Ein Paradies inmitten des Chaos

Reisezeit: Februar 2011  |  von Albert Wiesbaden

Kalkutta ist für mich der Vorhof zu Hölle, und als ich vor einem Jahr im ZDF von H.E.L.G.O. e.V. hörte stand mein Entschluss sofort fest.
Ich besuchte den Initiator in Hamburg, wir sprachen zwei, drei Stunden mit einander. Im Februar 2011 besuchte ich Kolkata um endlich selbst etwas gegen die Ausbeutung von Kindern zu tun. Schon 1987 habe ich Kinder in kleinen, dreckigen und verrauchten Werkstätten arbeiten gesehen. Tagein, tagaus und das schon im Alter von 7 oder 8 Jahren.

Kolkata

Kalkutta ist mit europäischen Maßstäben nicht zu vergleichen

Kalkutta, heute offiziell Kolkata, steht auf Platz 15 der weltweit größten Megastädte. Die Schätzungen variieren zwischen 13 oder gar 15 Millionen Einwohnern. Egal, eine oder zwei Millionen Menschen mehr oder weniger spielen hier gar keine Rolle. Viele Menschen haben keine Identitätspapiere geschweige denn eine Geburtsurkunde. Keiner weiß genau, wie viele Menschen in den Slums oder auf der Strasse geboren wurden und dort leben.

Mit europäischen Maßstäben kann man Kalkutta nicht messen. Smog und Feinstaubbelastung, wie sie bei uns gemessen werden, sind hier vollkommen unbekannt. Es ist mein ganz persönlicher Eindruck, dass eine unangenehme Mischung aus Gedränge,
Geräuschen, Gerüchen, Bildern und Menschen jeden westlichen Besucher verunsichern, überwältigen, erschrecken, und verschlingen. Eine übel riechende Dunstglocke aus Abgasen, Ausdünstungen und Fäkalien hängt über der Stadt. Auf den Strassen herrscht ein besonderes Chaos: Hupende und knatternde Motorrikschas, Autos, Motorräder, Busse und LKWs. Mitten in diesem Gewühle: Fußgänger sowie mit Menschenkraft gezogene Rikschas und Lastenträger, die schwere Frachten transportieren. Unsere europäischen Bewertungen versagen; es ist eine andere Welt in der ganz andere Prioritäten gesetzt werden.

Gedränge - Straßenszene in Kolkata

Gedränge - Straßenszene in Kolkata

Trotz allem habe ich mich immer und überall sicher gefühlt. Ich habe nur freundliche und hilfsbereite Menschen kennen gelernt.

Wenn man korrekt sein will, hat HELGO e.V. seine Standorte in Howrah und damit am anderen Ufer des Flusses Hooghly, der zwischen Kalkutta und Howrah fließt. Beide Städte werden durch das Wahrzeichen von Kalkutta, der Howrah Bridge, verbunden. In Howrah befindet sich auch der große Bahnhof, in dem Züge aus allen Städten Indiens einlaufen.
Der Einfachheit halber fasse ich Howrah und Kalkutta unter dem Begriff Kolkata / Kalkutta zusammen, auch wenn das offiziell nicht korrekt ist.

Inmitten des Chaos habe ich drei kleine Paradiese entdeckt und kennen gelernt. Die von HELGO e.V. erschaffenen Fluchtburgen bieten etwa 200 Kindern eine sichere Gegenwart mit einer regelmäßigen und ausreichenden Mahlzeit, mit Schulbildung und geregeltem Tagesablauf. Darüber hinaus haben sie so die Chance auf eine bessere Zukunft; ein Leben außerhalb der Slums mit einem respektablen Job und besseren Einkommen als diese Kinder es sonst zu erwartet haben.

Kolkata, Verkehr von der Howrah Bridge in die Innenstadt

Kolkata, Verkehr von der Howrah Bridge in die Innenstadt

Kolkata, im Hintergrund die Howrah Bridge, davor der Blumenmarkt

Kolkata, im Hintergrund die Howrah Bridge, davor der Blumenmarkt

© Albert Wiesbaden, 2011
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 12.02.2011
Dauer: 7 Tage
Heimkehr: 18.02.2011
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Albert Wiesbaden berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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