Kenia - Tansania: Notizen aus dem Jahr 1990

Reisezeit: Juni / Juli 1990  |  von Peter Kiefer

Lange Hälse - Mikumi

Die Antilopen mit dem Streifenpo sind die ersten, die vor uns durch die Buschlandschaft hüpfen. Zebras stehen oft paarweise herum, Rücken an Rücken, um die Gefahren beidseitig im Auge zu behalten. Gnus gibt es zuhauf. Und Giraffen sind da, wie geschaffen um in einem drolligen Cartoon mitzuwirken. Ihre Ohren scheinen fast so lang zu sein wie ihre Hälse. Sie stehen am Straßenrand und glotzen uns nach, wir tun dasselbe mit ihnen. Warzenschweine, Hyänen: oft erscheinen sie im Vorbeifahren nur als flüchtige Silhouetten. Ein Straßenschild weist auf die Möglichkeit hin Elephanten zu begegnen, und schon sind die ersten drei im hohen Gras sichtbar. Sie haben, finde ich, riesige Stoßzähne und ihre Ohren bewegen sich wie Flundern. Affen ganz zum Schluss: Eine Pavianherde links und rechts der Schlaglochpiste.

Wächst nur für sie, das Elefantengras.

Wächst nur für sie, das Elefantengras.

In Mikumi selbst sind weiter nichts als ein bescheidener Markt, eine Tankstelle, ein paar Läden, Restaurants und einfache Hotels. Wir landen in einem, in dem wir sogar über ein eigenes Badezimmer verfügen. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Rezeption, wo - ein echter Dauerbrenner - unentwegt dieselbe Musikkassette abgenudelt wird, bis zum Anschlag natürlich. Wieder eine schlimme Nacht.
Übrigens ist es Brauch, dass, wer ein Zimmer mietet, auf einem Formular angeben muss, von welchen Stamm er ist. Karin trägt dann "Prussian" ein, ich selbst "Palatine", Pfälzer.
Am darauffolgenden Tag wechseln wir in ein anderes Guest House. Als wir unsere Rucksäcke dort abladen, ist es stumm wie ein Fisch. Am Abend ist es dann aber eine Disco. Aber so schlimm wie das letzte Hotel ist es trotzdem nicht. Ich bin anfänglich nicht ganz sicher, ob wir nicht wieder in einem Puff gelandet sind. Die verschämte Neugierde der Mädchen, denen man im Hof begegnet, ist allerdings so unverfälscht, dass es auch eine Jugendherberge sein könnte. Bemerkenswert die fette Ratte, die mir auf ihrem Flitzelauf durch die Barstube - wohl versehentlich - an den Fuß donnert.
Und dann kommen wir sogar noch zu einer "richtigen" Safari und dies ganz umsonst. Es ist ein amerikanisches Ehepaar, das uns dazu einlädt. Wir sind zuvor mit ihrem Sohn ins Gespräch gekommen, er arbeitet für Peace Corps in Tansania, nun sind seine Eltern bei ihm zu Besuch. Mit diesen Dreien also fahren wir in einem gemieteten Land Rover durch den Park. Und gleich sind sie alle, die schon genannt wurden, wieder da, sie und weitere Tierarten. Marabus zum Beispiel, die ein paar Bäume bevölkern und auf ein bisschen Aas warten.

Aus einem Teich tauchen auf: Augen, Ohren und Nasen. Ein paar Sekunden später sind sie schon wieder verschwunden. Es sind Nilpferde und wir sind zu diesem Zeitpunkt naiv genug zu hoffen, dass sie ihr Plantschbecken verlassen und dass wir sie näher in Augenschein nehmen können. (Wir sitzen nicht einmal mehr im Auto.) Zum Glück geschieht das nicht; lediglich eine bunte Gans watschelt am Uferrand herum.
Auch eine andere Hoffnung bleibt unerfüllt: Löwen. Einmal glauben wir sogar ein Prachtexemplar entdeckt zu haben, eins mit wallender Mähne. Aber bei näherem Hinsehen ist es doch nur ein Gnu.
Um die riesigen Baobab-Bäume könnte man jeweils eine ganze Schulklasse gruppieren. Die hartschaligen Früchte, die von ihren Ästen fallen, sind halb mit Samen, halb mit Käfern gefüllt. Aus den Exkrementen von Pflanzenfressern, Zebras und Giraffen, picken wir schwarze Kerne heraus, unverdauliche Reste der säuerlichen Tamarinde. Ich schneide einen Grashalm ab, der mich ein ganzes Stück überragt. Ist das Elefantengras?
Nicht überall ist das Gras so hoch, dass man sich darin verstecken kann. Es gibt in diesem vergleichsweise kleinen Park auch genügend Steppenland, in dem nur ein paar Schirmakazien auffallen. Oder Giraffenhälse.
Unsere Safari dauert einen halben Nachmittag lang, und weil wir keinen Führer haben, nur auf gut Glück unterwegs sind, kommt unterm Strich auch nicht allzu viel dabei heraus, keine Löwen, keine weiteren Elefanten oder Büffel. Dennoch ist man ständig von (und man weiß ja nicht immer welchen) wilden Tieren umgeben. Außerdem haben wir in Sachen Safari noch ein bisschen mehr vor.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Vor ein paar Wochen habe ich mehrere verschollen geglaubte Reisetagebücher wiederentdeckt. Eines davon dokumentiert diese Reise aus dem Jahre 1990, die durch Teile Kenias und Tansanias führte und mit sehr einfachen Mitteln bestritten wurde. Karin und ich haben ausschließlich lokale Verkehrsmittel benutzt, auch unsere kleinen Safaritouren haben wir außerhalb allen Reisebürotourismus abgewickelt.
Details:
Aufbruch: Juni 1990
Dauer: circa 4 Wochen
Heimkehr: Juli 1990
Reiseziele: Kenia
Tansania
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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