Nordkorea - Oktober 2016

Reisezeit: Oktober 2016  |  von Nick H.

Tag 2 - Highlights der Hauptstadt

Klotzen, nicht kleckern!

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Der Morgen beginnt mit einem Blick aus dem Fenster: Pjöngjang bei Tag, genial!

Panorama von Pjöngjang - von links nach rechts: Fabrikschlote, Koryo-Hotel (rotes Doppelgebäude), Ryugyŏng Hotel (große Pyramide), Juche-Turm (rechts vom Fluss)

Panorama von Pjöngjang - von links nach rechts: Fabrikschlote, Koryo-Hotel (rotes Doppelgebäude), Ryugyŏng Hotel (große Pyramide), Juche-Turm (rechts vom Fluss)

Ryugyŏng Hotel: Man könnte meinen, es hebe gleich ab.

Ryugyŏng Hotel: Man könnte meinen, es hebe gleich ab.

Der Ausblick sowie der strahlend blaue Himmel bei rund 20°C Höchsttemperatur sorgen für gute Laune zu Beginn des Tages. Das Frühstück im Yanggakdo-Hotel beinhaltet Instant-Kaffee (wie fast überall im Land), Toast, Marmelade und ein mit einer meisterlichen Präzision angefertigtes Rührei. Zu diesem Zeitpunkt ist mir noch nicht klar, wie gut es ist, dass das Frühstück meist recht leicht ausfällt. Zu den Essensmengen komme ich später noch einmal...

Gestärkt geht es zum "Fountain Park" nahe dem Großen Studienpalast des Volkes. Der Transfer von A nach B findet ausschließlich durch einen Kleinbus (vier Touristen, zwei Guides u. der Fahrer) statt. Größere Strecken laufen darf man leider meist nicht - zu viele unvorhersehbare Variablen und Interaktionsmöglichkeiten. Am Zielort angekommen flanieren wir vor wunderschöner Kulisse durch den Mansudae-Brunnenpark, der 1976 eröffnet wurde. Die größte Fontäne kann bis zu 80m hoch spritzen.

Mansudae-Brunnenpark vor dem Großen Studienpalast des Volkes

Mansudae-Brunnenpark vor dem Großen Studienpalast des Volkes

Mansudae-Brunnenpark vor dem Großen Studienpalast des Volkes

Mansudae-Brunnenpark vor dem Großen Studienpalast des Volkes

Figurengruppe „Snow falls“ samt 28 Tänzerinnen

Figurengruppe „Snow falls“ samt 28 Tänzerinnen

Als nächstes folgt eines meiner persönlichen Highlights der Reise, das Großmonument Mansudae. Dieses, in Nordkorea als "Denkmal zu Ehren des Kampfes des nordkoreanischen Volkes gegen die japanische Besatzung Koreas" bekannte Monument erstreckt sich auf über 240.000 Quadratmeter. Das Hauptaugenmerk gilt hier den beiden rund 20 Meter hohen Bronzefiguren von Kim Il-sung und Kim Jong-il.
Beim sich nähern bin ich von der schieren Größe und Detailtreue der Kims schwer beeindruckt. Ich hoffe, nun nicht Ausversehen mangelnden Respekt zur Schau zu tragen. In Reih und Glied marschieren wir in Richtung der Statuen, verbeugen uns und legen einen Blumenstrauß nieder. Die Nordkoreaner, die an diesem Tag das Monument besuchen, sind allesamt sehr gut gekleidet und es wirkt, als sei der Besuch (obgleich wahrscheinlich regelmäßig durchgeführt) etwas sehr Besonderes für sie.

Fun Fact: Bis 2012 stand hier nur die Statue des Staatsgründers Kim Il-sung. Zum Anlass seines 100. Geburtstages wurde am 13. April 2012 feierlich die neue Doppelstatue samt seines - inzwischen ebenfalls verstorbenen - Sohnes Kim Jong-il eingeweiht. Die Gesichtszüge der ursprünglichen Kim Il-sung-Statue wurden auf etwas älter getrimmt, um die Vater-Sohn-Beziehung klarer darzustellen.
Keine sechs Monate später wurden die beiden Statuen erneut verhüllt und bei der abermaligen Enthüllung im Februar 2013 trägt der Sohn Kim Jong-il auf einmal einen Parker statt eines Mantels! Das muss man sich einmal vorstellen! Eine 20 Meter große Bronzestatue, gerade fertiggestellt! Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie der sich frisch im Amt befindliche Enkel Kim Jong-un die Statuen ansieht und zu seinen fleißig auf Notizblock mitschreibenden Offizieren sagt: "Wisst ihr was? Eigentlich hat mein Papa immer Parker getragen..."

Die Verehrung der Führer hat im Land religiösen Charakter. Dabei wirkt es für mich so, als suche die Ehrfurcht für (den Großvater) Kim il-sung seinesgleichen. Doch selbst die Hochachtung vor seinem Sohn, Kim Jong-il, scheint noch eine ganz andere zu sein als für den aktuellen "Marschall" Kim Jong-un. Gut, er ist jung und hatte noch nicht so viel Zeit, übermenschliche Leistungen zu vollbringen. Überhaupt muss man offenbar erst tot sein, um hier endgültig heiliggesprochen zu werden. Man kennt die sagenumwobenen Geschichten über die älteren Kims: Doppel-Regenbögen und heller Stern bei der Geburt, perfekter Golf-Spieler (38 unter Par samt 11 Assen), Autor von mehreren Tausend Büchern und sechs Opern, trauernde Tiere beim Tod und vieles mehr. Die frohe Kunde nordkoreanischer Medien aus dem Jahr 2012, dass Archäologen ein "Einhorn-Nest" gefunden hätten und diese Tiere bis 200 v.Chr. (entspräche dann wohl "2112 vor Juche-Zeit") dort gelebt haben sollen, ringt dem geneigten Nordkorea-Experten da auch nur noch ein müdes Lächeln ab. Das war gerade kein Witz. Nur um sicher zu gehen, habe ich einen Link ergänzt. Höher, schneller und weiter!

Jedenfalls wird nun versucht, den Mythos des Großvaters ("Die alles erhellende Sonne") und den des Vaters ("Der von der Sonne erhellte Mond") ein wenig zu vermischen, um so wiederum eine größere Nähe zum Enkel - und damit eine Legitimation seiner Führung - zu schaffen (vgl. "Nordkorea - Innenansichten eines totalen Staates" von Rüdiger Frank). Nicht zufällig trägt er die schnittige Frisur seines Großvaters sowie den gleichen Strohhut. Nach dem Motto: Wer gleich aussieht, kann auch gleiches leisten.

Großmonument Mansudae - Man beachte das Größenverhältnis zwischen Statuen und Menschen.

Großmonument Mansudae - Man beachte das Größenverhältnis zwischen Statuen und Menschen.

Großmonument Mansudae

Großmonument Mansudae

Großmonument Mansudae aus der Ferne, im Hintergrund das Ryugyŏng-Hotel

Großmonument Mansudae aus der Ferne, im Hintergrund das Ryugyŏng-Hotel

Die Statuen werden von steinernen, "wehenden" Fahnen mit einer jeweiligen Länge von 50m und einer Höhe von knapp 23m gesäumt.
Wikipedia: "Dort herum positioniert sind insgesamt 228 bis zu fünf Meter hohe Statuen. Die 119 Figuren in der rechten Gruppe sollen den historischen Freiheitskampf des koreanischen Volkes darstellen. Die 109 Figuren der linken Gruppe zeigen Personen, die herausragendes für die sozialistische Revolution und beim Aufbau Nordkoreas geleistet haben sollen, darunter auch sechs Ausländer und zehn Südkoreaner."

Bevor es in den Großen Studienpalast des Volkes geht, werfen wir noch einen Blick auf die Ch’ŏllima-Statue (Geflügelte Pferd als Symbol des Wiederaufbaus und der Industrialisierung) zu unserer Rechten sowie über die Stadt auf das "Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas".

Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas

Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas

Wie erwähnt dient der Große Studienpalast des Volkes als Nationalbibliothek und Volkshochschule. Aus dem riesigen Katalog an Büchern (Platz für bis zu 30 Millionen) werden uns stolz ein paar nicht mehr ganz so taufrische deutsche Bücher präsentiert. Außerdem haben wir das Glück, dass gerade zu unserer Besuchszeit eine Deutschstunde stattfindet. Es wird "Hans im Glück" besprochen.

Eingangshalle im Großen Studienpalast des Volkes

Eingangshalle im Großen Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Computerterminals im Großen Studienpalast des Volkes

Computerterminals im Großen Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Großer Studienpalast des Volkes

Deutsche Literatur im Großen Studienpalast des Volkes

Deutsche Literatur im Großen Studienpalast des Volkes

Deutschstunde im Großen Studienpalast des Volkes - "Hans im Glück"

Deutschstunde im Großen Studienpalast des Volkes - "Hans im Glück"

Deutschstunde im Großen Studienpalast des Volkes - "Hans im Glück"

Deutschstunde im Großen Studienpalast des Volkes - "Hans im Glück"

Die Deutschstunde wirkt auf mich etwas seltsam ("Tja, was die Leute so alles verkaufen", s.o.). Kurz drängt sich mir die Frage auf, ob hier alles eine riesige Show für uns ist. Hauptdarsteller der Truman-Show!
Puh... Es gibt tatsächlich Situationen in Nordkorea, in denen man sich genau das fragt. Andererseits...wofür der Aufwand, so wichtig sind wir auch nicht.

Ein Highlight ist noch der "Ruheraum". Hier kann man per Kopfhörer Musik auf "Ghettoblastern" hören, die direkt aus den frühen 90ern durch die Zeit gereist zu sein scheinen.

Ruheraum im Großen Studienpalast des Volkes

Ruheraum im Großen Studienpalast des Volkes

Blick von der Terrasse des Großen Studienpalast des Volkes

Blick von der Terrasse des Großen Studienpalast des Volkes

Blick von der Terrasse des Großen Studienpalast des Volkes

Blick von der Terrasse des Großen Studienpalast des Volkes

Eine einzelne Frau reinigt die Bilder von Kim Il-sung und Kim Jong-il

Eine einzelne Frau reinigt die Bilder von Kim Il-sung und Kim Jong-il

Schon wartet die nächste Sehenswürdigkeit auf uns. Wir fahren...zu einer Blumenausstellung! Hier gibt es für den Besucher direkt zwei Highlights anzusehen: Die Kimilsungia sowie die Kimjongilia. Es handelt sich um eine Orchidee und eine Begonie. Beide wurden anlässlich der Geburtstage von Kim Il-sung und Kim Jong-il gezüchtet und nach ihnen benannt. Diese Fakten werden uns durch einen eigens hierfür bereitgestellten "Local Guide" vermittelt. Es ist sogar möglich, entsprechendes Saatgut zu kaufen. Auf die Frage, ob wir etwas davon kaufen möchten, entgegnet eine Person aus unserer Gruppe geistesgegenwärtig, dass die Einfuhrbestimmungen der EU hier sehr streng seien. In meinem Geiste klopfe ich ihm auf die Schulter. Wieder ein Fettnäpfchen umschifft, bravo!

Blumenausstellung: Kimilsungia und Kimjongilia

Blumenausstellung: Kimilsungia und Kimjongilia

Blumenausstellung: Kimilsungia und Kimjongilia

Blumenausstellung: Kimilsungia und Kimjongilia

Und weiter geht's! Nächster Halt: Juche-/Chuch’e-Turm!

Wikipedia: "Er wurde anlässlich des 70. Geburtstags des Präsidenten Kim Il-sung errichtet, 1982 fertiggestellt und am 15. April des Jahres eingeweiht. Angeblich wurde er von Kim Il-sungs Sohn Kim Jong-il entworfen. Bis zum Jahr 2012 soll der Turm von über zwei Millionen Menschen besichtigt worden sein. Das insgesamt 170 Meter hohe Bauwerk besteht aus 25.550 Granitblöcken (je einer für einen Tag im Leben Kim Il-sungs bis zu seinem 70. Geburtstag) und wird oben durch eine 20 Meter hohe Fackel aus einem roten Glas-Mosaik abgeschlossen. Die Fackel mit einem Durchmesser von zwölf Metern wird von innen ausgeleuchtet, um den Eindruck eines brennenden Feuers zu erzeugen."

...das lässt die eigenen Geburtstagsgeschenke jetzt etwas mickrig erscheinen, verdammt!

Blick vom Juche-Turm in Richtung des "Monuments zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

Blick vom Juche-Turm in Richtung des "Monuments zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

Juche-/Chuch’e-Turm

Juche-/Chuch’e-Turm

Juche-/Chuch’e-Turm

Juche-/Chuch’e-Turm

Juche-/Chuch’e-Turm

Juche-/Chuch’e-Turm

Von der Spitze des Juche-Turms bietet sich uns ein fantastischer Blick über die Stadt. In nördlicher Richtung erspähe ich das Stadion "Erster Mai", das laut Wikipedia (eine oft zitierte Quelle von mir) das "derzeit größte Fußballstadion mit Leichtathletikanlage und gleichzeitig das größte Stadion der Welt" ist. Es hatte ursprünglich eine Kapazität von 150.000 Zuschauern, dank neuer Sitzanordnung aber "nur" noch 114.000 Plätze.

Mir persönlich haben die Pastelltöne der Plattenbauten sehr gut gefallen. Das Panorama wirkt so deutlich freundlicher als eine öde, graue Betonwüste.

Apropos Betonwüste: Der Kinderspielplatz (siehe unten) würde in Deutschland so eventuell nicht vom TÜV abgenommen werden...

Blick vom Juche-/Chuch’e-Turm. Im Hintergrund das Stadion "Erster Mai".

Blick vom Juche-/Chuch’e-Turm. Im Hintergrund das Stadion "Erster Mai".

Blick vom Juche-Turm auf den Kim-Il-Sung-Platz und den großen Studienpalast des Volkes. Direkt hinter dem Palast befindet sich eine Eissporthalle (kuppelförmiges Gebäude).

Blick vom Juche-Turm auf den Kim-Il-Sung-Platz und den großen Studienpalast des Volkes. Direkt hinter dem Palast befindet sich eine Eissporthalle (kuppelförmiges Gebäude).

Betonlastiger Spielplatz

Betonlastiger Spielplatz

Hm, Arbeitsbrigade? Yoga-Übungen? Man weiß es nicht!

Hm, Arbeitsbrigade? Yoga-Übungen? Man weiß es nicht!

Neues Ausflugsschiff "Mujigae" - Wer mal sehen möchte, wie so etwas in Nordkorea beworben wird, klickt einfach hier

Neues Ausflugsschiff "Mujigae" - Wer mal sehen möchte, wie so etwas in Nordkorea beworben wird, klickt einfach hier

Der Tag ist noch lange nicht vorbei! Es scheint so, als gingen die Uhren in Nordkorea anders. Naja, tun sie streng genommen ja auch, seit Kim Jong-un eine eigene Zeitzone eingeführt hat und die Nordkoreaner dem Süden nun immer 30 Minuten hinterher hinken. Ein Zyniker würde nun Symbolik hierin sehen.

...kann man sich alles nicht ausdenken sowas!

Jedenfalls geht es zum bereits öfter erwähnten "Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas". Ich zitiere abermals Wikipedia:
"Das aus Beton errichtete Monument besteht aus einem ringförmigen Sockel, aus dem drei Hände herausstehen, die drei Werkzeuge halten, welche die drei zentralen Elemente der Partei der Arbeit Koreas darstellen. Jede Säule ist 50 Meter hoch, was den 50. Geburtstag der Partei symbolisieren soll. Der Hammer steht für die Arbeiterklasse, die Sichel für die Bauern und der Pinsel für die Intellektuellen. Die drei Symbole werden von einem Steinring umgeben, der die Einheit des nordkoreanischen Volkes darstellt, das sich geschlossen um die Partei reiht. 216 anliegende Steinblöcke und der Innendurchmesser von 42 Metern erinnern an den Geburtstag Kim Jong-ils am 16. Februar 1942. Der Ring besitzt, ebenfalls in Anlehnung an den 50. Jahrestag der Partei, einen Außendurchmesser von 50 Metern. In koreanischen Schriftzeichen steht auf dessen Vorderseite geprägt: „Lang lebe die Partei der Arbeit Koreas, die das koreanische Volk zu allen Siegen führt!“"

Die Symbolik der gesamten Architektur Pjöngjangs ist so allgegenwärtig, dass es auch der letzte Touri inzwischen verstanden hat. Wichtige Daten und Fakten werden von unseren Reiseleitern übrigens immer zweifach hintereinander gesagt, was mich immer wieder erheitert. "Ein Innendurchmesser von 42 Metern...42 Metern." Jahaaa!

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"
Die beiden Gebäude im Hintergrund gehören ebenfalls zum Monument und sollen rote Flaggen symbolisieren. Der Text auf den Häusern sagt sinngemäß: "50 Kämpfe [links], 50 Siege [rechts]" - Eine makellose Bilanz nennt man sowas!

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"
Die beiden Gebäude im Hintergrund gehören ebenfalls zum Monument und sollen rote Flaggen symbolisieren. Der Text auf den Häusern sagt sinngemäß: "50 Kämpfe [links], 50 Siege [rechts]" - Eine makellose Bilanz nennt man sowas!

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

"Monument zur Gründung der Partei der Arbeit Koreas"

Das folgende Mittagessen muss ich kurz bildlich festhalten!

Nachdem wir eine Art Unterführung/Tunnel betreten und durch diverse unterirdische Gänge geführt werden, bleiben wir vor einer unscheinbaren Tür stehen. Drinnen erwartete uns dann folgende Szenerie...

Naja, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten und geschmeckt hat es trotzdem!

Ohne Worte...
(Mitreisende geschwärzt)

Ohne Worte...
(Mitreisende geschwärzt)

Der Nachmittag beginnt mit einer Fahrt nach Mangyŏngdae, einem Ort zwölf Kilometer südwestlich von Pjöngjang. Hier befindet sich das Geburtshaus von Kim Il-sung und gilt für Nordkoreaner als eine Art Wallfahrtsort. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in direkter Nähe zum Geburtshaus ein moderner Freizeitpark samt Achterbahn & Co zu finden ist. Wir werden sogar gefragt, ob wir mal mitfahren möchten. Schweren Herzens lehnen wir ab und insgeheim denke ich, dass unser Zeitplan sowieso keine Fahrt hergegeben hätte. Geschweige denn einen Genickbruch!

Kurz stelle ich mir meine eigene Traueranzeige in der Zeitung und Grabinschrift vor:

†2016 bei einer nordkoreanischen Achterbahnfahrt
...ich wäre definitiv der Star des Friedhofs!

Naja, aufgrund der Tatsache, dass Kim Jong-un offenbar großer Achterbahn-Fan ist, wurden seit Amtsantritt einige Freizeitparks restauriert und neu gebaut, sodass dieser eigentlich vertrauenswürdig aussieht. Erwähnenswert ist sein erster Besuch einer solchen Einrichtung, siehe hier. Womit wir wieder beim Thema "Sozialismus vs. freie Marktwirtschaft" wären.

Geburtshaus von  Kim Il-sung

Geburtshaus von Kim Il-sung

Mangyongdae Funfair

Mangyongdae Funfair

Der nächste Zwischenstopp gefällt mir besonders! Wir besuchen den "Rakwon Department Store", eine Art großes Kaufhaus samt Supermarkt. Zum einen liebe ich (v.a. im Ausland) Supermärkte, zum anderen stelle ich es mir spannend vor, die Auswirkungen der internationalen Sanktionen live beobachten zu können. Ich soll nicht enttäuscht werden...

Da im Department Store mit "harter" Währung gezahlt wird, richtet er sich primär an Touristen, Diplomaten, Hilfsarbeiter sowie einige Privilegierte aus Pjöngjang. Leider ist das Fotografieren hier verboten, sodass ich lediglich ein Bild im Supermarkt machen konnte. Bereits hier werden all meine Erwartungen übertroffen! Nicht nur, dass man fast alle Lebensmittel und Alkoholika (zu teilweise sehr hohen Preisen) kaufen kann. Nein, auf einmal stehe ich vor mehreren gut+günstig-Artikeln! Genau, die Eigenmarke von Edeka! Mitten in Pjöngjang! gut+günstig-Toilettenpapier, gut+günstig-Grundnahrungsmittel, gut+günstig-Süßigkeiten... Ich würde Geld dafür zahlen, um zu erfahren, über welche dubiosen Verbindungen diese Produkte ihren Weg in die Regale gefunden haben. Edeka kann hierzu wahrscheinlich keine Auskunft geben. Bier und Schnaps aus Deutschland sehen wir ebenfalls.

Der restliche Teil des Kaufhauses ist noch skurriler. Außer uns gibt es natürlich keine Gäste, dafür aber etliche Angestellte. Die Produkte sowie die Art, wie sie präsentiert werden, sind schwer zu beschreiben. Einfache Sport- oder Technikartikel kosten ein Vermögen, bei anderen Produkten gibt es oft nur ein - sehr in die Jahre gekommenes - Modell. Einen Eindruck bekommt man z.B. hier oder per Google Bildersuche "Rakwon Department Store".

Im Anschluss bekommen wir die Möglichkeit, das andere der beiden Touristenhotels in Pjöngjang von innen zu besichtigen. Während wir ja im Yanggakdo-Hotel auf der Insel im Taedong-Fluss untergebracht sind, gibt es noch das Koryo-Hotel. Nach einer Führung durch die Lobby werde ich gefragt, welches Hotel mir denn besser gefalle. Wahrheitsgemäß entscheide ich mich - obwohl ich beide Hotels ja sehr schön fände - für das Koryo-Hotel, in dem wir nicht untergebracht sind. Dem Blick und der hochgezogenen Augenbraue nach zu urteilen, bin ich soeben in das nächste Fettnäpfchen getreten... Nenene.

Koryo-Hotel

Koryo-Hotel

Lobby des Koryo-Hotels

Lobby des Koryo-Hotels

Auf dem Weg zum letzten Programmpunkt des Tages kommen wir am "Pyongyang Grand Theatre" vorbei. Dort - wie auch an vielen anderen Orten - fällt uns ein angebrachtes Schild mit einer "200" auf.
Auf unsere Frage hin wird uns erklärt, dass es sich hierbei um die gerade laufende (aktuell ca. Tag 55) "200-Tage-Kampagne der Treue" handelt. Kim Jong Un möchte mithilfe der Kampagne die Wirtschaft im laufenden Fünf-Jahres-Plan weiter ankurbeln. Auf Deutsch heißt das nicht anderes als "freiwillige" Mehrarbeit für die Bevölkerung.

Gegenüber dem Kinderpalast liegt das große Kino von Pjöngjang. Ein Besuch wäre sicher trotz mangelnder Sprachkenntnisse hochinteressant geworden! Falls jemand in Zukunft nach Nordkorea fährt, kann ich diese "normaleren" Erlebnisse (Kino, Bowling, Zaubershow & Co), bei denen man auch auf die (elitäre) Bevölkerung trifft, wärmstens empfehlen. Hier lernt man immer noch mehr über das Land als aus den offiziellen Vorträgen.

"Pyongyang Grand Theatre" samt Schild zur "200-Tage-Kampagne der Treue"

"Pyongyang Grand Theatre" samt Schild zur "200-Tage-Kampagne der Treue"

Kino von Pjöngjang

Kino von Pjöngjang

Letzte Station ist der "Kinderpalast" in Pjöngjang. Laut Aussage der Reiseleitung kann dort jedes Kind auf freiwilliger Basis im Anschluss an die reguläre Schule hinkommen, um unterschiedliche Dinge zu erlernen. Nun ist es ja so, dass in Pjöngjang die Elite des Landes wohnt und für die Bevölkerung keine Reisefreiheit - nicht einmal innerhalb des eigenen Landes ohne Passierschein - besteht. Somit relativiert sich die Aussage "jedes Kind" ein wenig. Ich kann zwar nichts zu Kinderpalästen in den nördlichen Provinzen Nordkoreas sagen, aber es besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass sie dort nicht in der uns gezeigten Qualität existieren...

Erlernen können die Kinder Instrumente, Kalligraphie, Taekwondo, Tanz und vieles mehr. Wir werden von einem Raum in den nächsten geschleust und schauen den Schülern beim Üben zu. Den Höhepunkt stellt am Ende eine Aufführung auf großer Bühne dar.

Obgleich es deutschen Kindern heutzutage teilweise gar nicht schlecht täte, ein wenig mehr Disziplin beigebracht zu bekommen, ist die perfekte und fehlerfreie Vorführung der Kinder schon etwas beängstigend. Dahinter steckt sicher jede Menge Drill. Man muss allerdings berücksichtigen, dass dies kein rein nordkoreanisches Phänomen ist. Die Selbstmordrate unter südkoreanischen Schülern, die dem enormen Druck der Eltern und dem Bildungswahn der Gesellschaft nicht standhalten, ist genauso erschreckend. Laut einer Studie des südkoreanischen Gesundheitsministeriums denkt rund die Hälfte der südkoreanischen Schüler zwischen 14-19 Jahre mindestens einmal im Jahr an Selbstmord...aber ich schweife ab.

Leugnen kann man jedenfalls nicht, dass sich die Schüler nach der gelungenen Performance ehrlich über den Applaus gefreut haben.

Zeichenübungen im "Kinderpalast" - Ob die Bilder tatsächlich von den Schülern gemalt wurden, kann ich nach der kurzen Zeit im Raum nicht sagen. Sie sahen jedenfalls sehr plastisch und gut gemalt aus.

Zeichenübungen im "Kinderpalast" - Ob die Bilder tatsächlich von den Schülern gemalt wurden, kann ich nach der kurzen Zeit im Raum nicht sagen. Sie sahen jedenfalls sehr plastisch und gut gemalt aus.

Kalligraphie-Unterricht im "Kinderpalast"

Kalligraphie-Unterricht im "Kinderpalast"

Taekwondo-Trainerstunde in prunkvollen Räumlichkeiten des "Kinderpalastes"

Taekwondo-Trainerstunde in prunkvollen Räumlichkeiten des "Kinderpalastes"

Aufführung im "Kinderpalast"

Aufführung im "Kinderpalast"

Aufführung im "Kinderpalast"

Aufführung im "Kinderpalast"

Vom Kinderpalast fährt uns der Bus zum heutigen Restaurant der Wahl. LED-Lichterketten in grellen Farben sind ein oft wiederkehrendes Stilelement in nordkoreanischen Restaurants. Hier einige Impressionen...

Abendessen an Tag 2

Abendessen an Tag 2

Abendessen an Tag 2 - "Surf and Turf - Korean Style"

Abendessen an Tag 2 - "Surf and Turf - Korean Style"

Abendessen an Tag 2 - Bibimbap

Abendessen an Tag 2 - Bibimbap

Nach dem Abendessen haben wir erstmalig die Möglichkeit, das Hotel ein wenig zu erkunden. Neben dem Shop für Snacks und Getränke sehen wir uns vor allem den Souvenir- sowie Buchshop an und tätigen erste Einkäufe. Da wir als Touristen die einheimische Währung (Won) nicht besitzen dürfen, können wir in Euro, Yuan oder Dollar zahlen. Nicht selten kommt es vor, dass wir unser Wechselgeld in 2-3 Währungen „zusammengebastelt“ bekommen.

Auch dem Keller samt Entertainment-Möglichkeiten haben wir einen kurzen Besuch abgestattet. Etwas gruselig war es dort unten aber schon, siehe z.B. hier.

Noch deutlich gruseliger ist allerdings die „dystopische Horrormusik“, die jeden Morgen gegen 6Uhr sowie spät abends über die gesamte Stadt wabert. Über etliche Lautsprecher werden die Leute zur Arbeit motiviert...oder „gehirngewaschen“...oder was weiß ich. Es klingt jedenfalls gespenstisch, hier ein Eindruck davon.

Freundliche und lebensbejahende Postkarten aus Nordkorea, deren Texte uns von den Reiseleitern bereitwillig übersetzt wurden

Freundliche und lebensbejahende Postkarten aus Nordkorea, deren Texte uns von den Reiseleitern bereitwillig übersetzt wurden

Kochbuch aus Pjöngjang: Ich muss gestehen, dass es bis heute noch nicht sooo oft im Einsatz war. Und ich mache jetzt keinen Witz darüber, dass das Heft so dünn ist!

Kochbuch aus Pjöngjang: Ich muss gestehen, dass es bis heute noch nicht sooo oft im Einsatz war. Und ich mache jetzt keinen Witz darüber, dass das Heft so dünn ist!

Koreanische Märchen... Habe ich auf dem Rückflug nach Deutschland gelesen. Sehr nette Geschichten mit ähnlicher Moral wie bei unseren Märchen (dem Bösen/Faulen/Unehrlichen ergeht es am Ende i.d.R. schlecht).

Koreanische Märchen... Habe ich auf dem Rückflug nach Deutschland gelesen. Sehr nette Geschichten mit ähnlicher Moral wie bei unseren Märchen (dem Bösen/Faulen/Unehrlichen ergeht es am Ende i.d.R. schlecht).

© Nick H., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Achttägige Rundreise durch die Demokratische Volksrepublik Korea im Oktober 2016
Details:
Aufbruch: Oktober 2016
Dauer: unbekannt
Heimkehr: Oktober 2016
Reiseziele: Nordkorea
Der Autor
 
Nick H. berichtet seit 7 Jahren auf umdiewelt.