Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Kyoto (2)

Bei der Teezeremonie: Ich versuche mein Glück am Bambusbesen.

Bei der Teezeremonie: Ich versuche mein Glück am Bambusbesen.

09.11.2010: It's Teatime!

Um 09:30 Uhr wartet Tomoko auf Manu und mich und bringt uns in die Wohnung von Kiti, einer Teemeisrterin, die für uns eine Teezeremonie realisiert. Die beiden anderen wären auch gerne mitgekommen, aber wenn Japaner etwas nicht können, dürfen oder wollen, dann ist es Spontaneität (Wobei aber es wahrscheinlich gar nicht einfach ist, kurzfristig eine(n) Teemeister(in) herzubekommen!

Im Taxi geht es in ein Wohnviertel mit hübschen Häusern aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Der Texifahrer ist, wie es sich in Japan gehört, mit einer Uniform bekleidet und mit weißen Handschuhen. Ach ja, die weißen Handschuhe: Sämtliche Bus- und U-Bahnfahrer, Schaffner, "Passagierquetscher" (Ja, die gibt es wirklich, stehen an den Türen der U-Bahn und quetschen die Leute während der Rush-Hour in die Bahn rein nach dem Motto "Oana giht nuch nei"), Bahnhofsvorsteher, McDonalds-Mitarbeiter, Restaurant- und Hotelmitarbeiter tragen weiße Handschuhe. Und zwar wirklich weiße (Ariel? Persil?). Gerüchten zufolge akquiriert das nationale olympische Komittee Japans die Mannschaft der Synchronschwimmer am Bahnhof. Wenn der Zug abfahrbereit ist, stehen zwei bis vier Herren im Abstand von 50 Metern hintereinander und dirigieren absolut synchron mit einer bühnenreifen Show den Zug aus dem Bahnhof ("Ja, muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus...")

Aber ich schweife ab, zurück zum Teekränzchen, äh Pardon, zur Teezeremonie. Wie es sich für einen japanischen Haushalt gehört, werden im genkan, dem holzgetäfelten Eingangsbereich, die Schuhe ausgezogen, die Schlappen übergestreift. Bevor es in den mit Tatami, also geflochtenen Reisstrohmatten, belegten Wohnbereich geht, werden die Schlappen wieder abgestreift. Dort bewegt man sich möglichst elegant auf den Knien (sah bei Manu irgendwie besser aus als bei mir) zu seinem Sitzkissen. Stühle oder gar einen Tisch gibt es nicht.

Die Teemeisterin erklärt zunächst den Ablauf einer solchen Zeremonie. Mit einem Bambusbesen wird das Teepulver des grünen Tees elegant in der Tasse regelrecht aufgeschäumt, wobei der Besen aus genau 100 Borsten besteht, dann bekommt der Hauptgast (Von Gleichberechtigung haben die Japaner noch nicht viel gehört, der Hauptgast bin heute ich) die Tasse überreicht. Ich hebe sie mit der rechten Hand vom Boden auf, das Muster der Tasse ist von mir abgewandt, stelle sie auf die flache linke Hand, verneige mich zweimal, drehe die Tasse mit zwei Drehungen um 180 Grad, so dass das Muster zu mir zeigt. Ich lobe das tolle Tassenmuster, trinke einen Schluck, lobe die Quaklität des Tees- was nicht schwer fällt, denn er schmeckt hervorragend. Breche mir immer wieder ein Stückchen vom blauen Bohnengebäck ab. Beim letzten Schluck schlürfe ich den Tee laut, damit die Zeremonienmeisterin weiß, dass ich fertig bin und sie mit dem nächsten Tee anfangen kann. Sowohl Tomo, als auch Akino (die Teemeisterin) waren schon in Deutschland, Akino packt Ihr Fotoalbum aus, es wird ein vergnüglicher Vormittag.

Für so etwas Banales, wie das Mittagessen, haben wir keine Zeit! Da müssen ein paar Sandwiches von 7/11 reichen. Auf in den Bus nach Arsahiyama, einen Ortsteil Osakas, knapp 10 Kilometer vom Hotel entfernt. Fast 1 1/2 Stunden haben wir dort raus gebraucht. Ich kenne keine andere Millionenstadt außerhalb der dritten Welt, die mit einem ähnlich unzureichendem ÖPNV "gesegnet ist". Gestern am Bahnhof konnten wir uns Gottlob Tageskarten kaufen für 500Y. Die U-Bahnen und die zahlreichen anderen Bahnen können wir mit diesem Ticket allerdings nicht nutzen. Aber zumindest müssen wir nicht jedes Mal genau 220Y beim Aussteigen bezahlen. Solche Einezlfahrten werden ganz schön teuer.

Am Ziel erwartet uns eine romantische Holzbrücke, ein beeindruckener, großer und dunkler Bambuswald sowie der Tenryu-Ji Tempel mit seinem wirklich beeindruckenden Zengarten.

Danach wollten wir eigentlich noch zum Kinkaku-Ji, einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Japans, der 1397 errichtete, 1950 von einem besessenen Mönch abgefakelte und 1955 wieder errichtete goldfarbene Tempel. Um 5 Uhr macht der Park zu, in der der Tempel liegt. Um 15:57 soll ein Bus fahren, er kommt und kommt aber nicht, erst um 16:10 trifft er ein. Die anderen fahren in die Stadt zurück, habe ja doch keinen Sinn mehr. Ich versuche es trotzdem. Schlimmstenfalls sitze ich halt noch eine Stunde länger im Bus. Also mit dem Bus erstmal bis an die Endstation. Im dortigen Busbahnhof (in the middle of nowhere) umsteigen in einen anderen Bus, der mich zum Kinkaku-Ji bringt. 16:55 Uhr ist es, als ich auf das Tor zugehe. Die beiden Wachmänner zeigen aufgeregt auf ihre Armbanduhren (absolut synchron und winken zwei japanische Jugendliche und mich hinein. Als wir auf die Kasse zugehen, zeigt auch der Kassier aufgeregt auf die Armbanduhr und winkt uns rein. Nach ein paar Verbeugungen schauen wir, dass wir zum Tempel kommen.

Ich biege um die Ecke- und bin sprachlos. Am Ufer eines Sees gelegen, steht der goldfarbene Tempel vor mir und reflektiert die untergehende Abendsonne, umrahmt vom bunten Laub. Wow! Da sehe ich erstmal ergriffen da und nehme diese ästhetische Meisterleistung in mir auf.

Rund 50 Mio. Touristen besuchen jährlich Kyoto. 95% davon kommen wahrscheinlich hierher. Ich habe den Tempel (fast) für mich alleine, außer mir nur noch sechs Leute da. Jetzt heißt es aber, an die Arbeit gemacht, auf der Apeicherplatte meiner Spiegelreflex ist noch genug Platz. 18:10 Uhr verlasse ich das Gelände, bedanke mich nochmals bei den Angestellten und fahre zum Hotekl zurück, wo ich gegen 19:30 Uhr ankomme. Um 19:00 Uhr waren wir zum Abendessen verabredet. Ein Blick ins Hotelrestaurant zeigt mir, dass die anderen auch noch nicht da sind. Die trudeln schimpfend und fluchend gegen 20 Uhr ein. Sind in den falschen Bus gestiegen, in einen Stau geraten, haben die Haltestelle verpasst...

Jetzt gibt es nur eins: Runter ins Restaurant zum "Australian Buffet", wo es typisch autralische Gerichte wie Kängerufleisch oder tasmanische Garnelen, aber auch Minestrone, Penne Bolognese oder Nürnberger Bratwürste. Das Essen gibt es für 2.500Y, erweiterbar um die Option "All you can drink" für 480Y. Lohnt sich schon bei einem Bier, das sinst 800Y kostet. So gerechnet war mein Essen kostenlos, denn ich hatte zwei Bier (a' 800Y), ein Glas Rotwein (1.100Y), zwei Gläser O-Saft (a' 1.300Y) und einen Kaffee (800Y). Anschließend schlendern wir noch durch Gion, das alte Stadtviertel Kyotos.

Kyotos berühmter "Goldener Pavillon", der Kinkaku-ji.

Kyotos berühmter "Goldener Pavillon", der Kinkaku-ji.

© Peter Belina, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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