Togo und Benin

Reisezeit: Dezember 2015 - Januar 2016  |  von Beate Böttner

10.01.16 - Voodoo-Festival in Grand Popo

Morgenstimmung am Aheme-See

Morgenstimmung am Aheme-See

Der Tag beginnt

Frühstück ab 08:00 Uhr, Aufbruch um 09:00 Uhr. Das klingt nach Urlaub!
Der Aheme-See lag im Morgendunst. Die ersten Fischer waren unterwegs. Auf den Stühlen hatte sich ziemlich viel Kondenswasser angesammelt. Die Nähe des Wassers machte sich unweigerlich in einer ganz anderen Luftfeuchtigkeit bemerkbar. Dies wird wohl auch der Grund dafür gewesen sein, dass meine Sachen, die ich gestern durchs Wasser gezogen hatte, noch nicht trocken waren. Zum Frühstück gab es neben dem schon öfter Beschriebenen auch Butter und Orangensaft.

Morgenstimmung am Aheme-See

Morgenstimmung am Aheme-See

Alternativprogramm

Wir kamen pünktlich vom Hof. Auf dem Programm stand für heute früh eigentlich der Besuch eines Ernährungszentrums. Dieses und auch das Hotel wurden erschaffen, um die Lebensqualität in dieser Gegend zu verbessern. Beim Hotel mag das aufgegangen sein. Das Ernährungszentrum hingegen hat nicht überlebt. François erzählte uns gestern Abend, dass es dies nicht mehr gäbe. Als Alternative bot er uns einen kleinen Bummel über bzw. durch den Markt von Come an. Wir nahmen gern an und tauchten wieder einmal in das Marktgetümmel ein. Bei einer alten Frau kaufte Emma ein Stück Sheabutter. Gut für die Haut und die alte Frau bedeutete uns, man könne sie auch essen wenn man Husten habe. Sie lies sich fotografieren, lachte, als sie ihr Bild sah und meinte: "Oh, jetzt komme ich nach Europa!".
Nach etwa einer halben Stunde stiegen wir wieder in unseren. Bus, in dem es angenehm "kühl" war, nachdem draußen um 10:00 Uhr bereits 32 Grad herrschten.

Morgenstimmung am Aheme-See

Morgenstimmung am Aheme-See

Ankunft in Grand Popo

Kurze Zeit später erreichten wir Grand Popo, die letzte Station unserer Reise. Wir hielten zunächst an der "Auberge de Grand Popo", doch die Zimmer waren noch nicht fertig. Deshalb blieben wir im Bus und fuhren gleich weiter an den Ort des Geschehens- des traditionellen Voodoo- Festivals. Es findet seit 20 Jahren statt, genau auf der Landzunge zwischen Mono-Fluss und Atlantik. Als wir ankamen, waren noch nicht viele Menschen da. Das sollte sich jedoch bald ändern. Ich ging zunächst ein wenig an den Strand, ließ meine Füße von den Wellen umspülen. Wieder diese Kraft! Wenn das Wasser sich zurückzog, stand ich etwa 6 cm tiefer im Sand als vor der Welle. Ungeheuer! Ich sammelte ein paar Muscheln auf, setzte mich hin uns sah den Krabben zu, ehe ich wieder hoch zum Festivalort ging.

Das Voodoo-Festival beginnt

Gerda und Siggi hatten einen Platz auf der Tribüne ganz oben ergattert und François und ich versuchten, zu ihnen durchzukommen. Das kostete einen Wortwechsel zwischen dem einen Ordner und François, ehe dieser uns passieren ließ. Er wies mir auch genau die Stelle, an der ich nach oben dürfte. Nicht etwa an der Seite die Treppe hoch, nein zwischen diesem einen Mann und dieser einen Frau hindurch. Egal, es war geschafft und der Platz bot hervorragende Sicht auf das Geschehen. Das Festival sollte um 11:00 Uhr beginnen, doch die ersten Honoratioren kamen erst kurz nach halb zwölf an. Wir sind eben in Afrika. Es waren darunter der Bürgermeister, der Präsident des Festivals, viele Prediger. Manche wurden mit großen Autos gebracht und von Polzeimotorrädern eskortiert.

Festgefahrenes Polizeiauto

Festgefahrenes Polizeiauto

Polizeiauto in Not

Auch ein großes Polizeiauto kam angerauscht. Doch als es wieder losfahren wollte, fuhr es sich im weichen roten Pistensand fest. Das halbe Hinterrad war im Sand versunken. Versuche, dort hinaus zu kommen, blieben erfolglos. Dann organisierte jemand eine Gruppe junger Männer. Mit vereinten Kräften schaukelten sie das Auto wie wild hin und her. Erst später fingen zwei Männer an, das Hinterrad auszubuddeln, mit den Händen selbstverständlich. Wieder versuchte der Fahrer sich mit aufheulendem Motor und einen Sandsturm verursachend aus der misslichen Lage zu befreien. Das half jedoch auch nicht. Erst als die Männer Palmwedel holten und unter das Rad brachten, hatte es Halt und kam heraus. Welch ein Jubel, im wahrsten Sinne des Wortes!

Die Gruppen kommen

Schon bald kam die erste Gruppe tanzend, Trommeln schlagend und singend auf den Platz gezogen. Die Hauptfigur war der Donnergott. Und so ging es fort. Eine Gruppe nach der anderen präsentierten sich. Es war ein Farben-und Klangspiel ohnegleichen.

Besonderheit

Manche Gruppen hatten auch am Rand ihren Platz. Es war eine Gruppe darunter, die weit schwingende Baströcke zu freiem Oberkörper trugen und deren Kopf mit einer Maismehl-Palmöl-Wasser Mischung gelb gefärbt war. Für die habe ich meinen Platz auf der Tribüne verlassen. Ich sah fasziniert zu, mit welch schnellen Bewegungen sie bei der Hitze in der prallen Sonne ihre Tänze tanzten. Später sah ich, wie sie sich auf die Knie warfen und mit einem Messer über ihre Arme, den Hals und den Körper fuhren. Auch in rasender Geschwindigkeit, die nicht mal mein Sportmodus im Fotoapparat scharf einfangen konnte. Kein Schrei war zu hören, keine Miene wurde verzogen. François hatte mir vorher schon davon berichtet.

Beobachtungen

Fortan bleib ich unten und sah mich um, ging auch mal an die Uferseite des Flusses. Dort hatten sich sehr viele Menschen versammelt, denn am anderen Ufer, doch schon auf dem Fluss, war ein Boot, auf dem eine einzelne Zangbeto-Maske stand. Sie rüttelte sich und trieb herrenlos auf dem Fluss. Die Menschen sahen erstaunt und ehrfürchtig zu. Nach einer ganzen Weile gelang es Menschen aus einem anderen Boot zu der Zangbetomaske ins Boot zu steigen und sie irgendwann an unser Ufer zu bringen. Ich beobachtete eine Mutter, deren Kind auf dem Rücken wohl in die Hose gemacht hatte, wenn es eine angehabt hatte. Sie nahm es ab und wusch es im Fluss sauber. Dann nahm sie ihr Tragetuch und wusch es ebenfalls im Fluss.

Der Donnergott unter dem roten Schirm

Der Donnergott unter dem roten Schirm

Schattenplatz und geopfertes Huhn

Eine der hier vorbeiziehenden Gruppen hatte etwas breiähnliches in einer großen Kalebasse. Davon bekam jeder am Weg Sitzende einfach etwas in den Mund gestopft. Erst ein wenig irritiert, schien es dann wohl doch zu schmecken, denn niemand spuckte es aus oder guckte angewidert.
Ich suchte mir einen Stuhl unter dem Zeltdach, denn in der Sonne war es kaum auszuhalten. Doch im Schatten war es angenehm, zumal ein angenehmes Lüftchen vom Meer wehte. Gerda hatte beobachten können, wie an der Seite des Platzes ein Huhn geschlachtet und das Blut in einer Kalebasse aufgefangen wurde. Das Hühnchen wurde offensichtlich auch gleich gegart, denn an mir rannte etwas später ein Mann vorbei, triumphierend ein gegartes Hühnchen in der Hand.

Das Festival geht zu Ende

Zum Schluss der Zeremonie zogen noch einmal alle teilnehmenden Gruppen an den Honoratioren auf der Tribüne vorbei. Kaum ein Mensch war noch auf seinem Platz geblieben, alle umringten die Gruppen auf dem Platz. Der Kreis wurde immer enger gezogen, so dass die Polizei schon mal einschritt und auch ihren Knüppel gegen die Besucher erhob. Es wurde reichlich Alkohol konsumiert, was einigen Besuchern deutlich anzumerken war.

Gegen 16:00 war das Festival zu Ende. Wir warteten einen Moment, bis der größte Besucheransturm das Gelände verlassen hatte. Dann gingen auch wir zu unserem Auto und fuhren in die Auberge, wo wir nach 3 Minuten ankamen.

Notunterkunft?

Wir bekamen unsere Zimmer, Gerda und Siggi einen Bungalow, Emma und Ulrich ebenso. Ich bezog ein Zimmer auf der anderen Straßenseite, ziemlich weit ab von den anderen und den Einrichtungen der Auberge. Es war ein einfaches Zimmer, mit Dusche und WC, Ventilator und Moskitonetz. Hm. Auch François schaute etwas irritiert. Aber was soll's. Kurze Zeit später trafen wir uns alle im Restaurant, um unser Abendessen, zu dem wir heute eingeladen waren, auszuwählen. Ich bestellte mir derweil schon mal einen Kaffee. François setzte sich dann zu mir und sprach ausschließlich französisch. Das war wahrscheinlich einfacher für ihn. Er teilte mir mit, dass es ein Problem mit meinem Zimmer gab. Irgendein anderer Gast hatte es bekommen, weil wir noch nicht da waren und verstand nun nicht, warum er da wieder ausziehen sollte. Der Gast blieb bei seiner Verweigerungshaltung und ich musste diese abgelegene Zimmer nehmen. François hatte bereits mit der Rezeption und dem Besitzer gesprochen. Er konnte mir anbieten, dass ich diese Nacht in dem Zimmer bleibe und morgen ein Neues beziehe. Dafür würde ich den Preis für die eine Nacht ausgezahlt bekommen. Damit konnte ich gut leben. Er meinte noch, wenn ich mich fürchte in der Nacht, solle ich schreien, er hätte sein Zimmer in meiner Nähe.

Vor dem Abendessen

Bis zum Abendessen blieb noch Zeit. Ich nahm eine erfrischende Dusche und befreite auch mein Haar wieder einmal vom roten Sand. War das ein Wohlgefühl! Da ich keinen Fön eingepackt hatte, trocknete der Wind den Kopf. Aufgrund der Luftfeuchtigkeit hatte ich dann auch mal wieder ziemliche Kringel auf dem Kopf.
Das Essen war sehr gut. Ich hatte mich für Filet vom Kapitänsfisch mit Krabbensosse und Reis entscheiden.

Abschiedsworte

Nach dem Mahl fasste François unsere Reise zusammen und fragte nach unseren Eindrücken und der Zufriedenheit. Erst jetzt, so zusammengefasst, wurde allen noch einmal ganz deutlich, wie viele Aktivitäten wir insgesamt unternommen hatten. Mit der Bewertung der Reise begann ich, einleitend mit den Worten, dass ich nur Positives sagen könnte. Ich hatte die Reise hauptsächlich wegen der Begegnungen mit den Menschen gebucht. Und derer gab so viele, dass ich es als sehr erfüllt ansah. Die Wanderungen waren mir nicht so wichtig, doch da sie nun mal integriert waren in die Reise, habe ich sie eben mitgenommen und fand sie gut und schön und auch für meine Wanderverhältnisse (ich bin kein Wanderer) moderat. François hat alles in seinen Möglichkeiten stehende getan, auf unsere Wünsche einzugehen und Probleme gelöst, wie für mich die Sache mit den vergessenen Ladegeräten und heute mit dem Zimmer.
Dann kamen die anderen an die Reihe. Alle waren vollauf zufrieden mit der Reise und hinsichtlich der Begegnung mit Menschen waren die Erwartungen übertroffen. Zu den Wanderungen hätten sie sich ja bereits geäußert, deshalb brauche das nicht wiederholt werden. Gerda überreichte anschließend François unser Geschenk, die 250 €, nebst einer Karte und einen Kuli aus der Schweiz. Es war eine Ansichtskarte von Emma mit einer Schneelandschaft. Emma überreichte Adjemi, unserem Fahrer, unser Geschenk, ebenfalls mit Karte und Kuli aus der Schweiz.

Gute Nacht

Ehe wir uns alle in unsere Zimmer verabschiedeten, verabredeten wir uns für morgen ab 08:00 Uhr zum Frühstück, denn um 09:00 Uhr sollten Emma und Ulrich, deren Reise endet, nach Lomé gebracht werden. Ich bemerkte, ich käme wie immer und alle lachten. Ein Abschiedsfoto unserer Gruppe haben wir auch noch aufgenommen. François und Adjemi zogen sich als Erste zurück.

In meinem Zimmer habe ich sehr gut geschlafen. Da es direkt an der Straße lag, hatte ich zunächst die Befürchtung, es würde zu laut. Doch nachts war absolute Stille, kein Fahrzeug hat meine Ruhe gestört. Es gab keinen Grund zum Schreien.

© Beate Böttner, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Modernes Westafrika voller Traditionen, Wanderungen von Dorf zu Dorf, durch Sahel-Vegetation und Tropenwälder, Feuer- und Maskentänze, die Magie des Vodun, nachhaltigen Projekten begegnen, Einblick in traditionellen Nomaden-Alltag
Details:
Aufbruch: 28.12.2015
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 16.01.2016
Reiseziele: Togo
Benin
Der Autor
 
Beate Böttner berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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