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Reisezeit: November 2012 - Februar 2015  |  von Alexandra M.

Samoa: Visarun ins Paradies: Schön, schöner, Lalomanu

Bevor ich mich zum Busbahnhof aufmachte, holte ich nach, was ich schon in Melbourne hätte tun sollen: Ich miste meinen Rucksack gründlich aus und nehme nur das nötigste mit. Drei (schwer bepackte!) Plastiktüten lasse ich in meiner Unterkunft in Apia. So bin ich zwar gezwungen, dorthin vor meiner Abreise noch einmal zurück zu kehren, aber dies ist allemal besser als zwei Wochen lang einen zu schweren Rucksack mitzuschleppen.

Den Taxifahrer auf dem Weg zum Busbahnhof bitte ich, noch kurz am Geldautomaten zu halten - mit einem etwas unguten Gefühl hebe ich einen größeren Geldbetrag ab - aber was bleibt mir den anderes übrig - außerhalb von Apia an Bargeld zu kommen ist schwierig (oder zumindest mittels Kreditkarte kostspielig) - es gibt einfach kaum Geldautomaten an anderen Orten auf dieser Insel. Am Busbahnhof angekommen, stelle ich fest, dass ich kein Kleingeld habe. Und natürlich gibt mir der Fahrer nicht auf 5 Tala heraus (soviel laut Hotelinformation eine Fahrt zum Busbahnhof kosten soll), sondern auf 15 - mit der Begründung er hätte ja auch mich warten müssen am Geldautomaten. Ich kriege fast die Krise, ärgere mich über mich selber dass ich kein Kleingeld dabei hatte (Fehler Nummer drei - nach dem zu dick bepackten Rucksack und dem Sonnenbrand-Fauxpas - habe ich denn nichts gelernt auf meinen vorherigen Reisen?!), der vollbepackte Bus wartet schon, wollte schon losfahren, wartet aber auf mich, mein Gepäck wurde schon hineinverfrachtet. Ich werde pampig, halte daraufhin schnell weitere 5 Tala in meinen Händen - und trotzdem, immer noch das doppelte des üblichen Preises bezahlt. Aber ich kann die Situation nicht aussitzen, die wartenden Leute im Bus machen mich nervös. Und so belasse ich es dabei und ärgere mich nochmals über mich selber - ich hätte darauf bestehen sollen; die Menschen hier sind ja eh geduldig und die Busabfahrtszeiten variabel; die Insassen des Busses hätten ein paar Minuten ohne Murren gewartet. Ich nehme mir - nicht zum ersten Mal - vor, künftig immer Kleingeld in der Hosentasche zu haben um solche Situationen zu vermeiden...

Die Fahrt an die Ostküste - nach Lalomanu - dauert etwa zwei Stunden und führt durch durchgehend dünn- oder unbesiedelte grüne Landschaft bzw. am wunderschönen Meer entlang. Der Busfahrer hupt munter vor jeder größeren Kurve, was nicht notwendig wäre, denn auf der Straße ist so gut wie nichts los. Die Stimmung im Bus ist gut, die Leute unterhalten sich kreuz und quer, hören Musik, rauchen.

Auch auf dem Land sind viele, zum Teil recht imposante, Kirchen zu sehen - schon erstaunlich wenn man zugleich einen Blick auf die doch eher ärmlich anmutende Wohnsituation der Bevölkerung richtet: Zwar gibt es auch geschlossene Häuser, jedoch viele kleine offene fales, in denen die Bewohner - naja, sitzen und wie es aussieht, einfach den Tag verstreichen lassen. Das Leben hier ist eben ein gemeinschaftliches - man hört und sieht was der Nachbar macht; Privatsphäre hat man hier nicht viel und braucht sie vielleicht auch nicht so.

Am Lalomano Beach angekommen möchte der Busfahrer neben den regulären Fahrtkosten (nach denen ich eine Mitfahrerin gefragt hatte) von der einzigen weiteren Urlauberin - einer jungen Österreicherin - und mir noch einmal den gleichen Betrag "für das Gepäck" haben. Die Österreicherin bezahlt es und steigt aus; ich aber fange zu diskutieren an; schliesslich hatten die anderen Mitfahrer auch fast alle Gepäck dabei (besonders zu erwähnen das liebevoll in Palmenblätter eingewickelte gebratene Spanferkel) und keiner hat einen Aufpreis bezahlt. Der Busfahrer lässt jedoch nicht locker, redet von "besonders sperrigem" Gepäck. Schlussendlich zieht jedoch mein Argument, dass ich selbst inklusive meines Rucksackes noch weitaus weniger wiege als der Durchschnittssamoaner - der Busfahrer lenkt ein, aber nur "ausnahmsweise" (meine späteren Nachfragen ergeben, dass man für sein Gepäck nicht zahlen muss).

In Lalomano beziehe auch ich eine fale. Die fehlende Privatsphäre ist auch mir völlig gleichgültig - bei der Aussicht!

Fale Nr. 1

Fale Nr. 1

So verbringe ich den Rest des Tages eben genau dort, im Schatten neben meiner Matratze (und in langer Hose, ja), springe ab und zu ins warme Wasser und genieße ansonsten das süße Nichtstun. Ich bin der einzige Gast in dieser Anlage und so gibt es auch niemanden, der mich nur im Geringsten dabei stören würde.

Lalomanu

Lalomanu

Nein, keine Postkarte. Lalomanu.

Nein, keine Postkarte. Lalomanu.

Am nächsten Tag ziehe ich allerdings in das benachbarte Resort um, in dem ein paar weitere Gäste sind - nicht so sehr wegen der Gesellschaft, vielmehr da das Licht in meiner fale die ganze Nacht flackerte, obwohl ausgeschaltet und es mir bei jeder Berührung des Lichtschalters eine "gewischt" hat. Auf meinen freundlichen Hinweis darauf meint man "ach, no worries, das ist schon lange so". Gut, das mag ja sein, aber ich will nicht schlafend in diesem Ding liegen, wenn es dann doch mal zum Kurzschluss kommt!

Fale Nr. 2 - noch Fragen?!

Fale Nr. 2 - noch Fragen?!

Ich merke hier erst so richtig, wie anstrengend meine Zeit in Melbourne eigentlich war - das Arbeiten an sechs oder sieben Tagen die Woche, teilweise 12 Stunden pro Tag, immer unter Menschen zu sein, die permanente Geräuschkulisse, die langen Kneipennächte der letzten Wochen. Und wie sehr sich mein Körper nach Erholung sehnt, und ich mich nach Ruhe und Einsamkeit, Zeit ein Buch zu lesen. All das habe ich hier und so mache ich auch in meiner neuen Unterkunft die nächsten zwei Tage nichts als den Tag einfach verstreichen zu lassen, zwischendurch immer mal wieder ein moe (samoanisch für "Mittagsschlaf") - damit es nicht zu eintönig ist, abwechselnd im Sand oder auf meiner Matratze. Der Gang zum Tante-Emma-Laden auf der anderen Seite der Straße wird zur Tagesaufgabe und das notwendige "von-Hand-Wäsche-waschen" - pfff, viel zu anstrengend bei der Hitze. So grabe ich mit den Stunden meinen Kopf immer tiefer in den Sand, raffe mich auf zum Frühstück- und Abendessen (man bucht nicht nur Unterkunft hier, sondern auch Verpflegung mit; eine andere Möglichkeit gibt es auch nicht, das nächste Restaurant ist gefühlte Lichtjahre entfernt), das angenehmerweise gemeinschaftlich an einer langen Tafel eingenommen wird, so dass sich doch der ein oder andere soziale Kontakt und das ein oder andere interessante Gespräch mit anderen Reisenden ergibt. Insgeheim frage ich mich, ob ich nicht doch der geborene Pauschaltourist bin - so sehr ich gerade genieße, mich um nichts kümmern zu müssen.

Meine (gute!) Entschuldigung, zumindest für den Sonntag ist, dass man hier sowieso nichts anderes machen kann - denn Samoa ist eben ein sehr christliches Land, die Missionare haben hier ganze Arbeit geleistet und somit gehört der Sonntag der Kirche und der Familie - und dem Essen, denn das machen die Samoaner eh gerne; es fahren keine Busse und die wenig vorhandenen Sehenswürdigkeiten haben geschlossen.

Den Sonntagabend verbringe ich mit Johann und seiner Tochter Malia - Johann ist in Samoa geboren und aufgewachsen, lebt aber schon lange Zeit in Neuseeland bzw. nun Sydney und kommt einmal im Jahr nach Samoa um seine Mutter zu besuchen. Die beiden bieten mir an, am nächsten Tag mit ihnen in ihrem Auto über das Inland nach Apia zurück zu fahren. Eigentlich wollte ich an diesem Tag auf Namua übersetzen, eine Insel mit nur einer Handvoll fales, ohne Strom, aber da es Hunde und Katzen regnet und ich keine Lust verspüre einen verregneten Tag auf einer einsamen Insel zu verbringen, nehme ich ihr Angebot gerne an. Abgesehen davon, dass sie mich durch wunderschöne Landschaft fahren, kann ich Johann Löcher in den Bauch fragen über die samoanische Lebensweise und Kultur. So bin ich doch etwas verwundert, dass sich an diesem paradiesischen Stück Erde so gut wie keine großen Luxusresorts finden und es hier insgesamt sehr wenig touristisch ist. Er erklärt mir, dass die Regierung das ein oder andere große Resort genehmigen wollte, dass jedoch die "chiefs" der einzelnen Landabschnitte (denn das Land in Samoa gehört jeweils einzelnen Familien - nur die Straße der Regierung) jeweils ihr Veto dagegen eingelegt hätten. Vielleicht ist dies eine gute Lösung um zu vermeiden, dass dieses schöne und weitestgehend ursprüngliche Land schnell von Einflüssen von außerhalb eingenommen wird; es scheint mir so.

Einer der erfrischenden, nicht mit Badenden überfüllten Wasserfälle auf Upolo

Einer der erfrischenden, nicht mit Badenden überfüllten Wasserfälle auf Upolo

Johann berichtet mir auch von den immer noch andauernden Auswirkungen des Tsunamis 2009, der an der Ost- und Südküste der zwei Hauptinseln von Samoa verheerende Schäden angerichtet hat - ganze Dörfer haben ihren ursprünglichen Standort verlassen und in den Bergen ein neues Dorf errichtet - zu groß ist nach wie vor die Angst vor einer neuen Riesenwelle. Zurück bleiben "Geisterdörfer" - halbverfallene fales und Häuser; ein merkwürdiger Anblick in dieser so friedlich erscheinenden Landschaft.

Die Nacht verbringe ich gezwungenermaßen wieder in Apia - es fahren nachmittags keine Busse mehr, die mich woanders hinbringen könnten. Am nächsten Tag setze ich mittels Fähre auf die Nachbarinsel Savaii über - hiervon im nächsten Kapitel.

Alex

© Alexandra M., 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Der Plan: Diesmal keine halben Sachen machen; wenn schon, dann richtig. Also: Job ist weg, Wohnung fürs erste auch, Abschiedstränchen sind gekullert und jetzt gehts los: 365 Tage oder länger, Australien und mehr.
Details:
Aufbruch: 01.11.2012
Dauer: 28 Monate
Heimkehr: 28.02.2015
Reiseziele: Singapur
Malaysia
Australien
Samoa
Vanuatu
Neuseeland
Der Autor
 
Alexandra M. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.