Onsen, Sushi und Grüner Tee: Reisebericht aus Japan

Reisezeit: November 2010  |  von Peter Belina

Beppu

Irgendwo mitten in der Pampa und ohne die Hilfe Einheimischer kaum zu finden: Das Nabeyama-no-yu.

Irgendwo mitten in der Pampa und ohne die Hilfe Einheimischer kaum zu finden: Das Nabeyama-no-yu.

19.11.2010: Von Schlamm, Mördern und versteckten Bädern

Gestern hatte ich mir eine Bus-Tageskarte für heute zugelegt, auch wenn die mit 1.000Y doppelt so teuer wie die in Nagasaki ist, wird sie sich trotzdem als gute Investition herausstellen, da ich für über 2.000Y derch die Welt- bzw. Beppugeschichte gereist bin. Neben dem Höllenareal gibt es acht Gegenden, wo sich die Onsen konzentrieren. Gar nicht so einfach, sich bei den über 30 Bädern für die interessantesten zu entscheiden.

"Off the beaten tracks" war nicht zum ersten Mal mein Motto, weshalb ich mit dem Bus eine Dreiviertelstunde in die Berge Richtung Nordwesten fahre. Dort oben in Myoban soll es ein paar gut versteckte Bäder geben. Die Karten und Wegbeschreibungen, die ich habe, sind sehr vage. Ich steige also in der tiefsten Pampa aus, biege ein schmales Sträßchen links ab, passiere ein Schild, demnach die Straße gesperrt ist. Darauf kann ich jetzt wirklich keine Rücksicht nehmen. Laut Karte sollte der erste Onsen am Ende einer S-Kurve sein. Da steigt auch schon Rauch empor. Überraschend viele Parkplätze, wenn auch alle leer. Gut, dass ich mich nicht gleich ausgezogen habe, nachdem ich das Tor passiert habe. Der Rauch kommt von den ganze Butterkerzen, bin mitten in einer religiösen Stätte der Buddhisten...

Also wieder zurück zur Straße. Bevor ich sie weiter hochlaufe, hole ich mir beim Automaten aber erst mal was zum Trinken. Im Garten hinter dem Automaten sehe ich einen älteren Mann, den ich auch prompt anspreche. Und das war gut so, nicht nur, dass er ein paar Brocken Deutsch und gut Englisch kann, sondern er hat auch eine handgezeichnete Karte, wo die drei Onsen eingezeichnet sind. Das Problem: Zwei der Onsen sind gesperrt, weil sich dort oben vor drei Monaten einer der brutalsten Morde in Japan seit über 50 Jahren ereignet hat. Er erklärt mir deswegen den Weg zum dritten Onsen, bis er es sich anders überlegt und zu mir sagt "Come on!" Er begleitet mich einen Kilometer; unterwegs erfahre ich, dass er früher bei Mazda im Export tätig war und auch in einmal in Deutschland war. Am besten in Erinnerung geblieben ist ihm ein Aufenthalt in Baden-Baden. Kein Wunder bei einem Onsen-Fan wie ihm, der seit über 30 Jahren täglich in eines der Onsen oberhalb seins Hauses geht. Schließlich erreichen wir eine Baustelle mit Polizeiwache. Nach einer längeren Diskussion darf ich schließlich weiter und erhalte von ihm noch den Tipp, dass nach etwa 600 Metern eine Weggabelung kommt und es dann jeweils rund 1,5 km zum Bad sind.

Ich entscheide mich zunächst für den rechten Weg, begegne dort keinem Menschen, habe einen tollen Blick auf Beppu und das Meer weit unter mir, vor mir bauen sich Berge auf, die über 1.000 Meter hoch werden, der Herbst hat mich inzwischen eingeholt, die Farben scheinen zu explodieren.

Schließlich nähere ich mich einem intensiven Schwefelgeruch, auch dampft es hier an allen Ecken und Enden. Trotzdem sollte es ncch über 20 Minuten dauern, bis ich die beiden kleinen Becken finde, beide vielleicht 3x3 Meter groß. Klein, aber mein - und in einer absoluten Traumlage. War die absolut richtige Entscheidung, dieses Bad auszusuchen und den Badbesuch mit einer kleinen Wanderung zu verbinden.

Als ich meinen großen Zeh ins Wasser stecke, bin ich mir indes nicht mehr so sicher. Das Wasser ist unglaublich heiß. Keine Chance. Die Japaner sind zwar dafür bekannt, unglaubliche Wassertemperaturen auszuhalten, aber das dürfte auch für den härtesten Samurai zu viel sein. Vielleicht hätte ich einen Teebeutel mitnehmen sollen.

Ich entdecke, das das Bad zwei Wasserleitungen hat, aus der einen kommt das kochende Wasser direkt aus dem Erdmittelpunkt, bzw. aus einem Loch zwei Meter oberhalb, beim anderen kaltes Wasser aus einem Bach in zwei Meter Entfernung. Nach ein paar Manipulationen an der Kaltwasserzufuhr und einem halbstündigen Warten hat das Wasser endlich die richtige Temperatur. Es ist so schön da drin, dass ich kaum mehr raus will. Einfach himmlisch!

Zwei Stunden später verlasse ich das Nabeyama-no-yu, gehe zur Gabelung zurück und in Richtung Hebi-no-yu, dem "Schlangenbad". Vielleicht nicht ganz so interessant gelegen, dafür aber als Bad noch einen Tick spannender. Auch hier bleibe ich halbe Ewigkeiten. Auf dem Rückweg sehe ich unterhalb des Weges, direkt neben dem Friedhof Rauch aufsteigen, das muss das Tsuru-no-yu sein, das dritte Bad. Gut dass ich hier zuletzt hin bin. Nicht nur, dass hier ein kpl. angezogener Japaner seine Füße im Wasser hat, ständig flucht, weil das Ende seines Anoraks laufend ins Wasser fällt, er auf der Treppe sitzend den einzigen Zugang ins Bad versperrt und im Hintergrund ein Radio läuft, wo langes Gequatsche durch kurze Musikstücke unterbrochen wird. Sondern auch, weil diese Bad bei weitem nicht so interessant ist wie die beiden anderen.

Unten an der Straße liegt, die anderen drei Bäder waren kostenfrei, das teuerste Bad Beppus, das Onsen Hoyoland, der Eintritt kostet 1.050Y. Für dieses hatte ich mich nicht nur entschieden, weil es direkt bei den drei anderen lag, sondern auch, weil es das einzige Schlammbad Beppus ist. Wenn das stimmt, was auf der Infotafel bei der Kasse steht, ist es es sogar das einzige Bad der Welt, wo ohne weitere Aufbereitung der Schlamm derart zur Verfügung steht. Das Bad ist etwas heruntergekommen, wie alles in Beppo außer den Pakinto-Hallen, aber ein Traum! In Europa wäre da wahrscheinlich ein hypermoderner Badebetrieb aufgezogen worden mit 30+x € Eintritt.

Insgesamt stehen sieben Bäder zur Verfügung, drei für Frauen, drei für Männer und eins für alle. Von den vier Bädern, wo ich rein kann, sind zwei drinnen, eines davon mit Thermalwasser, eines mit Schlamm. Das mit dem Schlamm muss man sich so vorstellen, dass unten ca. 5cm Schlamm liegen, bedeckt von ca. 40-50 cm Wasser. Ich schmiere mir das Gesicht, die Arme und meinen Oberkörper ein und lasse den Schlamm trocknen.

Draußen erwartet mich dann ein großes Gemeinschaftsbecken. Drinnen habe ich gemerkt, dass direkt vor dem Schild "Don't enter" am meisten Schlamm zu finden war. So auch hier. Aber deutlich mehr. Ich buddele mich bis zu meinem Waschbrettbauch ) ein. Tolles Gefühl. Nachdem der Schlamm sich auch unter Wasser setzt, tue ich mir schwer, wieder aufzustehen, als ich das Becken verlassen will. Als ich hochkomme, ist mein Körper komplett lehmverschmiert. Wildes Geschnatter bei den sechs Japanern im Becken nachdem sie mich so sehen, und die sich beeilen, in "meine" Ecke zu kommen. Schließlich war der Schlamm dort drei- bis viermal so tief wie weiter vorne, wo die saßen.

Zum Abschluss geht es noch ins letzte, richtig heiße Schlammbecken. Inzwischen ist die Sonne hinterm Horizont verschwunden, die Nacht heraufgezogen und der Mond aufgegangen. Und ich bin komplett relaxt und habe mich mit Beppu ausgesöhnt.

Die Weissagungen von Nara haben sich bestätigt (Vgl. 10.11.2010: Wieviele Schüler gibt es in Japan?), dass ich eine gute Reise haben werde und die richtigen Leute treffe. Ich weiß nicht, ob ich ohne den netten Japaner diese tollen Bäder gefunden hätte. Arogato- Danke!

Als ich aus dem Bus aussteige, meldet sich mein Magen zu Wort, schließlich hatte der seit dem Frühstück nichts mehr zu tun. Also hole ich mir bei Mos Burger einen leckeren Wie-auch-immer-Burger (Ich habe nach Bild bestellt). Also Leute, ich sage Euch, wenn Mos Burger oder Loteria mal auf die Idee kommen sollten, im Ausland Filialen zu eröffnen, können sich die Jungs von McD und B-King ihre Burger sonst wohin stecken. Nach dem Burger wird mir aber auch klar, warum es in dem Block rund ums Hotel (ca. 500x500 Meter) lt. Hotelumgebungsplan neben 4 Karaokebars, 21 Pachinko-Spielhöllen, 15 Schnellrestaurants, 6 Tankstellen und 10 Reifenhändlern auch 15 Autohäuser gibt: Mos Burger hat auch einen Drive-In. Die Teile sind aber so gut belegt, dass man die definitiv nicht im Auto essen kann. Wenn man dies doch tut, kommen zu den 3 Euro für den Burger eben noch 15.000 für das neue Auto dazu.

© Peter Belina, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Japan ist anders. Japan ist eine Herausforderung. Japan ist ein Erlebnis. Japan nervt. Japan begeistert. Japan ist unglaublich vielseitig. Eine tolle Reise liegt hinter mir. Von Osaka aus ging es immer Richtung Süden mit Kurokawa-onsen, einem versteckten Bad, Nagasaki, einer Traumstadt, dem Mt. Aso, einem tollen Berg, den Klostern auf Koya-san und Kyoto mit seinen schönen Tempeln als Highlights.
Details:
Aufbruch: 05.11.2010
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 26.11.2010
Reiseziele: Japan
Der Autor
 
Peter Belina berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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