Marc und Marten um die Welt

Reisezeit: August 2013 - August 2014  |  von Marten Seifert

Chile, bloß schnell weiter...

Keine 5 Kilometer hinter der Grenze mündet die Staubstraße auf einer Asphaltstraße und verdeutlicht den finanziellen Unterschied zwischen Bolivien und Chile. Insgesamt 50 Kilometer lang geht es dann mehr als 2500 Höhenmeter nach unten ins Tal.
In San Pedro de Atacama wartet dann die Grenzkontrolle auf uns. Dass wir diesmal so schlau waren, Einreiseformular und Zollbescheinigung vor der ruckeligen Busfahrt auszufüllen, hat für mich nur wenig gebracht. Aber dass ich in meinem Nachnamen einen Buchstaben vergesse, ist auch wirklich selten dämlich. Also wird ein neues Einreiseformular ausgefüllt und dann sind wir auch schon an der Reihe. Es gibt wieder ein paar Stempel und danach wird unser Gepäck geröntgt. Vollkommen sinnfrei, weil ich alle verbotenen Sachen auch einfach im Bus hätte lassen können. Aber was tut man nicht alles, damit sich die Chilenen besser fühlen.
San Pedro ist ein absoluter Touristenort, doch in dem Glauben, dass es dort billiger ist, wollen wir gleich weiter nach Calama. Dass den Geldautomaten hier das Bargeld ausgeht, scheint ziemlich gängig zu sein, aber irgendwann finden wir dann doch noch einen Visaautomaten, der uns ein paar tausend Pesos ausspuckt. Umrechnungskurs 1€ ca. 680 Pesos. Echt unschön diese hohen Zahlen.
Zwei Stunden später sitzen wir dann auch schon im Bus nach Calama. Landschaftlich ist die Atacamawüste schön anzusehen, aber für uns ist es nach Südbolivien nichts wirklich Neues und Calama entpuppt sich leider als für unsere Verhältnisse echt teuer. Gut zwei Stunden laufen wir mit vollem Gepäck durch die Innenstadt und fragen an jedem einzelnen Hostel und Hotel, wie teuer denn ein Zimmer für uns wäre. Private Bäder sind hier ohnehin die absolute Seltenheit und wenn, dann fernab unserer Preisvorstellung und so kommen wir dann für 23€ in einem Doppelzimmer mit Gemeinschaftsbad unter. Selbst das tausendmal bessere Milton war ein bisschen billiger und da hätten wir das Einzelbad nicht so nötig gehabt, wie jetzt mit M-D-Virus.

Nebenstraße in Calama

Nebenstraße in Calama

Da die Steckdose nicht kompatibel ist und wir das Laptopakku für Notfälle schonen müssen, bringt uns das gute Internet leider nur ein kurzes Vergnügen. Es ist das gleiche Problem, wie im El Lobo Hostel in La Paz: Die Löcher sind einfach zu klein für deutsche Stecker.
Vom chilenischen Preis-Leistungs-Verhältnis unangenehm überrascht, beschließen wir, das Land so schnell wie möglich wieder zu verlassen und kaufen uns für Morgen ein Busticket nach Arica, einer Stadt nahe der peruanischen Grenze. Danach geht es noch in den Supermarkt. Alkohol ist hier relativ preisgünstig und vielseitig, kommt für uns mit unserem geschwächten Magen aber nicht in Frage. Die restlichen Preise sind etwa mit deutschen zu vergleichen und so landen wir wieder bei frischen Brötchen mit Mortadella. Ist nach so langer Zeit nur Essen gehen, bzw. auf den organisierten Touren das Essen serviert bekommen, ja auch mal wieder ganz nett.
Auffällig sind die vielen deutschen Produkte im Supermarkt, von Zentis und Schwartaumarmelade über deutsche Konserven von Kühne und abgepacktem Vollkornbrot reicht das Angebot bis zu Lübecker Marzipan, Edlen Tropfen, Schogetten und noch vielen anderen Süßigkeiten mit deutscher Verpackungsaufschrift, von denen man bei uns noch nicht mal gehört hat.

Dienstag 1. Oktober 2013
Unser Nachtbus fährt leider erst um 22:00 Uhr abends ab. Wie der Name schon sagt, ein Nachtbus eben. Bedeutet, dass wir nach dem Checkout ab 12:00 Uhr mittags auf der Straße sitzen und uns die Zeit vertreiben müssen. Immerhin das Gepäck können wir wie immer im Hostel unterstellen.
Nach zwei Stunden haben wir dann aber auch Calama mehr oder weniger vollständig abgelaufen und wir lassen uns auf einer Parkbank auf dem Mainsquare nieder. Es ist erstaunlich, wie viele dicke Leute es hier gibt. Vor allem schlanke Frauen sieht man selten. Fast so selten wie Leute ohne ein Eis in der Hand, was sicherlich ein nicht unwesentlicher Grund für die Fülle der Chilenen ist.
Von gut fünfzehn Straßenfegern im unmittelbaren Blickfeld sind ca. fünf von ihnen damit beschäftigt, so zu tun, als würden sie die Straße fegen, die restlichen zehn sitzen mit einer großen beweglichen Mülltonne vor sich auf einer der Sitzbänke und sehen ihren Kollegen bei der "Arbeit" zu. Ansonsten gibt es noch einige Hunde zu sehen, die versuchen, mit dem einzigen Weibchen der Umgebung zu kopulieren, aber immer wieder abgewiesen werden.

Minen hinter Calama

Minen hinter Calama

Doch irgendwie scheint uns Chile abgesehen von den hohen Preisen einfach nicht wohlgesonnen zu sein. Zumindest die Leute nicht. Nachdem wir irgendwelche bettelnden Zigeuner bereits zweimal abgewiesen haben, kommt schon wieder eine schwarzhaarige Frau zu uns. Was dann passiert, ist uns immer noch ein Rätsel. Sie öffnet ihr schwarzes, verfilztes Haar, greift hinein und schüttelt es direkt vor bzw. fast schon über Marc aus. Es folgt eine kurze Wurfbewegung in Marcs Richtung, dann zieht sie lachend wieder von dannen. Ob sie Marc verflucht oder eine Laus nach ihm geworfen hat, ist vorerst nicht ganz klar. Vermutlich ist es mal wieder eine Mischung aus beidem.
Die Lust am "entspannt auf der Parkbank sitzen" ist uns gehörig vergangen und so geht es zum Supermarkt, Mittag einkaufen. Doch auch hier ist der Frieden nur von kurzer Dauer. Die Rückgabe einer Pfandflasche entpuppt sich zu einem größeren Akt, als in Deutschland Arbeitslosengeld zu beantragen. Zwar gibt es auch hier ganz normale Pfandautomaten, die einem einen Bon ausdrucken, doch als wir damit an die Kasse gehen, ist das Unverständnis groß. Auch als die Verkäuferin wild auf uns einredet, verstehen wir leider nur Spanisch. Irgendwann kommen dann noch eine zweite und eine dritte Kollegin dazu, doch Bewegung kommt erst in die Sache, als ich ihnen den Kassenbon von gestern mit der gekauften Colaflasche vorzeige. Anders als in Deutschland geht es hier nicht nur um 25 sondern immerhin um volle 60ct pro Flasche. Nach gut 15 Minuten werden wir dann zu einer Art Beschwerdestelle gebracht, Marc muss eine Kopie des Reisepasses hinterlegen und darf möglicherweise nie wieder in Chile einreisen, aber wir bekommen nach über 20 Minuten tatsächlich unsere 60ct zurück. Hat sich doch gelohnt...

Die Google Recherche ergibt, dass man in Chile seinen Pfandbon nur mit dem Kauf einer neuen Pfandflasche verrechnen kann. Dadurch soll Pfandflaschensammeln verhindert werden. Spätestens nach einer größeren Party mit vielen Getränkeflaschen stolpert man also das erste Mal über die absolute Unlogik dieses Systems. Oder eben schon bei der Weiterreise nach Peru.
Vom Mainsquare vergrault nehmen wir unsere Mortadellabrötchen also auf einer Bank vor dem Supermarkt ein. Doch auch hier werden wir nur schräg von den Leuten angeguckt, die glucksend und tuschelnd an uns vorbeilaufen. Alles harmlos im Vergleich zu irgendeinem betrunkenen Chilenen, der mit unfassbarem Starsinn versucht, sich Marcs Handy zu leihen, um nach Italien zu telefonieren. Als er immer zudringlicher wird und sich auch von unserem Deutsch keineswegs beirren lässt, ist es uns dann irgendwann zu dumm und wir gehen einfach weg. Der Zigeunerfluch scheint erste Wirkungen zu zeigen...
Danach halten wir dann noch eine Weile Blickkontakt mit einer Apothekerin und warten darauf, dass sie uns an die Kasse bittet. Doch das Warten ist vergeblich. Ein junger Mann kommt in die Apotheke, zieht eine Wartenummer wie auf dem Bürgeramt, ist logischerweise sofort dran und geht vor uns zu der freien Apothekerin.
Nachdem auch wir eine Nummer gezogen haben, ist es dann auch uns erlaubt, eine weitere Packung Kohletabletten zu erwerben. Oh man, wie uns die Leute hier auf die Nerven gehen...
Gott sei Dank ist es inzwischen schon abends und wir können nach dem Gepäckabholen zum Busbahnhof laufen.
Unser Bus hat eine halbe Stunde Verspätung. Unsere Sitzplätze sind auch nicht nebeneinander und von unseren beiden Sitznachbarn ist auch niemand bereit, zu tauschen, was vor allem wegen dem höheren Diebstahlrisiko gerade auf einer Nachtbusfahrt ziemlich ärgerlich ist.

© Marten Seifert, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein ganzes Jahr haben wir uns Zeit genommen, um von Berlin aus über NY, Südamerika, Australien und Ozeanien und Südostasien um die Welt zu fliegen, bevor es wieder in die Heimat zurückgeht.
Details:
Aufbruch: 27.08.2013
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 26.08.2014
Reiseziele: Vereinigte Staaten
Peru
Bolivien
Chile
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Französisch Polynesien
Neuseeland
Australien
Singapur
Indonesien
Malaysia
Thailand
Myanmar
Kambodscha
Deutschland
Der Autor
 
Marten Seifert berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.