Mauretanien - Senegal - Kapverden

Reisezeit: Mai / Juni 2001  |  von Peter Kiefer

Senegal: Grenzerfahrungen

10. Juni 2001, Nouakchott:

Wir sind früh wieder auf den Beinen. Inzwischen wissen wir, dass es von Nouakchott aus keine direkte Flugverbindung zu den Kapverden gibt. Nicht ganz leichten Herzens entschließen wir uns deshalb auf den nörd-lich gelegenen Küstenpark zu verzichten und steuern stattdessen Dakar an. Die Grenze muss man bis zur Mittagszeit erreicht haben, danach wird sie bis zum Abend geschlossen. Wenn wir also heute noch im Senegal ankommen möchten, darf nichts Unvorhergesehenes dazwischenkommen. Das Taxi, das uns zur gare routière bringen soll, macht bereits nach ein paar hundert Metern schlapp. Ein anderes ist aber zur Stelle. Und dann ist es eins dieser schrottreifen Vehikel, turmhoch mit Gepäck beladen, das nach Rosso, dem Grenzort, fährt. Wir sind in der hinteren Sitzreihe bis zur Bewegungslosigkeit eingequetscht (aber so ist das ja meistens) und erlauben uns den Luxus gelegentlich aufzustöhnen. Es ist eine lange Fahrt und sie führt durch eine wenig imposante Steppenlandschaft, gelegentlich sieht man Nomadenzelte zwischen braunschwarzen Lehmhäusern. Wir passieren verschiedene Polizeiposten; zum Glück lässt man uns mit Pass- oder Gepäckkontrollen in Ruhe. Auf der Hälfte der Strecke steigt ein weiterer Mann zu, er übernimmt jetzt das Steuer und mit ihm ist die vordere Sitzreihe dermaßen überfüllt, dass sich nicht ein-mal mehr die Tür auf der Fahrerseite schließen lässt. Dann die Grenze, buchstäblich eine Grenzerfahrung. Kaum dass unsere weißen Gesichter auftauchen, bestürmt uns eine Horde Jungs. Jeder will etwas, Geld tauschen, uns zum Boot bringen, das über den Grenzfluss fährt, irgendwas. Der Spuk endet erst am Nadelöhr der Zollkontrolle. Aber wir wissen wohl, was uns nun bevorsteht, die Frage nach der Devisenerklärung. Man gibt bei der Einreise gewöhnlich an, was man an Devisen mit sich führt und lässt sich dann die jeweils getauschten Beträge von den Banken quittieren. Nun hatte freilich bei unsrer Ankunft niemand nach Devisen gefragt, und wir selbst, die wir, wo immer möglich, unser Geld schwarz tauschen, waren nicht scharf auf das Ausfüllen eines weiteren Formulars, auf dieses am wenigsten. Jetzt kriegen wir deswegen Schwierigkeiten. Wir ergehen uns in Erklärungen, mimen abwechselnd Empörung und Hilfebedürftigkeit. Man hat die Nase bald voll von unserem Theater und lässt uns durch. Trotzdem hat die Angelegenheit noch eine Fortsetzung, denn einer der Zöllner wittert seine Chance und läuft uns hinterher. Er verlangt eine Ausreisegebühr. So was gibt es gar nicht, aber er bedrängt uns und wir haben einige Mühe ihn wieder los zu werden. Dann besteigen wir die zwar voll besetzte, aber deshalb noch lange nicht genügend überfüllte Piroge. Bis sie endlich überquillt, vergeht noch eine halbe Stunde. Dann fährt sie drei Minuten über den Senegalfluss. Am Ufer drängeln sich die Ankommenden dann alle um ein kleines Gebäude, den dortigen Zoll. Der will Geld von uns. Wofür, an wen? Fragen dieser Art führen natürlich zu gar nichts. Ein Zollbeamter in Zivil, der alle herumdirigiert, will partout unsere Weiterfahrt organisieren und versucht mir in einem fort Geldscheine aus der Hand zu zupfen, um sie an irgendwen weiterzureichen. Mir reicht's bald und ich sage ihm meine Meinung. Er überlegt kurz und entschuldigt sich, immerhin. Der Grenzort Rosso ist laut, heiß, schäbig. Nicht ganz so unangenehm, weil nicht überfüllt und nicht überladen, ist das Buschtaxi nach Saint Louis. Offenbar sind die Regeln im Senegal etwas strenger. Außer uns beiden sitzen mauretanische Schmugglerinnen, lustige Frauen, im Wagen und was folgt, sollte man vor allem unter sportlichen Gesichtspunkten betrachten. Das nachlässig unter den Sitzen verstaute Schmuggelgut (überwiegend Textilien) ist sicher leicht aufzuspüren, aber vier Polizeikontrollen entgeht es dennoch. Vielleicht ist das eine oder andere cadeau mit im Spiel. Aber egal, 50 Kilometer hinter der Grenze, bei der fünften Kontrolle, fliegt alles auf. Die Tüten und Beutel verschwinden in Windeseile in einem Polizeiauto, und kaum ist es damit beladen, braust es los. Im Taxi ein großes Palaver, demnächst wird man natürlich in die nächste Runde gehen. Wenig später Saint Louis. Die Stadt an der Mündung des Senegal erstreckt sich über eine Insel und einen Teil des Festlands. Das Hotel, das wir ansteuern, La Louisiane am nördlichen Ende der Insel, veranlasst Karin zu der Bemerkung, das sei ja "wie Urlaub". Tatsächlich sind die Zimmer alle auf sehr unterschiedliche und originelle Weise eingerichtet. Rings um das Sonnenzelt im Hof blühen Blumen, man hört das Wasser des Flusses plätschern und wir genießen das erste kalte Bier auf der Reise. Im Restaurant N'Dar Guedj um die Ecke gibt es an diesem Abend eine beachtliche Fischplatte. Allenthalben freundliche, liebenswürdige Menschen, das schwarze Afrika hat uns wieder.

© Peter Kiefer, 2005
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Eine Rucksackreise durch Teile Mauretaniens, des Sengal und der Kapverdischen Inseln, nur um irgendwo unterwegs meinen 50. Geburtstag zu feiern.
Details:
Aufbruch: Mai 2001
Dauer: circa 5 Wochen
Heimkehr: Juni 2001
Reiseziele: Mauretanien
Senegal
Kap Verde
Der Autor
 
Peter Kiefer berichtet seit 19 Jahren auf umdiewelt.
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