12 (?) Monate in Benin - ein Leben in einer anderen Welt

Reisezeit: Oktober 2007 - Oktober 2008  |  von Johanna Hoffmann

2. Woche Accra 26.01.-02.02.08

Ich habe im Prinzip bei Ghislain gewohnt. Der hat bei einer Familie ein Zimmer untergemietet. Da er quasi seine ganze Zeit in der Kirche verbringt und meistens auch dort schläft war das kein Problem dass für die Dauer meines Aufenthalts Welcome und ich dort wohnten. Das einzig witzige war, dass die Vermieterin nach ein paar Tagen in einem vertraulichen Gespräch Ghislain gefragt hat, wessen Frau ich denn jetzt sei, weil das ja doch eher ungewöhnlich ist, dass eine Frau in meinem Alter mit mehr oder weniger zwei Männer ein einziges Zimmer (mit einem einzigen Bett) teilt. Da hat er einfach mal gelogen ich sei die Frau seines kleinen Bruders, sprich Welcome. Weil sonst hätte sie uns vielleicht rausgeschmissen. Die Ghanaer machen ein bisschen was sie wollen mit ihren Untermietern. Auch waren wir alle 3 ein paar Tage gar nicht dort, weil ich in einem Hostel (entspricht bei unser einer WG) bei einer befreundeten Elfenbeinküstlerin wohnte. Als wir wieder kamen haben wir deutlich gesehen, dass sie mit dem Zweitschlüssel im Zimmer waren und unsere Sachen durchwühlt haben. Als ich einigermaßen geschockt war meinte Welcome nur, dass wir Glück hätten, dass unsere Sachen noch da seien. "Les ghanéens sont mauvais !" (Die Ghanaer sind schlecht!), das ist hier so die allgemeine Meinung. Er meinte dann noch, dass es hätte sein können, da wir ein paar Tage ohne Abmeldung verschwunden gewesen waren, dass wir bei unserer Ankunft unsere Sachen in der Abstellkammer finden und einen neuen Untermieter in unserem Zimmer. Wir waren ja nicht da, da haben sie es weiter vermietet... Also, Dieu merci, da haben wir noch mal Glück gehabt!!

Da fällt mir noch was Nettes ein. "Peasah" stand da auf einem Gebäude. Die Johanna hat krampfhaft überlegt, und ist jeden Tag an dem Wort vorbei gekommen und sie hat einfach nicht verstanden was das heißen soll. Da hat sie irgendwann endlich ihren Bruder gefragt und der hat sie nur komisch angeschaut. Naja, was soll das wohl heißen?? "Pizza".
Englisch ist halt nicht immer gleich Englisch.

Ich war dann auch mal auf dem Makola Market mit Armelle, einer Beninerin die in Accra Marketing macht. (Informatik und Business Marketing sind die am meisten gewählten Studiengänge.) Der Markt ist hier anders als der Dantokpa Markt von Cotonou. In Cotonou ist es eine riesige Fläche auf der die Marktstände einer neben dem anderen und ringsherum stehen. Makola Market ist in Accra Ville, sprich der Innenstadt, dem Zentrum, dem Ursprung der Stadt. Und die Stände sind entlang den Straßen aufgebaut. Man kann sogar mit den Trotros durch den Markt durchfahren. Das führt dazu, dass Makola flächenmäßig noch größer ist als Tokpa. Total irre. Es ist ein Durcheinander und Gehupe und die Händlerinnen schreien und preisen ihre Waren an. Aber beeindruckend ist es schon. Und meines Empfindens nach weniger anstrengend als Tokpa. Weil es weniger eng ist. Auch gibt es hier richtige Geschäfte. Also, die sind in den Häusern drinnen und man geht durch eine Tür hinein und dann wieder hinaus. Das findet man in Benin ja quasi nicht, sondern alles spielt sich am Straßenrand ab wo die Waren auf kleinen Holztischen ausgebreitet sind. Auch waren wir Schuhe kaufen in einem "richtigen Schuhgeschäft". Mit Regalen, Spiegeln und elektronischer Kasse und ich war ganz hin und weg.

Auf den Märkten (es gibt in Accra 3 soweit ich weiß) verkaufen nur die Frauen. Wohingegen am Straßenrand bei den Fast Food Ständen (man kann am Straßenrand von Reis über Bananen und frischem Obst bis hin zu Hühnchen und Fisch alles erwerben) nur Männer tätig sind. Auch sonst sieht man nur Männer wenn man sich außerhalb der Märkte bewegt. Auch habe ich in drei Wochen Ghana höchstens 5 Frauen gesehen die ein Baby auf dem Rücken hatten oder ein Kind an der Hand. Sie bleiben entweder zu Hause oder haben einen Sitter, der sich kümmert. Das kann man sich hier leisten, wie schon erwähnt haben die Ghanaer einigermaßen Geld.

Am Dienstag den 29.01. waren wir dann im Stadion. Côte d'Ivoire - Mali. Natürlich waren wir für die Elfenbeinküste, denn im Hostel sind nur Francophone und die meisten noch dazu von der Elfenbeinküste. Also haben wir uns alle schön farblich passend angezogen und schon daheim das Schreien und Jubeln geübt. Also, ich muss sagen, ich als absoluter Fußball(schonfast)hasser habe mich prächtig amüsiert. Das Ticket hat umgerechnet ca. 6€ gekostet. Da wollte ich trotz allem die Gelegenheit nutzen und auch mal in einem Stadion gewesen sein. Ey, der Hammer!! Ich habe zwar vom Spiel an sich eher weniger mitgekriegt weil ich mit Feiern und Tanzen und Schreien beschäftigt war (wir wurden sogar im Fernsehen gezeigt und noch Tage danach angesprochen "Ich hab dich im Stadion tanzen gesehen!"), aber trotzdem haben sich die 6€ gelohnt  Da wir ruhmreich 3:0 gewonnen haben ging es nachher noch auf die Piste in eine von Elfenbeinküstlern betriebene Kneipe wo es natürlich auch heiß herging.

Ja, warum ich nicht für Benin gejubelt habe? Weil sie mich enttäuscht haben. Ich mag das nicht, wenn man versucht, mit Schubsen und Rempeln seine Tore zu schießen und dann auch noch verliert. Nee, also, nach dem 1. Spiel war ich enttäuscht und hab Seiten gewechselt.

Zwischendurch wurde ich unangenehm daran erinnert, dass ich Weiß bin. Ich habe mich selten so für meine Hautfarbe und v.a. meine Nationalität geschämt. Ich war abends, also nachts, mit zwei Kumpels, ebenfalls Elfenbeinküste, unterwegs und in dem einen Café da waren auch Prostituierte unterwegs. Und die einzigen Kunden die sie hatten waren ... alte weiße Säcke. Und in diesem Fall benutze ich diesen Ausdruck ganz bewusst. Ich war so angeekelt davon dass wir nicht wirklich lange gebraucht haben um unsere Gläser zu leeren. Ich wollte einfach nicht, dass mich jemand anschaut und mit denen in einem Topf wirft. Widerlich!! Zu allem Überfluss bin ich am nächsten Tag einem Weißen auf der Straße begegnet der natürlich gleich "Germany? Germany?" gefragt hat und mir dann erzählte, er sei hierher gekommen um eine Frau zu suchen und er müsse ja gar nicht suchen, er könne wählen. Liebe nenn ich das...

Am Mittwoch hat ein beninischer Freund, Paterson, Amiwo (Pâte rouge) für mich gekocht. Mein beninisches Lieblingsgericht, das die Ghanaer nicht essen. Hach, da war die Johanna richtig glücklich! Am Folgetag war besagter Bruder dann krank. Die Hexenmeister haben ihm Bauchschmerzen gesendet. Nicht lachen, die Beniner glauben daran. Man nennt Benin "die Wiege des Voodoo" und es stimmt. Selbst die gläubigsten Katholiken werden dir was von Hexerei und bösen Geistern erzählen. Paterson z.B. ist Katholik und gegen die bösen Geister betet er und tut vom Pastor gesegnete Salze in sein Wasser bevor er es trinkt. Dass Didier Drogba, der Held der elfenbeinküstlerischen Fußballmannschaft, immer Tore schießt, erklärt mans ich dadurch, dass er Grigri gemacht hat. Grigri, dass sind diverse Praktiken oder Riten oder Gegenstände. Drogba hat, so sagt man, seinen Fuß vor dem Spiel gewaschen. Simpel gewaschen mit einfachem Wasser. Aber das bewirkt, dass die Bälle ins Tor gehen. Das macht man auch mit den Kugelschreibern vor einem Examen. Man wäscht den Kugelschreiber und dann (das hat mir mein eigener Bruder Welcome todernst erzählt, dass das bei ihm so war) schreibt der Kugelschreiber ganz von selbst in deiner Hand. Du musst kein bisschen was gelernt haben und wirst trotzdem mind. 18 von 20 Punkten erzielen.

Paterson meinte nun, dass er einen Hexer in der Großfamilie hat. Der könne ihn aber nicht direkt erreichen mit seinen Geistern deswegen hat er erst die alte Nachbarin attackiert und somit kann er das auch auf Paterson übertragen. Seit mehreren Monaten leidet er daran. Er war in Kliniken und hat alle möglichen Untersuchungen gemacht aber laut der Ärzte ist er gesund. Also muss es Hexerei sein.
Ihr mögt jetzt lachen, aber man muss das einfach so akzeptieren. Die Menschen hier glauben wirklich daran. Das ist so präsent wie Gott. Jemand meinte auch, dass Gott doch seine Propheten hätte die in der Welt wandeln. Satan existiert ja genauso wie Gott. Das steht auch in der Bibel. Und die Hexen und Hexer sind quasi seine Propheten. Von diesem Standpunkt aus ist das schon logisch. Aber wenn sie dir dann mit allem Eifer und Ernst erklären dass die Totgeburt nicht eine Folge des Alkoholkonsums der Mutter sondern eine Folge der Hexenpraktiken sei, dann ist es manchmal doch schwer, das zu akzeptieren. Von daher lasse ich sie inzwischen einfach reden und nehme das so hin. Chaqun a sa manière.... (Jedem das Seine)...

Am Samstag bin ich dann mit Carlos, einem beninischen Journalisten, und seinem Cousin Faustin durch Accra Ville gestreift. Wir waren am Osekan Resort, einem wunderschönen Felsenstrand. Danach in einem Handwerkerdorf, wo man handgefertigte afrikanische Traditionsgegenstände kaufen kann, wie z.B. Schmuck, Trommeln, Teppiche. Das war auch wirklich einen Besuch wert. Auch am Independence Square waren wir und im Verwaltungsviertel. Es gibt kaum historische Orte in Accra, eigentlich in ganz Ghana. Aber trotzdem war es ein schöner Spaziergang.

im Stadion, bereit zum EINHEIZEN

im Stadion, bereit zum EINHEIZEN

Côte d'Ivoire-OOOOO

Côte d'Ivoire-OOOOO

mancher Afrikaner ist halt auch verrrückt...

mancher Afrikaner ist halt auch verrrückt...

© Johanna Hoffmann, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich wird ein Traum wahr: Mama Africa, ich komme!! Für voraussichtlich 12 Monate werde ich in Abomey leben, davon 6 Monate in einem SOS Kinderdorf, die anderen 6 in einem Krankenhaus ein freiwilliges Praktikum machen.
Details:
Aufbruch: 07.10.2007
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: Oktober 2008
Reiseziele: Benin
Ghana
Der Autor
 
Johanna Hoffmann berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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