Rückenwind

Reisezeit: Januar 2010 - März 2011  |  von Marco Burkhart

Mosambik

Strassen von Afrika II

Zum ersten Mal erlebe ich, wie umstaendlich eine Reise ohne Auto durch Afrika sein kann. Von Ticondane in Sambia fuehrt mein Weg in den Sueden Mosambiks, wo ich Jan wiedertreffe. Ich starte mit einem Sammeltaxi zur Grenze, sitze zum Glueck vorne und teile mir die Rueckbank nicht mit vier weiteren Leuten und einem Huhn. Der Grenzgang ist unkompliziert. Ich wundere mich schon, dass alles so einfach geht und frage nach dem naechsten Bus. "Heute ist 1. Januar, da fahren keine Busse nach Tete." Es scheint, dass ich die Nacht an der Grenze verbringen werde. Doch wie immer geht nach einer Weile eine Tuer auf. Ein schraeger Typ bietet den Wartenden seinen Kleinbus an. Damit aber nicht genug. Der Bus macht einen Zwischenstopp im Dorf und laedt die Karre bis unters Dach mit Saftpaletten voll. "Bei so wenig Fahrgaesten, muss ich noch etwas transportieren." "Aha, wieviele Leute nimmst du denn sonst mit?" "16!" Da brichst du ab, in dieser kleinen Moehre mit 16 Leuten. Aber durch die Saftbeladung wirds auch nicht angenehmer, ich sitze eingeklemmt fuer fuenf Stunden in Embryoposition. Wie es in Afrika nunmal ueblich ist, bist du nicht Kunde, sondern Bittsteller. Also werden wir erst den Saft abladen. Allerdings bleiben wir im Schlamm stecken. Ich frage den unfreundlichen Fahrer, warum wir denn nicht den Saft ausladen, dann kommen wir einfacher aus dem Loch. -Geht nicht, wir muessen hier weg, bevor die Polizei kommt. Mir wird erklaert, dass der Saft geschmuggelt ist und steuerfrei ueber die Grenze kommt. Wer haette das gedacht? Ich fahre bei einem Saftschmuggler mit. Ich erreiche Tete endlich und beziehe mein kakerlakenfreies Zimmer. Kakerlakenfrei, weil sich hier nicht mal eine Kakerlake einnisten wuerde.

Am naechsten Morgen gehe ich um fuenf zum Bus und moechte ein Ticket kaufen. Allerdings ist der Bus voll und der erste schon abgefahren. -Ja gibts denn keine Moeglichkeit nach Chimoio zu kommen? -Doch, mit einem LKW. Jetzt wirds immer lustiger. Ein junger Mann bringt mich zum Truckerparkplatz und fragt sich durch. Inzwischen ist es neun und wir haben endlich einen LKW gefunden. Ich bin ueberrascht, wieviel Platz ein "Freightliner" bietet, grosses Bett zum Ausspannen und viel Platz. Besser haette es nicht laufen koennen. Ein Bus ist dagegen ein Ochsenwagen. Als dann noch fuenf weitere Mitfahrer zusteigen, wird es auf dem Bett langsam kuschelig und ich wuensche mir doch einen Bus. Ich erreiche meine naechste Etappe Chimoio und bin schlauer. Gehe direkt zum Busterminal und moechte ein Ticket kaufen, aber wieder alles voll. Ich stelle mich wieder auf eine LKW-Tour ein und niste mich in einem Hostel ein.

Tag drei meiner Rallye beginnt mit einer Minibusfahrt und 16 Mitfahrern nach Inchope, wo LKWs und Busse anscheinend massenhaft passieren. Allerdings bewegt sich heute fast nichts. 50 Menschen sitzen am Strassenrand und warten im Schatten, voellig regungslos bei dieser Affenhitze. Als ein Bus daherfaehrt, explodiert die Szenerie, noch nie habe ich Afrikaner so schnell reagieren sehen. Der Bus ist regelrecht umstellt und Busfahrer mit vier Helfern haben alle Haende zu tun. Tuer blockieren, Geld einsacken, Draengler abweisen. Ich traue meinen Augen nicht. Als wuerde morgen die Welt untergehen und dies waere der letzte Bus zum Mond. Als ich mich durch die Menge gekaempft habe, stelle ich fest, dass Sitzplaetze rar sind. De facto nicht mehr vorhanden, alles voll. So quetscht sich die ganze Meute in den Gang und der Bus rollt los. 10 Stunden soll ich hier stehen? Das ueberlebe ich nicht. Ich trete von einem Bein aufs andere, versuche zu sitzen, bis wieder ein Koerperteil, mal Hintern, mal Bein, mal Hand eingeschlafen ist. Der Busfahrer reicht irgendwann, gefuehlt nach zwei Wochen Plastikkanister als Sitzgelegenheit. Nicht die entspannteste Art zu reisen, aber besser als nichts. Der Bus donnert ueber die Piste, Musik bis zum Anschlag und etwa 80 Menschen dabei. Wir springen ueber eine Schwelle und es kracht deutlich hoerbar. Die fuenf Fahrer sehen sich verwundert an. Auch in Afrika ist das kein gutes Zeichen. Reifen geplatzt? Achse gebrochen? Feder gerissen? Eine Plattfeder hat die unsanfte Telemarklandung offensichtlich nicht ueberlebt. Zwei Stunden vor dem Ziel legen sich die Fahrer unter den Bus und reparieren. Mir laeuft die Zeit weg, bald wirds dunkel und ich hab noch ein Waldstueck vor mir. Endlich fahren wir weiter und mit der Daemmerung laufe ich in einen Palmenwald, halte das erstbeste Auto an. "Morrungulo liegt nicht auf unserem Weg, aber fuer 10 Euro bring ich dich an den Strand." Das ist zwar ein Schweinepreis, aber die einbrechende Nacht laesst keinen Handel zu. Ich springe auf die Pritsche das Pick-ups, neben mir seine drei Soehne, ein Fahrrad und ein Sack Reis. Leicht mitgenommen sehe ich Jan und Verena wieder. Eine kleine Reise auf meiner Reise endet mit einem Gin Tonic an der Bar und Meeresrauschen. Per Sammeltaxi, Saftschmuggler, Sattelschlepper, Sardinen-Bus und Pritschenwagen. Hat sich hier irgend jemand ueber die gute Deutsche Bahn beschwert?

© Marco Burkhart, 2010
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am Donnerstag, 28. Januar früh fuhr ich mit dem geliehenen Citroen "Jolly" Jumper, über die Elbbrücken Richtung Freiburg. Auf Delta Radio lief "Rückenwind" von Thomas D. Ich dachte nur, was gibt es passenderes als Titel für dieses Kapitel?
Details:
Aufbruch: 31.01.2010
Dauer: 14 Monate
Heimkehr: 31.03.2011
Reiseziele: Argentinien
Chile
Antarktis
Brasilien
Bolivien
Peru
Ecuador
Kolumbien
Panama
Costa Rica
Botsuana
Sambia
Mosambik
Südafrika
Namibia
Ruanda
Tansania
Der Autor
 
Marco Burkhart berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.
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