OMAN - Unterwegs im Weihrauchland

Reisezeit: September 2011  |  von Thomas K.

RAMLAT AL WAHIBA

Ein dunkelgesichtiger Mann mit weißer Dishdasha und bunt bestickter Kummah steht an der Rezeption, als ich kurz vor neun in die Lobby komme. Er ist vielleicht Ende dreißig und macht wie alle Omanischen Männer einen sehr gepflegten Eindruck. Er ist mein Fahrer für den Ausflug und heißt Saif. Sein schwarzer Bart ist ganz exakt rasiert und seine Augen funkeln wie die eines richtigen Arabers.
Ein großer weißer Toyota 4 x 4 steht vor dem Hoteleingang. Die Sitze sind aus hellbraunem Leder und unter der breiten Mittelarmlehne ist genug Platz für einige Flaschen Wasser. Die Klimaanlage läuft und angenehm kühle Luft ströhmt aus den Schlitzen. Der starke V8-Zylinder brabbelt zufrieden und niedertourig vor sich hin, als wir die Stadt Richtung Nizwa verlassen. Wir fahren durch wüstenartige, staubtrockene Landstriche, die immer wieder von schroffen Felsformationen und kleinen, grünen Palmenhainen unterbrochen werden. Bald biegen wir Richtung Süden ab. Eine schöne Strecke, abwechselnd aus Wüste und kleinen Oasen beginnt. Typisch für den Norden des Landes sind die Bäume mit ihren weitausladenden, unsymetrischen Kronen, die an Afrikanische Steppen erinnern. Hier und da weilen Kamele oder kleine Ziegenherden im Schatten solcher Bäume und fressen von spärlichen Trockengrasbüscheln.
"Crazy", schimpft Saif und schüttelt verärgert den Kopf, "they are stupid!"
Egal, ob der Gegenverkehr schon naht, oder wie unübersichtlich die Straßenführung auch ist, überholt wird immer. Hier draußen gibt es kein Verkehrsüberwachungssystem, wie in der Stadt oder auf der Autobahn, und die Polizei verirrt sich nur selten in die abgelegenen Gebiete. Das nutzen viele Fahrer, sich mit ihren Autos auszutoben.

Wir fahren lange. Eine Strecke ist über zweihundert Kilometer und Saif erzählt stolz, dass der Toyota allen Strapazen der Wüste gewachsen ist. Weder Sand noch große Hitze können dem Jeep etwas anhaben. Andere Geländewagen, sogar die der Nobelmarken, würden in der großen Hitze stehen bleiben - Das Außenthermometer zeigt jetzt dreiundvierzig Grad.

Nomaden und die Wüste
Bald erreichen wir das Dorf Mintirib am nördlichen Rande der Wüste Ramlat al-Wahiba. Saif steuert eine kleine Werkstatt an, um den Wagen wüstentauglich zu machen. Luft wird aus den Reifen gelassen, damit die Auflagefläche größer wird. Somit kann die Gefahr im tiefen Sand stecken zu bleiben, verringert werden. Der Besitzer der Werkstatt ist aus Bangladesh und hat goßes Glück gehabt, hier seinen Laden eröffnen zu können. Vor allem in den Wintermonaten kommen täglich zahlreiche Touristen, die in die Wüste wollen und es gibt alle Hände voll zu tun.
Hinter Dattelpalmen türmen sich die ersten Sanddünen in den blauen Himmel. Die letzten Häuser des Dorfes ähneln richtigen kleinen Burgen, mit einer dicken Mauer drumherum und Zinnen auf dem Dach. Bald wandelt sich die Straße in eine Piste und ist nur noch an den Reifenspuren anderer Fahrzeuge zu erkennen. Vor einer Hütte aus Palmenstroh machen wir halt. Hier wohnt eine Beduinenfamilie. Wir treten ein, um sie zu begrüßen.
"As-salaam 'alaikum!" grüßt Saif.
" 'Alaikum as-salaam!"
Hände werden geschüttelt. Dach und Wände bestehen aus Palmenstroh. Mehrere längere, dickere Palmenäste wurden mit Seil zu stärkeren Säulen zusammengebunden, die das Dach tragen. Ein angenehem warmes, aber luftiges Klima herrscht im Inneren. Sonnenstrahlen dringen durch die undichten Strohwände und spielen auf den bunten Teppichen am Boden.

Die Wände hängen voll mit, Wandteppichen, Omanischen Khanjars, anderen Schmuckgegenständen und Bildern von Teekannen, Kamelen und Säbeln. Eine Vielzahl bunter Kissen liegt aus. Ein weißes Kamel sitzt vor dem Haus und trotz der brütenden Sonne. Saif plaudert mit den Nomaden und tauscht Neuigkeiten aus. Wir fahren geradewegs auf die steilen Dünen zu. Saif muss tüchtig Gas geben, der Motor faucht jetzt böse auf, die Reifen drehen durch. Eine Ladung Sand knallt an die Seitenscheibe, als wir die Düne hinaufbrettern und das Auto wird ordentlich durchgeschüttelt, wie bei einer richtigen Ralley.
"It's like driving on snow!" ruft Saif begeistert und reißt das Steuer nach rechts, sodass der Wagen seitlich wegrutscht.
Eine lange Staubfahne weht hinter uns her.
"Ganz nach oben zu fahren ist zu gefährlich, wenn wir stecken bleiben, ist niemand da, der uns helfen kann, dann müssen wir zu Fuß bis ins Dorf gehen. Im Winter ist das anders, da sind viele Jeeps hier, da kann der eine den anderen wieder heraus ziehen. Wenn du aber willst, fahren wir trotzdem ganz nach oben."
Das Risiko müssen wir nicht eingehen, das war auch so schon toll. Als einzigstes Auto hier zu sein ist viel schöner und eindrucksvoller als mit einer ganzen Armada anderer Jeeps. So kann man das Abenteuer einsame Wüste hautnah erleben.
"Oh shit! They stuck!"
Fünf oder sechs Männer sind dort drüben hinter einem Auto und machen den Anschein, als würden sie versuchen, den Wagen anzuschieben. Wir fahren hin, um zu sehen, ob sie Hilfe benötigen.
"They don't stuck. Camel!"
Sie stecken nicht fest, viel mehr versuchen sie, ein Kamel auf die Ladefläche ihres Toyota Hilux zu zerren. Das Kamel sitz störrisch im Sand, will nicht aufstehen. Die bunten Bommeln um seinen Hals sind von der Sonne längst verblichen. Mit vereinten Kräften ziehen und schieben die Männer an dem Tier, versuchen alles, es zum aufstehen zu bewegen, aber vergebens. Kamele sind sture, eigenwillige Tiere und wissen es auszunutzen, der Stärkere zu sein.
Wir drehen noch ein paar Runden in den Dünen. Ganz vorsichtig fährt Saif auf den Abgrund zu. Steil neigt sich die Düne nach unten. Wie Kratzer auf einem alten Holzbrett ziehen sich die Spuren andere Fahrzeuge im Sand da unten, und schon brettert unser Wagen mit viel Staub den Abhang hinunter.
Die Wüste ist ein schönes Erlebnis. Die karge Landschaft, der Sand und die tollkühnen Dünen, die ihre Form nach Lust und Laune des Windes ändern können. Trocken und heiß, lebensfeindlich und bedrohlich zugleich.
Ein alter, vergammelter Drahtzaun umschließt ein Gebiet von vielleicht fünfhundet Quadratmetern. Eine rot Fahne weht, Flutlichstrahler stehen herum. Eine steile Düne hebt sich dahiter empor, auch hier zieht sich ein Zaun hinauf.
"Was ist das?" fragt Saif.
"Ich weiß nicht."
"Eine Autorennbahn! Hier jagen sie ihre Jeeps hinauf. Wer am schnellsten oben ist, hat gewonnen."

Grüne Oasen zwischen kargen Bergen

Grüne Oasen zwischen kargen Bergen

Auf der Piste

Auf der Piste

Ein einsames Kamel trotzt der Wüstensonne

Ein einsames Kamel trotzt der Wüstensonne

Dünen, durchkreuzt von den Spuren der Jeeps

Dünen, durchkreuzt von den Spuren der Jeeps

bis der Wind alle Spuren wieder beseitigt

bis der Wind alle Spuren wieder beseitigt

© Thomas K., 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Masqat - Nizwa - Salalah
Details:
Aufbruch: September 2011
Dauer: unbekannt
Heimkehr: September 2011
Reiseziele: Oman
Der Autor
 
Thomas K. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.