Latium mit Rom - durch das Land der Etrusker

Reisezeit: Juli / August 2013  |  von Angelika Gutsche

Am Lago di Vico / ein Ausflug nach Caprarola

Wir verlassen das hübsche und interessante Viterbo und fahren zum Lago di Vico, ein kleiner See vulkanischen Ursprungs.

Wir umfahren den See, an dessen Ufer sich große Haselnussplantagen erstrecken. In den dahinter liegenden Hängen finden sich Etruskergräber, die heute als Vorratsspeicher und Ställe Verwendung finden. Der See liegt hübsch und idyllisch in leuchtendes Blau getaucht. An seinem Ufer haben ein kleines privates und ein größeres öffentliches Strandbad geöffnet.

Lago di Vico

Lago di Vico

Nahe Ronciglione fahren wir bei einem Kirchlein zu einem öffentlichen Badeplatz mit einer schönen Wiese mit großen Bäumen. Ideal für eine Erholungspause! Das Ufer ist von Schilf gesäumt, doch sind kleine Badeplätze freigehalten. Das Wasser ist angenehm warm und sehr sauber, das Schwimmen Genuss pur. Nur wenige Badegäste teilen den Strand mit uns.

Schon bald kommen wir mit einem jungen Mann ins Gespräch, der hier seine vier Hunde spazieren führt. Er erzählt uns die traurige Geschichte des Sees. Bei einem Fest zu Ehren der heiligen Lucia ertranken im Jahre 1900 über hundert Menschen im See. Seitdem geht die Sage, dass sich der See jedes Jahr einen neuen Freund holt ("il lago fa un amico").

Lago di Vico

Lago di Vico

Abends fahren wir zum Einkaufen hinein in das hübsche und lebendige Städtchen Ronciglione mit seinen ausnehmend freundlichen Einwohnern.

Der nächste Morgen beginnen wir mit einem erfrischenden Bad im See, bevor wir nach Caprarola fahren, um den Palazzo Farnese aus dem 16. Jh. zu besichtigen.

Der Ort Caprarola mit seinen verwinkelten Gassen liegt auf einer Bergkuppe und wird beherrscht von dem mächtigen, der Antike nachempfundenen Palazzo. Bekannt ist die Familie Farnese vor allem durch "La Bella Giulia", deren Geschichte als Mätresse von Papst Alexander VI. man auch aus der Fernsehserie "Die Borgias" kennt. Giulias Bruder Alessandro Farnese wurde zunächst Kardinal und später selbst als Paul III. zum Papst berufen. Paul III. war die treibende Kraft der Gegenreformation, die er mit Hilfe der Jesuiten betrieb, und er zeichnet verantwortlich für die Einführung der Inquisition in Rom. Während seiner Herrschaft spaltete sich die Englische Kirche von der Römisch-katholischen Kirche ab. Gefürchtet war Paul III. wegen seiner hemmungslosen Gier nach Macht und Reichtum. Sein Enkel, Kardinal Alessandro Farnese, ließ den Palazzo in Caprarola im schwülstig-manieristischen Stil erbauen, der den pathetisch übersteigerten Dünkel der Familie Farnese wiedergibt. Eine Kirche, die Trost für Arme und Gequälte spenden sollte, nutzte deren Ängste und Sehnsüchte, um sich stattdessen in der Übersteigerung der eigenen Pracht und Herrlichkeit zu sonnen.

Caprarola: Palazzo Farnese

Caprarola: Palazzo Farnese

Als wir die ausladende Freitreppe erklommen haben, erfahren wir am Ticketschalter, dass vor zehn Minuten eine Führung begonnen hat und die nächste erst in einer Stunde startet. Wir beschließen, nicht solange zu warten, sondern schließen uns der Gruppe an, die sich bereits im ersten Stock befindet und sich die Malereien, die die Wände des runden Innenhofs mit Loggienrundgang schmücken, erklären lässt.

Anschließend durchschreiten wir die verschiedenen reich ausgeschmückten Säle und Wohnräume des Kardinals, wobei vor allem die mit Fresken verzierte Sala di Angeli beeindruckt: Stellt man sich in die Mitte des Raumes und klatscht in die Hände, ergießt sich dank einer speziellen Akustik, Engelsstaub gleich, eine Schalldusche von der Decke über einen herab.

Caprarola: Palazzo Farnese - Innenhof mit Loggienrundgang

Caprarola: Palazzo Farnese - Innenhof mit Loggienrundgang

Caprarola: Palazzo Farnese - Wandmalerei

Caprarola: Palazzo Farnese - Wandmalerei

Im Sala del Mappamondo geben die verschiedenen gemalten Landkarten an den Wänden Eindruck von der geografischen Weltsicht der damaligen Zeit, die die Welt noch flach und nicht als Kugel begreift. Im weitläufigen Park des Palazzos findet sich eine Wassertreppe mit Brunnen und Figuren aus der Mythologie, die hinaufführt zu der kleinen pallazina, in der sich die Burgherren mit ihren Geliebten vergnügten, die "Villa Bunga Bunga" der Renaissance, wie der Führer launig anmerkt. Als wir den Palast verlassen, sind wir von der Dekadenz und Wollüstigkeit, die dieses Bauwerk verströmt, leicht unangenehm berührt.

Caprarola: Palazzo Farnese - Wassertreppe zur Pallazina

Caprarola: Palazzo Farnese - Wassertreppe zur Pallazina

Nach einem Capuccino im Zentrum von Caprarola kehren wir zurück an unseren idyllischen Lago di Vico: Schwimmen und anschließend Siesta.

Als die Dämmerung anbricht, werden die Fledermäuse aktiv. Ihnen haben wir es wohl zu verdanken, dass es hier so wenige Stechmücken gibt. Nachts beim Lesen setzen sich Insekten auf die beleuchteten aufgeschlagenen Buchseiten. Es sind so schöne Tierchen! Manche beigefarben, wie filigran geschnitzt, mit langen Sprungbeinen und einem kleinen biegsamen Kopf, dessen Augen klug um sich blicken: eine fein ziselierte Holzschnittarbeit. Andere Insekten sind grasgrün, eine Art kleine Libellen mit einem schmalen Körper. Die durchscheinenden Flügelchen überragen das schlanke Körperchen um das Doppelte. Die Tierchen holen ihre langen Fühler mit den Vorderbeinen an den Kopf und ziehen sie zur Reinigung durch ihren Mund. Sie wirken so zart und zerbrechlich, wohlproportioniert und überirdisch schön und dank ihrer Putzsucht auch etwas eitel. Die Prinzessinnen unter den Insekten!

Schon im Morgengrauen fahren Fischer mit Booten auf den See. Als sie gegen acht Uhr zurückkommen, öffnen sie einen kleinen Schuppen, der als Verkaufsstand für den frischen Fisch dient. Wir frühstücken und erfrischen wir uns wieder im friedvollen See. Hier gilt das alte Schiller-Wort voll und ganz: "Es lächelt der See, er ladet zum Bade!" Das empfinden sogar die Hunde so und drehen auch eine Schwimmrunde.

© Angelika Gutsche, 2014
Du bist hier : Startseite Europa Italien Am Lago di Vico / ein Ausflug nach Caprarola
Die Reise
 
Worum geht's?:
Unsere Reise führt uns von Süden her durch das touristisch erst zaghaft erschlossene Latium bis an dessen nördliche Grenze zur Toskana. Neben Rom sind unsere vorrangigen Ziele Überbleibsel der Etrusker, in deren Kernland Etrurien wir Ausgrabungsstätten und Museen besuchen. Dies hat zur Folge, dass unser Geschichtsbild eine erstaunliche Umwälzung erfährt.
Details:
Aufbruch: 20.07.2013
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 16.08.2013
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors