Italien: 2. Toskana-Reise - 10 Jahre später

Reisezeit: Mai / Juni 2006  |  von Anke Schlingemann

Siena

Die Fahrt nach Siena ist kein Katzensprung. Fast 2 ½ Stunden benötigen wir, wobei es insbesondere auf dem uns schon bekannten Stück zwischen San Miniato und Poggibonsi nur langsam voran geht. Nachdem wir den letzten freien Parkplatz im Parkhaus am Porta S. Marco ergattert haben, beginnen wir unseren Stadtrundgang mit dem Dom.

Der Duomo Santa Maria Assunta ist leider derzeit größtenteils eingerüstet, so dass die schöne Fassade von Giovanni Pisano, an die wir uns noch gut erinnern können, versteckt bleibt. Nur der gestreifte Campanile mit den uns von Lucca schon bekannten nach oben hin sich erweiternden Arkadenöffnungen erstrahlt in vollem Glanz.

Siena: Innenraum des Duomo Santa Maria Assunta

Siena: Innenraum des Duomo Santa Maria Assunta

Für Kirchen wird in Italien normalerweise kein Eintritt erhoben, der Dom von Siena bildet eine Ausnahme. Wir lösen gleich das Kombi-Ticket, das insgesamt fünf Sehenswürdigkeiten abdeckt. Das Innere des Doms ist überwältigend und den Eintritt mehr als wert. Schöne grün/weiß gestreifte Marmorpfeiler mit rundbogigen Arkaden trennen das Hauptschiff und die beiden Seitenschiffe. Darüber reihen sich Terrakottabüsten, die alle 171 Päpste des 15./16.Jh. darstellen. Das Deckengewölbe wir von schönen Fresken geziert. Wunderschön ist auch der herrliche Marmorfußboden, der aus 56 Bildfeldern besteht.

Das Highlight ist natürlich die achteckige Kanzel von Nicola Pisano im linken Querschiff. Vier der neuen Säulen werden von Löwen getragen. Die Kanzelwände sind mit Relieffeldern geschmückt.

Siena: Kanzel von Nicola Pisano im Dom

Siena: Kanzel von Nicola Pisano im Dom

Bei den Rundfenster im Chor handelt es sich um eine Kopie des ältesten Glasgemäldes Italiens. Besonders beachtenswert ist die Libreria Piccolomini, die rundum freskiert ist. In der von Gian Lorenzo Bernini entworfenen Cappella Chigi gefallen uns insbesondere die beiden Skulpturen von Hieronymus und Maria Magdalena.

Ein aufkommendes Hungergefühl treibt uns zum schönsten Platz Italiens. Blickfang des muschelförmigen Piazzas del Campo ist der 102 m hohe Torre del Mangia neben dem Palazzo Pubblico.

Siena: Piazza del Campo mit Torre del Mangia und Palazzo Pubblico

Siena: Piazza del Campo mit Torre del Mangia und Palazzo Pubblico

Auffällig sind die einheitlichen Fensterformen der Patrizierpaläste, die den Platz einrahmen - eine Baugesetz Auflage aus dem 13. Jh. Cafes reihen sich rund um den Platz und laden zum Verweilen ein. Wer sich nicht - wie wir - über einen unfreundlichen Service im Cafe/Restaurant Al Mangia sowie überzogene Preise ärgern möchte, sollte sich lieber auf den ziegelsteingepflasterten Piazza del Campo setzen und von dort den Platz auf sich wirken lassen.

Lässt man seinen Blick über den Platz schweifen, ist es kaum vorstellbar, dass hier alljährlich das weltberühmte Palio (Pferderennen) stattfindet. Auf dem Platz steht der schöne Brunnen Fonte Gaia, der von schönen Reliefs geschmückt wird.

Eine kleine Menschenansammlung lässt uns aufschauen und wir können gerade noch einen Blick auf Pele erhaschen, der sich offensichtlich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen hat.

Siena: Fonte Gaia auf dem Piazza del Campo

Siena: Fonte Gaia auf dem Piazza del Campo

Als nächstes widmen wir uns dem Museo dell'Opera Metropolitana. Einige der bereits errichteten Mauern der geplanten aber nicht vollendeten Domerweiterung dienen dem Museum als Grundmauern. Im Obergeschoss gelangt man auf eine Aussichtsplattform, die einen schönen Panorama-Blick auf Siena bietet. Im Museum ist insbesondere die Maestà von Duccio sehenswert, die früher den Hauptaltar des Domes schmückte. Viele weitere Originale des Doms sind hier ausgestellt. So sieht man beispielsweise ein Marmortondo von Donatello. Seine Madonna mit Kind hat früher den Glockenturm geschmückt. Auch viele Originalskulpturen von Giovanni Pisano, die die Domfassade geschmückt haben, sind zu sehen. Auch die Wölfin, die Romulus und Remus säugte und vor dem Dom stand, wird hier aufbewahrt. Der Legende nach soll Senio, der Sohn von Remus, Siena gegründet haben. Ferner ist das Original-Glasfenster aus dem Dom-Chor hier in aller Ruhe zu bewundern.

Schutz vor einem Regenschauer suchen wir wenig später in der Krypta des Doms. Kein Wunder, dass wir diese vor zehn Jahren nicht besichtigt haben, der unter dem Hochaltar des Doms gelegene unterirdische 180 qm große Raum wurde erst später entdeckt und 1999 freigelegt. Zu sehen sind grandiose alte Freskenfragmente (13. Jh.) aus einem Vorgängerbau des Doms. Dargestellt werden Szenen aus dem Leben Christi. Durch ihre Verschüttung wurden die Fresken einerseits konserviert, andererseits beschädigt, so dass die Restaurierungsarbeiten noch nicht abgeschlossen sind.

Die Treppe hinter dem Dom hinab gehend gelangen wir zum Eingang des Baptisteriums. Die Fassade ist ebenfalls eingerüstet. Innen erwartet uns eine farbenfroh freskierte Decke. Besonders sehenswert ist das hexagonale Taufbecken mit schönen Relieftafeln u.a. von Quercia, Ghiberti und Donatello.

Dem Domeingang gegenüber befindet sich das einstige Krankenhaus Ospedale di Santa Maria della Scala. Highlight ist der freskierte Pilgersaal (UNESCO Weltkulturerbe).

Siena: Ospedale di Santa Maria della Scala - Freskienzyklus, UNESCO Weltkulturerbe

Siena: Ospedale di Santa Maria della Scala - Freskienzyklus, UNESCO Weltkulturerbe

Bei unserer Betrachtung werden wir unterbrochen, als Pele samt Gefolge das Museum betritt. In einem der Säle findet eine Pressekonferenz statt. Einige uns nicht bekannte italienische Fußballberühmtheiten werden geehrt. Eine Zeitlang verfolgen wir das Schauspiel, haben aber nicht die Muße, Peles Auftritt abzuwarten.

Fast haben wir vergessen, dass Siena auf drei Hügeln errichtet wurde. Im stetigen Auf und Ab laufen wir durch die engen Gassen.

Natürlich wollen wir Siena nicht verlassen, ohne im weltbekannten Cafe Nannini (www.caffenannini.com) in der Via Banchi di Sopra 24 noch einen Kaffee getrunken zu haben. Gianna Nanninis Bruder Alessandro (Ex-Rennfahrer) hat den Familienbetrieb inzwischen vom Vater übernommen. Wir sind gespannt, ob es ihm gelingen wird, das Unternehmen auszubauen und wie geplant in Deutschland Nannini Coffee Shops aufzumachen. Das Cafe wird offensichtlich inzwischen in jedem deutschen Reiseführer erwähnt.

Siena: San Francesco

Siena: San Francesco

Gestärkt machen wir uns auf zur Backsteinbasilika San Francesco. Die von Außen sehr schlichte Kirche ist Innen gestreift und wirkt aufgrund ihrer Einschiffigkeit mächtig. Die ansonsten sehenswerten Fresken sind derzeit leider eingehüllt. Für die Besichtigung des rechts angrenzenden Oratorio di S. Bernardino bleiben uns noch zehn Minuten Zeit. Das Oratorium, das rundherum mit Fresken ausgestattet ist, hat eine schöne Kassettendecke. Hier wirkt eher der Gesamteindruck als die künstlerische Ausführung der Fresken.

Damit beenden wir unsere Siena-Besichtigung. Auf dem Rückweg laufen wir offensichtlich durch das Stadtviertel "Imperiale della Giraffe", was wir nur dadurch bemerken, dass die Gassen gerade mit Fahnen geschmückt werden. Jedes der 17 Stadtviertel hat sein eigenes Wappen. Das jährlich am 2. Juli stattfindende Palio della Contrade (Pferderennen der Stadtviertel) beginnt mit einem historischen Umzug der Contrade. Das Palio wurde bereits 1656 gegründet und findet traditionell auf dem Piazza del Campo statt.

Ein von einem Delphin geschmückter Brunnen weißt uns darauf hin, dass wir inzwischen das Contrada Capitana dell'Onda erreicht haben. Wenig später entdecken wir in der Via Salicotta eine kleine Elefantenskulptur, das Wappensymbol der Contrada della Torre.

Siena: Skulptur und Wappensymbol der Contrada della Torre

Siena: Skulptur und Wappensymbol der Contrada della Torre

Für die Rückfahrt brauchen wir ebenfalls über zwei Stunden. In einer typischen italienischen Trattoria in Rigoli, La Tavolaccia, erholen wir uns von der Fahrt und lassen den Abend ausklingen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Zweite Toskana-Reise im Juni 2006. Quartier in Rigoli (S. Guliano Terme). Stationen: Pistoia, Montecatini Terme, Collodi, Volterra, San Gimignano, Certaldo, Florenz, Lucca, Borgo a Mozzano, Bagni di Lucca, Siena, Lucca, Pisa
Details:
Aufbruch: 31.05.2006
Dauer: 7 Tage
Heimkehr: 06.06.2006
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Anke Schlingemann berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
Reiseberichte von Anke sind von der umdiewelt-Redaktion als besonders lesenswert ausgezeichnet worden!