On Tour auf MADAGASKAR

Reisezeit: April / Mai 2006  |  von Uwe Decker

Einmal Süden und zurück

Toliara,
Freitag, 05.Mai 2006

Auf diesen Flug habe ich mich lange gefreut. Mit etwas Verspätung besteige ich die schon etwas betagte Twin Otter der Air Madagascar, die mich von Morondava mit Zwischenstopp in Morombe nach Toliara bringen soll. Wir sind kaum eine Handvoll Passagiere, und man hat die gesamte Flugzeit über einen traumhaften Blick auf die Küstenlandschaft im Südwesten der Insel.

Toliara wurde von einem reichlich uninspirierten französischen Städteplaner im Schachbrettmuster angelegt und wirkt mit seinen breiten Alleen etwas überdimensioniert für seine 100.000 Einwohner.

Ebenso überdimensioniert für einen Einzelreisenden ist mein Zimmer im Hotel Central. Für 7 Euro bekomme ich ein riesiges Zimmer mit einem ebenso riesigen Balkon, mitten in der Centre Ville. Das Hotel trägt seinen Namen wirklich zu Recht.

Momentaufnahmen eines Urlaubs in der Dritten Welt:
Ich handele meinen Pousse-Pousse "Fahrer", einen jungen Burschen, der mich im Laufschritt zum Madabus-Verkaufsoffice fahren, nein, ziehen soll, auf 1.500 Ariary, ca. 60 Cent herunter, obwohl ich für die schweißtreibende Arbeit auch den anfangs geforderten Euro für gerechtfertigt halte, sitze kurze Zeit später in einem Straßencafe und lasse es mir bei einem Berg Crevetten mit Baguette für 8.000 Ariary und einem THB-Bier GM = Grand Modele, so heißen hier die großen Flaschen, gut gehen, während der Kellner alle Hände voll zu tun hat, die bettelnden Kinder von den Gästen fernzuhalten. Am Nebentisch lässt sich ein dicker, alter Franzose mit schlecht sitzender Perücke nieder und führt seiner schwarzen Gespielin sämtliche Klingeltöne seines Handys vor. Die Liebste scheint das aber ebenso zu nerven wie mich. Die ganze Zeit über wartet eine alte Frau artig vor dem Eingang bis ich das Lokal verlasse und versucht mir eine selbst gehäkelte Tischdecke zu verkaufen. Bizarre Welt.

Trotzdem gefällt es mir in Toliara überraschend gut, die Märkte sind interessant, die Menschen auch hier sehr freundlich. Ich bin es auch. Von unserer Bootstour bin ich es gewohnt, jeden zu grüßen, den ich sehe, mit dem einheimischen "Salama". Gewohnheitsmäßig mache ich das anfangs hier auch, kann das bei der Masse von Leuten natürlich nicht durchhalten. Das hat etwas von Crocodile Dundee in New York...

Dass ich mir von Rija ein wenig Madagassisch habe beibringen lassen, zumindest eine Reihe von Worten und Sätzen, die man als Tourist brauchen kann, erweist sich im Verlauf der Reise als sehr vorteilhaft. Die Menschen sind n o c h freundlicher, wenn sie merken, dass man sich bemüht, ein paar Brocken in ihrer Sprache zu sprechen.

Abends hat mich leider der Alltag wieder. Keine Guides, die für mich kochen, keine Mitreisenden, mit denen man sich nett unterhalten kann. Ich leiste mir eines der besseren Lokale der Stadt. Im "Etoile de Mer" zahle ich für eine Pizza, Bier, Espresso und Fruchtsalat 15.000 Ariary, ca. 5,70 Euro, eine meiner höheren Rechnungen des Urlaubs und vertreibe mir die Zeit mit Sudoku spielen.

Gegen Mitternacht mache ich mich auf die Suche nach dem Za Za Club, der einzig verbliebenen Disco am Platz. Die ist heute, Freitagnacht, gut besucht. Die Musik ist klasse, Tanzmusik aus dem indischen Ozean, einheimische Songs, bei denen die Leute schier ausflippen, etwas Latino-Pop.

Der eklatante Überschuss an jungen Fille Malgache stellt auch hier kein Problem dar. Selbst die Mädchen, die nicht nur zum Tanzen herkommen, halten sich an die "Spielregeln". Der Mann macht den ersten Schritt, was aber auch schon zweimaligen Blickkontakt beinhaltet. Erfolgt der nicht, wird man in Ruhe gelassen. Im Prinzip. Meinen Plan, die Nacht hier durchzumachen und direkt am frühen Morgen zum Madabus zu gehen, muss ich zu fortgeschrittener Stunde aber dann doch aufgeben. Irgendwann scheinen die "Spielregeln" außer Kraft, immer öfter machen die Mädels selbst ihre Aufwartung, viele erschreckend jung aussehend. Das Problem: Ignoriert man sie, gilt man als unhöflich, lässt man sich auf ein Gespräch ein, wird man sie nur schwer wieder los.

Gegen drei Uhr verlasse ich den Club und tue das, was man laut Reiseführer auf keinen Fall tun sollte, nachts allein zu Fuß nach Hause gehen. Aber es passiert nichts. Im Hotel angekommen kann ich mir noch zwei Stunden Schlaf gönnen.

© Uwe Decker, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Dreieinhalb Wochen quer durch Madagaskar - zu Fuß, mit Auto, Boot und Flugzeug - Einblicke in eine andere Welt, "rechts unten neben Afrika"
Details:
Aufbruch: 28.04.2006
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 23.05.2006
Reiseziele: Madagaskar
Der Autor
 
Uwe Decker berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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