Namibia – Land der Kontraste

Reisezeit: Januar 2006  |  von Anke Schlingemann

Kalahari - Mariental - Keetmanshoop

Sonntag, 08.01.2006 Windhoek - Kalahari - Mariental

Windhoek, 10:00 Uhr. Der zehnstündige Nachtflug mit Air Namibia liegt hinter uns - wir betreten namibischen Boden. Windhoeks Flughafen ist so klein, dass wir zu Fuß zum Flughafengebäude gehen. Die Mietwagenbuchung über den lokalen Anbieter African Tracks (www.africantracks.com) scheint funktioniert zu haben, am Flughafen werden wir erwartet. Nachdem wir Geld gewechselt haben, werden wir nach Windhoek zum Mietwagenoffice gebracht. Da die Gegend um Windhoek sehr gebirgig ist, musste der Internationale Flughafen 40 km östlich der Stadt auf einer Hochebene angelegt werden.

Die Mietwagenübernahme erfolgt problemlos. Nach einem Crash-Kurs fühlen wir uns imstande, im Notfall den Wagenheber bzw. High Lift Jack anzusetzen. Allradantrieb, ein zweiter Ersatzreifen, zwei Reservekanister, eine Kompressour-Luftpumpe sowie ein Kühlschrank waren für uns ein Muss. Erstes Ziel ist die nächste Tankstelle, da der Mietwagen mit fast leerem Tank übergeben wurde. Anschließend decken wir uns im Supermarkt mit dem nötigen Reiseproviant ein. An den Linksverkehr müssen wir uns erst wieder gewöhnen, aber das wird schon. Nun kann es losgehen!

Ein erstes Urlaubsgefühl stellt sich ein, als wir Windhoek in Richtung Süden verlassen haben und auf die Auasberge schauen, zu denen auch der mit 2.483m zweithöchste Berg Namibias, der Moltkeblick, gehört. Der Regenzeit entsprechend ist der Himmel ziemlich wolkenverhangen, nur ab und zu blinzelt ein kleines Fleckchen Blau hindurch. Doch viel Regen scheint es noch nicht gegeben zu haben, selten sieht man etwas Grünes. Rechts und links wird die Straße von der afrikanischen Steppe flankiert. Endlose Zäune lassen das augenscheinliche Niemandsland als Farmland erkennen.

Fahrt durch die Kalahari

Fahrt durch die Kalahari

Unsere heutige Tagesetappe beträgt etwa 270 km. Die ersten 190 km auf der geteerten B1 sind problemlos zu fahren. Einen kleinen Fotostopp legen wir einige Kilometer hinter Rehoboth am Schild "Tropic of Capricorn", dass die Überquerung des Wendekreises des Steinbocks ankündigt. Von der dicken Wolkendecke sind hier im Süden nur ein paar weiße Schäfchenwolken, die wunderbar mit dem blauen Himmel kontrastieren, übrig geblieben.

Bei Kalkrand verlassen wir nun erstmalig die geteerte Straße. So haben wir uns die namibischen Straßen vorstellt, denn von dem gut 42.000 km langem Straßennetz sind nur rund 5.500 km geteert. Nach wenigen Kilometern ragt vor uns leuchtend eine erste rote Sanddüne aus der endlos weiten Steppenlandschaft hervor - mit diesem phantastischen Anblick begrüßt uns die Kalahari-Wüste. Auch die erste Oryx-Antilope (wie wir mittels unseres Reiseführers herausfinden), blickt uns kurz darauf von einer weiteren roten Düne an. Jetzt fühlen wir, dass wir in Namibia angekommen sind! Die Kalahari, die als Halbwüste gilt, ist mit 1.630.000 Quadratkilometern als größte zusammenhängende Sandfläche bekannt und erstreckt sich über mehrere Länder. Der größte Teil gehört zu Botswana, der Süden zur Republik Südafrika, der Westen zu Namibia.

Kalahari

Kalahari

An die problemlos mit Zweiradantrieb befahrbare Schotterstraße haben wir uns schnell gewöhnt. Nach 80 km erreichen wir unser Tagesziel. Auf der Bagatelle Kalahari Game Ranch (www.bagatelle-kalahari-gameranch.com )werden wir sogleich freundlich mit einem Begrüßungstrunk in Empfang genommen und von einem jungen, zahmen Springbock beschnuppert. Die Anlage ist sehr gepflegt und verströmt Wohlfühlatmosphäre. Die Lodge, die wir beziehen, liegt am Fuße einer roten Sanddüne. Beim Ausladen des Gepäcks werden wir von Jacky, einer ausgewachsenen Oryx-Antilope, beobachtet. Eine weitere Überraschung erleben wir, als wir auf der Veranda ein erstes kühles Bier genießen und auf der Düne in nur 100 m Entfernung eine Giraffe beim Fressen beobachten können. Natürlich schnappen wir uns die Kamera und wagen uns näher heran. Dies lässt sie sich zunächst gefallen, zieht dann aber langsam weiter. Von der Düne aus können wir noch eine zweite Giraffe entdecken. Beide nähern sich nun einem kleinen Wasserloch. Es sieht ziemlich komisch aus, wie die Giraffen zum Trinken die längeren Vorderläufe spreizen und dann den langen Hals nach unten beugen.

Giraffe auf der Bagatelle Kalahari Game Ranch

Giraffe auf der Bagatelle Kalahari Game Ranch

Die angebotene Sundowner-Tour mit Geparden-Fütterung lassen wir uns nicht entgehen und klettern auf den alten Jeep - vom Guide liebevoll als "grandmother" bezeichnet. Vier Geparden erwarten uns bereits fauchend am Tor. Ein mulmiges Gefühl steigt auf, als wir erfahren, dass die Tiere gestern einen Fastentag hatten und heute entsprechend hungrig sind. Auf dem offenen Jeep fühlen wir uns nicht wirklich sicher, auch wenn uns der Guide versichert, das Geparden zwar schnell laufen (120 km/h) können, aber nicht springen. Die Fütterung der halbwilden Tiere (sollen wieder ausgesetzt werden) ist spektakulär. Fauchend stürzen sich die Geparden auf die vom Guide gereichten Fleischbrocken und ziehen sich, sobald sie ein Stück ergattert haben, blitzschnell zur Verspeisung der "Beute" zurück. Wir erfahren noch eine Menge über Geparden.

Geparden-Fütterung

Geparden-Fütterung

Den Sonnenuntergang erleben wir gegen 20:00 Uhr von einer auf der Düne angelegten Aussichtsplattform. Wir werden mit kühlen Getränken versorgt und erfahren Interessantes über die Natur. Anfang des vorrigen Jahrhunderts war es noch wesentlich feuchter in dieser Region, so dass hier ebenfalls Nashörner, Löwen und Elefanten lebten. Heute sind die Flussläufe ausgetrocknet und viele Tiere haben die Region verlassen. Uns fällt auf, dass die Sonne sehr schnell untergeht. Auch hierfür gibt es eine Erklärung: In Äquatornähe ist der Abstand zur Sonne größer und die Drehbewegung der Erde etwas kürzer.

Zu Fuß gehen wir zurück. Die beiden Giraffen und der Oryx tummeln sich direkt vor unserer Lodge und suchen erst das Weite, als wir bis auf 10 Meter herangekommen sind. Beim anschließenden Abendessen unterm Sternenhimmel lassen wir es uns gut gehen. Erstmalig essen wir Antilope, ein etwas zähes, trockenes und an Rind erinnerndes Fleisch, das allerdings kaum Fett hat. Wieder einmal werden wir von der Leuchtkraft der Sterne überwältigt, die hier nicht von anderen Lichtquellen getrübt wird.

Montag, 09.01.2006 Kalahari - Keetmanshoop - Naute Dam - Fish River Canyon

Eine angenehme Nacht ließ uns das Schlafdefizit der Flugnacht wieder aufholen. Nach dem Frühstück brechen wir heute auf zum Fish River Canyon. Die Fahrt führt durch die Gras- und Buschlandschaft der Kalahari.

Einige Kilometer vor Keetmanshoop folgen wir dem Schild zum Garas Quivertree Park Campsite (ca. 22 km nördlich von Keetmanshoop an der B1), wo es einen Köcherbaumwald zu besichtigen gibt.

Köcherbaumwald bei Keetmanshoop

Köcherbaumwald bei Keetmanshoop

Köcherbäume, die hier auf felsigem Untergrund wachsen, gehören eigentlich zu den Aloe-Gewächsen (Sukkulenten). Das Besondere sind die gegabelten Äste - zur Bildung einer Gabelung braucht es 30 Jahre. Die Bäume passen sich an die extremen Umweltbedingungen an, indem sie in ihrem Stamm Wasser speichern. Das Holz ist sehr leicht und innen schwammig. Von den Buschmännern (Ureinwohner Namibias) wurden die Äste einst ausgehöhlt und namensgebend als Köcher für Pfeile benutzt. Köcherbäume, die bis zu neun m hoch werden können, blühen erstmals nach 20 bis 30 Jahren und können bis zu 300 Jahre alt werden. Üblicherweise sieht man die Bäume nur vereinzelt stehen.

Keetmanshoop (20.000 Ew.) ist nicht mehr als ein günstiger Verkehrsknotenpunkt sowie das Versorgungszentrum für den Süden Namibias.

Keetmanshoop - Kaiserlichen Post

Keetmanshoop - Kaiserlichen Post

Wir legen einen kurzen Halt an der kaiserlichen Post (heute Touristen-Info) ein, ein Steingebäude von 1910 das seit 1987 unter Denkmalschutz steht. Ferner sehen wir uns von Außen die ehemalige Missionskirche an, in der sich heute das Museum der Stadt befindet.

Begeistert von dem ersten Köcherbaumwald machen wir einen weiteren Abstecher zum Quivertree Forest.

Köcherbaum - Quivertree Forest

Köcherbaum - Quivertree Forest

Dieser an der C17 gelegenen Köcherbaumwald wurde zum National Monument erklärt. Hier gibt es noch größere, bis zu 300 Jahre alte Bäume zu bewundern.

Ebenfalls begeistert uns der Giants Playground. Eine riesige Ansammlung an Granitfelsen, die durch Erosion die urigsten Formen gebildet haben. Ein halbstündiger Rundweg führt durch die beeindruckende Felslandschaft, in der sich ein paar Ziegen tummeln.

Bei Seeheim verlassen wir die geteerte B4. Die Landschaft hat sich wieder gewandelt. Es ist hügelig und die Felsformationen der Karasberge ragen heraus. Später ändert sich auch die Farbe des Sandes und erinnert an eine schwarze Vulkanlandschaft.

Einen weiteren Stopp legen wir am Naute Dam ein, dem drittgrößten Staudamm Namibias, der 1972 eingeweiht wurde. Die Staumauer, die den Löwenfluss staut, ist immerhin 470 m lang und 37 m hoch. Das Wasser des Stausees leuchtet wunderbar blau vor der Felsenlandschaft. Von der herrlichen Vogelwelt, die sich hier angesiedelt haben soll, sehen wir leider nicht viel. Unterhalb der Staumauer leuchtet ein frisches Grün. Bewässert durch den Stausee können hier Datteln, Mais, Getreide und Tafeltrauben angebaut werden.

Später kommen wir an der ehemaligen Eisenbahnstation Holoog vorbei, zu erkennen an den Resten eines Kalkofens. Einige Meter weiter führt eine Eisenbahnbrücke über den derzeit ausgetrockneten Fluss Gaap.

Landschaft am Fish River Canyon

Landschaft am Fish River Canyon

Langsam nähern wir uns dem Fish River Canyon, wobei die Straße in einem stetigen Auf und Ab die hügelige Landschaft nachzeichnet. Die von der Sonne hell angestrahlte Steppe kontrastiert mit dem schwarzen Sand. Im Hintergrund runden die Karasberge das Bild ab. Ein altes Autowrack kündigt das Canyon Roadhouse an. Von den über 400 km Fahrstrecke sind wir etwas geschafft. Wir werden bereits erwartet, als wir gegen 19:00 Uhr eintreffen. Der Rundgang über die Anlage ist schnell vollbracht. Abgesehen von einem Pool gibt es hier nicht viel. Uns stört das jedoch wenig, denn wir gehen zeitig zu Bett.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Foto-Reisebericht eine Namibia-Rundreise von Anke Schlingemann & Detlef Hälker. Stationen: Windhoek, Kalahari, Fish River Canyon, Kolmanskop, Lüderitz, Aus, Sossusvlei, Namib Naukluft Park, Swakopmund,Twyfelfontein, Etosha National Park, Otjiwarongo, Waterberg Plateau
Details:
Aufbruch: 08.01.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 27.01.2006
Reiseziele: Namibia
Der Autor
 
Anke Schlingemann berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Anke sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!