Sahara - Grenzfahrten zwischen den Welten

Reisezeit: November 2001 - Februar 2002  |  von Angelika Gutsche

Wüste ohne Ende

Nach Fachi geht die Piste entlang der wunderschönsten Dünenberge, die sich längs beidseitig neben uns erheben. Der Sand wechselt mit den Tageszeiten seine Farbe. Am frühen Morgen ist er fahlgelb. Je höher die Sonne steigt, desto heller wird er, fast weiß, um am späteren Nachmittag wieder in ein wunderschönes, warmes Goldgelb überzugehen. Am frühen Morgen und am Abend sind die Konturen haarscharf und klar. In der Hitze der Mittagszeit flimmert die Luft. Die Konturen lösen sich auf. Karawanen, die sich nähern, scheinen plötzlich über dem Boden zu schweben. Kleine Objekte werden durch die Entfernung immer größer. Ein Sandhügel wird zu einem Berg. Es tauchen plötzlich riesige Wasserflächen in der Ferne auf. Das also sind die berühmten Fata Morganas. Der Sand ist abends weich durch die Wärme und Trockenheit des Tages und das Gehen darauf wird unwahrscheinlich anstrengend. Regelmäßig bleiben wir dann mit unserer Feuerwehr stecken und es hilft nur, die Räder frei zu schaufeln und die Sandbleche unterzulegen.
Schon kurze Zeit nach Fachi haben wir die Piste verloren. Wir fahren nach Kompass und folgen dem Dünental in westlicher Richtung. Endlose Weite, endlose Verlassenheit! Wie vielen auch erfahrenen Karawanenführern wurde die Ténéré schon zum Grab! Der berühmte Sohn der Wüste, Mano Dayak, beschreibt in seinem autobiographischen Roman "Geboren mit Sand in den Augen", wie nach einem Sandsturm in nur geringer Entfernung von einer Wasserstelle auch erfahrene Tuareg verdurstet aufgefunden wurden. Ein Blick auf den völlig gelassenen Hassan, der mit einem lässigen Fingerschnippen die Richtung durch die Dünenfelder vorgibt, beruhigt mich sogleich. Er scheint zu wissen, wo wir sind und wo es lang geht.

Nach einer weiteren Nacht in den Dünen hören wir am Morgen plötzlich Geräusche. Es handelt sich nicht wie zuerst vermutet um Djinns, die berüchtigten Wüstengeister, sondern es ist das laute Protestgeschrei von Kamelen, die beladen werden. Direkt im nächsten Dünental hatte eine Salzkarawane mit ihren Tieren gelagert, ohne dass wir ihre Anwesenheit ahnten. Gerade sind sie dabei aufzubrechen. Sie entfernen sich in Richtung Süden. Wohin mag ihr Weg führen?

Am Nachmittag tauchen endlich die ersten Gräser und Sträucher auf. , Zwischendurch ein paar verkrüppelte Bäumchen. Die Sahara geht in die Sahelzone über. Den berühmten Baum der Ténéré haben wir durch unsere Fahrt abseits der regulären Piste verpasst. Das heißt, wir werden ihn irgendwann im Nationalmuseum von Niamey besichtigen, wo seine kläglichen Überreste stehen. Seit er von einem LKW-Fahrer plattgewalzt wurde, symbolisiert ihn hier in der Wüste nur noch ein Blechgestell. Vor uns erscheinen die ersten Felsen und Gesteinsbrocken des Air-Gebirges.

An diesem Tag haben wir mindestens sieben Salzkarawanen unterschiedlicher Größe, von zwölf bis dreißig Tieren, getroffen. Einer Karawane, deren Führer dringend um "Aman" bitten, können wir helfen. Sie hatten zu wenig Wasser mit sich geführt und jetzt kurz vor dem nächsten Brunnen wird es eng. Gierig löschen sie erst ihren Durst und füllen dann den Inhalt eines unserer 35-l-Kanister in ihre Ziegenhäute. Am nächsten Tag werden wir Agadez erreichen.

Salzkarawane in der Ténéré

Salzkarawane in der Ténéré

Die Salztransporte sind eine wichtige Einnahmequelle der Tuareg

Die Salztransporte sind eine wichtige Einnahmequelle der Tuareg

© Angelika Gutsche, 2004
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Auf den Spuren der Tuareg durch die Sahara: eine Abenteuerreise durch Algerien, den Niger und Mali.
Details:
Aufbruch: 05.11.2001
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 10.02.2002
Reiseziele: Algerien
Niger
Mali
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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