Wilde Küste Vancouver Island

Reisezeit: August / September 2006  |  von Jörg Knorr

Orcas hautnah

Heute Abend will ich Freunde treffen. Bin mit Carol, Andreas und Mark auf einem Campingplatz bei China Beach, kurz vor Jordon River verabredet. Ich dachte erst, dass unser Treff irgendwo in der Nähe von Port Renfrew liegt und habe dementsprechend meinen letzten Übernachtungsplatz bei Carmanah Point gewählt. Bin immer noch entlang des West Coast Trails unterwegs und lerne während einer Pause 2 Deutsche aus Dresden und Dortmund kennen. Einem Hiker aus Israel helfe ich mit einem Liter Trinkwasser aus.

Hinter Port Renfrew sehe ich vor mir in einiger Entfernung die Rückenflossen eines kleinen Pods Orcas. Noch nicht genau wissend, ob die Jungs auf mich zukommen oder vor mir wegschwimmen, mache ich noch ein Paar Paddelschläge, lege das Paddel ab, bringe meien Kamera in Bereitschaft und warte einfach. Und was jetzt passiert, hätte ich nie für wirklich möglich gehalten. 3 Orcas kommen direkt auf mich zu. Keine 5 m von meiner Bootspitze entfernt durchschneidet eine riesige Rückenflosse die Wasseroberfläche. Ich glaube kaum, was ich sehe. Direkt unter mir taucht dieses gigantische Tier hindurch. Ich kann den Kerl ganz deutlich unter meinem Kajak sehen. Und schließlich taucht der Orca hinter mir nochmals auf. Es kommt mir vor, als wollte er mir hallo sagen. Ich hatte kein bisschen Angst. Zu groß war und ist das Glücksgefühl. Es ist schwer zu beschreiben. Man muss es erleben. Wirklich erleben! Ich muss mich erst mal wieder sammeln. Schaue mich noch eine ganze Weile um, so als ob ich nicht glauben kann, was mir widerfahren ist. Gigantisch! Ich glaube das Wort ist hier wirklich angebracht. Nur wenig später eine vergleichbare Begegnung mit einem Grauwal, der sich offenbar am Grund des flachen Wassers nur unweit vom Ufer kratzt und dabei immer wieder seine Brustflossen aus dem Wasser streckt. Ich muss mich vorsehen, dem Wal mit meinem Bug nicht in die Flosse zu fahren. Das könnte dann doch böse ausgehen, wenn sich dieser 15m-Kumpel mal erschrickt und mich vielleicht durch die Gegend wirbelt. Volgestopft mit diesen Eindrücken paddle ich weiter. Immer wieder bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich mir vergegenwärtige, was ich erlebt habe. Ich bin ein Glückspilz!

Meine Tagesetappe zieht sich in die Länge. Schon knapp 50 km liegen hinter mir und es ist bereits 17:30 Uhr. Gegen 18:30 Uhr, nach einem Umweg über Jordon River zurück nach China Beach, sehe ich 3 Gestalten am Strand ziellos entlangschlendern. Andreas erkennt mich und winkt mir zu. Kurz darauf zerre ich mein Boot auf den Strand und bin einfach nur froh, Feunde zu treffen. 60 km liegen hinter mir! Das reicht! Jetzt nur noch Zelt aufstellen, trockene Sachen anziehen und mich bekochen lassen. Wir freuen uns alle, dass das Treffen geklappt hat und ich muss von meiner Reise erzählen. Ein wundervoller Abend mit Freunden, die ich erst vor 4 Wochen kennengelernt habe und die mir doch schon vertraut sind, geht viel zu schnell vorbei. Aber schon in 2 Tagen werden wir uns in Victoria wiedersehen.

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Grauwal

Grauwal

Carol, Andreas u. Mark

Carol, Andreas u. Mark

© Jörg Knorr, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Umrundung der größten Insel an Amerikas Pazifikküste im Kajak. Atemberaubende Wildnis, Wale ganz nah und offenherzige gastfreundliche Menschen. So lässt sich in etwa beschreiben, was den Reisenden hier erwartet. Ein intensives Naturerlebnis der besonderen Art.
Details:
Aufbruch: 06.08.2006
Dauer: 7 Wochen
Heimkehr: 20.09.2006
Reiseziele: Kanada
Der Autor
 
Jörg Knorr berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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