Auf nach Ägypten ... und dann?

Reisezeit: Juni - September 2013  |  von Manfred L.

Auf nach Hurghada und Hossam dort treffen.: Flucht von Kairo nach Bangkok

Etwas Tarnung aber eigentlich fühlte ich mich recht sicher in Kairo.

Etwas Tarnung aber eigentlich fühlte ich mich recht sicher in Kairo.

4. Juli 2013

Ich habe unseren Aufenthalt bis zum heutigen Tag verlängert, wofür ich allerdings annähernd das Doppelte pro Tag gelöhnt habe. Mit Wechsel des Monats erfolgte eben auch die Preiserhöhung, obwohl immer noch nicht mehr Ausländer in Hurghada anzutreffen sind.
Ich bevorzuge eigentlich Coffeeshops, in denen auch Einheimische sitzen. Ist aber nicht die entspannte Atmosphäre, die ich von meinen vorherigen Aufenthalten her kenne. Die Einheimischen unterhalten sich erregt, aufgepeitscht durch die politische Situation. Da kann es bei der arabischen Mentalität schon zu Handgreiflichkeiten kommen und ich wahre doch besser Abstand, zumal ich kein Wort verstehe - ausgenommen den Namen "Morsi" - und Hossam mich nicht in die Problematik einweiht.

Ich mache mir trotzdem so meine Gedanken. Wenn es in den USA oder bei uns der Regierung einfallen würde, nicht nur das Mindesteinkommen, sondern auch das maximale Einkommen festzulegen, würde ich der jeweiligen Regierung auch keine Überlebenschance einräumen.

Während seiner Amtszeit von einem Jahr hat Morsi aber nicht nur das bewerkstelligt, er hat auch die Situation der Rentner verbessert, hat Investoren in das Land geholt, eine Fabrik für Computer mit Hilfe von Samsung bauen lassen, hat sich dem maroden Bildungssystem angenommen und Lehrer eingestellt, unter der Regie von SEAT produziert Ägypten jetzt eine eigene Automarke und eine Service- und Reparaturwerft direkt am Suezkanal spart der Seefahrt so manche Seemeile.
Es ist vor allem die Vetternwirtschaft der Moslem-Bruderschaft, die die Bevölkerung auf die Palmen gebracht hat.

Die wirtschaftlichen und sozialen Erfolge sind aus meiner Sicht gewaltig. Vergleicht man das mit der Umsetzung der Ziele, die z.B. Obama für sein Land propagiert hatte ... na ja ...

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Wir buchen einen Reisebus von Hurghada nach Kairo mit Abfahrt um 10:30 Uhr.

Die Reise geht größtenteils entlang der Küste am Roten Meer, vorbei an vielen leerstehenden Hotelanlagen und Touristenressorts, vorbei an Baustellen für weitere Unterkünfte in diversen Phasen der Fertigstellung. Ich weiß, das es weiter südlich um Marsa Alam die gleiche Situation gibt - und in Kairo herrscht bitterste Wohnungsnot.

Hossam begleitet mich noch in mein Hotel in der Gartenstadt, einem Viertel Kairos nicht weit entfernt vom Nil und dem Zentrum. Dass er Ägypter ist, hilft mir wenig. Auch ihn hauen die Taxifahrer über's Ohr und ich bezahle zu viel für die Fahrt.
Mohammed, sein Bruder hat um 19 Uhr Feierabend und mit ihm und einem Trainee der Agentur, für die Mohammed arbeitet, verbringe ich den Abend.

Hossam hatte versprochen, mich am Vormittag abzuholen. Sein Vater wird mir die Haare schneiden (nicht in seinem Laden in der Talat Harb, sondern zu Hause) und zum Dinner bin ich bei der Familie eingeladen, sodass wir am späten Nachmittag nach New Giza fahren müssen. Da es Freitag ist und die Situation im Zentrum, rund um den Tahirplatz, angespannt, halte ich es für eine gute Idee, den Großteil des Tages etwas abgelegener zu verbringen.
Gegen 14 Uhr bekomme ich einen Anruf von Hossam, dass er in ca. einer Stunde bei mir sein wird ... eine sehr großzügige Auslegung des Begriffes "Vormittag".

Wir sind gegen 17 Uhr bei seiner Familie, ich werde mit orientalischer Gastlichkeit verwöhnt, bekomme meine Haare geschnitten und das Essen ist köstlich. Wir besuchen den "Stamm Coffee-Shop" und Hossam und ich fahren gegen 22 Uhr Richtung Innenstadt, um mich zu meinem Hotel zu bringen. Allerdings gelingt es dem Taxi nicht, den Nil zu überqueren. Vor einer für Fahrzeuge gesperrten Brücke steigen wir aus und versuchen zu Fuß unser Glück.
Wir hören Gewehrfeuer aus automatischen Waffen und Schwaden von Tränengas kommen uns entgegen. Hossam fragt sich durch und bekommt offensichtlich sich widersprechende Informationen.
Letztlich unterqueren wir den Nil mit der U-Bahn. Am Ausgang nahe dem "Semeramis Hotel" stehen Panzerwagen, deren Mündungsrohre aber in die entgegengesetzte Richtung zielen.
Wir erreichen unbeschadet unser Ziel und Hossam sprintet zurück zur U-Bahn, um noch vor der nächtlichen Betriebspause eine Bahn zu erwischen. Ich hatte ihm angeboten, auch für ihn ein Zimmer anzumieten aber er hat für den nächsten Morgen eine Verabredung mit seiner Freundin, die er auf keinen Fall verpassen möchte ... verstehe ich.

6. Juli 2013

Mohammed hat mir versprochen, mich um 8 Uhr vom Hotel abzuholen und er ist pünktlich!
Um 9 Uhr beginnt seine Arbeitszeit in der Reiseagentur und wir gehen zu Fuß am Nil entlang zum Tahirplatz. Der ist voller Müll von der Demo am Abend zuvor aber es stehen auch Händler, die ihre Waren verkaufen wollen da und Müllmänner sind mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Es gibt einen Menschenauflauf - nicht politisch begründet, man hat einen Dieb gefangen.

In Mohammeds Büro buchen wir einen Flug für 20 Uhr nach Bangkok via Manama (Bahrain) mit Gulf Air für 2.000 LE und danach beschließt Mohammed, einen Tag frei zu nehmen und den Tag mit mir zu verbringen.

Zurück im Hotel erfahre ich, dass es heute am Sonnabend kein Frühstück gibt. Am gestrigen Freitag bekam ich erst nach 9 Uhr Frühstück, weil da Feiertag war ... ansonsten war das "New Garden Hotel" recht anständig für die 10,- € pro Nacht, etwas angestaubt und "old fashioned" aber durchaus gemütlich und mit sehr freundlichem Personal.

Wir kaufen Kekse beim Bäcker und haben unseren Kaffee am Straßen-Cafe.
Wir verbringen Zeit in der Lobby des Hotels, ich packe meinen Koffer und checke rechtzeitig aus, obwohl das Hotel bestimmt nicht das Zimmer für anreisende Gäste benötigt. Ich war wohl der einzige Gast ...
Hossam kommt gegen 13 Uhr und wir gehen in ein ägyptisches Schnellrestaurant in der Tahir Road. Mohammed verabschiedet sich dann doch, um in sein Büro zu gehen und bis Feierabend dort - ich glaube mal - nichts zu tun.
Hossam und ich nehmen ein Taxi zum Flughafen und planen für die Fahrt 2 Stunden ein. Tatsächlich sind schon wieder etliche Straßen gesperrt und der Taxifahrer ist laufend damit beschäftigt, sich mit Kollegen über Wege und Möglichkeiten auszutauschen.
Er ist aber wohl nicht der hellste Kopf seiner Zunft. Wie eine Stubenfliege nicht lernt, dass dort eine Fensterscheibe ist und andauernd dagegen fliegt, versucht unser Fahrer wohl an die 4 Male die Straße zu befahren, an der er schon beim ersten Mal an der Barikade landete.

Irgendwann gelingt es ihm dann aber doch einen Weg drumrum zu finden und wir sind gegen 17 Uhr am Airport - allerdings nicht am Terminal 1. Ich hatte wohl gesehen, dass unser Kurs ein anderer war als ausgeschildert. Als wir dann ausgestiegen sind, waren wir am alten Flughafen und mussten noch ein anderes Taxi anheuern, um die restlichen ca. 3 km zu bewältigen - ja, auch Hossam muss noch viel lernen aber mit gerade mal 18 Jahren ohne jegliche Reiseerfahrung hat er auch noch genug Zeit in seinem Leben - hoffe ich mal.

Das Flugzeug hebt pünktlich ab - halb leer und ich kann ein wenig schlafen. Der Aufenthalt in Manama ist auch nur eine Stunde und ohne viel Pause, aber auch ohne mich beeilen zu müssen erreiche ich den Anschlußflug. Die Dame am Transitschalter fragt mich noch, ob ich tatsächlich nur eine Strecke fliegen will und ob ich vorhabe "visa on arrival" in Bangkok zu kaufen, was ich ihr bestätige.
In Bangkok angekommen, noch fast schlafend, stelle ich mich am Schalter "visa on Arrival" an, die Frage der Dame von Gulf Air wohl noch im Hinterkopf, um da zu erfahren, dass ich mit deutschem Reisepass natürlich für Thailand kein Visa benötige. Das kostet mich eine halbe Stunde Zeit und als ich dann am Gepäckband ankomme, ist das schon leer. Mein Koffer steht aber daneben und wartet auf mich.

Tempel, Tempel und noch mehr Tempel in Thailand.

Tempel, Tempel und noch mehr Tempel in Thailand.

© Manfred L., 2014
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nach Ägypten zum Baden und Freunde treffen, dann Flucht aus Kairo nach Bangkok und ein paar Tage auf eine Insel, nach Cambodia und Laos mit 3 Tagen Luxus-Verspätung zurück.
Details:
Aufbruch: 20.06.2013
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 11.09.2013
Reiseziele: Ägypten
Thailand
Kambodscha
Laos
Der Autor
 
Manfred L. berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.
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