Bis nach Südamerika und noch viel weiter.... :-)

Reisezeit: Juni 2011 - Juni 2013  |  von Matthias Juranitsch

Argentinien (Teil 2)

Argentinien stellt sich vor

Hallo liebe Mitreisende!

Ja,... ich nehme meinen Bildungsauftrag sehr ernst... und so folgt nun, der im Kapitel 36 angekündigte Geschichtsunterreicht im Sinne der Pisastudie zum Thema Argentinien ... eine vermutlich für den einen oder andern trockene Angelegenheit,... da müsst ihr jetzt aber durch ... Geschichten und Fotos gibt's dann aber wieder (versprochen) ab dem nächsten Kapitel.

Argentinien... Land des Tangos, des Weins und der besten Steaks.
Das Land liegt, wenn man auf die Südamerikakarte schaut, ganz rechts,... also im Osten... und nimmt gleich mal den ganzen unteren Zipfel vom Kontinent ein,... also wenn man sich den dünnen Streifen von Chile wegdenkt. Mit seinen 2,8 Millionen km² ist es nach Brasilien das zweitgrößte Land Südamerikas und liegt weltweit an achter Stelle. Mit rund 40,5 Millionen Einwohnern und somit mit einer Bevölkerungsdichte von 14,9 Einwohner je km² liegt es nur an 31 Stelle,... schuld daran sind die unendlichen Weiten des Südens,... karg und spärlich besiedelt.

Argentinien grenzt im Westen an Chile, im Norden an Bolivien, Paraguay und Brasilien und im Osten an Uruguay. Es besitzt eine Nord-Süd- Ausdehnung von rund 3.700 km und ist an der breitesten Stelle 1.430 km breit,... also schon ganz schön groß. Der Größe wird man sich recht schnell bewusst, wenn man sich mit Bus durchs Land bewegt,... unter 12 Stunden geht kaum was,... 24 Stunden ist da schon mal normal und wer sich von El Calafate mit dem Bus nach Bariloche begibt sitzt schon mal 48 Stunden im Bus,... ohne das dazwischen irgendwas Großartiges am Weg liegt.

Entsprechend der Größe gibt es wiederum eine Vielzahl von Klimazonen,... darauf jetzt einzugehen würde wieder einmal den Rahmen sprengen,... also lass ich das mal.

Im Osten,... an der Grenze zu Chile ziehen sich die Anden vom Norden bis hinunter in den tiefen Süden Patagoniens,... eine riesige Bergkette mit mehreren über 6.000 Meter hohen Bergen. Der Acancgua auf Höhe Mendoza ist mit seinen 6.962 Metern auch gleich mal der höchste Berg Südamerikas und beliebtes Trekkingziel unerschrockener Bergsteiger. Gegen Süden hin flachen die Anden langsam ab und gegen Osten erstreckt sich recht bald eine schier unendlich scheinende Ebene in denen Berge nur selten die 1.000 Meter übersteigen.

Bei der Größe des Landes ist es vermutlich nicht verwunderlich, dass es viele unterschiedliche Landschaftsformen gibt,... auch hier gilt,... diese jetzt aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Wir merken uns: Großes Land, hohe Berge, viele verschiedene Landschaftsformen mit ebenso vielen Klimaregionen.

Ihr kennt nun die Fakten,... aber wie kann man sich das vorstellen? Bekommt man in Österreich schon ein Gefühl der Einsamkeit, wenn mal 3 Kilometer keine Tankstelle steht, ist es in Argentinien.... hmmm... wie sagt man das am Besten... unfassbar.

Die Großstädte liegen alle weit auseinander,... wie erwähnt,... 12 Stunden Busfahrten sind normal. Liegen im Norden Argentiniens zwischen den Großstädten noch ab und an kleinere Dörfer, ändert sich das je weiter man in den Süden vordringt zunehmend. In Feuerland und im Norden von Patagonien fährt man so mehrere hundert (!!!) Kilometer zwischen den kleinsten Dörfern dahin,... meist auf unasphaltierten Schotterstraßen. Unendlich scheinende große Ebenen,... Pampa,... trockene prärieähnliche Flächen und das Patagonische Eisfeld säumen den Weg,... Stunde um Stunde. Die Straßen nicht selten kilometerweit einfach geradeaus,... wer braucht schon Kurven, wenn da nichts ist. Die Straße am Horizont verblassend. Guanacos, Lamas und anderes Getierse ist das Einzige dem man am Weg begegnet. Diese riesigen Flächen sind unheimlich beeindruckend,... erdrückend in ihrer Weite,... man fühlt sich klein,... bedeutungslos,... verloren. Steigt man in Mitte dieser verlassenen Weite aus dem Wagen,... Stille,... nur das Geräusch des Windes,... friedlich,... unberührt. Man merkt glaub ich an meinen Worten wie genial diese unendlichen Weiten auf einen wirken, aber ich muss trotz der Faszination auch gestehen, dass sich nach 10 Stunden "unendlichen Weiten" eine gewisse Langeweile und Übersättigung einstellt,... trotzdem... genial!

Nun aber mal zum geschichtlichen,... ich kann schon jetzt sagen,... das wird länger,... denn Argentinien hat eine sehr abwechslungsreiche Geschichte.

Nach all den indigenen Gruppen und Inkas im nördlichen Teil des Landes kamen irgendwann natürlich auch die Europäer,... genauer gesagt war es Amerigo Vespucci der als erster 1502 das Land entdeckte. Im 16. Jahrhundert wurde das heutige Argentinien dann von Peru und von der Atlantikküste von den Spaniern besiedelt... Buenos Aires im Jahr 1580 nach jahrelangem Widerstand der indigenen Bevölkerung auf Dauer etabliert. Die Unabhängigkeit erlangte Argentinien am 9. Juli 1816,... wobei zu jener Zeit noch nicht von einem geeinten Argentinien gesprochen werden kann. Die vielen autonomen Provinzen schlossen sich in den Jahren zwischen 1816 und 1862 zu Föderationen zusammen, trennten sich wieder, um sich einige Zeit danach wieder in anderer Formation zusammenzuschließen. Erst 1862 war das Land so wie es heute besteht geeint und Bartolomé Mitre in der ersten landesweiten Wahl zum ersten Präsidenten gewählt.

Neben dem Tripelallianzkrieg gegen Paraguay gab es vor Allem seit jeher Grenzstreitigkeiten mit Chile. Der Grenzverlauf der Regionen im Norden, dem südlichen Patagonien und der Insel Tierra del Fuego (Feuerland) verschärfte die politische Situation der beiden Nachbarn. Ab 1893 kam es zum Wettrüsten beider Nationen,... ein Konflikt schien unausweichlich,... erst der britische König Edward II konnte 1902 erfolgreich vermitteln und den Grenzstreit (vorerst) zu einem Abschluss bringen. Zu einem erneuten Aufflammen des Konflikts kam es in den 1970er Jahren. Doch konnte durch Vermittlung des Papstes 1984 eine (bis heute gültige) Einigung, durch den Freundschafts- und Friedensvertrag zwischen Chile und Argentinien erzielt werden. Auch wenn sich die Lage beruhigt hat,... das Chile und Argentinien nicht die besten Freunde sind merkt man noch heute (an der Grenze und wie man gegenseitig übereinander spricht).

Der zweite große Konflikt betrifft die Falkland Inseln oder Islas Malvinas wie die Argentinier sie bezeichnen,... 400 km vor der südlichen Atlantikküste gelegen. Um diese Inselgruppe gab es seit 1811 Territorialstreitigkeiten. Zunächst zwischen Großbritannien und Spanien und ab 1820 zwischen Großbritannien und Argentinien. Als nach langem hin und her am 2. April 1982 Argentinien die Inseln militärisch besetzten, kam es sieben Wochen später zum kurzen aber blutigen Falklandkrieg, in dem rund 900 Tote zu verzeichnen waren. Am 14. Juni 1982 kapitulierte Argentinien schließlich. Im letzten Jahrzehnt hat sich der Konflikt weitgehend entspannt. Seit jedoch 60 Milliarden Barrel Öl rund um die Falklandinseln vermutet werden, haben sich viele südamerikanische Staaten mit Argentinien solidarisiert und unterstützen Argentiniens jährlich erneuerten Anspruch auf die Inselgruppe. Argument der argentinischen Regierungschefin Christina Fernandez de Kirchner ist, man könne die Inseln nicht "als britisches Territorium erklären, wenn es 14.000 Meilen von Großbritannien entfernt" sei. Die Inseln seien "Teil des Südatlantiks und Argentiniens." Die Falklandregierung kündigte im Juni 2012 eine Volksabstimmung zu diesem Thema für 2013 an,... also es bleibt abzuwarten.

Argentinien verzeichnete in seiner Geschichte eine hohe Zuwanderung. Teils aufgrund des wirtschaftlichen Wohlstandes, teils durch Flüchtlingswellen während des ersten und des zweiten Weltkriegs. Die Einwanderer kamen vor allem aus Italien, Spanien, Deutschland und Polen. Nach dem zweiten Weltkrieg flüchteten auch einige hohe Nazionalsozialisten nach Argentinien, die bekanntesten darunter Adolf Eichmann (Leiter des für die Organisation der Vertreibung und Deportation der Juden zuständigen Referats) und der "Todesengel von Auschwitz", der deutsche Arzt Josef Mengele.

Aber zurück zur politischen Entwicklung. Von 1816 bis 1880 war die politische Geschichte Argentiniens durch eine Vielzahl von Diktaturen geprägt. Bis 1912 herrschte eine Scheindemokratie,... denn dem Gros der Bevölkerung und den Einwanderern wurde durch ein ausgeklügeltes Wahlbetrugssystem das Wahlrecht versagt. 1912 wurde das allgemeine Wahlrecht eingeführt. Die aus den Wahlen 1916 als Sieger hervorgegangene Unión Cívica Radical regierte bis zum Militärputsch 1930. Was folgte, waren erneut Jahre einer Scheindemokratie.

Mitte der 40er Jahre schaffte es Juan Domingo Perón die Macht im Staat an sich zu ziehen. Als Minister für Arbeit wurde er aufgrund der Zugeständnisse an die Gewerkschaften schnell zum Volkshelden der ärmeren Klassen, sodass ihn, als er als Minister gestürzt wurde, Massendemonstrationen zurück ins Amt beförderten. 1946 trat er seine erste Amtszeit als Präsident an. Peron war dem faschistischen Gedankengut nicht abgeneigt. Durch Zugeständnisse an die Arbeiterklasse versuchte er den Kommunismus abzuwehren. Das Auftreten der Industrialisierung und seine aktive Sozialpolitik verschafften Argentinien einen bis heute nie mehr erreichten Wohlstand für Massen, welcher auch viele Europäer dazu bewog nach Argentinien auszuwandern.

Mit Argentinien verbindet man gleich mal den von Madonna gesungenen Song "Don't cry for me Argentiiiinaaaa" im verfilmten Lloyd Webber Musical "Evita". Eva "Evita" Peron war die zweite Frau des Präsidenten Juan Peron. Während seiner Amtszeit gründete sie die Eva Peron Stiftung, eine Institution zur Armenhilfe und engagierte sich sehr stark in der Frauenpolitik. Ihrem Einfluss war es zu Verdanken, dass Juan Peron 1947 das Frauenwahlrecht in Argentinien einführte. Aufgrund Ihrer Bemühungen für die Armen wurde sie vom Volk geliebt und von der reichen Elite gehasst. Sie nahm nie eine aktivere Stellung in der argentinischen Regierung ein. Sie achtete immer darauf durch Ihre Handlungen nicht die Macht ihres Mannes zu beeinträchtigen. So verwies sie stets darauf, dass ihre Ideen und Handlungen durch die Weisheit Juan Peróns "inspiriert" oder "ermutigt" waren. Diese Unterstützung ihres Mannes führte zu einem Nachhaltigen Effekt auf die Wahlkampfstrategien in ganz Südamerika. Kandidierende Präsidenten versuchen, dass ihre Frauen eine "Evita" Rolle kopieren um die positiven Erinnerungen an Eva Peron für die eigene Popularität zu nutzen. Durch ihrer Bemühungen und Erfolge gilt Eva Peron noch heute für viele Argentinier (Männer wie Frauen) als die größte Wohltäterin der Nation. Jährlich pilgern tausende Besucher zu Eva Perons Grab am Recoleta Friedhof in Buenos Aires.

Weiter in der Geschichte. 1955 kam es zu einem Putsch - Peron musste ins Exil. Bis 1973 war Argentinien wirtschaftlich wie politisch instabil. Militäre und zivile Regierungen wechselten sich ab. Nach Protesten der Bevölkerung kam es dann aber zum Regierungswechsel und Peron aus dem Exil zurück. Seine zweite Amtszeit dauerte allerdings nur bis zu seinem Tod 1974. Die Vizepräsidentin und dritte Frau Perons übernahm die Regierungsgeschäfte, war jedoch zu schwach und somit Spielball anderer. 1976 kam es erneut zum Putsch. In den darauffolgenden Jahren regierte eine dreiköpfige Junta die offenen Staatsterror nicht scheute. In den Jahren bis 1983 verschwanden mehr als 30.000 politische Gegner und Systemkritiker. Der Opfern entledigte man sich nicht allzu selten, indem man sie betäubte und über dem Rio Plata oder dem Meer aus dem Flugzeug warf.

In dieser Zeit kam es zu offenen Protesten der Mütter der Verschwundenen. Noch heute berühmt für ihren Mut trotz Gefährdung der eigenen Sicherheit sind die Madres de Plaza de Mayo ("Mütter des Plaza de Mayo"). "Stehende" Menschenversammlungen waren verboten und so gingen die Mütter der Verschwundenen wöchentlich auf den Plaza de Mayo vor dem Präsidentenpalast und zogen dort ihre Runden,...gingen im Kreis um dem Verbot entgegen zu wirken. Anklagend und demonstrierend... den Verbleib ihrer Angehörigen erfragend. Noch heute finden diese Märsche am Plaza de Mayo wöchentlich statt.

Erst 1983 kehrte das Land zur Demokratie zurück. Dennoch kehrte keine Stabilität ein. Die 80er Jahre waren vom wirtschaftlichen Niedergang und Hyperinflation geprägt. Die Inflation in diesen Jahren lag jährlich zwischen 100 und 400 %, im Jahr 1989 sogar bei 3.079% (!!!). Noch heute ist der Argentinische Peso eine der instabilsten Währungen Südamerikas. Ein Euro entspricht derzeit ungefähr 5,7 Pesos. Argentinier auf meiner Reise erzählten mir, dass Anlagen in ausländischen Währungen streng reglementiert sind, um einer Geldflucht entgegenzuwirken. Sparen im herkömmlichen Sinn ist kaum möglich, ein Umstand der dazu führt, dass das wenige Geld meist investiert wird,...vor Allem in Reisen in den übrigen südamerikanischen Raum.

2007 wurde Christina Fernadez de Kirchner als Nachfolgerin ihres Mannes Nestor Kirchner (der ab 2003 Präsident war) zur ersten weiblichen Staatschefin Südamerikas gewählt,...bei den Wahlen 2011 wurde sie mit 53% erneut in ihrem Amt bestätigt.

Nun noch kurz,.. was mach ich hier,... was sind die Highlights.
Im Jänner besuchte ich ja schon Salta, Cordoba und Mendoza und danach genoss ich die Schönheiten des argentinischen Teils Patagoniens (Fitz Roy, Perito Moreno Gletscher, Ushuaia,...). Mit Silvia, die mich für drei Wochen in Argentinien begleitet, planen wir eine weitere Rundtour im Norden von Argentinien. Nach einer Woche in der argentinischen Metropole Buenos Aires geht es mit dem Flugzeug ins Dreiländereck Argentinien-Brasilien-Paraguay zu den beeindruckenden Iguazu Wasserfällen. Diese Wasserfälle sind zwar nicht die höchsten aber in ihrer gesamten Ausdehnung die größten der Welt,....die Niagarafälle im Vergleich dazu...ein Rinnsal . Ich machte Silvia auch schnell klar, dass wer nach Südamerika reist, nur tatsächlich hier war, wenn er(sie) auch eine lange Busfahrt übersteht. Also geht es von Iguazu aus mit dem 24 Stunden Bus ins nördliche Salta. Hatte ich bei meinem ersten Besuch dort einfach mal nichts getan, steht eine Rundfahrt mit Leihauto in die landschaftlich faszinierende Region rund um Salta am Programm. Der Hügel der sieben Farben, die überwältigende Quebrada de Huamahuaca die uns nah an Bolivien ran bringt und ein Ausflug ins Weinbaugebiet des Nordens - Cafayate und die überwältigende Quebrada de las Conchas stehen am Plan. Ein erneuter kurzer Abstecher nach Cordoba und zurück nach Buenos Aires als Abschluss von Silvis drei Wochen Argentinien. Ach ja,...und nicht zu vergessen ein Ausflug nach Uruguay,...2 Stunden mit der Fähre über den Rio Plata nach Colonia de Sacramento.

Nachdem die letzten zwei Kapitel geschichtlich trocken waren, kann ich schon jetzt versprechen (ok...muss ich versprechen ), es gibt viel zu erzählen und jede Menge Fotos zu zeigen. Das aber ab dem nächsten Kapitel.

Bis dahin wieder einmal

Liebe Grüße
Euer Matthias

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ab Juni 2011 geht es einmal um die Welt,...so ist zumindest der Plan,…wie lange es tatsächlich dauert und wo es dann überall hingeht wird sich noch zeigen... Dieser Blog ist für alle, die wissen wollen wo auf der Welt ich mich gerade rumtreibe und was ich dort so erlebe. Das erste Jahr in Südamerika ist leider schon vorüber,...aber im Herbst geht's sofern alles klappt weiter in Richtung Asien und Ozeanien ,-) Freu mich natürlich über Nachrichten im Guestbook. Viel Spass beim „Mitreisen“!
Details:
Aufbruch: 15.06.2011
Dauer: 24 Monate
Heimkehr: Juni 2013
Reiseziele: Ecuador
Cotopaxi
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien
Paraguay
Uruguay
Brasilien
Österreich
Der Autor
 
Matthias Juranitsch berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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