12 (?) Monate in Benin - ein Leben in einer anderen Welt

Reisezeit: Oktober 2007 - Oktober 2008  |  von Johanna Hoffmann

18.-27.04.08

Fortune wohnt inzwischen auf dem Campus. Sie hat eine "cabine" (ca. 12m² großes Zimmer mit Balkon für 2 Pers.) gemietet, damit sie nicht jeden MOrgen von Cotonou nach Calavi pendeln muss. Die Uni ist nämlich in Calavi, nur eine Fakultät (ich glaube die Juristen) sind in Cotonou. Ein rießiges Gelände, der Wahnsinn. Zum UNigelnde gehören auch einfach Grasländer und Busch gewächs, wo kein Mensch hin geht. Aber irgendwann wenn sie Geld haben wollen sie das ausbauen. Vorausschauend also. Auch ist man hier nicht zwingend an DER Uni wenn man an der UNi ist. Fortune z.B. ist für Medizin und noch irgendwas Technisches eingetragen. MEdizin macht sie an er Uni, aber die Technik macht sie an einer Privatuni die ihren SItz aber auf dem Campus hat. Aber von wegen Studiengebühren oder EInschriebung haben die beiden Sachen nichts miteinander zu tun.
JEdenfalls war ich bei ihr und wir sind ein bisschen auf dem GElände rum. Haben dann auch (endlich mal wieder!!) Achèkè gegessen. (Das Nationalgericht der Elfenbeinküste welches ich in Ghana so oft gegessen hatte.) Es gibt rießige Basketballplätze, die bei Events (also mind. einmal pro Woche) als Bühne und Schauplatz hergenommen werden. Einige Tage später war ich nochmal dort, um so einem Spektakel beizuwohnen. DIe Zimmernachbarin von Fortune hat auch getanzt. Sie haben sich echt viel Mühe gegeben. Ein paar Jungs, die Fortune noch von der Grundschule kannte (sprich alle aus Proto Novo = Ethnie der Gun) haben mich gleich eingeladen für den 11.Mai. Da gäbe es eine rießige Party zu Gedenken Bob Marleys. Sie waren so total stolz und wollten das unbeding zeigen. Voll süß!!
Das waren sowieso die einzigen Kerle, die von Anfang an einfach nur eine Freundschaft wollten und ich endlich "Kumpels" gefunden hatte. Richtig toll!

Am nächsten Tag bin ich zu Tonton Ephrem, einem Cousin von Maman Serge, gefahren. Dort habe ich seine komplete Familie kennen gelernt. Sein Bruder ist voriges Jar gestorben und hat 4 Witwen zurück gelassen. Und die ganzen Kinder natürlich. Das sah schon eigenartig aus auf den Photos von der Beerdigung, gleich 4 Frauen in Trauer um den selben Mann... Aber es funktioniert trotzdem. In dem Haus in Godomey in dem ich war lebt nur eine von ihnen, die anderen drei sind in Calavi bzw. Cotonou. DIe Kinder leben alle zusammen in Godomey. Ich habe mit Mariano, dem "großen Bruder" gesprochen, und er meinte, es gäbe keine Unterschiede zwischen Halb- und Vollgeschwistern. Schwester ist Schwester und Bruder ist Bruder. Dasselbe hatte mir ja arin auch mal erzählt (die über 12 Kinder von verschiedenen Frauen).

Mariano mit dem Nachbarskind - 
als ich das gesehen hab (Kind und Motorrad)... der Wahnsinn!!

Mariano mit dem Nachbarskind -
als ich das gesehen hab (Kind und Motorrad)... der Wahnsinn!!

Ich bin dort auch gerne hingegangen. Alle waren nett, egal welches Altr und Geschlecht. Die Mütter habe ich leider nie kennen gelernt, aber nach den Kindern zu urteilen müssen es großartige Frauen sein! Eine tolle Familie, das Herz am rechten Fleck!

Und dann kam das PARADIS!! Rahel hatte mir schon ewig davon vorgeschwärmt: "WIr müssen unbedingt nach Grand Popo, JOhanna! Das ist mein Paradies!" Na gut, dann machen wir das eben. Grand Popo liegt direkt an der Küste, noch hinter Ouidah Richtung Westen. Also packen wir unser Zeug zusammen (wie echte Jovos natürlich im Rucksack) und sind mit dem Taxi zum Carrefour Godomey gefahren, denn von dort aus gehen die Taxis nach Ouidah, Grand Popo, Togo oder teilweise fahren sie sogar durch bis nach Accra. Liegt ja alles an derselben Straße. Einfach immer geradeaus. Also standen wir mal wieder ziemlich verloren am Straßenrand. Es läuft dann nämlich so ab dass man kommt und ein Taxi will und ein netter Opa, so eine Art Parkwächter, fragt wohin man wolle und jaja, ich find euch ein Taxi. Naja, und dann steht man da und die quatschen untereinander irgendwas und man versteht nichts und plötzlich heißt es "Hier bitte einsteigen!" Naja, was bleibt einem da anders übrig? Aber im Grunde kennt man die Taxifahrer auch nach einer Zeit, denn manche fahren tatsächlich täglich von Lomé nach COtonou und verdienen sich damit ihren Lebensunterhalt.
Wir steigen also ein und sagen, dass wir am Straßenrand auf Höhe der "Auberge de Grand Popo" raus wollen. Irgendwann sind wir schon mitten in Grand Popo und uns eigentlich sicher, dass wir daran vorbei sind. Fahrer fragen - der hat keine Ahnung, was die Auberge eigentlich ist. Naja, also bleib uns nichts anderes übrig als auszusteigen und zu suchen. EInziger Haken an der Sache: Es regnet in Strömen. Egal. Wir sind ja im Urlaub!! Also raus aus dem Auto, Rucksäcke aufgeschnallt, Schuhe ausgezogen und los gehts. Da gabs ein HOtel und da haben wir gefragt.

Wir konnten uns erstmal unterstellen und dann hat der uns, nachdem der Regen nachgelassen hat, sogar einen Zém besorgt - der Gärtner (oder ähnliches) des Hotels. Wir haben uns zu dritt und mit Rucksäcken und Handtaschen auf eine Mate gezwängt. Das sind zwar gute Motorräder, aber halt einfach auch die keinsten und da habe ich schon alleine immer ein bisschen Schiss. Aber naja, eine viertelte Arschbacke war noch auf dem Sitz und für den Rest konnte ich mich ja an der Rahel festhalten
Wir kamen also heil in der Auberge an - die wir um Meilen verpasst hatten!! Dort, der Regen hatte inzwischen aufgehört, haben wir ein geniales Zimmer gekriegt mit Empore und darauf ein Bett. Total romantisch! Und natürlich Ausblick aufs Meer. Und ich war sowieso ganz weg: Ich war tatsächlich im Paradis. So eine perfekte MIschung aus Meer, Kakteen, Sand, Palmen, Zedern (oder Kiefern), Blumen und Strohmülleimern hab ich noch nie gesehen! Ich stand erstmal auf der Veranda des ehemaligen Kolonialgebäudes und konnte nicht begreifen was ich da sehe. DASS ich es sehe, dass es existent ist! UNd dann zu allem Überfluss noch dieses Gebäude, als Holz gebaut und mit diesen genialen Treppen und ich liebe doch Treppen so und es war einfach der absolute Hammer!!

Natürlich erstmal trocken legen und dann gleich an den Strand. So einen schönen und sauberen Strand habe ich auch selten gesehen. Es war einfach traumhaft!
Irgendwann kam dann der Hunger und wir sind zum Rezeptionsgebäude gegangen. Da gab es dann auf einer Holzterrasse ein gemütliches Dinner mit romantischer Slow-Musik und gedämpften Licht und zurückhaltenden Kellnern. Es war wirklich fast zu viel fürs Herz. Aber Rahel und ich waren uns einge darüber, dass wir uns grade pudelwohl und wie im HImmel auf Erden fühlten. Und das beste am Ganzen war: ohne Männer! (kurz darauf hat dann natürlich einer angerufen, aber das wollen wir hier großzügig ausblenden). Später sind wir noch an den Strand, haben die Nacht genossen, ich habe ein bisschen gebetet und die Energie des Meeres in mir aufgesogen. Danach saßen wir noch ewig in diesen süßen Liegestühlen und haben gequatscht und genossen, bis wir irgendwann in unserem ZImmer im Bett lagen und typisch beninische und elfenbenküstlerische Hits angehört haben (ALL BAXX!!, Bobaraba, Petit Miguelito) Das war einfach so toll! Die perfekte Mischung aus europäischer Freundschaft und afrikanischer Musi, Stimmung, Ambiente. Genau das ist es, was ich mir immer gewünscht habe! Beim Lied "The world's greatest" ist Rahel dann glücklicheingeschlafen.
Naja, die Nacht war nicht so der Hammer. Zu viele Mücken. ABer ich bin raus und an den STrand und hab die Nacht gespürt und mich dann wieder hingelegt. Richtig beseelt. Das war schön und schlaffördernd. In der Früh gabs Frühstück am Strand. Danach haben wir uns in Hängematten gelegt (wobei ich unter meinem Po erst ein Loch graben musste um schaukeln zu können - zuviel gefrühstückt ) Danach haben wir in aller Gemütlichkeit zusammen geräumt, und ein bisschen vom Portier anflirten lassen (aber er hat mir trotzdem eine KOkosnuss besorgt), um unterwegs noch auf Rastas zu treffen und dann mit dem taxi heim zu fahren. Am Carrefour angekommen ist uns langsam bewusst geworden, dass diese andere Welt, dieses Traumland, jetzt vorbei ist und wir wieder in der Realität sind. Die kam auch gleich knallhart, denn die zéms haben den Preis mal bei 800 bzw. 1000F CFA angesetzt - es kostet normalerweise 400, also haben wir uns erstmal kringelig gelacht. Dass wir dann auch tatsächlich wen gefunden haben der uns für den echten Preis hinfährt war nur ein Triumpf - wir leben immerhin beide schon lang genug in diesem Land!!

Am Sonntag hat mich dann Casimir, der Chauffeur von Mensah, abgeholt und mir seine Frau und Tochter vorgestellt. ICh wollte sein baby kennen lernen. naja, wenn man in Benin jemanden besucht, dann besucht man sein komplettes Leben. Also haben wir uns irgednwann aufs Motorrad gesetzt und sind zum Atelier seiner Frau gefahren (sie ist Scheniderin), dann zu ihren Eltern, zu seiner Schwester, ein bisschen die Gegend anschauen und dann wieder zu ihm heim. Das war echt nett. Sollte man in Deutschland eigentlich auch machen!

Casimir mit Frau und Kind

Casimir mit Frau und Kind

Abends bin ich mit Romaric und den Jungs wieder in diese buvette gegangen. Aber nicht zu lange, denn am nächsten Tag bin ich in der Früh mit Rahel erneut zu Air France gegangen - diesmal hat allerdings alles geklappt! Juhuuu ich habe mein Flugticket! Danach sind wir mit Carlos, meinem Journalist, ins CPA(Centre de Promotion de l'artisanat = Handwerkerzentrum) gegangen. Ich habe zwar auch eine Ahnung von den realen Preisen, aber trotzdem ist es einfach leichter, mit einem Landesmann dort einkaufen zu gehen. Es kommen einfach fast nur Touristen hier her, insofern... Dann haben wir uns noch ein bisschen in der Stadt rumgetrieben, sind z.B. ins maison familiale von Mireille gegangen.
Auf dem Rückweg bin ich zu SOS. ICh habe meinem Söhnchen durch bildhafte SPrache versucht klar zu machen, dass ich demnächst wegflöge. Er ist ganz traurig geworden und die nächsten zwei Tage ist er mir aus dem Weg gegangen. Er hat es einfach nicht ertragen. Das hat mir sooo weh getan. Aber naja, nach zwei tagen hat er es ein bisschen vergessen und es war wieder ein ungetrübtes Verhältnis.

In den nächsten Tagen habe ich einfach so in den tag hinein gelebt (wie die vergangenen seche Monate auch). Es kamen Leute zu BEsuch, ich war fast täglich im SOS-Dorf, ich habe Mariano besucht und Arcade (Wobei einmal der großartige Satz kam "S'ile ne coupent pas l'eau, ils coupent le courant. S'ils ne coupent pas le courant, ils coupent l'esu. C'est triste - et c'est mon pays!" = Wenn sie nicht sas Wasser abstellen, stellen sie den Strom ab. Wenn sie nicht den Strom abstellen stellen sie das Wasser ab. Das ist traurig - und es ist mein Land) , war auf dem Markt, hab schweißgebadet Wäsche gewaschen - alles was man eben so tut. U.a. hatte ich eine interessante UNterhaltung mit papa serge. Er hat mir erzählt, dass es eine Gückslotterie gibt, "Visa Américain", wo man ein VIsum für sich und seine Familie für die USA gewinnen kann. Quasi die Möglichkeit des Auswanderns. UNd dass ganz viele MEnschen darauf so heiß seien, was er gar nicht verstehen könne. Er meinte: "Wenn ich es in meinem Land zu nichs bringen kann, dann kann ich es nirgends zu was bringen. Aber sieh mich doch an: ICh lebe in Benin und habe alles was ich will, Arbeit, Haus, Familie. Wozu auswandern?!" Naja, das kann ich mir schon vorstellen, dass er nur einer von wenigen ist, die so denken... Die ganze Diskussion hat sich dann ausgedehnt zu "Warum kriegen Afrikaner ihren Allerwertesten nicht hoch und packen mal selber an im eigenen Land?!" Da meinte er, und leider muss ich ihm Recht geben auch wenn es mich ungeheuer aufregt, dass die Schwarzen es einfah schon von jeher gewöhnt sind dass die WEißen alles für sie regeln. UNd es ist ja auch jetzt noch so: Wenn's gar nicht mehr geht kommen UN-Spendengelder und Hilfsorganisationen und dann ist die Krise kontrolliert. Das ist wahr. Und deswegen verlassen sie sich darauf, anstatt selber anzupacken für ihr eigenes Land und ihren eigenen Wohlstand. Es ist ja auch tatsächlich so dass bei Hilfsorganisationen die Weißen mehr arbeiten als die angeheuerten Schwarzen. Schrecklich! NUr wenn sie sich tatsächlich selber aufraffen (wie z.B. Tantie Flavienne mit ihrem Zentrum für taube Kinder),dann hat es eine ZUkunft. Ansonsten tun sie einfach so als würde es sie nichts angehen. Schrecklich!!

© Johanna Hoffmann, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich wird ein Traum wahr: Mama Africa, ich komme!! Für voraussichtlich 12 Monate werde ich in Abomey leben, davon 6 Monate in einem SOS Kinderdorf, die anderen 6 in einem Krankenhaus ein freiwilliges Praktikum machen.
Details:
Aufbruch: 07.10.2007
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Oktober 2008
Reiseziele: Benin
Ghana
Der Autor
 
Johanna Hoffmann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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