Latium mit Rom - durch das Land der Etrusker

Reisezeit: Juli / August 2013  |  von Angelika Gutsche

Tarquinia - die reichste der Etruskerstädte

Am nächsten Morgen fahren wir nach Tarquinia, der Sage nach gegründet von Tarchon auf jenem Acker, dem einst das weise Kind Tages entsprang. In Tarquinia besuchen wir zuerst das Museo Archeologico, das im imposanten Palazzo Vitelleschi aus dem 15. Jh. untergebracht ist.

Tarquinia: Archäologisches Museum - Geflügelte Pferde (1,15 m hoch / 1,25 m breit / 4. Jh. v. Chr.)

Tarquinia: Archäologisches Museum - Geflügelte Pferde (1,15 m hoch / 1,25 m breit / 4. Jh. v. Chr.)

Wir beginnen unseren Rundgang im obersten Stockwerk, in dem vier ins Museum umgesetzte etruskische Gräber mit ihren wunderbaren bunten Wandmalereien besichtigt werden können. Es finden sich Bankettszenen, Flötenspieler, Tänzer, Pferdegespanne, Schiffe mit Matrosen, Meeresgetier und vieles mehr. In einem Raum daneben sind die berühmten zwei geflügelten Pferde aus Gold ausgestellt, die aus einem etruskischen Heiligtum geborgen wurden. Langsam wandern wir durch die verschiedenen Säle nach unten. Als Exponate finden sich Keramiken, Urnen, Schmuck, Helme und andere Metallarbeiten und eine große Sammlung etruskischer Sarkophage.

Etruskischer Sarkophag

Etruskischer Sarkophag

Tarquinia hat eine hübsche Altstadt mit vielen Kirchen, palazzi und einer Piazza Nazionale, auf der sich gut Kaffeetrinken lässt. Dann geht's zur am Stadtrand gelegenen Nekropole von Monterozzi. Es gibt zunächst am Eingang etwas Gezänk, weil wir unseren Hunden Maulkörbe anlegen sollen. Dies ist bei über 40° Grad einfach nicht möglich. Wie sollen die armen Hunde denn hecheln? Der Kompromiss besteht darin, dass wir getrennt das Gelände besichtigen. Einer von uns beiden bleibt jeweils mit den Hunden draußen.

Während in Cerveteri vor allem die architektonische Vielfalt beeindruckte, ist es in Tarquinia die ausdrucksstarke bunte Malerei, die die Wände der Totenkammern schmückt. Im "Grab der Gaukler" finden sich Musiker, Tänzer, Akrobaten und Tierdarstellungen, im "Grab des Jägers" wird ein Jagdzelt bildlich nachgestellt mit Wild, Hunden und Reitern. Ein Festbankett findet im "Grab der Pulcella" statt.

Bezeichnend sind die anmutig-heiteren Szenendarstellungen in den Gräbern aus der Frühzeit mit Flötenspielern, Tänzern und Trinkern, Blumen und Tieren, während in der etruskischen Spätzeit etwa ab 300 v. Chr. dunkel-schaurige Szenen mit Dämonen, geflügelten Furien und anderen düsteren Mächten des Kosmos vorherrschen. Nach der Lehre der etruskischen Ritualbücher stand nicht nur dem Menschen, sondern auch den Völkern eine vorherbestimmte Lebensdauer zu, die sich in saecula maß. Dem Etruskischen waren zehn saecula zugeteilt, die jeweils eine unterschiedlich lange Dauer hatten. Wann jeweils ein Saecula-Abschnitt zu Ende ging, berechnete sich nicht nach Jahren, sondern die Götter sandten Zeichen wie Naturkatastrophen, Kometen und ähnliches, welche die etruskischen Priester, die sogenannten Haruspizes, zu deuten wussten. Historikern gelang es, nach römischen Überlieferungen den saecula Jahreszahlen zuzuordnen. Danach hätten die ersten vier saecula der Etrusker jeweils etwa hundert Jahre gedauert, das fünfte 123 und das sechste 116 usw. Im Jahre 44 v. Chr. verkündete nach der Ermordung Cäsars und beim Erstrahlen des Halleyschen Kometen der etruskische Seher Vulcatius des Ende des neunten und den Anfang des zehnten saeculums. Nach Ablauf des zehnten saeculums war das Ende der Etrusker gekommen. Es wird auf das Jahr 54 n. Chr. datiert, dem Todesjahr von Kaiser Claudius. Aus diesem Glauben erklären sich die düsteren Endzeitahnungen, die in den Malereien der Grabkammern ab etwa 200 v. Chr. ihren Niederschlag fanden. Übrigens galt für den Menschen ein Zyklus von sieben mal zwölf Jahren: Mit 84 Jahren sei das Leben vollendet und eine längere Lebensdauer nicht wünschenswert.

Tarquinia: Diskuswerfer - Szene aus einem etruskischem Grab

Tarquinia: Diskuswerfer - Szene aus einem etruskischem Grab

Wir verlassen Tarquinia Richtung Viterbo, biegen in eine kleine Sandstraße ein und finden einen grandiosen Lagerplatz unter den ausladenden Ästen einer mächtigen Eiche. Auch hier befinden wir uns im Wildschweinjagdgebiet.

Ganz in der Nähe verläuft ein gut erhaltenes römisches Aquädukt quer durch die Landschaft.

Römisches Aquädukt bei Tarquinia

Römisches Aquädukt bei Tarquinia

© Angelika Gutsche, 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Unsere Reise führt uns von Süden her durch das touristisch erst zaghaft erschlossene Latium bis an dessen nördliche Grenze zur Toskana. Neben Rom sind unsere vorrangigen Ziele Überbleibsel der Etrusker, in deren Kernland Etrurien wir Ausgrabungsstätten und Museen besuchen. Dies hat zur Folge, dass unser Geschichtsbild eine erstaunliche Umwälzung erfährt.
Details:
Aufbruch: 20.07.2013
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 16.08.2013
Reiseziele: Italien
Der Autor
 
Angelika Gutsche berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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