MITTENDRIN IN AFRIKA

Reisezeit: Juni 2007  |  von Uwe Decker

Ostafrika - ich komme

Nairobi, 02./03. Juni 2007

Kenia und seine Menschen sind mir wohl gesonnen. Obwohl ich gar nicht lange bleiben will. Meine Reisetasche taucht als erstes auf dem Transportband auf, ich erhalte ein -preiswertes- Transitvisum ohne jede Diskussion von der freundlichen Dame von der Immigration, im Flughafengebäude bekomme ich ein Voucher für ein Taxiticket zum Festpreis, so dass mir das übliche Feilschen mit den Taxifahrern erspart bleibt, und der Hotelboy im Terminal Hotel in Central Nairobi fragt mich nach meinen Plänen und Wünschen für meinen Tag Aufenthalt in Nairobi und vermittelt mir daraufhin sofort ein Date mit einer Lady ... - nein, nein, das ist ganz harmlos. Josephine heißt sie, ist Marketingleiterin einer Reiseagentur, und ich treffe sie am nächsten Morgen zum Frühstück. Sie organisiert meine Besuche der drei interessantesten Tierparks in Stadtnähe für den Tag und fährt mich vorher noch zum Geldumtausch und Ticketkauf für den Akamba Bus nach Kampala am nächsten Tag. So ist meine Stippvisite in Nairobi bestens geplant.

Um 10 Uhr holt ihr Fahrer mich und drei Engländerinnen, die ebenfalls die Vormittagstour gebucht haben, pünktlich vom Hotel ab und wir fahren zunächst zur David Sheldrick Orphanage, einem Waisenhaus und Aufzuchtstation für Elefanten, die allein im Busch angetroffen wurden. Jeden Tag ist von 11 bis 12 Uhr öffentliche Fütterung und heute am Sonntag sind viele Besucher da, neben Touristen auch besonders viele ansässige indische Großfamilien. Für die Kinder ist es wie für mich natürlich auch eine Attraktion, die Elefantenkinder, zunächst die Kleineren bis 6 Monate, dann die Größeren 1 bis 2 Jahre alten beim Schlürfen der Milch aus großen Plastikflaschen, beim Spielen mit Sträuchern, Fußbällen und den Besuchern und beim Baden im Wasserloch zu erleben. Dazu geben kundige Mitarbeiter allerlei Informationen über die einzelnen Elefanten, wie sie heißen, wo man sie aufgefunden hat, wie sie betreut werden und wie man sie später wieder auswildern will.

Zweite Station ist der Giraffe Park Langata. Auf einem hölzernen Rundbau stehen die Besucher in Giraffenhalshöhe und mit Giraffenfutter bewaffnet, ein Betreuer gibt seltsame Locklaute von sich, und irgendwann taucht erst eine, dann weitere Giraffen der Marke Rothschild entfernt zwischen den Bäumen auf. Sie bleiben in einiger Entfernung stehen, begutachten welche Typen sie heute wieder abschlabbern müssen, um an ihr Futter zu kommen und denken sich sicher "sind heute ja massig Leute da, muss wohl wieder Sonntag sein".

Dann kommen sie langsam und bedächtig näher, recken ihre Hälse nach vorne und lecken ganz behutsam mit der Zunge die sich ihnen entgegen streckenden Besucherhände voller Futter ab. Das ist ganz drollig und einige Tollkühne stecken sich schließlich sogar das Futter zwischen die Zähne und die Giraffen schlürfen die gerade mal etwa zwei Zentimeter langen Stücke in ihr Maul.

Am Nachmittag fahre ich mit ein paar anderen Touris in einem Minivan mit aufklappbarem Dach im Nairobi National Park umher. Den Reiz bezieht der Park dadurch, dass er sich vor der Skylinekulisse Nairobis am unmittelbaren Stadtrand erstreckt. Er ist nicht eingezäunt und trotz der nahen Millionenstadt sind dort sogar Löwen beheimatet. Die sehen wir nicht und auch sonst muss man sich die einzelnen Tiere richtig "erarbeiten". Sie sind nicht sehr zahlreich und nur in teils recht großer Entfernung zu sehen, Strauße, Antilopen, Giraffen, immerhin ein Krokodil, ein großes Rudel Paviane, Wasserbüffel.

Zugegeben, der Park ist groß und die Wege sind spärlich ausgeschildert, die gute Josephine hätte aber gut daran getan, ihren Fahrern eine Fortbildung in Sachen Orientierung zu spendieren. Schon unser vormittäglicher Driver hatte den Giraffenpark nur mit gemeinschaftlicher Hilfe gefunden und unser Nationalpark-Chauffeur verfranzt sich ausgerechnet gegen Abend völlig im weitläufigen Gelände. Ein Ausfahrtsgate, das wir ansteuern, ist aufgrund des hüfthohen Grases offensichtlich schon seit Jahren geschlossen, ein Weg nicht mehr zu erkennen und ich sehe mich schon statt eines Tusker-Bieres bei kongolesischer Livemusik im bekannten Open-Air Lokal "Simmers" den Abend und die Nacht im Kleinbus inmitten hungriger Löwen verbringen.

In einer Verzweiflungsaktion düst unser Fahrer mitten durch die Botanik, wofür der Bus bestimmt nicht geschaffen ist, und in letzter Sekunde vor Anbruch der Finsternis erkennen wir in einiger Entfernung eine Staubwolke, offensichtlich hervorgerufen von einem Jeep, der auf dem korrekten Weg Richtung Ausgang unterwegs ist. Weit nach der eigentlichen Parkschließung und sicherlich als letztes Fahrzeug erreichen wir endlich das rettende Gate. Unser Fahrer muss sich ein paar böse Blicke des Parkpersonals gefallen lassen und als ich schließlich im Simmers sitze, bin ich eigentlich froh, nicht früher gekommen zu sein, denn die heutige Band ist genauso schlecht wie laut. Der Stimmung tut dies aber keinen Abbruch und mir fällt aufgrund des auftretenden Magenknurrens ein, dass ich außer dem Omelette heute Morgen in Gesellschaft von Josephine noch keine Gelegenheit hatte, etwas zu essen.

Der Weg von meinem Hotel zum Lokal ist nicht weit, 5 Minuten Fußweg vielleicht. Trotzdem nehme ich im Dunkeln ein Taxi. Der schlechte Ruf Nairobis, Spitzname "Nairobbery", hinterlässt Wirkung. Vom sicheren Rücksitz meines Taxis aus kann ich aber keine obskuren Gestalten ausmachen. Vielleicht ist auch das nur die übliche Panikmache aus Erzählungen und Reiseführern.

© Uwe Decker, 2007
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Die Reise
 
Worum geht's?:
- im Afrika der Großen Seen - 23 Tage allein durch Kenia, Uganda, Ruanda, Kongo
Details:
Aufbruch: 02.06.2007
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 26.06.2007
Reiseziele: Ruanda
Kenia
Uganda
Kongo / Demokratische Republik Kongo
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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