In 6 Monaten um Südamerika...

Reisezeit: August 2012 - Januar 2013  |  von Oliver Heeb

El Calafate, El Chalten (Argentinien): Torres del Paine (Chile)

1. Tag

Am Tag nach dem zweiten Besuch beim Perito Moreno hab ich mich auf den Weg nach Chile, genauer gesagt Puerto Natales, gemacht. Die Fahrt sollte etwa fünf Stunden dauern... hat dann aber sieben Stunden gedauert. Die Grenzüberquerung nach Chile ist bekanntlich ziemlich mühsam, da es verboten ist jegliche tierische Produkte einzuführen und das ganze Gepäck gecheckt wird. Und da vor uns noch ein grosser Bus an der Grenze eingetroffen war, ging das ganze etwas länger. Wie schon im letzten Artikel angesprochen, mein Ziel war den W Trek im Nationalpark Torres del Paine zu machen. Auf der Busfahrt habe ich Antoine, einen Franzosen, kennengelernt, der auch alleine reist und der das gleiche vorhatte. Also haben wir beschlossen den Trek zusammen durchzuführen. Am Abend sind wir in Puerto Natales angekommen. Am darauffolgenden Tag galt es uns für den Trek vorzubereiten. Anders als bei den restlichen Treks, die ich in Südamerika gemacht hatte, war dieser Trek nicht geführt. Am darauffolgenden Tag galt es deshalb zuerst mal die ganze Ausrüstung (Zelt, Schlafsack, Kochutensilien) sowie die Verpflegung aufzutreiben. Das war nicht so schwierig, da der Inhaber unseres Hostels solche Ausrüstung vermietet. Wir mussten also nur noch um die Verpflegung kümmern. Aber es ist gar nicht so einfach, wenn man so einen Spitzenkoch wie ich ist. Ich hab deshalb insbesondere Brot, Fleisch, Käse, süsse und salzige Crackers, Schokolade, Kaffee und Suppe eingekauft. Ah ja und einen Baileys... was fürs Gemüt, wenns wirklich kalt werden würde. Wasser ist kein Problem, da in von jedem Gewässer dort trinkbar.

Wir haben uns also tags darauf in den Nationalpark aufgemacht. Das bedeutete eine Busfahrt von rund zwei Stunden und eine Fahrt mit der Fähre zum westlichen Teil. Wir hatten uns wegen des Wetters entschieden, unseren Trek dort zu beginnen. Der Trek heisst W, da man drei verschiedene Täler entlang wandert, und es auf der Karte deshalb eine Form wie ein W hat. Der erste Tag war zum vergessen. Zuerst ging auf der Fähre meine Kamera kaputt (das Objektiv wollte nicht mehr schliessen). Tolles Timing! Der Wind war enorm stark und der erste Campingplatz kaum geschützt. Nachdem wir das Zelt endlich aufgestellt hatten, haben wir dem Mittagessen merken müssen, dass in der Zwischenzeit aufgrund des starken Windes eine Zeltstange gebrochen (gleich zweifach!!!) ist und die Aussenhülle richtiggehend zerfetzt hat. Toller Anfang! Für die Nacht war zudem Regen angesagt, weswegen wir eine andere Lösung finden mussten. Bei fast jedem Campingplatz in Torres del Paine hats auch ein Hostel. Wir haben deshalb da nachgefragt, obs noch freie Zelten zu vermieten oder freie Betten zur Verfügung hat. Leider nein... alles schon ausgebucht. Ziemlich angepisst haben wir uns deshalb auf unseren ersten Marsch gemacht und somit das Problem der Übernachtung auf später verschoben. Die Wanderung zum Gletscher Grey ist rund 11 km. Hin und zurück also 22 km bzw. rund sieben Stunden gemäss Routenplan. Die Landschaft war enorm schön. Der Wind blieb den ganzen Tag über so stark wie am morgen schon. Insbesondere über die Hügelkuppen hats uns manchmal fast weggeweht. Ich musste ein paarmal meinem Cap nachrennen. Auf dem ersten Aussichtspunkt des Grey Gletschers war der Wind so stark, dass es mir die Sonnenbrille vom Gesicht weggeweht hat. Also der dritte Bruch am gleichen Tag. Der Grey Gletscher war schön, aber nach Perito Moreno nicht mehr so eindrücklich. Die Landschaften und insbesondere die diversen Seen während der Wanderung waren aber sehr schön. Auf dem Rückweg hab ich mir gedacht, dass mir eine kaputte Kamera sowieso nichts mehr nützt und ein paarmal kräftig draufgeschlagen. Und siehe da... das Objektiv konnte wieder eingeführt werden. Immerhin ein Lichtblick. Die Wanderung war aufgrund des starken Windes auch ziemlich anstrengend. Wir haben gedacht, wir könnten das ganze in fünf Stunden abspulen, haben aber rund sechs gebraucht. Wieder im Campingplatz angekommen, mussten wir noch eine Lösung für unser Übernachtungsproblem suchen. Irgendwo auf dem Boden in der Schutzhütte wollten sie uns nicht nächtigen lassen. Deshalb hab ich einen Park-Ranger gefragt, was er uns vorschlagen würde. Dieser hat dann Herz gezeigt und uns in der Zentrale der Rangers (ein grosses Zelt mit Holzboden) übernachten lassen. Wir waren die ersten, aber nicht die letzten. Noch einige andere hatten das gleiche Problem. Schlussendlich waren sicher etwa zehn Personen im Zelt. Und der Wetterbericht hat nicht gelogen, in der Nacht hat es sehr stark geregnet. In unserem Zelt wären wir ziemlich aufgeschmissen gewesen.

Antoine.. eine gewisse Ähnlichkeit ist doch vorhanden, oder?

Antoine.. eine gewisse Ähnlichkeit ist doch vorhanden, oder?

Ein Guanaco hat uns beim Eingang zum Nationalpark begrüsst. Ein weiterer Verwandter der Lamas.

Ein Guanaco hat uns beim Eingang zum Nationalpark begrüsst. Ein weiterer Verwandter der Lamas.

Auch beim Eingang zum Nationalpark - ein erster Blick auf die Torres del Paine

Auch beim Eingang zum Nationalpark - ein erster Blick auf die Torres del Paine

Auf der Fähre

Auf der Fähre

Scheisse gelaufen...

Scheisse gelaufen...

... aber was solls, mit Humor gehts einfacher

... aber was solls, mit Humor gehts einfacher

Der Gletscher Grey vom ersten Aussichtspunkt - da wos mir die Brille weg gewindet hat

Der Gletscher Grey vom ersten Aussichtspunkt - da wos mir die Brille weg gewindet hat

Wieder zurück beim Campingplatz

Wieder zurück beim Campingplatz

Die Ranger-Zentrale und gleichzeitig unser Schlafplatz für die erste Nacht

Die Ranger-Zentrale und gleichzeitig unser Schlafplatz für die erste Nacht

Und so hats drinnen ausgesehen - gemütlich, was?  Immerhin trocken...

Und so hats drinnen ausgesehen - gemütlich, was? Immerhin trocken...

2. Tag

Wir sind etwa um 7.00 Uhr aufgestanden. Nach einem reichhaltigen Frühstück (Käse auf Crackers) sind wir losmarschiert. Unser Zwischenziel war das Campiano Italiano. Ursprünglich sollte das unser Camp für die zweite Nacht werden. Blöderweise war der Campingplatz geschlossen. Wir hatten also keine Chance dort zu übernachten. Anfangs wollten wir schon wieder mit der Ranger-Zentrale vorlieb nehmen... Es kam aber ganz anders. Wie schon gesagt, es hatte die ganze Nacht geregnet, weshalb es am morgen noch ziemlich frisch war. Der Marsch zum Camp dauerte etwa zwei Stunden. Dort haben wir unsere grossen Rucksäcke deponiert und unsere Wanderung durchs Valle Frances begonnen. Im Tal war das Wetter aber wieder enorm schlecht... Erneut starker Wind und sehr regnerisch. Und zudem keine Berge in Sicht, da von den Wolken verdeckt. Nach rund 45 Minuten haben wir deshalb abgebrochen und sind ins Camp zurückgekehrt. Unser nächstes Ziel war das Camp mit Namen Cuernos. Wiederum etwa zwei Stunden entfernt. Wir packten also unsere grossen Rucksäcke und sind wieder weitergezogen. Tatsächlich wurde auch das Wetter wieder besser. Zwar blieb es windig, aber es schien, dass das schlechte Wetter richtig im Valle Frances hängengeblieben war. Um etwa 13.00 sind wir im Camp Cuernos angekommen. Wir wussten ja immer noch nicht, wo wir übernachten sollten. Da es noch ziemlich früh war, beschlossen wir, zum südöstlichsten Camp mit Namen Las Torres weiterzuziehen und dort unser Glück zu versuchen. Nach dem Mittagessen haben wir uns also auf die nächste rund 3.5-stündige Wanderung aufgemacht. Etwa um 18.00 Uhr sind wir im Camp angekommen. Glücklicherweise hatten die noch ein freies Zelt zu vermieten. Die Bilanz dieses Tages waren rund 25 km mit dem grossen Rucksack und noch weitere 3 km das Valle Frances rauf. Ich war deshalb ziemlich geschafft und sogar Antoine war müde, und der war immerhin mal Halbprofi in der Leichtathletik (800m). Ohne ihn hätte ich sicher ein etwas gemütlicheres Tempo an den Tag gelegt. Aber er war ein perfekter Pacemaker. Da wir nun nur noch den Marsch zum Aussichtspunkt Las Torres zu bewältigen hatten, haben wir beschlossen, von vier Tagen auf drei zu verkürzen. Das hiess für den nächsten Tag nochmals 20 bis 25 km Wanderung. Wir hatten ja immer noch die Flasche Baileys, die wir noch nicht angerührt hatten... Also haben wir uns die Zeit am Abend mit ein paar Kaffee Baileys totgeschlagen. Am Ende war sie leer und wir voll.

Am morgen des zweiten Tages - ziemlich anstrengend mit dem grossen Rucksack

Am morgen des zweiten Tages - ziemlich anstrengend mit dem grossen Rucksack

Vor zwei Jahren hat ein Tourist einen Waldbrand entfacht - morbid aber irgendwie auch schön...

Vor zwei Jahren hat ein Tourist einen Waldbrand entfacht - morbid aber irgendwie auch schön...

Kurz vor dem Campiano Italiano - Antoine immer zu Spässen aufgelegt

Kurz vor dem Campiano Italiano - Antoine immer zu Spässen aufgelegt

Der Gletscher Frances - hier sind wir etwa zum Camp zurückgekehrt...

Der Gletscher Frances - hier sind wir etwa zum Camp zurückgekehrt...

Unser Schlafplatz für die zweite Nacht - das sieht doch schon viel gemütlicher aus

Unser Schlafplatz für die zweite Nacht - das sieht doch schon viel gemütlicher aus

3. Tag

Der dritte Tag ist dann ziemlich schnell erzählt. Für einmal ist alles planmässig verlaufen. Wir sind etwa um 9.00 Uhr losmarschiert. Gemäss Routenplan sollte die Wanderung hin und zurück etwa zehn Stunden dauern. Wir haben das ganze gerade mal in fünf Stunden absolviert. Das letzte Stück zu den las Torres del Paine (was übrigens soviel heisst wie Türme des blauen Himmels) war ganz schön steil. Ich hab schon Leute gehört, die das ganze nicht so imposant fanden. Ich persönlich fands ziemlich atemberaubend. Die Bilder fangen das ganze leider nicht ganz so ein. Schön wars allemal. Schaut und urteilt selbst!

Wir sind etwa um 16.30 Uhr wieder am Eingang des Nationalparks angekommen. Da unser Bus erst um 20.00 Uhr losfuhr und wir nicht so lange warten wollten, haben wir unser Glück im "Autostöpplen" versucht. Mit Erfolg... zwei ältere chilenische Frauen haben uns nach Puerto Natales mitgenommen. Die Dame am Steuer war um die 50 und hat schon lange kein Fahrzeug mit Handschaltung mehr gefahren. Leute, ich hab mich in den ganzen sechs Monaten nicht so gefürchtet! Jedes Mal, wenn sie schalten musste, machte sie einen Riesenschwenker und Antoine und mir blieb der Atem weg. Antoine war schon drauf und dran seine Fahrkünste anzubieten, hats dann aber doch sein lassen. Zu guter letzt wollten die beiden Damen auch noch einen Abschwenker zur Dinosaurier-Höhle in der Nähe machen. Toll, nochmals 20 km mehr... Heilfroh, dass wir noch gesund waren und die Horrorfahrt endlich vorbei war, sind wir am Abend etwa um 9.00 Uhr wieder in Puerto Natales angekommen. Unsere Bilanz: 70 bis 75 km und einige Höhenmeter in drei Tagen. Da ich bereits einen Bus für den übernächsten Tag zurück nach El Calafate gebucht hatte, gabs einen Tag Pause. Für Antoine galt dasselbe, obwohl es ihn weiter nach Punta Arenas zog. Wiedermal ein ganz fauler Tag tat ganz gut, und wir haben uns insbesondere ums leibliche Wohl gekümmert.

Vor ein paar Stunden bin ich wieder in Buenos Aires angekommen und morgen gehts weiter nach Iguazu, wo ich einen Tag und eine Nacht verbringe. Danach gehts weiter nach Rio de Janeiro für meine allerletzten Tage auf meiner langen Reise.

Also, nächster und letzter Bericht folgt aus Rio de Janeiro. Machts gut und bis bald.

LG, Oli

Ein ungebetener Gast im Zelt

Ein ungebetener Gast im Zelt

Das Ziel des heutigen Tages im Hintergrund: Torres del Paine

Das Ziel des heutigen Tages im Hintergrund: Torres del Paine

Ganz schön steil

Ganz schön steil

Das letzte Stück

Das letzte Stück

Und da sind sie endlich

Und da sind sie endlich

Wieder auf dem Rückweg

Wieder auf dem Rückweg

Tolles Wolkenspiel

Tolles Wolkenspiel

Unsere talentierte Fahrerin

Unsere talentierte Fahrerin

© Oliver Heeb, 2012
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Die Reise
 
Worum geht's?:
... zumindest hoffe ich das... Wer träumt nicht davon einmal im Leben alles hinter sich zu lassen um die Welt zu entdecken. Mit bald 35 Jahren darf auch ich endlich diese Erfahrung machen. Da ich noch überhaupt kein Spanisch sprechen kann, beginne ich mit einem einmonatigen Spanischkurs in Cartagena, Kolumbien. Leute, ich bin sowas von gespannt... Mit meinen Berichten und Fotos möchte ich euch an meiner Reise teilhaben lassen. Viel Spass...
Details:
Aufbruch: 04.08.2012
Dauer: 6 Monate
Heimkehr: 24.01.2013
Reiseziele: Kolumbien
Ecuador
Peru
Bolivien
Argentinien
Chile
Brasilien
Der Autor
 
Oliver Heeb berichtet seit 12 Jahren auf umdiewelt.