Vietnam - Traum und Wirklichkeit

Reisezeit: April / Mai 2007  |  von Norbert Wallner

Roboter

Welche Schlange zum Anstellen sollen wir nehmen? Wie so oft entscheide ich mich für eine andere als Elfi. Bei den Schaltern sind unterschiedliche Aufschriften. Vietnamesisch und Englisch, sehr ordentlich, aber trotzdem völlig undurchschaubar, wer jetzt wo hingehört. Flughafen Saigon. Großbaustelle wie zur Zeit wahrscheinlich jeder internationale Flughafen weltweit. Und Anstellen an Visumschaltern, das erinnert sehr stark an Antalya im Sommer. Hin und wieder huscht wer von einer Schlange zur anderen, weil er meint, nun doch erkannt zu haben, welcher Sinn hinter den einzelnen Aufschriften steckt. Nach einiger Zeit scheint klar, dass es völlig egal ist, wo man sich anstellt. Das unterscheidet von Antalya. Hier also besiegt Asien die Bürokratie und nicht umgekehrt. Antalya ist eben doch noch nicht richtig Asien sondern nur Kleinasien.
Langsam komme ich der Himmelspforte näher. Oder ist es der Eingang zur Hölle? Wer weiß das schon. Warum hat man bloß immer so ein ungutes Gefühl, wenn man sich irgendeiner staatlichen Obrigkeit nähert?
Hohe Pulte. An jedem Pult versehen ein bis zwei Roboter Dienst. Es gibt männliche Modelle und weibliche Modelle, für einige wurden Uniformkappen produziert, die auf den Pulten ausgestellt sind. Alle Robotermodelle scheinen auf die selbe Geschwindigkeit programmiert zu sein, sieht etwas ulkig aus, da es sich nicht um die letzte Robotergeneration zu handeln scheint, aber zumindest sind die Bewegungen bereits flüssig und nicht mehr abgehackt wie bei noch älteren Modellen.
Nach einer Viertelstunde bin ich dran. Mal schauen, ob bei diesem Modell bereits ein Sprachmodul eingebaut ist.
Good Morning! Laut und freundlich lächeld werfe ich es meinem weiblichen Roboter entgegen, ich weiß schließlich nicht, ob eine Akkustiksoftware eingebaut ist und auf welche Tonhöhe und Lautstärke wegen der Umgebungsgeräusche eingestellt.
OK, mein Roboter scheint kein Sprachmodul zu haben, aber er funktioniert, was schließlich seine einzige Aufgabe ist. Sparsam in den Bewegungen, kein Kopfheben, Kamera und Erkennungsscan im oberen Steuerungsteil scheinen abgeschaltet zu sein, wenn auch vorhanden. Mein Roboter gibt sich mit dem Scannen meines Reisepasses zufrieden. Roboterarm stempelt und surrend fährt er mit meinem Reisepass über das Pult in meine Richtung, während der Roboterkopf keinerlei Bewegung ausführt. Also doch Energiemangel in diesem Land. Richtig, dass an unnötigen Bewegungen der Maschinen gespart wird, verbessert die Energiebilanz des Landes.
Ich kann es nicht lassen, ich versuche es noch einmal.
Thank you, good-bye! Ich rufe es fröhlich und laut schallend. Und siehe da: Ich habe doch ein neueres Modell erwischt. Der Kopf hebt sich kurz, die Mundpartie verzieht sich für einen Augenblick in menschenähnliches Lächeln und lässt erahnen, dass vietnamesische Roboter fürs Privatleben anders programmiert sind.
Good-bye. Halblaut aber deutlich vernehmbar ertönt das Sprachmodul. Ich hab's geschafft, ich habe einen vietnamesischen Einreiseroboter zum Sprechen gebracht!
Vietnam, wir kommen!

© Norbert Wallner, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zeit.Reise.Bericht 11 Tage Patenreise durch Vietnam. Zwischenlandung in Singapur. Saigon, Cu Chi, Mekong-Delta, Hue, Da Nang, Hoi An, Projektgebiet Hiep Duc mit Besuch der Patenkinder, Hanoi, Halong-Bucht. Anschließend 1 Woche alleine und individuell im Norden Vietnams (Hanoi und Sapa).
Details:
Aufbruch: 14.04.2007
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 02.05.2007
Reiseziele: Singapur
Vietnam
Der Autor
 
Norbert Wallner berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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