From North to South - einmal durch die amerikanischen Kontinente

Reisezeit: August 2016 - März 2017  |  von silja B.

Antigua und Acatenango

Die Australierin und ich hatten beschlossen, gemeinsam mit den Chickenbussen nach Antigua zu fahren. In Lanquin haben sich gleich zwei Microbusfahrer um uns „geprügelt“, wer uns mitnehmen darf, der eine wollte uns zu einem super günstigen Preis mitnehmen, aber da kamen gleich die Einheimischen und meinten, wir sollen ihm nicht glauben und auch nicht mit ihm fahren, da er erst in einer Stunde fährt. Eine Stunde später waren wir in Coban, von dort sind wir mit einem größeren Busunternehmen nach Guatemala, mussten hier auch nur 30 Minuten warten. Bis jetzt lief alles wie am Schnürchen. Aber die Krux des Ganzen war Guatemala City. In der Regel muss man den Hauptstädten den Busbahnhof wechseln und dafür einmal quer durch die Stadt. So auch diesmal. Um zum nächsten Busbahnhof zu gelangen, muss man zwei verschiedene Busse nehmen. Für den ersten brauchte man zum Bezahlen eine Chipkarte. Die hatten wir natürlich nicht. Aber ein netter Herr am Busbahnsteig meinte, er regelt das für uns. Er fragte dann durchs Fenster die Leute im Bus, wer uns seine Karte nutzen lässt. Ein netter Herr ließ uns dann auf seiner Karte mitfahren und wollte uns nicht mal dafür bezahlen lassen. Bezahlung geklärt, jetzt heißt es nur noch in den Bus kommen. Es gab ein Drehkreuz, das nicht für große Rucksäcke mit zusätzlichem Handgepäck gemacht ist. Ich drückte mich mit Kraft durch während von hinten einer den Rucksack über das Drehkreuz hob und anschob. Erste Hürde geschafft. Die Nächste bestand darin, während der Fahrt nicht umzufallen. Wir hatten nur noch einen Stehplatz und der Fahrer fuhr wie eine gesengte Sau. Beim Aussteigen wieder ein Drehkreuz, mit Schieben und Drücken habe ich es wieder durchgeschafft. Die Schwierigkeit wurde durch die hohen Stufen runter erhöht. Als mich das Drehkreuz mit einem plötzlichen Ruck freigab, dachte ich für einen kurzen Moment, jetzt haut es mich die Stufen runter flach auf die Nase, konnte mich aber noch mal rechtzeitig fangen. Für den nächsten Bus brauchten wir einen Pesos in Münzform, diese hatten wir auch nicht. Aber der Sicherheitsbeamte war so nett, uns daraufhin ohne Bezahlung durch zu lassen. Dann sah ich aber die Menschenmassen und wie die Menschen sich in den Bus quetschten, erinnerte mich sofort an die Rush Hour in Mexico City. Keine Chance mit unseren Rucksäcken in den Bus zu kommen, also doch ein Taxi. Nach harter Verhandlung wurden wir zu einem halbwegs ordentlichen Preis befördert. Vom Taxi fliegender Wechsel in den Bus nach Antigua. Wieder ein Busfahrer, der wie die gesengte Sau fährt und nach 12 Stunden waren wir endlich am Ziel.

Das Hostel Matiox ist noch sehr neu und kann ich sehr empfehlen. Sehr sauber, im Hinterhof gibt es einen Hottub und die Dorms sind sehr modern und stielvoll eingerichtet. Für jeden gibt es ein großes Schließfach und in unserem Zimmer waren die Betten eine eigenständige Box mit Licht und Stromanschluß, so dass man fast das Gefühl hatte, ein eigenes Zimmer zu haben.

Straße von Antigua

Straße von Antigua

Den ersten Tag haben Emma und ich versucht, heraus zu finden, ob man den Acatenango ohne Guide machen kann. Wir hatten von einigen Reisenden gehört, dass sie welche ohne Guide getroffen haben. Aber Tourist Police und Visitor Center rieten uns davon ab. Also doch eine Tour gebucht. Dadurch, dass ich alle Ausrüstung selber hatte, haben wir den Preis gut nach unten drücken können. Nachdem wir auf dem Markt für Abendessen und Snacks für die Tour eingekauft haben, stand Stadterkundung an. Als erstes habe ich mich zum Mirador aufgemacht, von dem man einen schönen Blick auf Antigua hat.

Blick auf Antigua

Blick auf Antigua

Antigua ist eine sehr schöne Kolonialstadt, überall sind noch Ruinen von Kirchen, die durch ein heftiges Erdbeben zerstört wurden. Sehr zu empfehlen ist auch ein kleines Restaurant, dass eher von Einheimischen besucht wird. Leider habe ich den Namen vergessen, es befindet sich im Hinterhof vom Dunkin Donut, ein Gericht ist immer im Angebot und es ist sehr lecker!

Ruine in Antigua

Ruine in Antigua

Am nächsten Morgen ging es dann für zwei Tage zum Vulkan Acatenango. Dieser ist ein „Must-do“ in Guatemala. Also macht in jeder. Ich würde mindestens die Hälfte nicht hoch lassen. Der Gipfel liegt auf 3976 Meter Höhe, der Weg ist einfach 7,5 km lang und 1500 Höhenmeter sind zu bewältigen. Ich hatte noch Glück mit meiner Gruppe, relativ klein, vier halbwegs fitte Israelis, Emma, ich und leider auch zwei junge Frauen, die nicht allzu oft wandern. Die eine hatte sich Halbstiefel für die Wanderung zwei Tage vorher auf dem Markt gekauft, definitiv nicht für eine Vulkanwanderung geeignet. Nach den ersten zwanzig Minuten machten wir die erste Pause. Sie kam mit hochrotem Kopf an und meinte sie stirbt. Das kann ja heiter werden, der Weg war noch nicht mal sehr steil. Am faszinierendsten fand ich aber, dass gleich zwei der Israelis zu ihrer Seite waren und sie betüdelten. Ich hätte ihr am liebsten geraten, sofort umzudrehen, hab's aber unterlassen, bin dafür doch zu höflich. Auf der Wiese, auf der wir eine Pause machten, war noch eine zweite Gruppe. Lauter junge Leute mit nicht geeigneter Wanderausrüstung. Schuhe, die nach Sport aussehen, aber fürs tatsächliche Sportmachen nicht geeignet sind, schon gar nicht für eine Bergwanderung. Zudem haben sie sich laut mit Musik beschallen lassen. Diese jungen Leute waren eindeutig Anhänger der Devise meines Urgroßvaters: „Kirchen von außen, Berge von unten, Kneipen von innen!“ Sie sahen auch deutlich so aus, als ob sie, vermutlich nicht nur die letzte Nacht, sehr lange und ausgiebig gefeiert hätten. Wäre dieser Berg bei denen Zuhause, würde keiner von denen auf die Idee kommen, ihn zu besteigen. Ich verstehe es nicht und habe mittlerweile auch wenig Verständnis dafür, dass Menschen Sachen machen, die ihre körperliche Verfassung übersteigt und für die sie nicht ausgerüstet sind, nur weil man es gemacht haben muss. Ich würde auch nie auf die Idee kommen, den Mount Everest zu besteigen, abgesehen davon das mir auch das nötige Kleingeld dafür fehlt. Aber selbst, wenn ich das Geld hätte, wüsste ich, das dieser Berg einfach mehrere Nummern zu groß für mich ist, ich kenne einfach die Grenzen meiner Möglichkeiten und respektiere diese.

Wir liefen dann vor ihnen los, gut, dann bin ich die Dauerbeschallung los. Der Weg wurde schnell steiler. Kurze Zeit später stürmten drei der jungen Männer an mir vorbei. Für einen kurzen Moment war ich beeindruckt und dachte, ich müsste mein Urteil über sie revidieren. Aber keine fünf Minuten später überholte ich sie wieder, da sie mit roten Kopf und schnaufend am Wegrand lagen. 10 Minuten später stürmten sie wieder an mir vorbei, 5 Minuten später wieder das gleiche Bild am Wegesrand. Das Spielchen hielten sie bis zur Mittagspause durch. Wir machten ziemlich viele Pausen, die Hälfte hätte mir deutlich gereicht. Die ersten fünf Minuten nach der Pause finde ich in der Höhe immer am Schwierigsten. Es dauert immer etwas bis ich wieder meinen Atem- und meinen Schrittrhythmus in Einklang gebracht habe. Wichtig ist bei der Höhe auch, dass man sich nicht auf das Einatmen konzentriert, sondern auf das Ausatmen, um das Ganze Dioxid aus dem Körper zu schaffen und Schwindel zu vermeiden. Viel trinken ist auch sehr wichtig, mindestens einen Liter mehr als sonst. Wir machten immer relativ lange Pausen, zumindest für mich und die anderen fitten, da wir mindestens 10 Minuten warten mussten bis die beiden langsamen Frauen schnaufend zu uns aufschlossen. Ich glaube, sie hätten gerne eine längere gehabt, da für die beiden es dann nach 5 Minuten schon wieder weiter ging. Ich nutzte die Pausen immer um mein spanisches Smalltalk mit dem Guide zu üben.

Mein Highlight war aber Tarzan. Hätte eher gedacht, man trifft ihn im Dschungel von El Mirador an. Aber nein, Tarzan lebt in den Bergen! Und ich habe gleich mein Herz an ihn verloren!

Tarzan und silja

Tarzan und silja

Dieser Hund gehört niemanden, er ist der Hund des Vulkans. Er schließt sich immer einer Gruppe an, läuft mit ihr nach oben und am nächsten Tag wieder runter, nur um sich dann der nächsten Gruppe an zu schließen. Woher der Hund Wasser und Futter bekommt war mein Rätsel. Der Guide meinte nur, er bekommt später etwas. Der Tag war sehr warm, der arme Hund muss doch am Verdursten sein. Da viel mir ein, dass ich meinen tiefen Teller mitgebracht habe, den aber definitiv nicht brauchte, bzw. jetzt schon. Er wurde zu Tarzans Napf und ich gab ihm was von meinem Wasser.

Die junge Frau mit ihren neuen, ungeeigneten Schuhen, hatte natürlich ab der Mittagspause Blasen an den Fersen. Sie versorgte diese mit Leukoplast. Im ersten Moment habe ich gedacht, gut, hoffentlich tun die ordentlich weh und sie lernt daraus, keine schweren Bergwanderungen ohne körperliche Fitness und geeignete Ausrüstung zu machen. Aber dann hatte ich doch Mitleid, blutige Blasen sind kein Spaß und habe ihr meine Blasenpflaster gegeben. Jeden Tag eine gute Tat kann ja nicht schaden! Ab der Mittagspause war von der Partygruppe nichts mehr zu sehen. Ich hatte echt Mitleid mit deren Guide, der gesellte sich immer wieder zu uns. Die beiden Guides zeigten mir dann immer wo sich seine Gruppe gerade befand und amüsierten sich köstlich über diese. Die waren noch so weit unten und schon nach der Mittagspause völlig erschöpft. Ich war beim Anblick der Gruppe echt froh, meine zu haben. Auch wenn ich über die eine Frau nur den Kopf schütteln konnte. Wandern mit Leuten die sich total überschätzen bzw. wissen, dass sie nicht fit genug dafür sind, es aber trotzdem machen, ist die schwierigste Zen Übung der Gelassenheit. Irgendwann hatte unser Guide Mitleid mit der jungen Frau aus unserer Gruppe, vielleicht wollte er auch nur endlich ankommen. Und so hat er ihr ihren Zeltanteil und eine 2 Literflasch abgenommen.

Ansonsten war es echt toll, wieder in den Bergen zu sein.

Vulkanlandschaft

Vulkanlandschaft

Als wir an unserem Lager, ca. 250 Höhenmeter unter dem Gipfel, ankamen, begrüßte uns der gegenüberliegende Vulkan El Fuego gleich. Dieser ist noch aktiv und wenn man Glück hat, sieht man ihn nachts Lava in die Luft spucken. Aufgrund dieses Spektakels ist Acatenango auch ein „Must-do“.

El Fuego

El Fuego

Dann hieß es Zelt aufbauen, ich hatte mein eigenes mit und habe mir dies mit der Australierin geteilt. Tarzan bekam wieder einen Napf Wasser, dann suchte er sich ein nettes Plätzchen, buddelte ein Loch und legte sich rein. Eine Stunde nach uns kam dann die Partygruppe an und ließ sich auf dem Platz neben uns nieder. Die Guides machten sich dann daran, einen der toten Bäume zu fällen.

Erst das Seil werfen...

Erst das Seil werfen...

...dann hacken und ziehen bis der Baum am Boden liegt

...dann hacken und ziehen bis der Baum am Boden liegt

Dann wurde Feuer gemacht, leider gab es stark drehenden Wind. So dass man, egal wo man saß, immer wieder Rauch abbekam. Also alle paar Minuten die Augen schließen. Die junge Frau jammerte permanent wegen dem Rauch. Eindeutig kein Outdoor-Mensch.

Sonnenuntergang

Sonnenuntergang

Sobald die Sonne weg ist, wird es schnell kalt. Von meiner Kleidung her, hätte ich kein Feuer her gebraucht, durch Kanada bin ich auch deutlich kälteres Wetter gewohnt. Die Anderen waren eher nur für Sommerwetter ausgerüstet und dankbar um die Wärme. Der eine Israeli hielt sich für unwiderstehlich und versuchte sein Glück auf nervige und plumpe Art bei den drei anderen Frauen zu landen. Zum Glück versuchte er sein Süßholzgeraspel nicht bei mir, mir hat das Anhören schon gereicht.Ich glaube, er merkte vom ersten Moment, dass er mir total unsympathisch war, da ich die Einzige war, mit der er nicht mehr wie zwei Worte gewechselt hat. Während wir auf das Wasserkochen warteten für unsere 2-Minuten Nudeln, war El Fuego gnädig mit uns. Er explodierte und spuckte im Dunkeln eine mehrere Meter hohe Lavafontäne in die Luft. Leider war ich fototechnisch nicht darauf vorbereitet und so gibt es dieses Bild nur in meiner Erinnerung. Kaum hatten wir unsere Two-Minutes-Nudeln gegessen, habe ich eine Pause von der Gruppe gebraucht. Ich habe mich dann mit direktem Blick auf El Fuego um die Ecke gesetzt. Dann habe ich zwar meine Gruppe nicht mehr gehört, dafür saß ich jetzt über der Partygruppe und bekam deren laute Musikbeschallung ung Gegrölle mit. Meine romantische Vorstellung von Ruhe und Einsamkeit in den Bergen ging leider nicht in Erfüllung. Eine halbe Stunde habe ich trotzdem ausgehalten, doch El Fuego ist schlafen gegangen und zeigte kein Spektakel mehr. Es zogen auch immer mehr Wolken auf, so dass auch kein Sternenhimmel zu bewundern war. Also ins Zelt zum Schlafen, um 3.45 Uhr heißt es mal wieder früh aufstehen.

Um 4 Uhr ging es dann die letzten Meter hoch zum Gipfel, Tarzan war natürlich auch mit dabei. Wir kamen wieder nur sehr langsam voran, da die beiden Frauen sich unglaublich schwer taten. Der einen war Übel, Schwindlig und sie hatte Schwierigkeiten zu atmen. Wir mussten immer wieder Pausen einlegen und ich übte mich in Gelassenheit. Am Gipfel angekommen wehte ein stürmischer Wind, die Luft war zienmlich feucht und kalt. Die Anderen waren Kleidertechnisch dafür nicht ausgerüstet. Also kauerten sie sich eng zusammen und versuchten, sich gegenseitig zu wärmen. Der Guide und ich saßen etwas Abseits und schmunzelten über das frierende Grüppchen. Er, Tarzan und ich waren die Einzigen, die nicht gefrohren haben. Am Gipfel gibt es mehrere Kreuze, allerdings keine Gipfelkreuze, sondern in Gedenken an Menschen, die dort gestorben sind. Unser Guide hat mir erzählt, wie es zu den Unfällen kam. Einheimische, die falsch ausgerüstet sich bei Wetterumschwung verirrt haben und letztendlich den extremen Bedingungen zum Opfer gefallen sind. Nach ein paar Minuten hatte unser Guide erbarmen mit den Frierenden und er führte uns Löchern, aus denen warme Luft kam. Die Gruppe kauerte sich eng um das Loch. Der Guide führte mich aber gleich zu einem zweiten, dass ich dann für mich hatte. Ich habe dann aber noch Emma zu uns gerufen, die sich dankbar direkt vor das Loch gekauert hat.

Vulkanhandwärmer

Vulkanhandwärmer

Dann war es Zeit für den Sonnenaufgang. Es war nur leider sehr bewölkt. Wir mussten noch ein paar Meter über eine Kuppe steigen, um die Sonne zu sehen. Als ich über die Kuppe kam, brach ich erstmal in Lachen aus. Die Partygruppe war da, dank falscher bzw. nicht ausreichender Kleidung halb am erfrieren. Sie lagen am Boden, eng aneinander, teilweise übereinander. Es war ein Bild für die Götter! Wenn meine Kamera durch die feuchte Luft nicht sofort beschlagen wäre, hätte ich ein Foto davon gemacht.

Der Sonnenaufgang dauerte 10 Sekunden und dann zog sich ein Wolkenvorhang davor und Nichts war mehr zu sehen.

Sonnenaufgang

Sonnenaufgang

Wir sind dann wieder zum Camp abgestiegen. Während wir zusammen gepackt haben, machte unser Guide nochmal ein Feuer für Wasser für einen Kaffee. Von meinen Frühstücksandwich habe ich den Schinken runter gemacht für Tarzan, in Null Komma Nix waren die zwei Scheiben weg! Dann stand nur noch der steile Abstieg an, der nicht angenehm für die Knie und sehr anstrengend für die Oberschenkel war. Und dann war ich auch froh wieder in Antigua und die Gruppe wieder los zu sein. Im nachhinein würde ich Acatenanga nicht machen, der Blick auf den feuerspuckenden Fuego ist zwar toll, aber ich würde mir definitiv einen weniger überlaufenen Vulkan raussuchen.

© silja B., 2017
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von Kanada nach Feuerland
Details:
Aufbruch: 09.08.2016
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 09.03.2017
Reiseziele: Kanada
Mexiko
Guatemala
Belize
Panama
Kolumbien
Ecuador
Peru
Chile
Argentinien
Der Autor
 
silja B. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.