Marokko - Erinnerungen nach dreißig Jahren

Reisezeit: Juli / August 1969  |  von Peter Kiefer

Couscousberge und eine Festung aus Lehm

Dann die Wüste. Bei den ersten, und ich muss zugeben, sehr bescheidenen Sanddünen schlug mir das Herz schon höher. Die Wüste! Wir landeten schließlich in dem Dörfchen M'hamid, genauer in einem Lehmhaus, das Tankstelle, Lebensmittelmagazin und Unterkunft in einem war. Die Männer trugen Dolche und Schwerter und ritten auf Pferden. Mein vorherrschender Eindruck von der Wüste aber war: Hitze, entsetzliche Hitze. Am Morgen, bis etwa 10 Uhr, konnte man ein wenig herumwandern, sogar einmal eine Dattelpalme hochklettern. Die anschließende Zeit verbrachten wir lediglich damit, in unserem Schweiß zu baden. In einem kleinen Zimmer hatten wir die Schlafsäcke ausgebreitet und kamen nur in Bewegung, wenn ein Sturm aufkam. Dann musste man nämlich rasch die Holzläden schließen. Wenn wir sie wieder öffnen konnten, war dennoch so viel Sand durch die Ritzen gedrungen, dass man kleine Schaufeln brauchte, um ihn wieder aus dem Inneren zu entfernen.
Im Nachbardorf, einer Festung aus Lehm, gab es in diesen Tagen eine Hochzeit. Ich hatte Jahre zuvor einmal eine in einem Dorf an der kleinasiatischen Küste erlebt. Diese glich ihr ein wenig, nur dass die Trennung zwischen Männern und Frauen aufs Strengste eingehalten wurde. Die Frauen drängelten sich auf zwei Häuserdächern eng zusammen und sahen dem Treiben der Männer zu. Diese, unterstützt von einer Wanderkapelle, tanzten und luden uns später zum Couscous-Essen ein. Jeweils vier Männer saßen um eine gefüllte Schale, gruben sich mit den Fingern in den Couscousberg, rollten den Brei zu kleinen Bällchen, die sie dann in eine Soßenschüssel tunkten und aßen. So etwas war damals noch aufregend neu für mich. Nach dem Essen saß man weiter am Feuer zusammen, trank Tee und ein Plattenspieler, den irgendwer angeschleppt hatte, nudelte immer die gleiche zerkratzte Scheibe ab. Die Männer sangen mit und hielten wie hierzulande üblich Händchen. Wir Europäer kriegten das nicht hin, obwohl wir's höflichkeitshalber auch probierten. Mit einer Laterne voraus wurden wir schließlich zum Festungstor zurückgeleitet.. Die kleine Laterne war wohl das einzige, was weit und breit leuchtete und ich stellte mir vor, dass in, sagen wir, hundert Metern Entfernung ein verdurstender Wüstenwanderer ankommen würde und nicht hätte ahnen können, dass hier ein Dorf steht. Ich stellte es mir eben so vor.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Von der Marokko-Reise des Jahres ‘69 sind kaum Dokumente erhalten. Auch die Route lässt sich zu Teilen nicht mehr genau rekonstruieren. Dennoch sind romantische Erinnerungen an diese lange zurückliegende Reise geblieben, die mit einem ca. 5 Kilo schweren Rucksäckchen bestritten wurde.
Details:
Aufbruch: Juli 1969
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: August 1969
Reiseziele: Marokko
Spanien
Frankreich
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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