Fahrrad-Welt-Reise

Reisezeit: April 2005 - August 2008  |  von Eric Wehrheim

Bolivien: 03 - Que pasó, pasó

Was passieren wird, passiert

Nun hat es mich auch erwischt. Am 24.08.2006, nach nur 700 Metern, wir wollten uns gerade aus Cochabamba aus auf den Weg nach La Paz machen, hat es mich gebeutelt und mein treues Fahrrad erlitt einen technischen K.O. Es war die berühmte "unachtsame Sekunde", denn ich hatte nur einen kurzen Blick auf meinen Fahrradcomputer geworfen, da denke ich schon im nächsten Moment: Warum fliege ich jetzt? Dieser Gedanke hielt aber nur den Bruchteil einer Sekunde an, denn schon fast im gleichen Augenblick landete ich unsanft auf dem Boden und konnte, nachdem ich mich schwerfällig etwas aufgerappelt hatte, sehen was mir und noch schlimmer, dem Fahrrad passiert ist. Denn in dieser unachtsamen Sekunde hatte ich am Straßenrand ein parkendes Taxi übersehen, auf welches ich aufgefahren bin. Zum Glück bin ich nicht schnell gefahren (ca. 15 Std./km werden es wohl gewesen sein) und am Taxi war nicht mal der Hauch eines Unfalles zu erkennen, doch mein Fahrrad sah alles andere als gesund aus.

Mein Fahrrad nach dem Unfall

Mein Fahrrad nach dem Unfall

Fangen wir aber erst mal von vorne an. Nach über 3 Monaten des Nicht-Radfahrens saßen wir endlich wieder am 08.08.2006 im Sattel. Es ist uns schwergefallen, nach so langer Zeit des Verweilens uns wieder in den Sattel zu schwingen. Gut, so müßig sind wir in dieser Zeit ja auch nicht gewesen und haben fast das ganze Land per Bus erkundet, doch unsere Hinterteile und Beinmuskulaturen meldeten sich nach ein paar Kilometern sofort und beschwerten sich.

Mithilfe bei einer kostenlosen Medikamentausgabe in Santa Cruz

Mithilfe bei einer kostenlosen Medikamentausgabe in Santa Cruz

Abschiedsfoto von der koreanisch katholischen Kirchngemeinde in Santa Cruz

Abschiedsfoto von der koreanisch katholischen Kirchngemeinde in Santa Cruz

Die Ausfahrt aus Santa Cruz war auch, obwohl total flach, alles andere als einfach. Es wehte ein heftiger Wind aus Norden, leider wie so üblich für uns aus der entgegengesetzten Richtung, der zu allem Übel auch immens viel aufgewirbelten Sand mit sich führte, so dass unsere Haut kräftigst sandgestrahlt wurde. Nach 30 km war zum Glück diese Tortour überstanden und wir machten uns auf die Suche nach einem Nachtquartier, doch als wir unsere Gesichter ansahen trauten wir uns nicht, so wie wir aussahen, in ein Hotel oder Hostal einzutreten. Total verdreckt durch die Erd- und Sandduschen von der Tour sahen unsere Gesichter fast schwarz aus. Eine Nottoilette war also erst mal angesagt und viel Toilettenpapier, unser Taschentuchpapierersatz, musste dafür herhalten.

Holzmoebelangebot auf freier Strecke

Holzmoebelangebot auf freier Strecke

Am nächsten Tag bogen wir gen Westen ein und der Wind kam somit nicht mehr von vorne. Der nunmehr vorhandene Seitenwind bremste zwar immer noch gewaltig ab, aber zum Glück um einiges weniger als tags zuvor. Auch ließen die Sand- und Erdflächen am Straßenrand nach, so dass das Sandstrahlen damit auch vorbei war. In Buena Vista verweilten wir zwei Tage, um unserem Muskelkater etwas abzumildern.

Ara in unserem Hostal

Ara in unserem Hostal

Die Strecke verlief schnurstracks westwärts, gewellt mit sanften Hügeln. Es war, obwohl noch im tiefsten Winter, tropisch warm, so um die 30°C. und hoher Luftfeuchtigkeit.

Durstlöscher Ananas

Durstlöscher Ananas

Die Tagesdistanzen wurden nunmehr auch länger und die Dörfer kleiner. Nach einem schweißtreibenden Tag kamen wir so in einem kleinen Nest, Namens Bulo Bulo, an. Man hatte uns zwar tags zuvor ein Alojamiento (einfache Herberge) dort empfohlen, doch als Mun Suk dieses inspizierte war ihre Enttäuschung groß, denn unseren hygienischen Mindestanforderrungen genügten dieses bei weitem nicht. Die einzelnen Details des Zustandes erspare ich mir lieber hier. Auch das zweite und letzte Alojamiento war da nicht besser, also was tun? Mun Suk´s Idee, bei der Kirche nachzufragen war die Notlösung. Zum Glück gab es dort ein von der polnischen katholischen Kirche aufgebaute Missionarsstation und nachdem wir direkt beim Pastor nachgefragt hatten, durften wir in einem der bereitstehenden Zimmer übernachten.

Bulo Bulo

Bulo Bulo

Weiter ging die Strecke durch subtropisches Tiefland, auch bekannt unter dem Namen Chaparé. Bekannt deswegen, weil dieses Gebiet eines der Hauptanbauplätze für Coca und deren Weiterverarbeitung zu Cocain ist. Gut, davon haben wir eigentlich überhaupt nichts mitbekommen, denn die Produktion befindet sich tief im Inland und ist bestimmt nur auf kleinen, unbekannten Pfaden zu erreichen. Doch allein schon durch diese Kenntnis verhält man sich vorsichtiger, was auch angebracht ist, denn falls man unachtsamer Weise auf die Idee verfallen sollte, irgendwo tiefer eindringen zu wollen, dann kann dies sehr unangenehme Folgen haben.

Wäschewaschen und baden im Fluss

Wäschewaschen und baden im Fluss

Webervögelnester

Webervögelnester

In Chimoré aßen wir guten Fisch, Surubí, zu Mittag. Ca. 10 km nach Chimoré, mitten auf dem Land, sah ich plötzlich ein Schild mit der Aufschrift: Kims Gimnasio (Tae Kwon Doo). Da es sich eindeutig um einen oder mehreren Koreanern handeln musste, welche hier mitten im Nirgendwo lebten fragte ich Mun Suk, ob sie nicht Lust hätte einen ihrer Landsleute aus Korea zu begrüßen.

Kims Tae Kwondo Gimnasio

Kims Tae Kwondo Gimnasio

Also bogen wir auf das Grundstück ein und begrüßten die Familie. Nachdem die anfängliche Scheu vor uns vorüber war, denn selten hat die Familie dort Besuch und wir waren zudem die Ersten, welche z.T. aus Korea kommen und zudem noch mit dem Fahrrad unterwegs sind, ließ man uns nicht mehr vom Grundstück und wir mussten zwei Tage bei der Familie bleiben. Abends dann, wir hatten bereits ein gutes Asado gegrillt und verspeist, kamen dann noch Freunde der Kim´s aus Chimoré vorbei und ruck zuck gab es ein spontanes Fest, mit fröhlicher Salsamusik.

Fiesta bei Familie Kim (beide rechts sind Don Kim und Doña Maria)

Fiesta bei Familie Kim (beide rechts sind Don Kim und Doña Maria)

Aus dem kurzen Hallo wurden dann, wie gesagt, zwei Tage und zudem hatte Herr Kim gleich für uns, nachdem er ein Telefonat mit Cochabamba getätigt hatte, einen weiteren Kontakt für uns, bei Herrn Kang, in Cochabamba arrangiert. Zuvor fuhren wir aber erst mal bis Villa Tunari. Danach ging es eigentlich direkt nach Cochabamba, doch weil wir von der Strecke zuvor öfters gewarnt worden sind, die Passstrecke sollte ich Bau und durch den vielen LKW Verkehr gefährlich sein, nahmen wir von Villa Tunari aus den Bus nach Cochabamba. Diese Wahl erwies sich als gut, denn auf ca. 150 km ging es nicht nur stets bergauf, sondern es gab auf dieser Strecke auch keine Übernachtungsmöglichkeiten und durch die Bauarbeiten war die Strasse vielerorts eine ziemlich schwer befahrbare Piste.

Cristo in Cochabamba (34,2m hoch, in 2840m Höhe)

Cristo in Cochabamba (34,2m hoch, in 2840m Höhe)

Blick auf Cochabamba

Blick auf Cochabamba

In Cochabamba wurden wir somit bereits von Herrn Kang erwartet und nachdem wir den Bus am frühen Morgen verlassen und unserer Räder wieder aufgebaut hatten, kam Herrn Kang mit seinem Auto vorbei, um uns zu seinem Haus zu führen. Er war sehr interessiert an unserer Reise und schnell kamen wir so ins Plaudern. Er fragte uns auch nach unseren weiteren Plänen, was wir so in Cochabamba und danach weiter anstellen möchten. Da erzählte ich ihm, dass ich von einem Ort namens Toro Toro gehört hätte, welcher ungefähr 150 km von Cochabamba entfernt ist. Er sagte uns, das er selbst schon mal vor 15 Jahren dort war, aber auch Lust hätte, diesen Ort nochmals zu besuchen. So kam es, dass er einen Freund anrief und bereits am Nachmittag saßen wir wieder im Wagen und waren zu viert unterwegs nach Toro Toro. Die Fahrt, welche über 4 Stunden dauerte, war ziemlich anstrengend, denn es ging größtenteils nur über Pistenwege voran. So kamen wir denn spätabends in dem kleinen Nest Namens Toro Toro an.

Auf dem Weg nach Toro Toro

Auf dem Weg nach Toro Toro

Das Besondere an diesem Ort bzw. dieser Gegend ist zum einem seine fantastische Lage und zum anderen die Tatsache, dass dort vor Millionen von Jahren Dinosaurier ihre Fußabdrücke hinterlassen haben. Des weiteren gibt es dort eine große Höhle, mit vielen Stalaktiten, einen großen Canyon und ein paar Ureinwohner haben ein paar Hieroglyphen an Felswänden hinterlassen.

Herr Kang (rechts), Raul (links) und wir in der Mitte vor Dinosaurierspuren

Herr Kang (rechts), Raul (links) und wir in der Mitte vor Dinosaurierspuren

Mun Suk´s Hand neben einer Dinosaurierspur

Mun Suk´s Hand neben einer Dinosaurierspur

Mun Suk mit Dinosaurierspuren

Mun Suk mit Dinosaurierspuren

Höhlenbesichtigung

Höhlenbesichtigung

Nach zwei erlebnisreichen Tagen waren wir wieder zurück in Cochabamba. Hier verblieben wir noch ein paar Tage bei Herrn Kang, denn er wollte uns partout nicht gleich gehen lassen. Dann am 24.08. konnten wir uns endlich losreisen und Herr Kang wollte uns noch ein wenig des Weges eskortieren. Aber da, wie oben bereits geschrieben, passierte das, was nicht hätte passieren dürfen und nach nur 680 Metern mussten wir wieder kehrt machen und zum Haus von Herrn Kang zurückkehren. Mit geprellten Rippen saß ich nun dort, das Fahrrad ziemlich zerstört und zudem obendrein Mun Suk´s Reiselust auf dem Nullpunkt. So oder so, einfach aufhören wollte ich sowieso nicht und zum Weitermachen, egal wie, muss das Fahrrad erst mal in Stand gesetzt werden. Also mussten Fahrradersatzteile aus Deutschland geordert werden, denn Rahmen mit den besonderen Spezifikationen und in dieser Qualität sind hier absolut nicht zu bekommen. Bis jedoch die Teile hier eintreffen werden, was gut einen Monat dauern kann, wollten wir nicht tatenlos in Cochabamba rumsitzen. Zudem gab es in Sucre noch ein Fest, Virgen de Guadelupe, welches wir uns sowieso nicht entgehen lassen wollten. Also ging es mal wieder altgewohnt mit dem Bus nach Sucre.

Schlafkabinen im Gepäckraumteil

Schlafkabinen im Gepäckraumteil

In Sucre konnten wir bei Freunden (Eva und Ramiro samt Kindern Christian und Stefan), welche wir zuvor bei unserem ersten Besuch in Sucre kennen gelernt hatten, unterkommen. Das Fest bestand zum Hauptteil aus einem Umzug von ca. 60 Gruppen, herbeigekommen

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

aus dem ganzen Land. Viele unterschiedliche Folkloregruppen, mit ihrer Musik und Tänzen, konnten wir hautnah miterleben. Alles war am Feiern und Tanzen oder auch nur am zuschauen.

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Hungriger Zuscher bei der Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Hungriger Zuscher bei der Fiesta Virgen de Guadelupe in Sucre

Blinder Saxophonspieler in Sucre

Blinder Saxophonspieler in Sucre

Nun, nachdem das Fest überstanden ist, verbleiben wir noch ein paar Tage bei Eva und Ramiro und hoffen, das unsere Ersatzteile endlich ankommen werden und wir unsere Tour endlich wieder fortsetzen können.

© Eric Wehrheim, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Fahrradweltreise Teil II. Fortsetzung unserer Fahrradtour Teil I (1998 bis 2000 von Deutschland nach Korea). Teil II unserer Fahrradweltreise findet in Lateinamerika statt.
Details:
Aufbruch: 24.04.2005
Dauer: 3 Jahre
Heimkehr: 14.08.2008
Reiseziele: Weltweit
Südkorea
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Kenia
Der Autor
 
Eric Wehrheim berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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