Kamerun - Afrique en minature

Reisezeit: August 2003 - August 2004  |  von Manfred Werdermann

Kleider machen Leute

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte. Wenn das stimmt, hat das Land Kamerun nichts zu lachen, denn der Staatspräsident schaut einen eher ernst an. Das Foto sehe ich häufiger. In (fast) allen Büros der Behörden ist es zu finden, in öffentlichen Gebäuden sowieso, selbst viele private Firmen schmücken sich mit dem Bildnis des Präsidenten. Heute begegnet mir der Blick an einem der Stände auf dem Markt. Nicht in einen rechteckigen Rahmen gezwängt, sondern in einem weißen, mit schwarzem Muster abgesetzten Oval, aufgedruckt auf einen himmelblaufarbenen Stoff. Es ist nicht nur der Präsidentenstoff, der einem Europäer beim Gang durch die Stadt und besonders beim Schlendern über den Markt sofort auffällt. Ganz allgemein sind die Frauen meist in sehr farbenfrohen Kleidern unterwegs.

An diesem Stand, in speziellen Geschäften oder bei ein paar der fliegenden Händler kann der notwendige Stoff für die bunten Kleider gekauft werden. Letztere balancieren einen Teil ihrer Waren auf dem Kopf, den anderen tragen sie auf den Armen durch die Stadt, um diese an den Mann oder die Frau zu bringen. Neben den kräftigen Farben sind es die Muster, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und die sich sehr von der europäischen Mode unterscheiden. Es gibt fast nichts, was nicht auf die Stoffbahn gedruckt wurde. Neben Blumenmustern aller Art und Größe, Ranken und ornamentalen Mustern, die einen gelegentlich an die Tapeten der Siebzigerjahre erinnern, ist allerhand Gegenständliches auf den Kleidern zu sehen. Nachdem ich angefangen hatte, bewusst auf die Stoffe zu achten, entdeckte ich auf ihnen riesige Fingerringe, Schmetterlinge, Wellensittiche, Hühner mit Eiern, Kuchenstücke, verzierte Kalebassen, Regen- oder Sonnenschirme, verschiedene Musikinstrumente, Zahlen, Buchstaben, Herzen bis hin zu ganz modernen Darstellungen wie Eurozeichen, Mobiltelefonen oder Computern.

modernes Stoffdesign mit Handys

modernes Stoffdesign mit Handys

Für den hiesigen Modegeschmack eignet sich jedes Thema als Stoffmuster. Szenen zum Tag der Frau oder Darstellungen aus dem Schulalltag sind genauso zu finden wie Jesusdarstellungen mit Bibelsprüchen. Bei uns würde sicherlich niemand auf die Idee kommen, mit dem Konterfei des Bundeskanzlers auf die Straße zu gehen, außer vielleicht zu Karneval oder in amerikanisierten Wahlkampfzeiten. Hier tragen die Frauen und Männer häufiger Kleider oder Hemden mit dem besagten Bildnis des Präsidenten. Sogar die Präsidenten der Nachbarstaaten sind gelegentlich auf den Stoffen zu finden. Vielleicht stammen die Träger aus diesem Land, vielleicht war der Stoff einfach nur sehr günstig zu erwerben. Neben den Kleidern aus bedruckten Stoffen lieben die Kamerunerinnen auch solche mit aufwändigen Stickereien. Diese teuren und kostbaren Materialien werden insbesondere an den Sonn- und Festtagen getragen.

Neben diesen Webseiten sind die Reiseerlebnisse als kleines Taschenbuch erschienen: Tropischer Sabbat - Eintauchen in die afrikanische Wirklichkeit

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Während eines Sabbatjahres lebte ich zwölf Monate lang in Kamerun, das sich selbst als "Afrique en miniature" bezeichnet. Der Aufenthalt stand im Rahmen einer Kirchenkreispartnerschaft, die einen sehr intensiven Kontakt mit den Bewohnern Kameruns ermöglichte. Ich tauchte in eine "andere Welt" ein und lernte so Land und Leute kennen und schätzen.
Details:
Aufbruch: August 2003
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: August 2004
Reiseziele: Kamerun
Der Autor
 
Manfred Werdermann berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.
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