Namibia – Land der Kontraste

Reisezeit: Januar 2006  |  von Anke Schlingemann

Otjiwarongo - Waterberg Plateau

Mittwoch, 25.01.2006 Otjiwarongo - Waterberg Plateau

Langsam aber sicher neigt sich unser Urlaub dem Ende entgegen. Heute steht uns ein Fahrtag in Richtung Waterberg Plateau bevor. Kurz vor unser Abfahrt beginnt es zu regnen. Der Himmel ist total wolkenverhangen. Auf den ersten 200 km regnet es pausenlos. Erfreulicherweise sind wir zunächst nur auf Teerstraßen unterwegs.

In Otjiwarongo lassen wir es uns nicht entgehen, im Cafe Carstensen deutschen Kuchen zu essen, der hier nach alten Rezepten hergestellt wird und daher besser schmeckt, als heutzutage in der Heimat. Die Einrichtung sieht aus als wäre sie in den 50er Jahren aus Deutschland importiert worden.

30 km hinter Otjiwarongo verlassen wir die B1 in Richtung Waterberg Plateau. Die Natur ist unverändert grün und dicke Wolken, die über den Berghängen hängen, geben erstmalig den Eindruck der Regenzeit wieder.

Waterberg Plateau

Waterberg Plateau

Aus dem Grün ragen die roten Felsformationen des Plateaus heraus. Die Pad bleibt uns auf den letzten Kilometern zum Waterberg Restcamp nicht erspart. Die Fahrbahn verrät, dass der letzte Regen noch nicht lange her sein kann. Kurz darauf erreichen wir die erste Senke, die komplett unter Wasser steht. Der Untergrund ist erfreulicherweise betoniert und der Wasserstand nicht höher als 20 cm, für unseren 4x4 kein Problem. Zwei Fahrer eines 2x4, die auf das Abfließen des Wasser warten, wünschen uns viel Glück. Der Weg wird zunehmend matschiger und glitschiger, doch auch die nächste Senke passieren wir noch problemlos und schlittern langsam weiter.

Der Anblick eines vollgelaufenen Flussbettes stoppt dann aber abrupt unseren Tatendrang. Die Worte des Mietwagenverleihers haben wir noch gut im Ohr - "niemals Wasser durchfahren, dass tiefer ist als der halbe Reifendurchmesser". Auch ohne uns die Füße nass zu machen ist zu erkennen, dass das Wasser wesentlich tiefer ist. Zwei Lkw, die kurz darauf den Fluss durchqueren, bestätigen uns dies anschaulich. Immerhin funktioniert unser Handy, so dass wir unser Quartier kontakten können und uns von dort Hilfe geschickt wird.

Durchquerung eines Flussbettes

Durchquerung eines Flussbettes

Eine halbe Stunde später trifft ein Safari-Landcruiser ein und passiert - bis zum Nummernschild im Wasser - den Fluss. Nun ist uns erst recht klar, dass wir, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden, dies nicht tun werden. Alle Überredungskünste sind zwecklos. Wir sind bereits drauf und dran, die bereits im Voraus bezahlte Übernachtung sausen zu lassen und nach Windhoek zu fahren. Doch wider Erwarten gibt es eine andere Strecke über eine Farm, die in einem besseren Zustand sein soll. Noch wissen wir nicht, dass es ein 60 km langer Umweg ist, die Strecke, die wir bis zur C22 zurück müssen, noch nicht eingerechnet. Ein einheimischer Mitarbeiter der Lodge steigt zu uns ins Auto um uns den Weg zu zeigen, der andere fährt zurück, um den Schlüssel für das Farm-Tor zu organisieren.

Als wir fast wieder die C22 erreicht haben, kommt uns ein 2x4-Fahrzeug entgegen, das wir gleich anhalten. Da das schwedische Paar zum selben Quartier will, schließen sie sich uns dankbar an.

Unser Lotse ist hier aufgewachsen und kennt sich bestens aus. Leider spricht er nur sehr gebrochen Englisch, hat jedoch immerhin erkannt, wie wichtig dies ist. Seine sieben noch lebenden Kinder sollen auf jeden Fall die Schule besuchen. Das Haus seines Vater, an dem wir vorbei fahren, ist immerhin ein Steinhaus. Kurz zuvor hat er uns ziemlich anschaulich gezeigt, wie sich das eingezäunte Land deutscher Farmer von den ärmlichen Wellblechhütten der schwarzen Bevölkerung unterscheidet, getrennt nur durch eine Straße.

Endlich erreichen wir die Farm. Der Landcruiserwartet bereits auf uns und eskortiert uns zum Waterberg Plateau Restcamp. Hier angekommen erfahren wir, dass sich inzwischen schon ein Bus festgefahren hat. Da war der Umweg über die Farm wohl die bessere Wahl. Dennoch hoffen wir, dass wir die Entscheidung, nicht direkt nach Windhoek gefahren zu sein, bei der morgigen Rückfahrt nicht bereuen werden. Momentan scheint zumindest die Sonne und die dunklen Wolken ziehen scheinbar weiter.

Das staatliche Waterberg Plateau Restcamp ist in einem etwas besseren Zustand als das im Etosha, allerdings wundert es uns, dass es zwar für Selbstversorger eingerichtet ist, abgesehen von einem Wasserkocher und drei Tassen jedoch keine Küchenutensilien vorhanden sind, was uns allerdings heute nicht stört.

Waterberg

Waterberg

Das Waterberg Plateau ist vor Mio. von Jahren aus versteinertem roten Dünensand entstanden. Durch Erosion wurde der Sandstein weitestgehend wieder abgetragen, nur ein paar Berge blieben stehen. Dem Wasserreichtum dieser Region ist es zu verdanken, dass es hier eine ganz besondere Flora gibt. 1972 wurde der 42.550 ha große Waterberg Plateau Park geschafften, um vom Aussterben bedrohte Tierarten zu retten. Verschiedene Wildarten wurden auf dem Plateau ausgesetzt, so z.B. Nashörner (auch das Weiße) Afrikanische Büffel, mehrere Antilopenarten und Giraffen. Außerdem gibt es hier mehr als 200 Vogelarten. Vom Restcamp aus starten einige kurze Wanderwege. Wir folgen dem Mountain View Trail und haben von oben eine phantastische Aussicht. Das Plateau ist von einer endlos flachen Ebene umgeben. Um uns herum ist alles Grün und so ganz anders als wir Afrika bislang kennengelernt haben.

Unterwegs werden wir von vielen Vögeln begleitet. Später können wir zwei scheue Tiere beobachten, die wir für junge Steinböcke halten. Tatsächlich handelt es sich um Damara Kirkdikdik - eine deutsche Bezeichnung konnten wir leider nicht herausfinden. Abends speisen wir ganz akzeptabel aber mal wieder vollkommen alleine im Restaurant.

Donnerstag, 26.01.2006 Waterberg Plateau - Windhoek

Ein Gewitter hat uns mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen. Über eine Stunde lange schüttet es wie aus Eimern. Das ungute Gefühl möglicherweise in Waterberg festzusitzen, lässt sich nicht abstellen. Wir bedauern unsere Entscheidung und sehen unseren morgigen Rückflug gefährdet.

Obwohl wir kaum glauben, dass die für heute Morgen gebuchte Safari auch stattfinden wird, stehen wir zeitig auf. Es regnet zwar nicht mehr, aber das Plateau ist von dicken, dunklen Wolken eingehüllt. Erstaunlicherweise findet die Safari dennoch statt. Das schwedische Paar, das gemeinsam mit uns hierher gelotst wurde, nimmt ebenfalls teil. Das nächtliche Gewitter hat sie ebenfalls um den Schlaf gebracht, allerdings wollen sie noch eine weitere Nacht bleiben und hoffen auf Wetterbesserung. Ferner begleiten uns zwei ältere kanadische Paare, die gemeinsam in einem kleinen VW Polo unterwegs sind. Sie wurden gestern am Fluss abgepasst und dann mit dem Landcruiser durch selbigen gezogen. Wir sind ziemlich beeindruckt. An schlechte Straßenbedingungen scheinen sie aus Kanada gewöhnt zu sein, denn besonders aufgeregt erscheinen sie uns nicht, obwohl sie ebenfalls heute abfahren müssen.

Giraffen auf dem Waterberg Plateau

Giraffen auf dem Waterberg Plateau

Auf der Hauptstraße kommt selbst der Landcruiser einige Male ins Schlittern. Erfreulicherweise ist die Auffahrt auf das 1930 Meter hohe Plateau befestigt. Nach dem vielen Regen ist die Pirschfahrt auf dem Plateau wenig ergiebig. Es sind zwar viele Tierspuren im feinen roten Sand zu erkennen, doch nur wenige Tiere zu erspähen. Immerhin sehen wir eine Nashorn (leider kein weißes). Auch ein paar Giraffen und die seltenen Kuh-Antilopen zeigen sich uns. Landschaftlich hat das Plateau einen ganz besonderen Reiz. Der rote Sandboden kontrastiert mit den sattgrünen Bäumen und Sträuchern. Ab und zu ragen ein paar schroffe, rote Sandsteinfelsen heraus. Am Rande des Plateaus hat man einen weiten Blick über die grüne Ebene, aus der sich nur einige rote Pads hervorheben.

Auf der Rückfahrt zum Camp treffen wir auf zwei Fahrzeuge, die am Fluss kehrt gemacht haben und nun auch die längere Farmstrecke fahren wollen. Der Fluss ist voll, was uns nicht wirklich wundert.

Zurück im Restcamp herrscht allgemeine Aufbruchstimmung. Das schwedische Paar hat inzwischen ebenfalls beschlossen abzureisen, so dass wir erneut im Konvoi zurückfahren. Wir sprechen mit Werner, der uns am Vortag hierher gelotst hat. Er ist nicht davon überzeugt, dass der Fluss unpassierbar ist. Die Zweiradfahrzeuge will er, genau wie am Vortag den Polo, durch das Wasser ziehen. Skeptisch sind wir, dass sich unserer schwerer Nissan ebenfalls so ohne Weiteres durchziehen lässt.

Im Konvoi folgen wir dem Landrover und sind erstaunt, dass der Fluss nur wenige Kilometer vom Camp entfernt ist und die Straße bis dahin problemlos zu befahren ist. Kein Wunder, dass Werner den Umweg über die Farm scheut. Mit dem dezenten Hinweis, er habe den Lotsen am Vortag bezahlen müssen, entlockt er uns 30 N$ Tipp. Nun sehen wir den Fluss vom anderen Ufer aus. Der Wasserstand scheint nicht höher als am Vortag und unsere Skepsis ist unverändert. Werner meint, wir sollten einfach langsam durchfahren, es wäre kein Problem. Der Landrover durchquert problemlos den Fluss um uns zu zeigen, wie tief dieser ist. Trotz großer Bedenken vertrauen wir Werners Erfahrung und bitten ihn, für uns das Auto durchzufahren. Das Wasser ist so tief, dass das Nummernschild eintaucht. Ein merkwürdiges Gefühl komplett von Wasser umgeben zu sein. Sicher und mehr als erleichtert erreichen wir das andere Ufer. Entspannt beobachten wir, wie die beiden 2x4 durchs Wasser gezogen werden. Für die Einheimischen ist der Straßenzustand - insbesondere während der Regenzeit - nichts Ungewöhnliches.

Ein Polo wird durch den Fluss gezogen

Ein Polo wird durch den Fluss gezogen

Wider Erwarten ist die etwa 15 km lange Strecke zurück zur C22 in einem besseren Zustand als am Vortag. Das Wasser ist weitestgehend abgelaufen und die Fahrbahn ziemlich trocken. Offensichtlich ist hier in der vergangenen Nacht kein weiterer Regen gefallen. Als wir endlich die C22 und damit den Asphalt erreichen, sind wir froh, denn so kurz vor dem Urlaubsende haben wir keine Lust mehr auf Abenteuer. Trotzdem möchten wir auch dieses für die Regenzeit eher typische Erlebnis nicht missen.

Der nun einsetzende Regen stört uns wenig, da die Straßen bis nach Windhoek asphaltiert sind. Tanken müssen wir auch nicht mehr, denn inzwischen haben wir unsere beiden 20 Liter-Reservekanister eingefüllt. Ungewöhnlicherweise müssen wir das Fahrzeug nicht vollgetankt an den Vermieter zurück geben. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass das Fahrzeug mit zwei Tanks ausgestattet ist und die Tankanzeige erst aktiviert wird, wenn bereits der erste Tank leer ist.

Nach so vielen schönen Naturerlebnissen vermeiden wir es wie gewohnt, die letzte Nacht in einer Stadt zu verbringen und übernachten auf einer Farm südwestlich von Windhoek. Vom Kupferberg Pass haben wir sehr schöne Aussichten in die hügelige, inzwischen auch hier grüne Landschaft.

Kupferberg Pass

Kupferberg Pass

Die Melrose Game Farm liegt versteckt in diesem grünen Eldorado. Wieder einmal müssen wir nach dem großen Eingangsportal noch einige Kilometer fahren, bevor das Farmgebäude sichtbar wird.

Zum ersten Mal werden wir nicht so persönlich empfangen, später merken wir, dass dies im Sprachproblem des Personals begründet liegt. Abgesehen von ein paar Floskeln auf Deutsch oder Englisch ist die Verständigung ein Problem und geantwortet wird in Afrikaans, was wir wiederum nicht verstehen.

Lustig wird es beim Abendessen. Die Frage nach einer Speisekarte kann nicht beantwortet werden und als wir auch noch nach einer Weinkarte fragen, geht gar nichts mehr. Immerhin finden wir heraus, dass es offensichtlich ein Büfett gibt. Inzwischen wurde auch die österreichische Managerin zur Hilfe gerufen, die unser Weinproblem beheben kann.

Die Melrose Game Farm ist eine Jagdfarm und hat hauptsächlich österreichische Jäger zu Gast. Erstaunlicherweise ist die Farm fast ganzjährig ausgebucht und hat nicht mit der Nebensaison in der Regenzeit zu kämpfen. Später kommen die anderen Gäste von der Jagd zurück und tauschen sich über ihre Jagderlebnisse aus. Für uns ist es ein komisches Gefühl, unter Jägern zu sein, denn mit der Jagd haben wir so gar nichts am Hut. Dennoch erleben wir einen interessanten Abend, denn später gesellt sich Simon zu uns. Er arbeitet auf der Farm als Jagdführer und bildet sich derzeit als staatlich anerkannter Berufsjäger weiter, um in ganz Namibia als Jäger arbeiten zu dürfen. Simon ist sehr froh darüber, dass er ohne Schuldbildung die Chance bekommen hat als Jagdführer zu arbeiten. Mit viel Engagement eignet er sich das erforderliche Wissen über die Tierarten an und bereitet sich auf die Abschlussprüfung als Berufsjäger vor. Lesen und schreiben hat er sich selbst beigebracht und unterhält sich mit uns prima auf Deutsch, was er sich durch den Kontakt zu den Gästen angeeignet hat. Seine Kinder sind auf der Farm aufgewachsen. Da es ihm wichtig ist, dass sie die Schule besuchen, hat er Frau und Kinder in Windhoek in einem Haus untergebracht, etwa 35 km von der Farm entfernt. Er ist ziemlich besorgt, dass seine Kinder in Windhoek "unter die Räder kommen", da sie das Stadtleben bislang nicht kennen gelernt haben. Entsprechend hat er das Haus so ausgewählt, dass es nur 20 Meter von der Schule entfernt liegt.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Foto-Reisebericht eine Namibia-Rundreise von Anke Schlingemann & Detlef Hälker. Stationen: Windhoek, Kalahari, Fish River Canyon, Kolmanskop, Lüderitz, Aus, Sossusvlei, Namib Naukluft Park, Swakopmund,Twyfelfontein, Etosha National Park, Otjiwarongo, Waterberg Plateau
Details:
Aufbruch: 08.01.2006
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 27.01.2006
Reiseziele: Namibia
Der Autor
 
Anke Schlingemann berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Anke sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!