AB IN DEN SÜDEN

Reisezeit: August / September 2008  |  von Uwe Decker

Jozi, Apartheid, Soweto Teil 1

Johannesburg, 29. August 2008

Die Ankunft meines Guides Abi, derselbe wie gestern, verzögert sich, wie erwartet. Der Verkehr halt. Ich habe Zeit für mein geliebtes Käseomelett in der Sonne. Als er, zusammen mit einem Päarchen aus den USA, eintrifft, geht es zunächst zu einer Tour durch die City von Johannesburg, auf sechsspurigen Freeways. Mein Eindruck bestätigt sich. Joburg ist riesig. Jedes Gebäude, jedes Grundstück ist streng bewacht, nicht nur durch elektrische Zäune und viel Stacheldraht, auch mit Wachmannschaften und -hier wendet man sich offensichtlich an den lesegewandten Spitzbuben- mit netten Schildchen, dass auf jeden Fall scharf zurück geschossen wird.

Aber Joburg ist auch sehr grün und irgendwie ist es viel schöner als ich mir vorgestellt habe. Das gilt auch für die Innenstadt, mit einigen schönen Plätzen, Straßen, Gebäuden.

Andere Straßen sind nicht so nett, man ahnt, dass man sich bei Nacht lieber woanders aufhalten sollte. Im Prinzip ist Johannesburg Downtown außerhalb der Geschäftszeiten von der Stadtverwaltung aufgegeben. Viele Büros stehen leer und verfallen. Viele Firmen sind weggezogen. Am Stadtrand sind neue Stadtviertel entstanden, Sandton z.B., in denen sie sich angesiedelt haben, im Schlepptau die Angestellten, die sich in streng gesicherten Wohnvierteln niedergelassen haben.

Zu Zeiten der Apartheid war Johannesburg eine Stadt der Weißen, in die Schwarze nicht hinein durften. Heute trauen sich die Weißen nicht mehr in "ihre" Stadt. In ihren ehemaligen Wohnhäusern in Downtown wohnen nun andere, viele illegale Einwanderer.

Trotz allem, Johannesburg ist das wirtschaftliche Zentrum, nicht nur der Provinz Gauteng, früher Transvaal, sondern ganz Südafrikas. Das wird auf der Fahrt deutlich. Flächenmäßig eher klein, werden hier 35% des Bruttosozialprodukts Südafrikas erwirtschaftet und, vielleicht noch beeindruckender, 10% des gesamten afrikanischen Kontinents.

Bei einer Art Großmarkt für traditionelle Heilkunst, für Isangomas, machen wir Halt und können uns ungehindert umschauen und fotografieren. Ich kenne ähnliches schon aus den Voodoo-Hochburgen in Westafrika.

Gleich nebenan ist ein Laden mit einem Schild, "Non-White-Shop", das noch aus der Apartheid-Ära stammt und dort belassen wurde, wohl zur Mahnung. Es ist ein gute Überleitung zu unserem nächsten Stopp auf unserer heutigen Sightseeing-Tour, dem Apartheid Museum.

Es gibt zwei Eingänge, getrennt für Schwarze und für Weiße. Innen herrscht Fotografierverbot. Man wird in Bild, Wort und Schrift sowie Videos förmlich überschüttet mit Informationen über die Chronologie der Ereignisse, von den Anfängen der Apartheid bis zu deren Ende, das Warum und Wie. Zwei Stunden haben wir Zeit, uns zu informieren über das was eigentlich nicht zu begreifen ist. Aber etwas begreife ich doch. Besonders ein Bild wird mir in Erinnerung bleiben. Es zeigt einen Bahnhof mit zwei Bahnsteigen, in der Mitte ein Gleis, auf dem jeden Moment ein Zug einrollen wird, auf den die Menschen warten. Der linke Bahnsteig ist so übervoll mit Menschen, Schwarzen, dass manche fast auf das Gleis zu stürzen drohen. Auf dem rechten verlieren sich eine Handvoll Weiße. Es zeigt, wie tief sich das abstruse Gedankengut der Apartheid in den Köpfen der Menschen eingefressen hat und welche Macht es in jeder Phase des Alltags gehabt hat. Natürlich taten die Repressalien der Staatsmacht bei Missachtung ein Übriges.

Am Ausgang treffe ich meine beiden Amis wieder, wir essen zusammen im Imbiss am Museum. Sie sind wissbegierig, fragen unseren Guide Löcher in den Bauch und gehören zweifellos zum sympathischeren Teil der Bevölkerung jenseits des großen Teiches.

Der Nachmittag unserer Tour ist für eine Fahrt weiter Richtung Südwesten reserviert, in eine Township, nein, DIE Township schlechthin. Südwesten heißt ja auf Englisch South-West, aus den ersten Buchstaben zusammengefasst ergab sich ihr Name, SOWETO.
Im Niemandsland zwischen Johannesburg und Soweto machen wir Halt an einer großen Baustelle. Hier entsteht das größte Fußballstadion des Landes, in dem das Finale der WM 2010 ausgetragen wird, werden soll.

Auf einem großen Schild vor dem Bauzaun kann man sehen, wie es später einmal aussehen wird, einer Kalebasse ähnelnd, bunt und schick.

Dass es rechtzeitig fertig wird, davon bin ich überzeugt. Die Kapazität wird über 90.000 Zuschauer betragen. Ich blicke mich um und sehe nur flaches Land, in der Nähe der riesige Aushub einer stillgelegten Goldmine und eine mehrspurige Straße. Ich frage Abi, wie denn die vielen Menschen hin- und abtransportiert werden sollen. Wird hier noch so etwas wie ein Bahnhof oder eine S- oder U-Bahnstation gebaut? Nein, sagt er, nur mit Bussen und deutet auf die Straße. Da gibt es eine eigene Spur für Busse, die haben dann immer Vorfahrt ... Ich überlege, wie viele Busse man wohl für so viele Menschen benötigt und wer die anschaffen wird, sage aber nichts weiter. Es wird spannend zu sehen, wie die WM in Südafrika ablaufen wird.

© Uwe Decker, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
3 Wochen allein durch den Süden Afrikas Gaborone/Botswana - Johannesburg - Swasiland - Mosambik Von Nashörnern, einem Ball der Debütantinnen, den größten Fischen der Welt und vielem mehr ...
Details:
Aufbruch: 25.08.2008
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 15.09.2008
Reiseziele: Botsuana
Südafrika
Swasiland
Mosambik
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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