Die ins Wasser gefallene Erleuchtung? Thailand während der großen Flut 2011

Reisezeit: Oktober - Dezember 2011  |  von Adi Meyerhofer

Strand: Koh Chang, Koh Samui

Es hält sich in Deutschland vielfach die Vorstellung, daß Thailand nur ein Urlaubsziel für Kegelvereine im Bumsbomber ist. Dem muß ich entschieden widersprechen - obwohl man sich bekanntermaßen durchaus gewisse Krankheiten einfangen kann. Derartiges konzentriert sich in Pattaya, obwohl jedes Dorf sein Puff hat (und immer schon hatte). Es gibt zahlreiche wunderschöne saubere Strände, Naturparks usw. Die Einreise mit Paß bis 30 Tage (per Flugzeug) oder 14 Tage auf dem Landweg ist visumsfrei. Für Aufenthalte bis 60 Tage gibt es problemlos Touristenvisa für 30 Euro. Auch Kinder benötigen einen eigenen Paß, Kinderausweise werden nicht anerkannt.

Aufgrund der Abwertung des Euro in den Jahren 2009-11 um 15% und der Inflation, haben sich die Kosten seitdem um ein gutes Fünftel erhöht. Thailand ist trotzdem noch ein bezahlbares Reiseland. Die Infrastruktur erscheint mir inzwischen besser wie in Italien - was zugegebenermaßen nicht viel heißt. Das Leitungswasser kann außerhalb Bangkoks, wo es stark gechlort ist, fast überall getrunken werden. Die Malaria ist (fast) ausgerottet.

Entspricht nicht ganz der VDE-Norm  
Stromzähler an den Baum genagelt im Dorf Chaweng - nicht die einzige windige Elektroinstallation im Lande.

Entspricht nicht ganz der VDE-Norm
Stromzähler an den Baum genagelt im Dorf Chaweng - nicht die einzige windige Elektroinstallation im Lande.

Wie erwähnt konnte ich nicht direkt zum Meditieren.

Im Flugzeug fand ich in der ZEIT einen sehr netten Artikel, den ich aus urheberrechtlichen Gründen hier nur verlinke mit Photo wo ein Mönch unbeeindruckt durch die Brühe watet.

Zwar gibt es jährlich entlang des Flußbett des Chao Praya jährlich Hochwasser, aber 2011 war die schlimmste Überschwemmung seit 1942. Seit der Herrschaft Rama V. (reg. 1868-1910) gibt es etliche Kanäle, die normalerweise den Ablauf sichern, jedoch sind die durch Abfälle und Wasserhyazinthen verstopft gewesen. Zudem haben während der rapiden Entwicklug der letzten Jahrzehnte etliche Bauherren - gegen Schmiergeld, Thailand ist im neuesten Verzeichnis der "korruptesten Länder" das 80. von ca. 120 untersuchten (Transparency Int'l.) - die Erlaubnis erhalten Kanäle zuzuschütten oder in Hochwassergebieten zu bauen. Dinge wie Stadtplanung, regelmäßige Wartung (Hausmeister) oder ein effektiver städtischer Bauhof sind vollkommen unbekannt. Allein diese Faktoren waren für die Katastrophe verantwortlich, sie geht auf menschliches Fehlverhalten zurück. Daß die Regierung mit der Schwester des gestürzten Thaksin (Karikaturen zeigen sie immer mit einem T-Shirt mit der Aufschrift "trainee"), der eine Art thailändischer Berlusconi ist, an der Spitze ebenso unfähig war, wie der auf die Schnelle gebildete Krisenstab FROC, der in seinem Hauptquartier dann auch prompt absoff, hat in Thailand keinen überrascht. Umgekommen sind knapp 600 Menschen, wenn man das Photo mit den Stromzählern sieht, versteht man auch weshalb nur die Hälfte ertrunken sind (die wenigsten Thais lernen schwimmen, selbst die nicht, die am Meer wohnen), sondern die meisten durch Stromschläge gestorben sind.

Mediale Berichterstattung beschränkte sich auf Bangkok, während sieben nördlicher gelegene Provinzen, die früher und stärker getroffen wurden ignoriert wurden. Die Regierungspropanda anfangs lautete: "In spätestens zwei Wochen ist fast alles trocken" (Meine Photos entstanden fünf Wochen später!) Typische Berichte meldeten, daß der Wasserspiegel in Bezirk XY am Vortag um 20 cm gefallen sei. Kleingedruckt weiter unten stand dann, daß nach Öffnung der Wehre stattdessen nun zwei bisher trockene Bezirke überflutet worden waren. Klar, daß der Wasserspiegel sinkt wenn sich die gleiche Menge über ein größere Fläche ausbreitet! In den Bezirken um den alten Flughafen Don Muang kam es an den Sandsackbarrieren zu regelrechten Kämpfen, als seit Wochen überflutete Betroffene, diese abrissen, um einen Teil des gestauten Wassers in bisher trockene Gebiete umzuleiten. Geschossen wurde dabei überraschenderweise nur einmal, ein Betroffener warf eine selbstgebaute Bombe auf Polizisten.

Ich wollte also zunächst nicht zu weit weg vom Wat Dhammakaya. Pattaya kam für nicht nicht in Frage - nicht nur wegen der Bumskundschaft, sondern weil zahlreiche Thais, deren Häuser sich im Überflutungsgebiet befanden, in dortige Hotels umgezogen waren.

Ich bin daraufhin auf die Insel Koh Chang, kurz vor der kambodschanischen Grenze.

Vorbei die Zeiten als man Touristen in den berüchtigten 9sitzigen Isuzu-Minibussen, großzügig VIP-Bus genannt, durch die Gegend kutschierte. Heute fährt man in solchen Raketen, die oft Erdgasantrieb haben. An den Tankstellen müssen alle Passagiere 20 m weit weg vom Auto.

Vorbei die Zeiten als man Touristen in den berüchtigten 9sitzigen Isuzu-Minibussen, großzügig VIP-Bus genannt, durch die Gegend kutschierte. Heute fährt man in solchen Raketen, die oft Erdgasantrieb haben. An den Tankstellen müssen alle Passagiere 20 m weit weg vom Auto.

Einfache Strandhütten mit Ventilator gibt es immer noch für 3-5 € pro Tag. Gehobene Hotels (Resorts) vermieten Bungalows für zwei in Strandnähe um 25-40 € (ohne Frühstück). Mahlzeiten in den an jeder Ecke befindlichen Garküchen kosten immer noch weniger als einen Euro (entsrechend etwa 40 Baht). Sonnenschutzmittel sind mit bis zu 10 Euro pro Tube fast unbezahlbar. (Pulver-)Kaffee (Tee wird kaum getrunken) gibt es inzwischen auch in den abgelegeneren Orten. Bier ist vergleichsweise teuer und schlägt im Laden mit etwa einem Euro pro 330 ml-Dose zu Buche, die Flasche (500 oder 660 ml) in der Kneipe kostet 60-80 Baht. Dabei muß man wissen, daß der tägliche gesetzliche Mindestlohn von z. Zt. 215 Baht (5,30 €) ab April 2012 sukzessive auf 300 Baht (7,50 €) steigen soll. Aufgrund der Flut, die die nördlich von Bangkok gelegenen riesigen Gewerbeparks stark getroffen hat - es sind etwa 10000 Fabriken abgesoffen, stieg die Arbeitslosigkeit im Lande: von 0,8 auf 1,3% !!! Ein wesentlicher Teil der Wirtschaftsleistung wird in Kleinstbetrieben erwirtschaftet, ohne jegliche soziale Sicherung, Urlaub oder Steuerzahlungen, mithin, wie man bei uns sagen würde, durch Schwarzarbeit.

Vorbei die Zeiten als in Thailand nur verrostete japanische Gebrauchtwagen, die dort nicht mehr durch den TÜV (shaken) kamen, auf den Straßen unterwegs waren. Heute fährt man wie gezeigt, wobei es gerne mal die Drei-Liter-Maschine sein darf. Die Ladefläche des Pick-Ups benutzen? Niemals! Da könnte sie ja schmutzig werden. Autobesitzer in Thailand lieben ihre Karossen noch mehr wie Deutsche. Das Alltagsgefährt ist aber immer noch der 125 cc Motorroller (ohne Helm), auf dem locker drei Personen (mit Kindern habe ich auch schon fünf gesehen) Platz haben. Zu Fuß geht ein moderner Thai allenfalls auf Klo.

Koh Chang

Die touristische Entwicklung auf Koh Chang während der letzten 30 Jahre war rapide. Inzwischen hat man die Touristenabzocke dort perfektioniert. Kosten für auf Fremde zielende Dienstleistungen sind um gut die Hälfte über dem Rest Thailands. Von einem Besuch wird ausdrücklich abgeraten!

Nachdem ich anfangs die offizielle Propaganda, daß die Flutwasser nördlich von Bangkok innerhalb einer bis zwei Wochen ablaufen würden, bin ich zunächst eine Woche an den dortigen "Lonely Beach" gefahren. Der Strand ist jedoch schon lange nicht mehr einsam.

Auffallend waren dort die vergleichsweise zahlreichen russischen Touristen - jedoch nicht die am Mittelmeer häufigen randalierenden Saufbrüder, sondern meist ruhige junge Familien. Inzwischen gibt es eine direkte Flugverbindung von Novosibirsk nach Bangkok!

Meine Unterkunft war von Nachtklubs umschlossen, die mich abwechselnd bis Sonnenaufgang mit Techno und Reggae beschallt haben. (Der erfahrene Reisende fährt NIE ohne Oropax nach Asien!). Eine besondere Spezialität des Ortes sind nicht die andernorts überall vorhandenen Thai-Massagesalons (ohne sexuelle Dienste, wirkliche Massagen ab 8 € pro Stunde), sondern Tatoostudios, wo nicht mit Maschinen, sondern traditionell mit Bambusspitzen gestochen wird, was sehr schmerzhaft sein soll. Vielleicht bin ich etwas altmodisch, aber ich glaube immer noch, daß Tätowierungen nur etwas für Seeleute und Knastbrüder sind.

Lonely Beach, des Morgens

Lonely Beach, des Morgens

Lonely Beach, des Abends.

Lonely Beach, des Abends.

White Sands Beach, Koh Chang. Der weiße Sand hält was der Name verspricht. Leider touristisch schon sehr entdeckt. Etliche Pauschalurlauber, darunter zahlreiche Russen und Chinesen, die sich bevorzugt gegenseitig vor dem Wasser photographieren ohne schwimmen zu gehen.

White Sands Beach, Koh Chang. Der weiße Sand hält was der Name verspricht. Leider touristisch schon sehr entdeckt. Etliche Pauschalurlauber, darunter zahlreiche Russen und Chinesen, die sich bevorzugt gegenseitig vor dem Wasser photographieren ohne schwimmen zu gehen.

Lamai Beach, Koh Samui

Nun ging die Flut deutlich langsamer zurück als es der Regierung lieb war. Mir wurde Koh Chang aber einfach zu teuer. Die einzige Bahnstrecke nach Süden war überschwemmt, in solchen Ländern "geht sowieso immer was" (wie Italien!)

Es bestand vom Hauptbahnhof BKK "Schienenersatzverkehr" und zwar in Luxusbussen, die die Bundesbahn vor Scham im Boden versinken lassen sollte, in den 60 km entfernten Ort Nakhom Phatom.

Von da dann wieder per Fähre auf die Insel Koh Samui, und meine Lieblings-Starndanlage "White sands".

Ist das ein Wasserkocher oder was? (Fähre von Koh Samui zum Festland, die den ADAC Fährentest wohl nicht schaffen würde.)

Ist das ein Wasserkocher oder was? (Fähre von Koh Samui zum Festland, die den ADAC Fährentest wohl nicht schaffen würde.)

Der Strand von Lamai, auf Koh Samui, ist, seit ich 1988 zum ersten Mal dort war, immer einer meiner Lieblingsorte gewesen. Zwar ist das Dorf seitdem auf etwa vierfache Größe angewachsen und hat auch etliche girlie bars, etwas entfernt davon ist es entlang des vier Kilometer langen Strandes immer noch wenig überlaufen, wenn auch die meisten Anlagen ihre Strandhütten durch Bungalows der gehobenen Klasse ersetzt haben. Ursprünglich ist White Sands Bungalows am Südende geblieben. Es befindet sich nahe der Felsformation Hin Ya und Hin Tai, was höflich mit "Großvater- und Großmutter-Fels" übersetzt wird, auf gut deutsch: "Votze und Schwanz".

Ausgesprochen beliebtes Ziel bei Thais und Chinesen: "Großvater und -mutterfels (Hin Ya, Hin Tai)

Ausgesprochen beliebtes Ziel bei Thais und Chinesen: "Großvater und -mutterfels (Hin Ya, Hin Tai)

White Sands Bungalows, mit eigener Dusche (ca. 6 €).

White Sands Bungalows, mit eigener Dusche (ca. 6 €).

Das Wetter war, während ich einige Wochen auf Nachricht wartete, ob ich nun doch noch in den Wat Dhammakaya könnte, öfter durchwachsen. Das Schaukeln in der Hängematte, wo einen die Schwerkraft ganz schön runterzieht, war schon wirklich anstrengend (Grins ...).

Lamai Beach im Sturm

Lamai Beach im Sturm

White Sands Bungalows, am Morgen danach.

White Sands Bungalows, am Morgen danach.

Ehrlicherweise muß gesagt werden, daß seit ein australische Pärchen das Management übernommen hat, die drei kambodschanische "Gastarbeiter" schwarz beschäftigen, der Zustand der Gemeinschaftsduschen und -toiletten, nicht mehr unbedingt europäischen Hygienevorstellunem entspricht. Auch ist das lustlos zubereitete Essen im Strandcafé nicht mehr halb so gut wie früher. Ganz zu schweigen natürlich vom Sonderservice, den der älteste Sohn der Familie früher anbot: Tütchen mit einheimischen "Heilkräutern" zum inhalieren, direkt an die Hängematte.

Am 11.11.11 war zufälligerweise auch noch der hellste Vollmond seit Jahrzehnten zu erwarten, so daß ob dieses glückverheißenden Zufalls eine Riesen-Volksfest am Stand stattfand.

Kunst am Strand.

Kunst am Strand.

Laterne im Dorf Lamai.

Laterne im Dorf Lamai.

© Adi Meyerhofer, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein geplanter vierwöchiger Aufenthalt in einem budddhistischen Kloster nördlich von Bangkok, der dann wegen der "großen Flut" sprichwörtlich ins Wasser fiel (dh stark verkürzt wurde).
Details:
Aufbruch: 30.10.2011
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 07.12.2011
Reiseziele: Thailand
Vereinigte Arabische Emirate
Der Autor
 
Adi Meyerhofer berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.