Mali 2001

Reisezeit: September / Oktober 2001  |  von Christian Werner

Mali 2001: Timbuktu

Ich hatte es also endlich geschafft. Ich war in der sagenumwobenen Stadt Timbuktu angekommen. In früheren Zeiten floß der Niger durch Timbuktu, durch die Desertifikation wurde der Fluß allerdings 20 km Richtung Süden vertrieben, was Timbuktu, dem südlichen Tor zur Sahara doch eine gewisse Isolation brachte. Nachdem ich die polizeiliche Registrierung hinter mich gebracht hatte und den obligatorischen Stempel in meinem Paß erhalten hatte machte ich mich zusammen mit meinem obligatorischen Guide Sana Sibilly auf, Timbuktu zu erkunden. So besichtigte ich die Djinguerber Moschee, auf die ich mich besonders gefreut hatte, da es die einzige Moschee in Mali war, die ich auch als Tourist besichtigen durfte. Des weiteren stand die Moschee Sidi Yahiya sowie die Explorer Houses von Réné Caillié, Gordon Lang und Heinrich Barth, welches ich zu einem späteren Zeitpunkt auch besichtigte, auf dem Programm. Am Abend genoß ich die örtliche Spezialität Toucassou, ein fester Hefeklos mit Soße, der eigentlich nach fast nichts schmeckte, aber durchaus genießbar war.

Auch der nächste Vormittag stand ganz im Zeichen von Timbuktu. Ich konnte weitere Eindrücke der einst reichen Stadt sammeln. So sah ich das alte Sklavenhaus, das Museum, den kleinen und den großen Markt, die Flamme des Friedens (ein Bau der den Krieg mit den Tuareg 1992 beenden half und nun als Denkmal dient) und ein Projekt zur Baumbepflanzung, welches die Ausbreitung der Wüste verhindern soll und an dem auch Sana beteiligt ist. Besonders eindrucksvoll waren aber die Moschee Sankoré und ihre Umgebung. Sie diente früher gleichzeitig als Universität und bot 2.000 Studenten Platz. Sie war somit die größte der arabischen Welt.

Nach der Rückkehr aus der Wüste suchte ich erst einmal die örtliche Bank auf, um Geld zu wechseln. Hier in Timbuktu eine ganz besondere Erfahrung. Die Bank an sich befindet sich in einem stink normalen Raum, der weder gesichert noch des Nachts gut verschlossen scheint. Jede Wohnung oder Zimmertür in Deutschland dürfte schwerer zu knacken sein, als diese Bank in Timbuktu. Auf der Bank dauerte es dann 3 Stunden bis ich endlich mein Geld hatte. Dies lag zum einen daran, daß 2 Bankiers die ca. 35 Personen in diesem Raum abfertigten. So mußte ich zunächst meinen Paß abgeben. In Reihenfolge der eingegangenen Pässe wurden dann die Kunden aufgerufen. Zum anderen konnte der Bankbeamte, an dessen Schalter ich gelandet war, wohl weder schreiben noch rechnen. Selbst mit Taschenrechner gelang es ihm nicht trotz dauerhaften Probierens die 2% Wechselgebühren auszurechnen. Er ließ sich aber sehr zu meinem Leitwesen auch nicht helfen. Nach 20 Minuten des Probierens gab er entnervt auf und überließ die Sache seinem Kollegen.

Einzigartig sind die Tuareg und ihre Art und Weise Souvenirs zu verkaufen. Sie sprechen dich irgendwo auf der Straße an und unterhalten sich mit dir über Gott und die Welt. 10 Minuten, 20 Minuten, dann zeigen Sie dir ein Paar Souvenirs oder laden einen nach Hause zum Tee ein. Das ganze geschieht völlig ohne Druck oder Gezeter, wie man es aus anderen touristisch geprägten Ländern kennt. Denn jedes Souvenir ist etwas einzigartiges und hat seine spezielle Bedeutung, Der Käufer muß es wirklich haben wollen und bekommt die Bedeutung natürlich bis ins kleinste Detail erklärt. So begab ich mich in das Haus von Hameit, einem Tuareg und Freund Sanas. Ich trat in das Haus von Hameit ein und wurde gebeten Platz zu nehmen. Sein Haus sei mein Haus, was die Gastfreundschaft der Turareg unterstreicht. Es wurde erst einmal Tee aufgesetzt. Während der Tee so langsam vor sich hin brodelte, kam Hameit auf ein Thema zurück, welches wir bereits kurz erörtert hatten. Er hatte mir erzählt, daß sich Timbuktu gegenüber früher stark verändert hätte. Es gebe zu viele Autos, was die Straßen unsicherer gemacht hätte. Wobei zu bedenken gilt, daß man in Timbuktu auf der sehr breiten Hauptstraße zu Stoßzeiten alle 30 Minuten ein Auto zählen kann. Mit viel Glück natürlich nur, versteht sich. Ich versuchte ihm darauf hin die Verkehrssituation in Deutschland zu beschreiben, worauf er erstaunt entgegnete, daß man da ja dann gar nicht mehr die Straße langlaufen könne und fragte, was wir denn als Fußgänger machen würden, worauf ich ihm sagte, daß wir in Deutschland spezielle Wege nur für Fußgänger hätten, die von den Autos nicht befahren werden dürften. Hierauf kam Hameit heute zurück: "In Europa habt ihr wirklich verschiedene Straßen für Autos und Fußgänger? Bemerkenswert! Eine sehr gute Idee! Dann habt ihr es in Deutschland ja viel einfacher mit euren Kamelen durch die Stadt zu gehen. Das ist nämlich problematisch hier in Timbuktu. Du weißt ja, die Kamele sind sehr scheu gegenüber Autos und da wir hier ja die selbe Straße benutzen müssen, kommt es des öfteren zu Problemen." Ich beließ es dabei und versuchte ihm nicht zu erklären, warum ein Kamel auf Deutschlands Bürgersteigen zu einer Massenkarambolage führen würde.

Bis der Tee soweit war gab es dann noch dies und das zu erzählen. Wichtig war natürlich, daß die Tatsache erwähnt wurde, daß der Tuaregtee sich deutlich vom Bambaratee, den es sonst in Mali gibt, unterscheide, was ich der Höflichkeit halber natürlich bejahrte, aber nicht bemerkte. Ich bekam den ersten Tee serviert. Jenen bitterlich süßen Tee, den ich auch sonst aus Mali kannte. Nun lernte ich 2 Brüder Hameits kennen und nachdem wir zusammen den 2. Tee genossen hatten, bekam ich dann endlich eine ganze Reihe Tuareg Souvenirs präsentiert. Nachdem ich dann alle Souvenirs und deren Bedeutung erklärt bekommen hatte, traf ich irgendwann eine Vorauswahl der Sachen die mich interessieren würde. Die anderen Sachen wurden wieder weggepackt. Wer denkt nun beginne die harte Runde des Feilschens, der hatte sich getäuscht. Erst einmal wurde es Zeit für den dritten Tee. Nun eröffneten die Tuareg mit ihrem ersten Preis für jeden einzelnen Artikel. Diesen Preis zu akzeptieren wäre genauso unhöflich gewesen, wie nach einem genannten Preis einen Rückzieher zu machen. Die Tuareg haben nämlich einen ersten, einen zweiten und einen dritten Preis. Es wird erwartet, daß sich die Verhandlungspartner hier schrittweise annähern. Nach 3 harten Verhandlungsrunden wurden wir uns dann in der 4. bzw. 5. Runde einig. Wenn man sich übrigens für mehrere Sachen interessiert, ist es ebenfalls nicht akzeptabel, nach einem Gesamtpreis für alle Artikel zu fragen. Da ein jedes Stück seine eigene Bedeutung hat, hat natürlich auch ein jedes seinen einzelnen Preis. Nachdem der Handel per Handschlag perfekt gemacht wurde, gab es erstmal den 4. Tee. Und natürlich hat es auch seine Bedeutung, daß man mit seinen Freunden 4 Tee trinkt: Der erste ist süß wie das Leben, der zweite stark wie der Tod, der dritte liebenswert wie die eigene Frau und der vierte für den Nachwuchs. Nachdem ich mich von meinen höflichen Gastgebern verabschiedet hatte, ließ es Hameit sich nicht nehmen mich persönlich zum Hotel zu begleiten. Nach 3 Stunden war ich dort wieder angekommen. Mehr als die erstandenen Souvenirs wird mir aber die Art und Weise in Erinnerung bleiben, wie ich zu diesen gekommen bin.

Dennoch mußte ich versuchen, so langsam wieder Timbuktu zu verlassen, was sich als etwas schwieriges Unterfangen gestalten sollte. Nochmal Pinasse wollte ich mir nicht antun, Flug war keiner in Sicht und auch ein Auto, welches Richtung Mopti oder Gao fahren sollte, war nicht in Sicht. So blieb mir nichts anderes übrig, als erst einmal hier zu bleiben, was mir allerdings nicht schwer fiel. Timbuktu ist eine Stadt, die man auf sich wirken lassen muß. In der man mit den Einheimischen ins Gespräch kommen muß, um Erfahrungen auszutauschen. So lernte ich Hamada kennen, der viel über die Vorzüge des Islam und Timbuktus zu berichten hatte. Ein gesunder Mensch müsse an Gott glauben. So hat beispielsweise nur ein echter Gläubiger die Chance in der Sahara zu überleben, damit Allah sein Flehen nach Wasser und Nahrung erhört. Daher habe auch ein Europäer alleine in der Wüste keine Chance, da er nicht stark genug an Gott glaube. Oder Mahamadou, der ein übereifriger Koranschüler war. Er lernte den Koran sehr schnell aber dadurch auch nur sehr oberflächlich kennen und dadurch waren seine Studien nicht gewissenhaft genug, wie Allah sie eigentlich vorschreibt. So folgte die Strafe Gottes. Mahamadou hat vertrete Füße und kann ohne Krücken nicht mehr laufen. Doch er sieht seine Fehler ein, so bestätigen es jedenfalls Mahamadou und Hamada....

Irgendwann war es also dann doch so weit. Es ging zum Flughafen von Timbuktu. Wohin ich allerdings fliegen würde, stand noch nicht fest. Sollte die große Maschine aus Bamako kommen, würde ich direkt nach Bamako fliegen, da der Flughafen in Mopti zu klein für diese Maschine sei. Sollte die kleinere kommen, hätte ich Glück und wir würden in Mopti landen. Ich hatte Glück. Wobei sich dies aber erst herausstellte, nachdem ich mein Gepäck eingecheckt hatte. So konnte ich meine Reise über Mopti also nach Segou fortsetzen, so wie ich es geplant hatte.

© Christian Werner, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
über Mopti, Djenné, das Land der Dogon, Timbuktu und Segou zurück nach Bamako...
Details:
Aufbruch: 13.09.2001
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 13.10.2001
Reiseziele: Mali
Der Autor
 
Christian Werner berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.