andere Seite kommen will, muß schnell zu Fuß sein. Am besten orientiert man sich an einen Einheimischen, und läuft im gleichen Moment los, normalerweise merkt er gar nicht ,dass er soeben als lebendes Schutzschild benutzt wurde.

Mein erstes Ziel ist der Ramses-Bahnhof. Morgen Abend soll es mit dem Nachtzug nach Assuan gehen, und ich möchte gern die Abfahrtszeiten erfragen und wenn möglich, gleich ein Ticket kaufen. Der Meydan Ramses, der große Platz vor dem Bahnhof ist einer der belebtesten der Stadt. Das schlanke Minaret der al-Fatih-Moschee ragt hoch in den grauen Himmel auf. Der Bahnhof selbst ist ein prächtiger Bau mit typischen orientalischem Erscheinungsbild. Im Inneren des Gebäudes herrscht reges Treiben. Reisende stehen an Schaltern, warten auf ihren Zug oder schleppen schwere Gepäckstücke zum Bahnsteig. Wie ein Ungeheuer heult der bärenstarke Motor einer schweren Diesellok auf und ein alter Zug setzt sich langsam in Bewegung. Passagiere, die etwas zu spät gekommen sind, laufen über die vermüllten Gleise und springen noch schnell auf den schon fahrenden Zug auf. Die Ticketschalter für Züge Richtung Assuan befinden sich im hinteren Teil des Bahnhofes. Der Bahnbeamte spricht nur gebrochen Englisch und sagt, morgen Abend um zehn gäbe es ein Zug nach Assuan. Ein Ticket kann man aber erst vor der Abfahrt, oder auch noch im Zug kaufen.

Ich steige in ein wartendes Taxi und fahre zum Khan-el-Khalili. Der Taxifahrer ist einer von den anständigen und verlangt nicht viel Geld. Auch mit 5 Pfund Bakshish ist er zufrieden. Der Gepäckträger gestern Abend am Flughafen, hätte am Zehn-Pfund-Schein ganz gerne noch eine Null dahinter gesehen. "This is no money in Egypt!" hatte er empört gesagt, aber da muss man konsequent bleiben. Später werde ich von anderen Ägypten-Reisenden noch ähnlich Geschichten zu hören bekommen.

So berühmt der Khan-el-Khalili für Cairo auch sein mag, ich kann ihm beim besten Willen nicht viel abgewinnen. Mit den quirlig belebten, orientalischen Suqs von Aleppo oder Damaskus kann er bei weitem nicht mithalten. Vielleicht liegt das auch daran, dass die Stadt heute Vormittag einfach noch nicht so recht zum Leben erwachen will. Händler haben die Gunst der Stunde genützt und eimerweise Wasser vor ihren Läden ausgegossen, um den Boden zu säubern. Schwarze Pfützen sammeln sich in den Schlaglöchern, von irgendwoher dringt übler Geruch. Ich verlaufe mich in irgendwelche schmuddeligen Seitengassen und viel schneller als erwartet - eigentlich wollte ich die Strecke auch mit einem Taxi zurücklegen - erscheint der imposante Bau der Sultan Hassan Moschee. Krampfhaft versuche ich das sandfarbene Bauwerk mit seinen zwiebelförmigen Kuppeln und Minaretten auf ein Foto zu bekommen, aber ich stehe viel zu nah dran. Das bekommt ein junger Ägypter in rotem
T-Shirt mit und meint, von der Festung aus, die unmittelbar dahinter steht, könne man viel besser fotografieren. Dann sagt er ich soll doch mit ihm kommen, er will mich zur Mardani-Moschee bringen. Natürlich ist mir klar, dass jetzt die Gelduhr tickt, aber warum soll man sich nicht mal von einem Einheimischen etwas zeigen lassen? Wir gehen zurück, ähnlich ,wie ich gekommen bin, und nach etwa zehn Minuten sind wir da. Gegen eine Spende kann man sogar auf das Minarett steigen. Der Imam verstaut den 50-Pfund-Schein, den ich ihm gegeben habe, sorgfältig in einer kleinen, alten Holzkiste und versichert, dass das Geld garantiert an arme Kinder geht. Dem Jungen, der mich hergebracht hat, gebe ich auch etwas und er verabschiedet sich. Selbstverständlich kann ich jetzt den Imam auch nicht außen vor lassen und drücke ihm auch noch 20-Pfund in die Hand. Er zeigt mir den Aufstieg zum Minarett. Eine schmale, steile, steinerne Wendel- treppe führt in vielen Windungen hinauf bis ganz nach oben. Inzwischen hat sich die Sonne durchgesetzt und es geschafft, den Dunst aufzulösen. Ein toller Ausblick über das gesamte alte islamische Cairo, der bis zur Festung reicht, bietet sich dar. Der Abstecher hat sich auf alle Fälle gelohnt. Wieder unten lädt mich der Imam noch auf einen Tee in sein stilles Kämmerchen ein. Während er den Tee zubereitet, stellt er mir ein Glas Leitungswasser hin. Nur aus Freundlichkeit trinke ich ein paar wenige Schlucke. Leitungswasser ist in solchen Ländern genau das, wovon man die Finger lassen sollte, wenn man nicht vor hat, den Urlaub mit Durchfall auf dem Hotelzimmer zu verbringen. Auf Grund hygienischer Mängel kann es durch Bakterien verunreinigt sein und ist bestenfalls zum Waschen oder Zähne putzen geeignet. Der Imam spricht nur wenig Englisch und es kann zu keiner vernünftigen Koversation kommen, aber ich glaube, er bittet mich um Geld.

1176 fing Saladin mit dem Bau der Festung an, um die Stadt vor den Kreuzfahren, die bereits in Israel wüteten, zu schützen. Bestimmend ist die Alabastermoschee, die aber nie soviel Anklang gefunden hatte, wie es sich ihr Stifter Muhamed Ali gewünscht hätte. Schriftsteller verglichen sie mit einer fetten Kröte oder einer dicken lauernden Katze. Besonders schön ist der klotzige Bau mit seinen eckigen Fenstern wirklich nicht. Die Sultan-Hasan-Moschee, vor der Zitadelle, besticht durch wesentlich einfallsreichere und filigranere Architektur.

Schöner, aber viel kleiner ist die Al Nasir Moschee, das einzige noch erhaltene Bauwerk aus der Mameluckenzeit. Von der Terrasse der Festung hat man einen schönen Blick über die ganze Stadt. Bei klarem Wetter kann man bis zu den Pyramiden sehen, heute aber stehen sogar schon die Hochhäuser im Stadtzentrum im Dunst.

Schwüle 38 Grad hat es in Cairo. Das kann schon Durst machen. Fanta Ananas ist exotisch und erfrischend, aber auch etwas süß. Am Bab Zuweila, ein von zwei Minaretten flankiertes Tor im Khan el-Khalili, setze ich mich auf ein paar Stufen, um etwas zu verschnaufen. Dort komme ich mit einem Ägypter ins Gespräch. Er heißt Ouzo, wie der Schnaps und lädt mich zum Tee ein. Er spricht sogar Deutsch und hat einige Zeit in Rosenheim gelebt. Wir setzen uns in ein Straßencafe und unterhalten uns über Deutschland, Ägypten und anderes. Dann bietet er mir eine Zigarette an, aber ich lehne ab, und er zeigt mir auf der Schachtel das Bild von einem jungen Mann, der an Geräte angeschlossen im Krankenhaus liegt. Das wirkt vielleicht abschreckender als altkluge Weisheiten wie "Rauchen kann tödlich sein". Später, auf dem Weg in sein Papyrusgeschäft, was er mit seiner Schwester und seiner Cousine betreibt, hilft er mir dabei, Spielsteine für Tavla zu kaufen und handelt mir einen guten Preis aus. Die schwarzen Steine sind aus Horn, die weißen aus Kamelknochen. Dann führt er mich in einen alten, abseits gelegenen Hinterhof. Eine Färberei hat hier ihren Platz gefunden. Auf notdürftigen Böcken hängt massig Wolle oder Felle zum Trocknen aus und vor den halb zerfallenen Torbögen, die zu einem fast baufälligen Haus gehören, sind zwei Männer in Pumphosen emsig bei der Arbeit.

Die ganzen Wände in Ouzos Laden sind mit Papyrusbilden mit typischen Ägyptischen Motiven gepflastert. Hehba, Ouzos Schwester, die gut Englisch spricht, erklärt mir die Motive und natürlich auch, dass echtes Papyrus nicht reißt, Banane dagegen schon. Zum Beweiß reißt sie an einem Papyrusblatt und es geht nicht kaputt. Unehrliche Händler verkaufen oft Banane. Es mangelt weder an kalter Cola noch an heißem Tee. Gerne hätte mich Ouzo auch noch zum Essen eingeladen: " Meine Schwester kann gut kochen." aber es ist erst halb fünf und ich habe noch keinen richtigen Hunger. Ich kaufe ein Gemälde mit Schriften aus dem Koran, da ich die arabische Schrift sehr mag und verabschiede mich langsam.

Auf dem Rückweg Richtung Hotel gehe ich unterhalb der Brücke des 6. Oktober, eine Art Stadtautobahn, die sich auf Stelzen durch ganz Cairo zieht, entlang. Jetzt sind die Straßen richtig belebt. Die stinkenden Blechlawinen, meist bestehend aus alten Autos, deren Marke nur schwer zuzuordnen ist, kommen nur ganz langsam voran, ohne Hupen geht gar nichts mehr. Ein buntes Völkergemisch treibt sich auf den Straßen und in den Geschäften. Von arabischen Typen über dunkelhäutige, nubische Typen, aus dem Süden des Landes bis zu richtigen Schwarzafrikanern gibt es alles. Touristen trifft man hier in der Stadt eher selten an. Die jungen Leute tragen alle Jeans und T-Shirt, die älteren meistens Hemd und eine weite Hose, oder Galabiyah und eine traditionelle Kopfbedeckung. Frauen sind deutlich in der Unterzahl, alle mit Kopftuch oder Tschador, selbst kleine Mädchen tragen häufig schon Kopftuch.

Am Nil sitzt man auf einer Ufermauer bei einem Tratsch. Ausflugsboote liegen wie in einem Yachthafen Seite an Seite. Im Hotel mach ich mich frisch, schau die Bilder an, die ich gemacht habe und gehe ins ein Stockwerk tiefer gelegen Restaurant. Vom elften Stock hat man einen phantastischen Blick über die Lichter der Stadt. Außer Chicken-Kebap und italienisch hat die Speisekarte nichts zu bieten, aber das ist in den meisten Hotelrestaurants so.

Nach dem Essen gehe ich noch eine Runde am Nilufer spazieren. Die Ausflugsboote entpuppen sich als Disco-Schiffe. Laute arabische Popmusik dröhnt und hämmert von den Schiffen. Die Cairoer Jugend treibt sich hier herum auf der Suche nach Spaß und Vergnügen. RiesigeLeuchtreklameschilder und jede Menge abendlicher Verkehr beherrschen den Midan Tahrir, einen der größten Plätze in Cairo. Hier kommen wichtige Hauptverkehrstraßen zusammen.

31.08

Was wäre ein Besuch in Cairo, ohne die Pyramiden gesehen zu haben? Erst aber möchte ich noch einmal versuchen, einen Sitzplatz im Nachtzug nach Assuan zu bekommen. Ich frage im Hotel, ob man mir dabei helfen könne. Der Mann an der Rezeption will einen Bediensteten zum Ramses-Bahnhof schicken. Eigentlich hatte ich dabei eher an einen simplen Anruf gedacht, ganz einfach um Zeit zu sparen, aber das geht in Ägypten wohl nicht so einfach. Dann kann ich auch selber gehen. Doch das ganze ist wieder schwieriger als gedacht. Erst warte ich am Schalter, bis ich an der Reihe bin, nur um zu erfahren, dass die Sitzwagen schon ausgebucht sind. Der Bahnbeamte schickt mich weiter zum nächsten Schalter, der für Schlaf- und Liegewagen zuständig ist. Ein schwarzer Ägypter, der sich vor mir eingereiht hat, erzählt, dass auf Grund von Ramadan, der morgen beginnt, viele nach Assuan zu ihren Familien fahren, um dort gemeinsam den Fastenmonat zu verbringen, und deshalb schon viele Plätze ausgebucht sind. Am Schalter erfahre ich, dass der Zug von Gizeh abfährt, aber eine Reservierung kann ich auch hier bekommen. Das Dumme ist, man kann nur in Dollars bezahlen und die liegen im Hotel und sind für die Überfahrt von Hurghada nach Sharm-el-Sheikh reserviert. Also zur nächsten Bank und Geld wechseln. So leicht ist es gar nicht hier eine Bank zu finden, die nächste ist bestimmt eine viertel Gehstunde entfernt. Die ägyptischen Banken sind wie Arbeitsagenturen. Man muß eine Nummer ziehen und warten, bis man an der Reihe ist. Ich ziehe die 72, auf der elektronischen Anzeige leuchtet die 59 auf und will und will einfach nicht auf 60 weiter springen. Wenn das bei jedem Kunden so lange dauert, bin ich in einer Stunde noch immer hier , aber die Pyramiden sind mir wichtiger. Ein Bankangestellter fragt mich, ob ich nich in eine andere Bank gehen könne, da sehr viel los ist und es noch dauern würde. Schon am Bahnhof habe ich angefangen, mit diesem Gedanken zu spielen. Dann wurde aus dem Spiel von Hindernis zu Hindernis langsam Ernst. Und mein Entschluss hat sich immer mehr gefestigt: Ich schicke eine SMS nach Hause, die sollen mal im Internet mal nachsehen, wann heute Abend ein Flug nach Assuan geht und was der Spaß kosten soll. Eine andere Bank ist nicht in der Nähe. Ich fahre zurück ins Hotel und hole die Dollars. Der Bahnhof von Gizeh ist auf dem Weg zu den Pyramiden kein großer Umweg und wenn ich bis dahin nichts positives von einem Flug höre, will ich es dort noch einmal versuchen. Wir fahren über den Nil hinüber nach Gizeh. Dort kommt der Verkehr völlig zum Erliegen. Da kann mein Fahrer noch soviel hupen, es geht nichts mehr, die Straßen sind vollkommen verstopft. Fünfer Reihen quetschen sich auf drei markierte Fahrspuren. Zu allem Überfluß überhitzt sich auch noch der Kühler. Wir fahren bei der nächsten Gelegenheit in eine Seitenstraße und halten neben einem Park. Kaum ist die Motorhaube geöffnet, ist das Auto von einer Horde kleiner Jungs, die den Motor sehen wollen, umringt. Der Fahrer schickt einen von ihnen zum Wasser holen. Der rennt davon und kommt kurz darauf mit einer vollen Flasche wieder zurück. Vorsichtig schüttet der Fahrer das Wasser in den Kühler und es kann endlich weiter gehen. Inzwischen hat mich eine Antwort-SMS von meinem Vater erreicht. Ein Flug gibt es um 22:15 Uhr, Kosten 110 Euro. Klingt akzeptabel, trotzdem will ich es am Bahnhof von Gizeh noch mal probieren. Der Bahnhof von Gizeh gefällt mir nicht. Lange Schlangen warten vor den Schaltern und es ist aussichtslos, schnell an ein Ticket zu kommen. Also schicke ich eine SMS, dass man mir ein e-Ticket für einen Flug reserviert. Wenigstens sind die Straßen jetzt frei und wir rollen mit 80 Sachen Richtung Pyramiden. Sie sind sogar schon zu sehen, weit ist es nicht mehr. Dass kann doch wohl nicht wahr sein! Da stehen schon wieder und zwar vor einem Papyurus-Geschäft! Ich will nicht, nein! Aber der Fahrer besteht darauf, nur ganz kurz in den Laden zu gehen, er will seinem Freund "Hallo" sagen. Wenigstens gibt's Cola umsonst. Ich mache dem Fahrer und Ladenbesitzer klar, dass ich zu den Pyramiden will und dort keine Papyrus-Souvenirs mit mir herumschleppen werde und noch dazu schon viel Zeit am Bahnhof verplämpert habe. Das leuchtet beiden ein, doch der Ladenbesitzer besteht darauf, daß ich doch auf jedem Fall auf dem Rückweg noch mal komme. "Wenn ich noch Zeit habe!" entgegne ich.

Schon im Reiseführer war vor Gaunern gewarnt worden, die versuchen, Touristen abzuzocken, indem sie ihnen für teures Geld Reittiere anbieten, Souvenirs verkaufen oder sonst irgendwelche Tricks versuchen. 50 Meter vor dem Eingang sitzt ein junger Ägypter auf einer Mauer, spricht mich auf Arabisch an. Vielleicht hat er nur nach der Uhrzeit oder nach einer Zigarette gefragt, aber nachdem ich mit "I don't speek arabic." geantwortet habe, witterte er seine Chance und fragt, ob ich ein Pferd oder einen Esel brauche. "Nein ich will zu Fuß gehen." Er deutet mir, ich soll mit ihm kommen und will mich zu den Stallungen bringen, die unterhalb der Mauer, auf der er gesessen war, bringen. Zum Glück steht dort gerade ein weiß uniformierter Beamter von der Touristen-Polizei, den ich fragen kann. Er deutet in die andere Richtung, zu den Eingängen und ohne ein Wort verlasse ich den jungen Mann schnell.

Die Pyramiden sind großartig. Sie sind viel größer als sie auf Bildern wirken. Nur wenn ein Gegensatz direkt daneben steht, kann man erkennen wie Größenverhältnisse wirklich sin müssen. 140 Meter ragt die größte, die Cheopspyramide in den blauen Himmel. Die beiden anderen sind nur 136 bzw. 62 Meter hoch. Seit über 4000 Jahren stehen sie in der Wüste und immer wieder kommt die interessante Frage auf, wie und warum sie gebaut wurden. Man weiß zwar, dass sie als gigantische Grabkammern dienten und von zehntausenden Arbeitern erbaut wurden, aber wie sie damals die tonnenschweren Steinblöcke ohne technische Hilfsmittel in die Höhe beförderten ist bis heute ein Rätsel. Früher waren sie mit Kalkstein versehen, doch leider fiel dieser diversen Bauherren für Paläste und Moscheen zum Opfer.

Einige hundert Meter entfernt, sodass man gut alle drei Pyramiden auf ein Foto bringen kann ist eine große Aussichtsplattform errichtet worden. Hunderte Touristen aus aller Herren Länder tummeln sich hier. Man spricht Französisch, Spanisch, Italienisch, Englisch, Russisch, Türkisch und an Geschlitzten, die immer und überall emsig mit ihren Fotoapparaten unterwegs sind, fehlt es nicht. Immer wieder werde ich Zeuge, wie Einheimische den Touristen Souvenirs, wie kleine Plüschkamele, Plastikpyramiden oder ähnlichen Schnickschnack andrehen wollen.

Die Sphinx hat sich versteckt und ich frage eine arabisch aussehende Familie. Sie sehen mich aus schwarzen Augen, wie es sie nur ganz selten gibt an. Der Sohn ist der einzigste, der etwas Englisch spricht und sagt, sie seien aus Palästina, wir sind auch fremd. Kurz darauf spricht mich ein Mann an. Wieder sage ich, dass ich kein Arabisch spreche. "Entschuldigung, du siehst so aus." antwortet er auf Englisch. Ich frage ihn nach der Sphinx und er will mir den Weg zeigen. Unterwegs macht er ein Foto von mir, wie ich vor den Pyramiden stehe. Als sie Sphinx in Sichtweite ist, verabschiedet er sich und bittet um Geld. "Zwanzig Pfund?" sagt er enttäuscht, "das ist kein Geld." er zeigt auf den 200er in meinen Händen, "Das ist Geld." Der ist vielleicht lustig, 200 Pfund sind immerhin fast 30 Euro, aber mit 20 will er sich nicht zufrieden geben. Großzügig stocke ich auf 50 auf und schwöre mir, dass das letzte Mal gewesen ist.

"Was ist das für ein Wesen, was morgens auf vier, mittags auf zwei und abends auf drei Beinen geht, wobei es auf vier Füßen am langsamsten ist.?" lautete eines der Rätsel welches das geflügelte Ungeheuer mit Löwenkörper und Frauenkopf den Leuten aufgab. Sphinx war sein Name und die Steinfigur mit Pharaonenkopf und Katzenkörper, deren Nase heute bekanntermaßen lädiert ist, erinnerte die Griechen so daran, dass sie ihm den gleichen Namen gaben, während es die Araber "Abu el Hol", Vater des Schreckens nannten. Das Wesen ist der Mensch, der als Baby auf allen vieren krabbelt, dann aufrecht geht und zum Lebensabend einen Stock benötigt. Ödipus war der erste, der dieses Rätsel zu lösen vermochte, woraufhin sich die Sphinx in den Tod stürzte.

Mittlerweile habe ich bescheid bekommen, dass es mit dem Flug klappt und ich fahre zurück ins Hotel, ohne noch einmal im Papyrusshop vorbei zu schauen. Für die Fahrt zum Flughafen muß ich mindestens eine Stunde einplanen, da es wieder mal zu Staus kommen kann. Da hab ich genau richtig geplant, denn kaum sind wir auf der Brücke des 6. Oktober steht es schon wieder. Nur langsam kommen wir voran. Aus zwei vorgesehenen Fahrspuren werden einfach drei gemacht und der Verkehr kommt nur zähflüssig voran. Zwischen den Außenspiegeln bleiben nur wenige Millimeter Platz. Hasan, mein Fahrer, erzählt, dass das nicht sein Auto ist, sondern das eines Freundes. Er ist Lehrer und verdient nur 200 Pfund im Monat und muß nebenbei Taxi fahren um über die Runden zu kommen. Bildung wird in Ägypten eben klein geschrieben und so kann natürlich nichts richtiges dabei rauskommen.

Am Flughafen gibt es keine modernen Laufbänder wie in Istanbul, Amsterdam oder Frankfurt. Hier haben pfiffige Einheimische wieder eine Einnahmequelle gefunden. Touristen, die auf dem Weg von zu Hause nach Luxor oder Sharm vielleicht umsteigen müssen, für viel Geld zum anderen Terminal zu fahren. Hasan kümmert sich darum, dass ich gleich zum richtigen der drei Terminals komme. Mit dem e-Ticket hat alles geklappt, jetzt muß ich nur noch auf den Abflug warten. Eine spanische Reisegruppe wartet auf den Flug nach Luxor, der kurz vor unserem geht.

Kaum haben wir unsere Reisehöhe erreicht, bringen die hübschen Stewardessen, die eher wie Türkinnen als wie Ägypterinnen aussehen, zu trinken und einen Kleinigkeit zu knabbern. Tief unten ziehen langsam Städte vorbei, vielleicht Luxor, Edfu oder Kum Umbo. Um halb zwölf landen wir in Assuan. 35Grad hat es noch. Die Luft ist wesentlich trockener und sauberer als in Cairo, das merkt man gleich. Der Taxifahrer, der mich zum Mövenpick-Hotel bringt ist ein echter Mohr, und wie so die warme Nachtluft zum geöffneten Fenster herein weht, kommt ein echtes Afrikagefühl auf. Nur ist der Kerl ein unverschämter Knochen. 100 Pfund will er für die Fahrt, das ist eindeutig zu viel, auch wenn es 25 Kilometer sind. Wir fahren über den Assuan-Staudamm, aber es ist zu dunkel, außer einer schwarzen Wasserfläche ist nicht viel zu sehen. Ein paar Kinder spielen in der Stadt mitten auf der Gegenfahrbahn mit Stecken, alten Dosen und viel Lärm Musikkapelle.

Das Mövenpick-Hotel liegt auf der Elephintine-Insel im Nil. An einer kleinen Anlegestelle steht ein Touristenpolizist und krächzt laut ein paar Worte in einen Telefonhörer. Kurz darauf kommt eine kleine, alte, dieselbetriebene Fähre angeschippert. Zwei schwarze Nubier mit hellblauen Kaftanen und Turban steuern sie.

Die Zimmer sind erstklassig, geräumig und modern möbliert. Schönes Ambiente. Ein großer Balkon mit Blick auf die Lichter der Stadt, die sich im Nil spiegeln, lädt zum Sitzen ein. Das Bett ist breit und superbequem. Nur gut, dass ich nicht mit dem Zug gefahren bin. Sicher hätte ich eine schier nicht enden wollende, schlaflose Nacht auf einer durgelegenen Schlafwagenmatratze verbracht, durchpflügt von dem tak tak, tak tak der Fahrgeräusche und vielleicht dem lärmenden Geschrei anderer Fahrgäste. Wer weiß, was da alles noch hätte passieren können. Alles unannehmliche wäre auszudenken, ein Fehler bei der Reservierung, Verspätung oder oder oder.

Khan-il-Khalili

Khan-il-Khalili

vom Minarett der Mardani-Moschee

vom Minarett der Mardani-Moschee

Alabastermoschee

Alabastermoschee

Sultan Hassan Moschee

Sultan Hassan Moschee

Khan-il-Khalili

Khan-il-Khalili

Bab-Zuweila

Bab-Zuweila

Sitta Octobr Bridge

Sitta Octobr Bridge

© Thomas K., 2010
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 29.08.2008
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 22.09.2008
Reiseziele: Ägypten
Jordanien
Der Autor
 
Thomas K. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.