Wüstentour - Namibia mit Muskelkraft auf zwei Rädern

Reisezeit: Juni / Juli 2016  |  von Jörn Tietje

Weiter geradeaus

Auf der C15 und später auf der C17 geht es immer weiter Richtung Süden. Dabei komme ich der Kalahari und damit dem Grenzgebiet zwischen Namibia, Südafrika und Botswana ziemlich nahe, bevor ich bei Tweerivier nach Südwesten abdrehe und Richtung Keetmanshoop weiterfahre. Die Landschaft wird immer flacher und immer karger. Bäume gibt es kaum noch und auch die Sträucher sind meistens nicht einmal so hoch, dass sich die Schafe und Ziegen dahinter verstecken könnten

Niemand soll sich von dem Grün bei der Farm täuschen lassen. Hier werden ein paar kleine Felder bewässert, um Luzerne als Viehfutter anzubauen. Normalerweise sieht es hier so aus...

Niemand soll sich von dem Grün bei der Farm täuschen lassen. Hier werden ein paar kleine Felder bewässert, um Luzerne als Viehfutter anzubauen. Normalerweise sieht es hier so aus...

Kann man ganz gut mal ein paar Tage haben, wenn man das Fahrrad fahren mal als Meditation betrachtet

Kann man ganz gut mal ein paar Tage haben, wenn man das Fahrrad fahren mal als Meditation betrachtet

Mit meiner Karte muss ich allerdings noch umgehen lernen. Maßstab ist okay und auch die Entfernungsangaben stimmen. Allerdings ist nicht jede Ortschaft, die dort eingezeichnet ist, auch wirklich eine Ortschaft. Manchmal gibt es nicht einmal ein einziges Haus, sondern nur eine Einmündung, was fatal ist, wenn man sich darauf verlässt, dass man in dieser "Ortschaft" seine Wasservorräte mal wieder auffüllen kann. Zwar habe ich immer reichlich Wasser dabei, allerdings kann es eng werden, wenn ich, wie die letzten Nächte, am Fahrbahnrand mein Zelt aufgeschlagen habe und am nächsten Morgen mit den Resten weiter muss. Das ist auch kein großes Problem, weil es immer wieder einmal Farmen am Straßenrand gibt. Als ich vorgestern nur noch eine halbe Flasche Wasser hatte, komme ich an dieser Farmzufahrt vorbei. Im Hintergrund ist das Farmhaus auch zu sehen, bis dahin allerdings weicher, nicht fahrbarer Sand...

Ein kleines Detail sollte man auf diesem Bild nicht übersehen: rechts im Schatten findet sich ein Wasserhahn und spendet,wie bisher alle Wasserleitungen, bestes Trinkwasser - gerettet!

Ein kleines Detail sollte man auf diesem Bild nicht übersehen: rechts im Schatten findet sich ein Wasserhahn und spendet,wie bisher alle Wasserleitungen, bestes Trinkwasser - gerettet!

Jaja, Übernachten im Zelt am Straßenrand. Und wie ist das mit den wilden Tieren? Seit fast 700km begleiten mich 20m rechts und links neben der Straße durchgehend Stacheldraht- und Maschendrahtzaun. Wo es die gibt, gibt es wahrscheinlich keine Elefanten oder Nashörner. Und die letzten Löwen in dieser Gegend wurden vor 200 Jahren erlegt. Überhaupt kommt es in dieser sehr spärlichen Natur immer seltener vor, dass ich Wildtiere sehe. Da ist man ja schon froh über ein paar Gazellen.

Feiglinge! So oft habe ich noch gar keine Nudeln mit Tomatensoße gegessen

Feiglinge! So oft habe ich noch gar keine Nudeln mit Tomatensoße gegessen

Auch wenn der Verkehr inzwischen bei bisschen dichter geworden ist, kommt er mit Einbruch der Dunkelheit völlig zum Erliegen und ich habe meine Ruhe und kann den Sonnenuntergang über der weiten Ebene genießen.

Und so müssen Sonnenuntergänge hier wohl aussehen

Und so müssen Sonnenuntergänge hier wohl aussehen

Und auch der Nachthimmel hat hier so einiges zu bieten. Noch ist der Mond zu hell, bei Neumond ist die Milchstraße noch beeindruckender

Und auch der Nachthimmel hat hier so einiges zu bieten. Noch ist der Mond zu hell, bei Neumond ist die Milchstraße noch beeindruckender

Heute bin ich in Keetmanshoop angekommen, mit 22.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Namibias und das Zentrum des Südens. Die letzte Nacht habe ich auf einem "Campingplatz" verbracht, der sich durch meine vorherigen Schlafstellen dadurch unterschied, dass ich umgerechnet 8 Euro bezahlt habe, 30 m weiter vom Fahrbahnrand entfernt geschlafen habe und die Gelegenheit zu einer heißen Dusche mit rostig braunem Wasser hatte
Kurz bevor ich diese Farm erreichte, sah ich den ersten Köcherbaum, habe mein Fahrrad beiseite gelegt und bin erst einmal hingegangen.

Typischer kann ein Baum für Namibia wohl kaum sein als der Köcherbaum - und dann noch in der Abendsonne und in voller Blüte!

Typischer kann ein Baum für Namibia wohl kaum sein als der Köcherbaum - und dann noch in der Abendsonne und in voller Blüte!

Das Menosaurus Rest Camp, wo ich übernachtet habe, hat seinen Namen nach Versteinerungen des gleichnamigen urzeitlichen Reptils, die auf der Farm gefunden wurden. Die will ich mir noch ansehen, bevor ich das kurze Stück nach Keetmanshoop fahre, um mich dort ein wenig auszuruhen. Der Farmbesitzer kommt mit einem Schweizer Paar nach und zeigt die nicht sonderlich beeindurchenden Versteinungen (vielleicht 30 - 40cm lang), die der Farm und dem Campingplatz ihren Namen gaben.

Gleiche Versteinerungen finden sich in Südamerika aus einer Zeit, als die Kontinente noch verbunden waren.

Gleiche Versteinerungen finden sich in Südamerika aus einer Zeit, als die Kontinente noch verbunden waren.

Viel besser als die Versteinerungen ist allerdings der Wald von Köcherbäumen, der sich ringsum befindet

Viel besser als die Versteinerungen ist allerdings der Wald von Köcherbäumen, der sich ringsum befindet

Mehr als 500 Jahre sind einige dieser Überlebenskünstler alt

Mehr als 500 Jahre sind einige dieser Überlebenskünstler alt

Die fotogenen Wolken sind Reste eines dichten Morgennebels - absolut ungewöhnlich in dieser Jahreszeit

Die fotogenen Wolken sind Reste eines dichten Morgennebels - absolut ungewöhnlich in dieser Jahreszeit

Und dann waren da doch noch diese gigantischen Vogelnester - ich glaube, dies war bisher das Größte. Und darunter das Grab eines gefallenen deutschen Soldaten aus der Zeit, als Namibia noch Deutsch Südwest hieß

Und dann waren da doch noch diese gigantischen Vogelnester - ich glaube, dies war bisher das Größte. Und darunter das Grab eines gefallenen deutschen Soldaten aus der Zeit, als Namibia noch Deutsch Südwest hieß

Kleiner Einblick in die Hauseingänge

Kleiner Einblick in die Hauseingänge

Von hier geht es jetzt weiter Richtung Süden zum Fishriver Canyon und dann entlang der Grenze zu Südafrika, um bei Lüderitz den Atlantik zu erreichen. Ich werde berichten.

© Jörn Tietje, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Auf allen Kontinenten bin ich bis mit meinem Rad schon unterwegs gewesen - bis auf Afrika. Das soll sich mit dieser Reise ändern! Die vielen Bilder von schier endlosen Sanddünen der Namibwüste unmittelbar am Atlantik, einer grandiosen Tierwelt und unvergleichlichen Farb- und Lichtstimmungen im Kopf will ich in sechs Wochen auf meinem Rad mit der Kamera in der Lenkertasche einem Realitätstest unterziehen - wie immer schwer bepackt und ohne konkreten Plan.
Details:
Aufbruch: 06.06.2016
Dauer: 6 Wochen
Heimkehr: 18.07.2016
Reiseziele: Namibia
Der Autor
 
Jörn Tietje berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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