AB IN DEN SÜDEN

Reisezeit: August / September 2008  |  von Uwe Decker

Maputo zum Zweiten

Maputo, 11. bis 13. September 2008

Um 3.15 Uhr treffen wir uns am Dünen-Restaurant. Es ist leider stockduster und auch vom Himmel ist nicht viel zu erwarten. Kein Stern zu sehen. Der Neue von der Security rät uns am Strand lang zu gehen. Das wäre angenehmer und sicherer. Wir folgen seinem Rat, machen unsere Taschenlampen aus, stapfen durch den nassen Sand, hören das Meer neben uns rauschen und hoffen dass etwaige Spitzbuben mitten in der Nacht genauso schlafen wie die rechtschaffenen Leute.

Der Bus nach Maputo ist voll, aber nicht so überladen wie auf der Hinfahrt. Der Busfahrer gibt mächtig Gas auf der Nationalstraße, die in gutem Zustand ist. Trotzdem zieht sich der Weg und es wird später Mittag bis wir Maputo erreichen.

Mein Hotel "Monte Carlo" vom ersten Aufenthalt ist belegt. Daher nehme ich das Turismo Hotel aus der Ibis Kette, das mitten in der Baixa liegt, in der Nähe vom Hafen, vom zentralen Markt, vom neuen Shopping Centre, vom Feira Popular, einer Ansammlung von Restaurants mit angeschlossenem Vergnügungspark für die Kleinen. Allerdings ist die Avenida Nyerere einen strammen Fußmarsch entfernt.

Das Wetter in Maputo ist schön, heiter bis wolkig, die gefühlte Temperatur abhängig vom Wind. Ohne Wind sind es 30 Grad und mehr, mit Wind kann es recht kühl werden. Eine Jacke brauche ich, im Gegensatz zu den Einheimischen, allerdings auch abends nie.

Auch wenn es tagsüber windstill ist kann der Wind gegen Abend auch mal aufbrausen. Als ich am späten Nachmittag unterwegs bin, peitschen wie aus dem Nichts plötzlich Orkanböen durch die Straßen. Die Menschen, die zu dieser Zeit zahlreich unterwegs sind, halten sich alles was sie gerade verfügbar haben als Schutz vors Gesicht, vor dem aufwirbelnden Staub, Sand und vor dem Müll.

Ach ja, der Müll. Den hatte ich noch gar nicht näher erwähnt. Muss ich aber. Alle Länder der dritten Welt, die ich bisher bereist habe, haben ein Müllproblem (manchmal gibt es das ja auch hierzulande). Weil die Müllabfuhr nicht funktioniert oder es gar keine gibt. Papierkörbe sehe ich nur in meinen Hotelzimmern. Weil das Umweltbewusstsein nicht sehr ausgeprägt ist. Man entsorgt seinen Abfall halt gerade da wo man ist, wirft z.B. die Coladosen einfach durchs Busfenster auf die Straße. Wo sie dann liegen bleiben. Ich denke mir, wenn es die Leute nicht stört, dass der Müll herumliegt soll es mich ebenso wenig stören. Aber Mitleid, dass sie im Müll waten müssen, empfinde ich dann auch nicht.

In Maputo hat es aber eine andere Dimension. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich noch nie so viel Müll gesehen habe. Überall. Fast überall. Auf dem Platz vor der Kathedrale nicht. In und vor den Luxushotels nicht. In der neuen Shopping Mall nicht. Da ist alles blitzsauber. Sonst watet man manchmal regelrecht durch den Müll. Wenn man es krass ausdrücken will: Maputo ist zugemüllt.

Mein Stammlokal für den späten Nachmittag, das "Crystals", erreiche ich trotz des Orkans, der sich schnell wieder legt. Es liegt strategisch günstig an der Av 25 Julho, in der Nähe einiger Bürogebäude und einer großen Minibushaltestelle. Das ist die beste Unterhaltung, im Straßenlokal sitzen, bei einem Bier und Leute angucken. Auch am Tisch ist immer etwas los. Die Kellnerin verirrt sich zwar selten hierher, dafür tauchen ständig Zeitungsverkäufer, Souvenirhändler, Erdnussverkäufer und natürlich die Jungs mit den gelben Leibchen auf, die Prepaid Karten von Mcel anbieten. Das funktioniert genauso wie bei uns, Karte kaufen, Nummer aufrubbeln, Nummer ins Handy eingeben und - genau, Karte einfach wegwerfen.

Ich gehe jede Wette ein. Stellt Euch an irgendeinen Ort in Mosambik, dreht Euch einmal um die eigene Achse und Ihr werdet in einem Umkreis von 30 Metern mindestens einen MCEL-Verkäufer sehen. In Maputo auch zwei, drei oder gleich ein halbes Dutzend.

Neben Verkäufer von Prepaid Karten bei MCEL ist wohl Wachmann der am häufigsten ausgeübte Beruf in Mosambik. Security sieht man überall, 24/7, rund um die Uhr. Sie sitzen überall und bewachen wohl jedes zweite Haus, egal ob großes Bürogebäude, Bank, Hotel oder kleiner Tante Emma Laden. Das gibt ein gewisses Gefühl der Sicherheit, wenn ich im Dunkeln unterwegs bin. Denn das Taxi nehme ich schon lange nicht mehr. Ich laufe lieber. Und fühle mich ziemlich sicher weil nach Ende der abendlichen Rush Hour auf den Straßen nichts mehr los ist. Unterwegs bin ich dann meistens zu Musikkneipen mit Live-Musik. Davon gibt es eine ganze Menge, Sinatras, Africa Bar, Gil Vicente usw. Entscheidend ist zur richtigen Ort am richtigen Platz zu sein. Sehr ärgerlich dagegen ist der späte Beginn der Konzerte, selten vor Mitternacht.

Wenn es aufs Wochenende zugeht tauchen vermehrt Polizisten auf. Die Polizei hat einen denkbar schlechten Ruf und wenn man sie rechtzeitig genug sieht sollte man einen weiten Bogen machen. Manchmal tauchen sie aber auch wie aus dem Nichts auf. Wie jener junge Beamte am Freitag Abend kurz vor meinem Hotel. Er fragt nach meinem Pass. In Mosambik ist es gesetzlich vorgeschrieben, jederzeit seinen Ausweis mitzuführen. Das habe ich bisher einfach ignoriert. Zum einen ist so ein Reisepass recht sperrig, zum anderen könnte der ja auch mal verloren gehen. Und dann hat man den Salat. Selbigen habe ich jetzt auch. Mein Hinweis, dass ich meinen Pass schnell aus dem Hotel gleich hier um die Ecke holen kann läuft natürlich ins Leere. Jetzt im Moment habe ich ihn halt nicht, das wäre ein Vergehen und würde eine hohe Strafe nach sich ziehen. Dazu müsste ich mit zur Wache kommen. Natürlich ist klar auf was das Ganze hinausläuft. Ich spiele mit, gehe ein paar Schritte mit ihm und frage dann, ob man die Strafe nicht an Ort und Stelle bezahlen könne. Der Vorschlag gefällt ihm ausgesprochen gut. Er fragt, an wie viel ich gedacht hätte. Ich sage 200 Mt, ca. 5 Euro und der gute Mann ist sofort einverstanden.

Nachdem er das Geld eingesackt hat möchte ich ihn doch noch etwas ärgern und frage nach einer Quittung für die Spende. So doof ist er aber auch nicht. Der Quittungsblock wäre auf der Wache, dann müsste ich dorthin mitkommen. Na gut, dann möchte ich aber zumindest seinen Namen und Dienstnummer und schaue auf seine Uniform, ob da so etwas wie ein Namensschild zu finden ist. Die Uniform aber gehöre einem Kollegen, seine wäre in der Wäsche, entgegnet er schnell. Ok, gewonnen. Solche Schlagfertigkeit sollte belohnt werden. Ich trolle mich. Er ist sicher froh darüber, dass er gleich nach dem Nächsten Ausschau halten kann, den er abzocken kann.

Für den letzten ganzen Urlaubstag habe ich noch zwei Programmpunkte. Der Erste, nämlich Mitbringsel besorgen, ist schnell abgehandelt. Julietta von der Maputo Tour hatte mir gute Tipps gegeben, wo man im Mercado Municipal gute Holzschnitzereien bekommen kann und welche Marktfrau die besten Nüsse anbietet.

Anschließend mache ich noch Halt im Maputo Shopping Center. Für den Souvenirkauf ist die Mall ungeeignet. Hier gibt es schicke Läden mit westlichen Waren, tendenziell eher teurer wie bei uns. Trotzdem ist es interessant, durch die Stockwerke zu schlendern und man sieht, neben Weißen und gut situierten Schwarzen, eine Klientel, die im normalen Stadtbild Maputos nicht so deutlich auffällt, nämlich Inder und Araber. Als Kunden, aber auch als Ladenbesitzer.

Nach dem Mittagessen steht das letzte Sightseeing in diesem Urlaub an, Catembe, ein kleiner Fischerort, zu dem man mit einer ziemlich alten Autofähre gelangt. Die Überfahrt ist eher unspektakulär, das Beladen aber sehenswert. Zentimetergenau werden die Pickups und Geländewagen an die vorgesehenen Plätze bugsiert: Mit "normalen" Autos kommt man drüben am anderen Ufer eh nicht weiter.

Die Anlegestelle ist ein gutes Stück weit entfernt vom Ort. Hier gibt es einen kleinen, aber interessanten Markt und einen Busstand. Die Busse, meist in einem abenteuerlichen Zustand befindlich, fahren von hier Richtung Süden.

Schon der atemberaubende Blick auf die Skyline von Maputo lohnt den Trip, ein Traum für Fotografen, noch dazu bei diesem Kaiserwetter, wolkenloser blauer Himmel, bestimmt über 30 Grad, die hier am Wasser sehr gut zu ertragen sind. Mittlerweile kenne ich alle markanten Gebäude, die sich vor mir auftürmen.

Ich laufe am Strand entlang. Es herrscht nun am frühen Samstag Nachmittag reger Betrieb. Überwiegend junge Leute gehen spazieren, Frauen und kleine Kinder graben im nassen Sand -vermutlich- nach Krebsen oder anderem Getier, das sie entweder selbst verzehren oder verkaufen können. Fischer stehen hüfttief mit ihren Angeln im Wasser. Etwas weiter entfernt, auf Höhe des Dorfes liegt eine kleine Fähre, aber weit vor dem Strand. Eine Anlegestelle gibt es dort nicht. So müssen die Passagiere, ihr Gepäck auf dem Kopf balancierend, bis zur Brust durchs Wasser waten, um das Schiff zu erreichen.

Auch der Strand könnte ein Traum sein, feinster Sand, breit, in einer leichten Biegung bis zum Dorf verlaufend. Dahinter kann man einzelne Villen an steiler Küste erkennen. Er könnte. Aber auch hier stört der Müll, der einfach überall ist.

Musikmäßig bin ich heute Abend voll in meinem Element. Eine Reggaeband spielt im "Gil Vicente". Der Eintritt ist frei. Trotzdem sind die Weißen hier in der Überzahl.

Weit nach Mitternacht mache ich mich auf den Heimweg, zu Fuß natürlich. Mein Hotel ist auch nicht sehr weit entfernt. Aus den Augenwinkeln sehe ich zwei Männer seitlich aus dem Dunkeln kommen. Sie rufen etwas, ich gehe aber weiter. Dann kommt mir eine Vermutung und die erweist sich als richtig. Polizei. Stolz zeige ich meinen Reisepass, den ich seit dem Erlebnis gestern Abend nun immer mit mir spazieren führe. Die beiden blättern die Seiten mehrmals durch und sind zunächst etwas ratlos. Hier gibt es nichts zu beanstanden. Aber sie sind flexibel und ziehen Plan B. Warum ich nicht sofort stehen geblieben bin, als sie mir etwas zuriefen. Das wäre respektlos und Respektlosigkeit gegenüber Staatsorganen ist so ziemlich das Schlimmste, was man sich vorstellen kann in Mosambik. Das würde einen Besuch auf der Wache zur Folge haben und sicherlich eine Nacht im Gefängnis. Alle Einwendungen von wegen Dunkelheit und schlechten Ohren und "Nix verstehen Portugues" fruchten nichts - Mein Abendprogramm war zwar sowieso beendet, aber die restliche und noch dazu letzte Urlaubsnacht möchte ich doch viel lieber in meinem Hotelzimmer verbringen. Leider sind die Beiden ein anderes Kaliber als mein harmloser Uniformträger von gestern, und es gerät etwas zäh bis wir zum Kern der Sache kommen. Umgerechnet 1000 Euro, soviel würde die Begleichung des Vergehens ohne große Formalitäten kosten. - Uiih, sage ich, das ist aber ne Menge. Soviel habe ich nicht. Wenige Minuten später wechseln dann 10 Euro, 5 für jeden, den Besitzer und wir scheiden als Freunde. Sie geben mir noch den Tipp, auf dem Weg zum Hotel noch eine nette Kneipe hier gleich um die Ecke zu besuchen. Von soviel Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft bin ich schier überwältigt.

© Uwe Decker, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
3 Wochen allein durch den Süden Afrikas Gaborone/Botswana - Johannesburg - Swasiland - Mosambik Von Nashörnern, einem Ball der Debütantinnen, den größten Fischen der Welt und vielem mehr ...
Details:
Aufbruch: 25.08.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 15.09.2008
Reiseziele: Botsuana
Südafrika
Swasiland
Mosambik
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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