Suedamerika - endlich!

Reisezeit: Mai 2015 - Januar 2016  |  von Benjamin Silbiger

Venezuela: Valencia, Carabobo, Venezuela

Valencia ist mir ca. 1,5 Millionen Einwohnern die 3. groesste Stadt Venezuelas nach Caracas und Maracaibo. Huebsch eingebettet zwischen (immergruenen) Huegelketten und neben dem See von Valencia gelegen - ca. 180 km von der Hauptstadt entfernt ist sie verglichen zu dieser eine Oase der Ruhe.

Barrios (Slums/Armenviertel) gibt es hier wenige - und wenn dann sind sie nicht so leicht zu sehen wie in Caracas, wo praktisch das ganze Landschaftsbild von den Welchblechhuetten und schlecht errichteten Ziegelhaeuschen gepraegt ist, mit denen die gesamte Huegellandschaft zugepflastert ist. Die Leute hier scheinen wohlhabender zu sein als in der Hauptstadt, liegt zum Teil an den vielen Geschaeftsleuten und Auslaendern die hier leben (vorallem Italiener und Franzosen) und zum Teil daran dass ich hier in einer guten Zone wohne und mich selten in den aermeren Sueden der Stadt begebe
Die Stadt ist recht uebersichtlich und wenn man haeufig mit dem Auto oder - wie ich meistens - mit dem Motorrad unterwegs bin, merkt man sich ziemlich schnell wo was zu finden ist.
Den oeffentlichen Nahverkehr habe ich bis Dato vermieden - ich bezweifle auch dass ich ihn jemals benutzen werde!
Es gibt mittlerweile EINE staatliche Buslinie, die restlichen Busse sind in Privatbesitz und fahren halt ihre Routen. Auf den Bussen ist vorne (meisten auf die Windschutzscheibe draufgeschmiert) das Reiseziel angeschrieben, die Haltestellen allerdings nicht - liegt daran dass es keine fixen Haltestellen gibt (ich wuesste ja nicht einmal wo ich warten sollte). Wenn jemand auf der Strecke den Bus anhaelt, bleibt dieser auch stehen - man zahlt dann beim Aussteigen zwischen 5 und 20 Bsf bei dem Typen der waehrend der Fahrt vorne in der offenen Tuere steht und herumschreit. Tueren werden prinzipiell nicht geschlossen beim Fahren - zum einen zwecks Luftzirkulation (Klima gibts in diesen Bussen NIE!), zum anderen weil die Busse oft so ueberfuellt sind dass die Leute auf den Stufen stehend, aus dem Bus haengend, mitfahren. Mir tun die Leute jedesmal Leid wenn ich im klimatisierten Auto vorbei fahre und sie drinnen schwitzend und bedraengt sitzen sehe....

Warum ich das alles weiss obwohl ich noch nie gefahren bin??
Nun ja, ich sehe das alles tagtaeglich und habe genug Freunde hier die sich das tagtaeglich antun muessen weil sie nicht wie ich das Glueck haben einen Cousin mit Auto und Motorrad zu haben

Fernverkehrbusse sind allerdings absolut komfortabel (und die Tueren werden auch geschlossen). Bin schon oefter (besonders 2010) nach Caracas gefahren weil ich was erledigen musste. Busticket kauft man am besten direkt am Terminal da Informationen uebers Internet kaum vorhanden sind (nicht mal die Nummer vom Terminal hab ich im Internet gefunden!!).
Der Terminal in Valencia heisst "Big Low" und befindet sich gleich neben der Autobahn in einem Industrieviertel leicht ausserhalb der Stadt. Von dort aus fahren Busse in alle Teile des Landes. Zur Hauptverkehrszeit (in der Frueh) kommt es einem dort vor wie auf einem Bazar - ueberall werden Sachen verkauft (Kaffee, Tee, alkoholfreie Getraenke, Knabberzeug, Bustickets, etc. - kostet alles zwischen 50 und 200 Bsf), herumgeschrien, verhandelt und wild durcheinandergelaufen.
Die "besseren" Buslinien haben alle ein eigenes Buero das im Haupt "Gebaeude" (wenn man ein Wellblechdach so nennen darf) wo man Tickets und Informationen bekommt. Die Busse sind fast alle 2 stoeckig und klimatisiert, haben Fernseher und Sitze die man fast wie ein Bett ausklappen kann - echt gemuetlich! Ein Ticket von Valencia nach Caracas kostet ca. 300 Bsf, also grad mal 1,5 Euro laut Touristenkurs am Flughafen.

Die guenstigeren Buslinien (meistens ohne Klimaanlage und noch nie im Leben gewartet worden) fahren von draussen weg und anstatt eines Bueros zum Ticketverkauf muss man sich an einen der Schreihaelse wenden - Tickets bekommt man um rund 200 Bsf.

Spanischgrundkenntnisse und eine Mordsgeduld sind uebrigens meiner Meinung nach ein absolutes Muss um weder zu verzweifeln, noch einem Einheimischen eine rein zu hauen weil man dessen unfaehigkeit nicht ertraegt (zb. im Supermarkt, im Handygeschaeft, an der Kinokasse, etc.)!

Nachdem ich 2010 mit einem einzigen spanischen Satz und ein paar Woertern spanisch herkam - und mein Cousin kein Wort englisch oder deutsch spricht - weiss ich wirklich wovon ich rede!!
Leicht ist es nicht - und ohne jemanden der sich auskennt bzw. dem man vertrauen kann, wuerde ich von diesem Land ohnehin abraten!
Nachdem ich 2010 die Ratschlaege und Warnungen, von wegen Kriminalitaet und Gefahr auf der Strasse, auf die leichte Schulter genommen habe, bin ich bei meinem ersten Ausflug zu Fuss in der Nacht ausserhalb des gesicherten Gelaendes auch prompt ausgeraubt worden - und das nicht einmal 150m weit entfernt von dem Eingangstor! Bis dahin hatte ich noch nie eine Pistole im Gesicht - auch eine Erfahrung...

Ich habe dann die ersten Wochen hier jedenfalls damit verbracht mich ein zu richten, Freunde zu besuchen, Essen und Trinken zu geniessen und mich ueber den Versorgungswahnsinn der hier zurzeit herrscht zu wundern.

Das typische Fruehstueck hier sind Arepas -Maisfladen gefuellt mit "was auch immer dir schmeckt", Empanadas - gebackene, meist halbmondfoermige Teigtaschen mit diversen Fuellungen wie carne molida (faschiertes), carne mechada (gezupftes Rindfleisch), pollo (Hendl), queso (Kaese) oder atun (Thunfisch), wird gegessen mit einer der unzaehligen fettigen Saucen, die wenig gustioes kredenzt werden und den ganzen Tag in der Sonne herum stehen....aber probieren muss man schliesslich alles, und gestorben bin ich auch noch nicht dran , sowie Pastelitos - gebackene Blaetterteigtaschen mit meist Schinken und/oder Kaese....
Gegessen wird meistens bei einem der unzaehligen Staende auf der Strasse (die in Europa aufgrund Hygenebestimmungen NIE und nimmer zugelassen waeren - was dem guten Geschmack allerdings keinen Abbruch tut!).

Dazu trinkt man meistens einen frischen Fruchtsaft, Kaffee zum Fruehstueck ist eher nicht so ueblich - zumindest nicht nach nach dem was ich hier so sehe und hoere....

Fuers Mittagessen gibt es hier eigene Restaurants, die ausschliesslich Mittagessen herrichten. Die Oeffnungszeiten sind meistens von 11:30 - 02:30 oder so aehnlich. Es gibt meistens eine Tagessuppe (entweder eine Gemuesecremesuppe oder eine typische Bruehe mit Fleisch, Mais und Gemuese drin - wird oft mit einer Limette serviert), 2 oder 3 verschiedene Speisen mit Pasta, 2 oder 3 Speisen mit Fleisch, mit Fisch, 2 Teller der Hausmannskost (typisches Gericht hier ist Pabellon Criollo - gezupftes Rindfleisch, Reis, schwarze Bohnen und gebratenen Kochbananen) sowie eine Auswahl an Nachspeisen. Getrunken wird dazu entweder ein Fruchtsaft, Papelon (Zuckerrohrgetraenk mit Limettensaft - schmeckt sehr erfrischend!) oder, eher seltener, einfach Wasser aus der Flasche.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nachdem ich mich nach langen Ueberlegungen endlich dazu durchgerungen hatte, meinen Job zu kuendigen und mehr oder weniger ohne einen wirklichen Plan bzw. einer Reiseroute etwas zu erleben und mein Spanisch auf zu frischen, hatte ich nun endlich mein Flugticket nach Venezuela, von wo aus ich weiterreisen wollte.....
Details:
Aufbruch: 30.05.2015
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 14.01.2016
Reiseziele: Venezuela
Der Autor
 
Benjamin Silbiger berichtet seit 9 Jahren auf umdiewelt.
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