Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Zirkus

So langsam sollte ich jetzt wieder zu Kräften und zu neuer Motivation kommen und meine Weiterreise organisieren. Vor allem muss ich mich heute um das Visum kümmern, denn am Sonntag geht es tatsächlich weiter.
Moralisch geht es mir übrigens bestens, nur mit der Kraft muss ich im Moment etwas einteilen.

Zum Frühstück kommen zwei Nachbarn, Gregg und Claire aus Simbabwe, die in der Nähe ein Haus gemietet haben. Sie haben mir ein paar Tipps, was man nebst Angkor Wat hier noch unternehmen könnte. So komme ich zu neuen Ideen ohne meinen Reiseführer überhaupt geöffnet zu haben. Ich sags ja, auch ohne Planung kommt alles zu mir und nimmt den richtigen Lauf.

In der Reiseagentur erklärt man mir, dass ich Glück habe, dass ich heute komme, denn mein Pass muss nach Phnom Penh geschickt und von da wieder zurück kommen. Das braucht drei Arbeitstag. Uff, tatsächlich Glück gehabt. Ausserdem kostet es extra für den Schnell-Service. Heute ist Dienstag, ich werde mein Visum am Samstag abholen können und am Sonntag weiterreisen.

Am Nachmittag habe ich mich mit Bernard verabredet. Der Franzose lebt seit vier Jahren hier in Siem Reap zusammen mit seinem Lebenspartner.

Wieder einmal eine Ferienbekanntschaft, die dank Facebook überlebt hat. Vor ein paar Jahren war ich eine Woche in Marrakesch. Bernard hat damals ein Riad mitten in der Altstadt geführt und seither sind wir per FB verbunden. Liken uns gegenseitig Beiträge und machen gelegentlich Kommentare.

Ich weiss, dass ich mich wiederhole und ich weiss auch, dass viele Leute von dieser virtuellen Welt nicht viel halten. Ich finde es einfach genial, mit den verschiedensten Menschen in lockerem Kontakt zu bleiben. Als ich merkte, dass Bernard nicht mehr in Marokko lebt, hätte ich nie gedacht, dass ich ihn wieder einmal treffen würde, denn Südostasien stand damals noch nicht auf meinem Radar. Aber wie heisst es doch so schön: Man trifft sich immer zweimal...

Jedenfalls sitzen wir jetzt in Siem Read im Banana Leaf und reden über das Leben und über die Liebe. Bernard erzählt mir, dass sein Partner Oudom ein Nagelstudio führt. Wenn das kein Glücksfall ist. Längst sind meine Fingernägel so abgeblättert, dass ich anfange, sie zu verstecken und mir schon Gedanken gemacht habe, wo ich sie auffrischen könnte.

So kommt es, dass ich mich nach dem Kaffee mit Bernard im angenehm gekühlten Studio die Nägel machen lasse. Und eine Fussmassage ist auch gleich noch dabei.

Huch, was sind denn das für Falten auf meinen Händen... hmmmm

Huch, was sind denn das für Falten auf meinen Händen... hmmmm

Danach bummle ich ein wenig durch Siem Reap. Die Stadt ist ein absoluter Touristenort. Gleich daneben liegt Ankor Watt, der grösste Anziehungspunkt Südostasiens. Vergleichbar mit Machu Picchu in Südamerika. Auch ich werde diese Kultstätte in den nächsten Tagen noch besuchen.

Es gibt hier unendlich viele hübsche Restaurants. Richtig schön gepflegt und ich bedaure, dass ich keinen Hunger habe.

Dafür sehe ich mich bei den Kleiderständen gleich daneben etwas genauer um. meine Elefantenhose, die ich in Laos gekauft hatte, hat die Strapazen nicht überlebt und ich musste sie irgendwo entsorgen. Ein paar neue wären gar nicht schlecht. Gleich beim ersten Stand werde ich fündig. Man hat sich auch hier auf grössere Grössen eingestellt und so macht sogar mir das Shoppen Spass.

Die beiden Verkäuferinnen, bei denen ich eingekauft habe, freuen sich sehr und erzählen mir, dass das der erste Kauf des Tages war. Erfreut drückt eine der beiden das erhaltene Geld auf alle ihre Auslagen. Das soll Glück bringen und weitere Käufer anziehen. Ich wünsche es den beiden.

nein, ich habe keinen Hut gekauft!!!

nein, ich habe keinen Hut gekauft!!!

Mein Shopping-Bedarf ist damit bereits wieder gedeckt, ich sehe mich noch ein wenig auf dem Markt um und bleibe bei den Massage-Fischen stehen.

Madam, Madam, bedrängt mich der junge Mann, doch mich interessieren inzwischen mehr die schönen Henna-Tatoos, die seine Mutter präsentiert.

So kommt es, dass ich am Schluss schön geduldig die Hand hinhalte und bemalen lasse, während meine Füsse bei den Fischen sind.

Ganz schön kribbelig. Zuerst will die die Füsse gleich wieder aus dem Wasser ziehen, doch mit der Zeit finde ich das ganz lustig und später spüre ich es fast nicht mehr. Da ich mir grad vorhin die Hornhaut wegrubbeln liess, sind sie vielleicht auch etwas weniger beschäftigt. Sie knabbern allerdings nicht nur an den Fusssolen, sondern behandeln die ganzen Füsse.

Spannend ist es auch, dem Entstehen des Tatoos zuzusehen. Der junge Mann hält sich genau an die Vorlage. Kein Tüpfchen, kein Schnörkel wird ausgelassen. Es ist eine kunstvolle Arbeit und verlangt von ihm volle Konzentration.

Nachdem die Zeichnung fertig ist, muss ich sie noch eine Weile unter den Ventilator halten. Die Paste muss erst komplett austrocknen. Eine Stunde soll ich es jetzt so lassen, dann kann ich sie wegkratzen. Das Tattoo wird ungefähr 10 Tage bleiben.

Inzwischen ist es Zeit, mir ein Mototaxi zu suchen, ich will heute Abend in den Zirkus. Zirkus mit Dinner habe ich gebucht und bin komplett erstaunt, dass ich die einzige bin, die das Nachtessen mitgebucht hat.

Egal, geniesse ich eben allein. Es schmeckt sehr fein.

Fischcurry mit Kokosnuss-Sauce und Gemüse - und Reis, was denn sonst

Fischcurry mit Kokosnuss-Sauce und Gemüse - und Reis, was denn sonst

marinierte Mini-Banänchen mit Kokosraspel

marinierte Mini-Banänchen mit Kokosraspel

Mit der Zeit trudeln doch noch ein paar Leute ein und geniessen einen Cocktail im offenen Restaurant und dann stehen die Leute beim Eingang Schlange.

Gut, habe ich bereits am Vormittag gebucht, die Zuschauerreihen füllen sich fast ganz und ich habe einen Platz in der ersten Reihe.

Same Same But Different

Gleich gleich, aber anders, das ist das Motto der Zirkusaufführung und die grösste Differenz zeigt sich gleich von Anfang an. Die Artisten treten in normalen Strassenkleidern auf. Da ist gar nichts von Glamour und Glitzer wie man es vom Zirkus gewohnt ist. Aber ganz viel Können auf höchstem Niveau, ganz viel Spass, Komik, Tempo. Jeder ist ein Akrobat und Schauspieler. Es wird getanzt, gehüpft, gesprungen, jongliert und an den Seilen und Stangen, die vom Zeltdach herunterkommen, geturnt.

Es sollen Alltagsszenen dargestellt werden. Die Touristen, die steif an einem Tisch sitzen neben einer Gruppe Einheimischer, die am Boden zechen und ein Fest feiern. Oder der junge Mann, der seine Freundin galant vor dem Regen schützt und sie über Wasserlachen trägt.

Die Tochter, die ihre Traditionen immer mehr ablegt und sich von ihrer Mutter unter Tränen verabschiedet um hinaus in die neue veränderte Welt zu ziehen.

Wäsche waschen und mit den Tüchern zaubern, Purzelbäume schlagen und ins Zeltdach geschleudert werden. Sie wirbeln durch die Luft und am Boden und tanzen an schwingenden Stangen. Es ist alles drin in dieser Show und den jungen Künstlern gelingt es auch immer wieder, mit dem Publikum zu flirten.

Und das Publikum flirtet zurück und ist begeistert.

Die Artisten sind Schauspieler und Gaukler, Jongleure, Zauberer und bei allem was sie machen, spürt man die grosse Freude, die hinter allem steckt. Sie haben eine sehr starke Ausdruckskraft, sogar hinter ihren weissen Halbmasken.

Am Schluss erklärt der Zirkusdirektor, dass mit den Einnahmen die eigene Akademie für Kunst finanziert wird. Hier werden Kinder aus armen Familien in Kunst, Artistik, Malen und Musik unterrichtet. Und in der kleinen Boutique können Arbeiten von einheimischen Künstlern gekauft werden. Es geht darum, Familien aus der Armut zu befreiten und einen Heilungsprozess für die Menschen zu bewirken. Heilung durch Kunst. So sind es also lauter einheimische Akteuere, die oft kaum Englisch können, die hier auftreten.

Und dann gibt er die Manege für das Publikum frei. Selfie-Time. Auch wenn sie kein Englisch können, ihren Charme versprühen können die Akteure des heutigen Abends über alle Massen gut.

Und bitte postet die Fotos, die ihr heute Abend hier geschossen habt, im Facebook und in den sozialen Medien. Macht überall Werbung für uns, bittet der Zirkusdirektor.

Selfie-Time

Selfie-Time

Die wieder-auffüllbare Wasserflasche wurde am Anfang als Geschenk verteilt, den Fächer muss ich am Schluss wieder abgeben, aber er hat mir sehr geholfen. Im Zelt gibt es zwar grosse Kühlgeräte, aber die Leistung der Artisten bei diesen hohen Temperaturen ist erst recht grossartig.

Jedenfalls war das ein fantastischer Abend und ich bin sehr froh, hat mich Gregg beim Frühstück auf diesen Zirkus aufmerksam gemacht.

Zurück fahre ich mit dem TucTuc-Driver, der geduldig vor dem Zelt auf mich gewartet hat.

Hier der Link zum Zirkus - ein Must in Siem Reap

phare Circus

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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