On Tour auf MADAGASKAR

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Uwe Decker

Zurück in der Zivilisation

Morondava,
Donnerstag, 04.05.06

Donnerstag, letzter Tag unserer Tour. Wir trennen uns, Natasha und Rok fahren mit Rija weiter, in den Nationalpark Bemaraha, Tsingys angucken und etwas wandern. Ich werde zusammen mit Maria und Kalle mit einem 4WD abgeholt und nach Morondava gefahren. Das sind nur 80 Kilometer, die Piste ist aber in einem erbärmlichen Zustand und die Fahrt zieht sich über den gesamten Vormittag. Unser Fahrer sagt, wir hätten Glück, weil die kürzlich zu Ende gegangene Regenzeit nicht so nass war wie sonst üblich. Ich habe den Eindruck, er meint es tatsächlich ernst. Trotzdem reiht sich ein Schlagloch ans andere und viele sind mit Wasser voll gelaufen. Manchmal ist auch noch ein ganzer Pistenabschnitt unter Wasser und die Einheimischen, die frühmorgens auf die Felder zur Arbeit ziehen, müssen sehen, wie sie da durch kommen. Sie hausen in teilweise löchrigen Strohhütten und sind der Witterung, d.h. Sonne und Regen, fast schutzlos ausgeliefert.

Auf der Fahrt werden wir mächtig durchgeschüttelt. Ich denke an unseren Bundespräsidenten, der kurz vor mir Madagaskar mit seiner Anwesenheit beehrt hat und frage mich, auf welchen Straßen er wohl unterwegs war. Sein Engagement für Afrika in allen Ehren, aber wie es in weiten Gegenden des Kontinents aussieht, kann er auf seinen Reisen bestenfalls erahnen.

Gegen Mittag schließlich tauchen die ersten mächtigen und imposanten Baobab-Bäume auf, eine Art gibt es noch in Ostafrika, die anderen sieben nur auf Madagaskar. Wir fahren zum Baobab Sacré, dem angeblich mächtigsten Baum der Insel, dem Baobab des Amoureux, zwei ineinander verschlungenen Bäumen und erreichen schließlich kurz vor Morondava die berühmte Avenue des Baobab.

An beiden Seiten des roten sandigen Weges stehen Baobabs in Reih und Glied als wären sie der imposanten Optik wegen dort hingestellt worden. Jetzt am frühen Nachmittag ist das Licht nicht optimal, daher kehren wir später dorthin zurück und können bei optimalen Lichtverhältnissen dieselben Fotos machen, die viele Ansichtskarten aus Madagaskar zieren.

Unser Hotel in Morondava, das Hotel des Bougainvillers, liegt oberhalb vom Strand, im Bungalowstil, inmitten einer Palmenanlage mit feinstem Sand. Nebenan sind noch deutlich die Spuren zu sehen, die der letzte verheerende Zyklon im Jahre 2004 hinterlassen hat. Auch im Gebiet des Tsiribihina Rivers wütete er und traf -wie fast immer- die Ärmsten der Armen besonders heftig. Jedes Jahr suchen zahlreiche Wirbelstürme die Insel heim und richten mehr oder weniger große Verwüstungen an. Fleißig und trotzig wird dann wieder aufgebaut, was zerstört wurde -bis zum nächsten Zyklon.

Ein Abendessen mit Maria und Kalle beschließt unsere gemeinsame Rundreise. Es gibt einen riesigen Fisch für jeden, mit Pommes und Gemüse kostet er umgerechnet 2,30 Euro, das Bier, in 0,65 Liter Flaschen, kostet ca. 70 Cent, meine Übernachtung in einem geräumigen Bungalow 11 Euro. Urlaub in Madagaskar kann sehr günstig sein und ist es auf jeden Fall auch, wenn man für das Fortkommen statt eines Fahrzeugs mit Privatfahrer oder Flugzeug ein Buschtaxi, Taxi Brousse heißt das hier, wählt. - Und wenn man weiß, in welcher Währung man bezahlt ... Denn die Sache mit der Währungsumstellung haben wir mit dem Euro, ehrlich gesagt, deutlich besser hinbekommen. Auf Madagaskar wurde der Ariary, die historische Währung, wieder eingeführt, und der Franc Malgache FMG im Verhältnis 5:1 umgestellt. Zwar sind mittlerweile die alten Scheine kaum noch im Umlauf, aber bei der Bevölkerung ist der Ariary noch nicht so richtig angekommen.

Selbstverständlich rechnet man als Tourist damit, dass die Preise in der gültigen Währung genannt werden. In der Hauptstadt funktioniert das auch weitgehend, im Rest des Landes aber wundert man sich oft über eigentlich überhöhte Rechnungen. Hier werden die Beträge noch vielfach in FMG angegeben, man muss dann durch 5 teilen. Bestenfalls werden die Summen in beiden Währungen ausgewiesen.

Im Verlauf der Reise fungiere ich des Öfteren als Preiskalkulator. Leute bekommen den Preis in Ariary gesagt, können damit zunächst mal nichts anfangen und fragen mich, wie viel das denn in FMG ist. Erst dann können sie einschätzen, ob die Ware billig oder teuer ist.

Irgendwie scheint das Klima aber mittlerweile auch meinen Kopf zu beeinträchtigen. Ich habe manchmal Probleme, umzurechnen, so ganz ohne Taschenrechner, und brauche eine Weile, um z.B. eine Restaurantrechnung von 138.000 FMG in Ariary zu bezahlen.

Genau eine Woche nach Ankunft endet Teil 1 meiner Reise, der Tsiribihina River Descent. Fazit: sehr zu empfehlen, ich bin vollauf begeistert. Und vor allem, mir geht es ausgezeichnet, bisher habe ich Klima und Essen bestens verkraftet.

Nach dem Abschied von Maria und Kalle und einigen Nächten in der Wildnis habe ich keine Lust, schon wieder am frühen Abend ins Bett zu gehen und stapfe in völliger Dunkelheit durch tiefen Sand dorthin, wo es laut meinem Reiseführer einige Strandhotels und eine Disco geben soll. Nach kurzer Zeit brauche ich nur noch meinem Gehör nachzugehen.

Die Disco ist mäßig gefüllt und etwas für das Gruselkabinett. Ein paar französische Expats und/oder Touristen sind stark angetrunken und benehmen sich daneben. Einige weibliche Touristinnen machen auf der Tanzfläche alberne Verrenkungen im Vergleich zu den auch hier -allerdings nicht so zahlreich wie anderswo- vertretenen einheimischen Mädchen. Der DJ tut ein Übriges. Statt einheimischen Rhythmen wird europäische Popmusik von anno dazumal aufgelegt. Als mir Modern Talkings "You're my heart, you're my soul" entgegen dröhnt und alle lautstark mitsingen, wird es mir endgültig zu bunt und ich verlasse fluchtartig und angewidert das Lokal.

© Uwe Decker, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dreieinhalb Wochen quer durch Madagaskar - zu Fuß, mit Auto, Boot und Flugzeug - Einblicke in eine andere Welt, "rechts unten neben Afrika"
Details:
Aufbruch: 28.04.2006
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 23.05.2006
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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