Der Wahn geht los

Reisezeit: September 2010 - April 2011  |  von kathrin schmeling

Kambodscha

phnom phen
es ist ein ganz armes land, in dem ich mich hier rumtreibe. schoen, aber krass arm.
40 jahre zuvor brachte die regierung die elite um, soll heissen, alle die was im kopf hatten und gebildet waren. immerhin 2 millionen menschen.
die roten khmer wollten ein dem kommunismus aehnliches system haben. aus diesem grunde mertzten sie die geblideten aus und trieben die stadtbevoelkerung aufs land, damit sie dort auf den feldern arbeitet. wer nicht dirket umgebracht wurde starb an den folgen der zwangsumsiedlung, am hunger und an mangelnder medizinischer versorgung. ein drittel der bevoelkerung wurde gefoltert und hingerichtet, weil sie zum beispiel lesen konnten oder jemanden im ausland kannten. die andern zwei drittel starben am hunger.
gleichzeitig zerstoerten die roten khmer auch wirtschaftsgeraete und kulturgueter. sie verboten auch die religion.
das war natuerlich fatal fuer die arbeit auf dem land, wenn man keine arbeitsgeraete mehr hatte. es brachte misswirtschaft. doch weil die aufseher repressalien befuerchteten, faelschten sie die ernteberichte. die folge waren hunger und armut.

diese guerilliapartei wurde abgesetzt, doch nur ein einziger sitzt tatsaechlich im gefaengnis. den meisten der anfuehrer hat man geld gegeben, damit sie sich nicht mehr einmischen und ein folgenfreies leben leben koennen. der absolute wahn in meinen augen.

ich war auf dem killing field, also dem ort wo die menschen hingerichtet wurden und habe mir die massengraeber angeschaut. gruselig. es kommen noch immer knochen aus dem boden, wenn es regnet und die leute sammeln sie auf, um ihnen frieden zu geben.

auf dem feld wurde ein 40 meter hoher turm gebaut, der voll mit menschenschaedeln ist.
an einem baum wurden die babys zerschmettert.
es gibt eine schule, die in ein kleines konzentrationslager umgewandelt wurde. auch dieses habe ich besichtigt. wer da rein kam, kam nicht mehr lebend raus, oder genauer: von 30000 menschen ueberlebten 7 an diesem ort. hier wurden menschen zu tode gefoltert und gequaelt. die roten khmer fuehrten, aehnlich wie die nazis, genau buch ueber jeden einzelnden den sie umbrachten. man sieht dort die bilder aller, die sie quaelten und toeteten.

das ist also die vergangenheit von cambodia. auch jetzt kann man sehen, wie die menchen alles tun, um irgendiwe auf einen gruenen zweig zu kommen. doch wirtschaftlich steht es echt schlecht um dieses land. sie haben nichts was sie ausfuehern koennten. kein oel oder bodenschaetze. der tourismus ist einer der wichtigsten zweige die das land voran bringen. schaut man aufs land, sieht man die menschen mit primiivsten mittel den boden beackern.

shihougno ville

jetzt bin ich in einer stadt im sueden von cambodia. ich bin am strand. es ist furchtbar arm hier. um mich herum bettelnde kinder, sehr viele verstuemmelte menschen, die auf dem boden rumrutschen und nach geld fragen. es macht keinen spass. schrecklich in jeder sekunde zu sehen, wie reich ich bin (was ja nun echt nicht stimmt), aber im vergleich... es ist so ungerecht.
die meisten machen einfach alles fuer einen dollar. ca. 70 cent, man muss tierisch aufpassen weil man staendig beschissen wird und viele leute klauen, wie die raben.
die meisten frauen prostituieren sich, was fuer keinen irgendein problem darstellt. hauptsache geld und wenn du mit dem koerper bezahlst, dann ist das eben so.

so sieht man ueberall 60 - 80 jaehrige touristen mit 20 jaehrigen rumsitzen und an ihen rumstreicheln.
natuerlich ist allen klar, dass das keine liebe ist, aber trotzdem jammern die maenner, weil sich die frauen in ihr portemonai verliebt haben und nicht in sie.
mir dreht sich beim dem anblick nicht nur der magen um, sondern auch alles andere, was sich umdrehen kann.

die meisten familien haben 10-11 kinder. da ist echt was los in der bude. weil die kinder am strand arbeiten und armbaendchen verkaufen, massagen geben oder uns touristen enthaaren, gehen sie nicht immer zur schule. fatal, ein ewiger kreislauf. keine bildung, kein guter job. also bleibt es bei strandarbeit.
ich bin so froh, dass ich in deutschland geboren bin. da gibt es wahlmoeglichkeiten. hier gibts das einfach nicht. man muss einfach ueberleben, egal wie. die meisten arbeiten 16 stunden taeglich und trotzdem haben sie nichts.
willst du englisch lernen und dich weiterbilden, musst du zur englischen schule. die kostet 360 dollar im jahr. kaum einer kann sich das leisten. hast du einen guten job und arbeitest im restaurant, verdienst du 80 dollar im monat. wo soll da geld fuer weiterbildung uebrigbleiben. die meisten gehen 4-5 jahre zur schule, das wars. sie koennen kaum rechnen oder lesen. es ist echt nicht so dolle hier, was das angeht.

wir waren in einer bar. natuerlich draussen, ist ja warm hier. viele frauen und ladyboys animieren dort die gaeste zum spielen und trinken. ich hab etwas gebraucht, bis ich geschnallt habe was los ist. erst als ein tourist hereinkam und sich ploetzlich alle frauen ueberschlugen und ihn wie einen gott behandelten,wurde mir klar, dass hier ein kampf stattfindet um einen mann. irgendeinen mann. dieser mann war um die 65. eine der frauen gewann und hatte den kontakt, sie war vielleich 19 jahre alt.
die anderen zogen sich maulend zurueck und so kam ich mit einer von ihnen ins gespraech. sie erzaehlte, dass sie 10 geschwister hat, gerne zur schule gehen wuerde und gerne einen besseren job haette. doch weil sich ihre familie das nicht leisten kann, ist sie hier und verdient so ihren lebensunterhalt.
ich hoerte geschichten darueber, wie sie jemanden aus dem ausland kennengelernt hatte und hoffte, er wuerde sie unterstuetzen. doch bisher lief die unterstuetzung nur so lange er in der stadt war. sie wurde nie mitgenommen und bedauerte das sehr.
mich hat das sehr beruehrt, denn sie erzaehlte mir, dass sie nur 100 dollar im monat braucht, um ein etwas besseres leben fueheren zu koennen (ca. 73 euro). sie sagte zu mir, das sei doch nicht so viel fuer jemanden aus europa und ich glaube, sie hat recht. fuer jemanden, der sich einen flug nach cambodia leisten kann, sind 70 euro meistens nicht die welt.
fakt ist aber, dass viele nicht hier sind um jemanden zu unterstuetzen, sondern um jemanden auszunutzen.

was toll hier ist, alle lachen! keiner ist traurig, egal wie arm oder reich er ist oder wie sein schicksal verlaeuft. das ist wirklich schoen zu sehen. die menschen hier nehmens leicht. das tut gut.

machts gut, liebe leute, wir sehen uns bald.
kaddy

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Noch drei Tage und dann geht es los. Nach Bali. Sechs Wochen habe ich dort Zeit, dann geht es weiter nach Australien, Neuseeland und Thailand. Mit fliegenden Händen packe ich meine Wohnung zusammen, telefoniere, suche, organisiere parallel zu allem. Bali. Als ich vor ein paar Tagen im Buchladen einen Reiseführer über Bali durchblätterte, bin ich fast umgefallen, weil es so schön ist. Unfassbar, dass ich bald in dieser Schönheit stehen soll.
Details:
Aufbruch: 22.09.2010
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 08.04.2011
Reiseziele: Indonesien
Australien
Neuseeland
Thailand
Kambodscha
Vietnam
Der Autor
 
kathrin schmeling berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.