In einem Land das es gar nicht gibt

Reisezeit: März 2018  |  von Uwe Decker

Hargeisa – Tag 2, Teil 2

Benötigt jemand ein Kamel ?

Der täglich am südöstlichen Stadtrand von Hargeisa abgehaltene Viehmarkt hat nichts Touristisches an sich. Wie sollte er auch. Es kommt zwar bestimmt jeder Somaliland Touri hierher, aber es sind halt zu wenige, die sich in dieses Land „verirren“. Folgerichtig bin ich heute Morgen auch der Einzige, der „hier eigentlich nicht hingehört“ und sehe zunächst das, was ich erwartet habe: Kamele und Männer. Die lassen sich auch von einem, der etwas anders aussieht, nicht stören, gehen umher, stehen in Gruppen, palavern und feilschen.

Tatsächlich bringen die Züchter ihre Tiere hierher zum Markt, um sie zu verkaufen. Kamelfleisch wird in Somaliland gerne gegessen, vor allem werden Kamele aber exportiert, von Berbera, der Hafenstadt am Golf von Aden, das Ziel unseres Kurztrips ist, auf die Arabische Halbinsel.

Männliche Tiere bringen den Besitzern sehr viel mehr als weibliche, über 1500 Dollar und mehr, so wird mir erzählt.

Beim Umhergehen, nun in Begleitung von einigen Männern und Jungen, komme ich auch zur Ziegen- und Schafe“abteilung“. Ziegen und Schafe scheinen eher Frauensache zu sein. Vielleicht weniger, was die Preisverhandlungen angeht, mehr das anschließende Hüten. Die Tiere stehen zusammengebunden brav aufgereiht. Frauen hocken davor.

Auch zu den Rindern am Rande des Marktes werde ich geführt.

Damit habe ich dann alle Tierarten gesehen, die hier verkauft werden, Kamele in erster Linie, Schafe, Ziegen und Rinder, und es geht weiter, aber es wird zunächst nur eine kurze Fahrt.

An einem Verkaufsstand in Form einer grün gestrichenen, nach vorne offenen Hütte halten wir. Was Bedri und Absame für solch eine lange Fahrt, wie wir sie vor uns haben, benötigen, ist klar. Aber auch wenn sie gerade kein Auto fahren und nichts zu tun haben, kaufen sie es, wie jeder hier in diesem Teil der Welt: Kath.

Kath Verkaufsstände sehe ich überall in den Orten. Warum die meisten grün sind, weiß ich nicht. Vermutlich liegt es an der Farbe der Sträucher ? Verkauft werden die Zweige und jungen Blätter des Kathstrauches, dem eine leicht berauschende Wirkung nachgesagt wird, in etwa so wie Koffein. Die Zweige werden vorwiegend aus Äthiopien importiert und müssen frisch sein, damit sie ihre Wirkung entfalten.

Für 5 Dollar kaufen Bedri und Absame ein, beim Händler ihres Vertrauens. Das ist ihre tägliche Ration Kath, und auch ich bekomme ein paar Blätter zum Kauen. Die schmecken bitter, und solange ich auch bei der Weiterfahrt auf der Rückbank darauf herumkaue, eine berauschende Wirkung mag sich nicht einstellen. Aber einen Versuch war es doch wert. Die beiden Burschen vor mir lassen sich davon aber nicht stören, fragen zwar mal nach, kauen aber während des ganzen Tages, beim Fahren, beim Erzählen, beim Umherlaufen.

Meine beiden Begleiter wohnen beide in Hargeisa und haben Familie, Bedri hat einen kleinen Sohn. Ich erkundige mich u.a., wie es ist, in einem international nicht anerkannten Land zu leben. Wie ist das z.B. mit Ausweisdokumenten ? Man kann ja schlecht nach Mogadischu und sich dort welche besorgen, wenn man ins Ausland reisen will. Bedris Antwort klingt völlig undramatisch: Er hat ja auch noch einen äthiopischen Pass. Und wer keinen solchen hat ? Na ja, die Behörden in Hargeisa geben Passports aus, und die werden doch in den Nachbarländern Äthiopien und Djibuti sowie einer Handvoll weiterer Länder wie Kenia und dem Südsudan anerkannt.

© Uwe Decker, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es gibt sicherlich diverse Möglichkeiten, um heutzutage nach SOMALIA zu kommen und dort seine Fußstapfen zu hinterlassen. Es ist lediglich eine Frage des Geldes und der Strapazen, die man bereit ist, auf sich zu nehmen. Ich wähle den einfachsten Weg und möchte -ohne mich in irgendeine Gefahr begeben zu müssen- einfach gerne mal schauen, was in diesem Teil der Welt so los ist. Im Nachhinein würde ich sagen: Nicht Viel. Aber der Reihe nach.
Details:
Aufbruch: 12.03.2018
Dauer: 4 Tage
Heimkehr: 15.03.2018
Reiseziele: Somalia
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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