Ruhrgebiet - unterschätztes Reisegebiet

Reisezeit: September / Oktober 2014  |  von Herbert S.

Hattingen: Haus Kemnade

Das Haus Kemnade ist ein Wasserschloss im Hattinger Stadtteil Blankenstein. Sein Name - abgeleitet von dem Wort "Kemenate" - zeigt, dass sich der Adelssitz von den damals umliegenden Bauernhäusern durch mindestens einen gemauerten Kamin abhob.

Haus Kemnade

Haus Kemnade

Hoffassade des Herrenhauses mit Treppenturm (rechts)

Hoffassade des Herrenhauses mit Treppenturm (rechts)

Haus Kemnade ist eine zweiteilige Anlage im Stil der Renaissance und des Barocks, bestehend aus einem Herrenhauskomplex sowie einem östlich vorgelagerten Gutshof, der häufig auch als Vorburg bezeichnet wird. Vorburg und Herrenhaus sind nicht - wie sonst häufig zu sehen - durch einen Wassergraben voneinander getrennt, sondern stehen auf einer gemeinsamen, Insel, die von einer Gräfte umgeben ist und 125 Meter lang sowie zwischen 50 und 80 Meter breit ist. Als Baumaterial für sämtliche Gebäude diente mehrheitlich der heimische Ruhrsandstein. Die Anlage besitzt einen trapezförmigen Grundriss und ist von einem mit Kastanien bepflanzten Wall umgeben.
Eine steinerne Rundbogenbrücke führt zum Rundbogenportal an der Westseite, die von zwei quadratischen Ecktürmen flankiert wird. Das Mauerwerk der Gebäude im Wirtschaftshof besteht aus Ruhrsandstein und Backstein. Durch ein Innenhoftor mit schmiedeeisernem Gitter ist der Hof des Herrenhauskomplexes erreichbar.

Das unverputzte Haupthaus ist ein zweigeschossiger Bruchsteinbau mit Walmdach, dem sich im Süden ein kurzer Seitenflügel anschließt. In der hofseitig gelegenen Ecke von Haupt- und Nebenflügel steht ein schmaler, runder Treppenturm. An der Nordostecke wird das Herrenhaus durch das markanteste Gebäude der gesamten Anlage flankiert: ein viereckiger Wohnturm mit drei Geschossen und abschließendem Knickhelm. Ebenso wie das Hauptgebäude besitzt er Kreuzstockfenster. Ein Wappenstein an seiner östlichen Außenmauer bezeugt seinen Erbauer: Johann Georg von Syberg.

Die Ostfassade des Herrenhauses besitzt einen reich verzierten Eingang, der das einstige Hauptportal der Anlage war, und einige der Fensterstürze zählen durch Inschriften die Kemnader Besitzer von 1589 bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts auf. Der rundbogige Eingang mit Flachornamenten an der Westseite des Hauptgebäudes ist bekrönt vom steinernen Allianzwappen des Friedrich Matthias von Syberg und seiner zweiten Frau Christina Isabella von Romberg zu Wassen.

Die südöstliche Ecke der Anlage bildet ein runder Eckturm des Herrenhauses. Er gilt als älteste erhaltene Bausubstanz und besitzt im Kellergeschoss Schlüssellochscharten. Sie sind die einzigen authentischen Reste, die von der einstigen Wehrhaftigkeit der Anlage zeugen. Die Schießscharten aller übrigen Außenmauern stammen aus einer Zeit, als sie nur noch zu dekorativen Zwecken dienten.
Innenausstattung
Holzschnitzereien an der Treppe

Im Erdgeschoss des Herrenhauses ist eine zweijochige, spätgotische Kapelle mit Kreuzrippengewölbe und barockem Taufbecken erhalten. Sie stammt aus der Zeit um 1500.[1]

Im sogenannten Rittersaal mit seiner Kölner Decke hängen vier Tapisserien aus Tournai von 1725[2], die Szenen aus dem Leben Don Quijotes darstellen. Prunkstück des Raums ist der aufwändig gearbeitete und mit Wappen sowie Inschriften verzierte Renaissancekamin.

Ebenfalls sehenswert sind die Holzschnitzereien eines Schwelmer Handwerkermeisters namens Schmidt. Seine zwei ovalen Medaillons mit (gefälschten) Wappen zieren die Diele des Hauptgebäudes. Ebenfalls aus der Schwelmer Werkstatt stammt die aufwändig gestaltete Treppenanlage mit geschnitzten Holzfiguren aus dem 17. Jahrhundert. (aus Wikipedia)

Obwohl auf Hattinger Gebiet stehend, ist Haus Kemnade heute Eigentum der Stadt Bochum, die es 1921 von Ludwig von Berswordt-Wallrabe erwarb. Dies ist auch der Grund warum die Bochumer Sparkasse in einem Seitengebäude einer sehr 'besonderen' Sammlung die Möglichkeit einräumen konnte, die Exponate auszustellen. Neben den zum Hause gehörenden Kostbarkeiten beherbergt die Wasserburg heute auch Stadthistorische Sammlung mit dem Kortumarchiv und die Musikinstrumentensammlung Grumbt.
Wir besuchten jedoch 'nur' die besondere Ausstellung mit hunderten verschiedener Spardosen sowie den verschiedensten Zahlungsmitteln.

Ausstellungsraum

Ausstellungsraum

Missionsdose - bei Münzeinwurf bedankt sich die Figur durch Kopfnicken

Missionsdose - bei Münzeinwurf bedankt sich die Figur durch Kopfnicken

diese Spardose nehmen wir zum Anlaß zur Dorfkirche zu fahren

diese Spardose nehmen wir zum Anlaß zur Dorfkirche zu fahren

lokale Spardose

lokale Spardose

Spardosen aus dem Erzgebirge

Spardosen aus dem Erzgebirge

Für Münzenthusiasten finden sich noch zahlreiche Vitrinen aus den verschiedensten Zeiten. Auch eine große Sammlung lokaler und überregionaler Inflationswährungsscheine ist zu bewundern. Eine Besonderheit stellt für uns das Zahlungsmittel Kaurischnecken.
Unter den vormünzlichen Zahlungsmitteln hatte das Gehäuse der Kaurischnecke eine überragende Bedeutung. Kauris - beachtenswert die lateinische Bezeichnung Cypraea monetaria moneta - waren weltweit am weitesten verbreitet. China, Japan, Indien, Persien später auch Afrika, Neuguinea. Ozeanien bis Europa bedienten sich der Mollusken als Zahlungsmittel. Kultobjekt und Schmuckelement. Hinsichtlich der Gültigkeit von mehr als 3.000 Jahren und der unvorstellbaren Menge wurden sie von keiner anderen Primitivgeldform übertroffen.
1650 v. Chr. wurden in China Kauris als Belohnung übergeben. Noch 1960 mußte eine niederländische Expedition ihre Neuguineareise unterbrechen, um Muscheln für die Bezahlung der Träger zu beschaffen.
Das Herkunftsgebiet des Meeresbewohners ist der gesamte Indische und Pazifische Ozean. Wegen ihrer glatten, glänzenden und sehr festen porzellanartigen Gehäuseoberfläche werden sie zur Familie der Porzellanschnecken (Cypraeidae) gerechnet. Ihnen verdankt auch unser heutiges Porzellan - und nicht umgekehrt- seinen Namen, glaubte man doch lange Zeit in Europa, die Chinesen würden das "weiße Gold" aus den gemahlenen Schalen der Schnecke brennen.
Das schöne wertvolle Aussehen machten die Schneckengehäuse auch als Schmuck und Statussymbol begehrt. Sie wurden zur Verzierung von Kleidungsstücken und Waffen ebenso verwendet, wie als Halsketten, Armbänder und als Blickfang bei Kopfbedeckungen benutzt. Besonders reich besetzt sind die sehr dekorativen Masken der Kuba, einem Volksstamm aus dem Kongo.
Als Grabbeigaben tauchten sie auch in Deutschland auf. So in einem Merowingergrab aus dem 5. Jhr, gefunden in der Nähe von Naumburg.
Den Kaurischnecken wird eine magische Wirkung nachgesagt. Sie sollen das menschliche Leben verlängern können und sich nach Ansicht einiger Naturvölker positiv auf die Fruchtbarkeit der Frauen auswirken.
Heute sind Kaurihals- und Armbänder bei Surfern sehr beliebt.

Maske mit Kaurischnecken

Maske mit Kaurischnecken

© Herbert S., 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
regelmäßiger Besuch bei Freunden nördlich des Ruhrgebietes machte uns einzelne Sehenswürdigkeiten schmackhaft - außerdem gibt es dort auch mehrere Sterneköche! Nicht alle Kapitel entstanden auf einer Reise! es könnte eine Fortsetzungsreihe werden!
Details:
Aufbruch: September 2014
Dauer: circa 4 Wochen
Heimkehr: Oktober 2014
Reiseziele: Deutschland
Der Autor
 
Herbert S. berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Herbert sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!
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