Togo und Benin

Reisezeit: Dezember 2015 - Januar 2016  |  von Beate Böttner

08.01.16 - Porto Novo und Ganvié

Der Morgen beginnt später als geplant

Um 7:30 Uhr war Frühstück bestellt. Ich schaffte es nicht ganz, kam aber trotzdem pünktlich. Um 7:30 Uhr war das Restaurant nämlich noch geschlossen. Es kam erst jemand um 07:40 Uhr. Wieder gab es keine Butter, aber ausreichend Marmelade und sehr frisches Baguette, nebst dem üblichen Nescafé. Außerdem war die Frau so freundlich und schnitt unsere letzte Ananas auf, die wir schon seit Togo im Auto hatten. Die wollte ich eigentlich entsorgen, doch wider Erwarten schmeckte sie sehr gut und war noch völlig in Ordnung. Aufgrund des späteren Frühstücks verzögerte sich unsere Abfahrt etwas. Doch das war kein Problem.

Wasser holen

Wasser holen

Streckenplan

Von Dassa-Zoumé sollte es heute nach Ganvié ins Stelzendorf gehen. Also wieder eine mehrstündige Autofahrt. Diese unterbrachen wir in einem Ort und liefen einen Kilometer an der Straße entlang, schauten hier und schwatzten da, ließen uns fotografieren und fotografierten selbst, kauften Bananen und Kleingebäck frisch aus dem Ölbad.
Leider stürzte Gerda von der Straßenkante, blieb aber unverletzt. Nur ihren Fotoapparat hatte es entschärft. Sie konnte sich glücklicherweise mit dem vorsichtshalber als Ersatz mitgenommenen alten Apparat behelfen, wenn der auch längst nicht so gute Bilder machte.

So habe ich hier oft Menschen sägen sehen

So habe ich hier oft Menschen sägen sehen

Mittagspause

Dann fuhren wir weiter nach Porto Novo, dem politischen Zentrum Benins. Hier war heute Markttag und ein irres Gewimmel herrschte. Wir kehrten zunächst zum Mittag ein. Ulrich, Emma und ich entschieden uns nur für eine Kleinigkeit - Crêpes mit Konfitüre. Ich fing an zu essen, während die beiden anderen noch lange vor ihrem Essen saßen und auf irgendetwas zu warten schienen. Mir schmeckte es derweil schon mal gut, wenn die Konfitüre innen drin auch spärlich war. Dann wandten sich Emma und Ulrich an François und meinten, es würde noch die Konfitüre zum Crêpes fehlen. Ich erklärte ihnen, dass die bereits in dem zu einem Viertel zusammengelegten Eierkuchen enthalten sei. Das wollten sie gar nicht glauben. Fingen dann aber doch an zu essen und nahmen eine Spur von Geschmack war, nicht ohne zu bemerken, dass es schon ein wenig mehr hätte sein können. Ich bestellte mir zum trinken einen Baobab-Juice. Der schmeckt wirklich gut, ist auch nicht so sehr süß. Nach dem Essen funktionierte auch das Wasser wieder. Das war bei unserer Ankunft nicht so. Da gab es gar keins. Weder zum Händewaschen noch auf der Toilette.

Solarpaneele im  Straßenverkauf

Solarpaneele im Straßenverkauf

Ethnologisches Museum in Porto Novo

Nun fuhren wir weiter zum 1962 gegründeten ethnologischen Museum der Stadt, durften auch hier wieder nicht fotografieren, was nicht mehr aus der Gruppe kommentiert wurde, schlossen unsere Sachen ein und ein Museumsführer führte uns durch die interessante Ausstellung. Wir erfuhren, dass das Museum auf das Gelede der Yoruba, mehr einer Sprachgruppe denn ein gemeinsames Volk, spezialisiert ist. Auch die Bedeutung der hier ausgestellten Masken wurde uns erklärt. So ist Gelede ein Tanzritual der Yoruba. Es findet insbesondere zu Ehren der Mutterschaft, der weiblichen Vorfahren und der alten Frauen statt. Männer stellen sich zu Gelede mit geschnitzten Kopfaufsätzen und Kostümen als Mann und Frau dar und vollführen zu Gesang und Trommelbegleitung einen Tanz, der die jeweilige Geschlechterrolle porträtiert. Mit der Ehrung soll gleichzeitig auch eine Besänftigung der bösen Seite der weiblichen Mächte erfolgen.
Auf der ethnografischen Karte von Benin war dargestellt, welche Ethnien aus welchen Ländern einst nach Dahomey (seit 1975 Benin) gekommen waren. So ist auch erklärlich, warum hier um die 40 verschiedene Sprachen und Dialekte gesprochen werden. Um den ehemaligen Justizminister Alexandre-Sénou-Adandé zu ehren, der sehr viele Sprachen sprach, verlieh man dem Museum seinen Namen.
In anderen Räumlichkeiten sahen wir die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Kalebassen. Mal als Spucknapf für den König, gleich mit Deckel, denn die Spucke des Königs durfte nicht von jedem gesehen werden. Auch Schüsseln, Trinkgefässe, Lampen und diverse andere Gebrauchsgegenstände konnten wir bewundern.

Machen die Kinder diese Arbeit freiwillig?

Machen die Kinder diese Arbeit freiwillig?

Kinder in Schulkleidung in der Pause beim Soccer. Und die anderen gehen nicht zur Schule?

Kinder in Schulkleidung in der Pause beim Soccer. Und die anderen gehen nicht zur Schule?

Muslimisches Viertel

Anschließend fuhren wir ins muslimische Viertel, um der alten Moschee einen Besuch abzustatten. Leider kann man nicht hinein. Doch schon von außen war sie sehr imposant, sehr farbenfreudig. Gleich daneben steht die neue Moschee, ein sehr modernes Bauwerk. Wir wären gern noch durch die Straßen des muslimischen Viertels gewandelt, doch die Zeit reichte nicht.

Die Alte Moschee in Porto Novo

Die Alte Moschee in Porto Novo

Der Palast des Königs Toffa

Es stand noch die Besichtigung des Palastes von König Toffa auf dem Programm. Erst landeten wir am privaten Haus des Königs, in dem seine Frauen wohnten. Es stieg daraufhin ein Mann zu uns in den Bus und wies uns als Beifahrer den richtigen Weg. Dort angekommen, gesellte sich ein älterer Herr zu uns, der uns gern durch den Palast begleiten wollte. Er spräche jedoch besser englisch als französisch. Kein Problem. Wir wollen es versuchen und wenn es nicht klappt, würde François als Dolmetscher einspringen. Doch es ging sehr gut, wir verstanden ihn und er uns. Den letzten König gab es hier von 1946 bis 1976. Der Sohn dieses letzten Königs war jedoch ein Kämpfer und so kam er nicht auf den Thron, der nun bis heute unbesetzt ist. Vor dem Tag, da ein neuer König sich dem Volk zeigte, wurde er 27 Tage lang in den Palast und sein Amt eingeführt. Für mich neu war die Königsmutter. Ich dachte bislang, es sei die richtige Mutter des Königs. Jedoch weit gefehlt. Auserkoren wurde eine der Tanten oder Cousinen des Königs, die bereits in der Menopause sein musste. Sie hatte auch eine Assistentin. Die Königsmutter war immer in weiß gekleidet. Sie hatte ihre eigenen Gemächer hier im Palast.

Kleiner Snack, frisch aus dem Ölbad

Kleiner Snack, frisch aus dem Ölbad

Seine Frauen wohnten nicht mit im Palast. Sie hatten ihre Bleibe in der Stadt und kamen ihn nur besuchen. Es gab den Hof der Erholung, einen Warteraum für diejenigen, die um Audienz gebeten hatten und auch einen Hof mit einem Badebassin. Doch nie hat jemand einen König baden gesehen. Warum auch? Ein König ist immer rein, er braucht kein Bad. Natürlich gab es einen großen Platz, auf dem das Volk dem neu Inthronisierten huldigte. Nachdem der letzte König gestorben war und sein Sohn nicht König werden konnte, entschied die Regierung Benins, den Palast in ein Museum umzuwandeln. Hierfür wurde auf dem "Platz des Volkes" ein großes Podium aus Zement gegossen, das heute als Bühne für künstlerische Darbietungen aller Art dient. Auch Hochzeiten kann man hier feiern. Besonders interessant war ein sogenanntes Dunkelzimmer. Hier hatte ausschließlich der König Zutritt. Es diente dazu, dass er sich darin das Leben nehmen konnte, wenn er beispielsweise ein Schlacht verloren hatte. Im Laufe der Zeit sollen sich der Historie nach insgesamt zwei Könige das Leben genommen haben. Einer erstach sich, der andere vergiftete sich. Wenn jemand starb, wurde er in eine Strohmatte gewickelt und beerdigt. Der König hingegen wurde in ein Leinentuch gebettet. Erst die Europäer brachten Särge nach Dahomey. Auch die Türen waren interessant. Die normal großen Türen waren dem König vorbehalten. Alle anderen waren so niedrig, dass die, die dort hindurchgingen, sich unweigerlich bücken mussten und sich auf diese Weise vor dem König verneigten.
Auch erfuhren wir, dass, wenn ein König gestorben war, niemand sagte, dass der König tot ist. Vielmehr hieß es immer, der König sei auf Reisen. So war sein Geist für das Volk immer da.

Souvenirshop

Die Führung endete auf einem Innenhof, wo die Produkte einiger Handwerker käuflich zu erwerben waren. Wir wollten dann noch in den Souvenirshop. Francois sprach einen jungen Mann in einer Hängematte an. Doch der meinte, es sei schon geschlossen und derjenige welcher sei auch nicht mehr da. Daraufhin sprach ich einen anderen Mann, der irgendwo da saß, an und fragte ihn, ob er bitte öffnen könnte. Er ging darauf hin zu dem in der Hängematte Liegenden und irgendwann erhob er sich tatsächlich und öffnete etwas mürrisch die Tür. Das Angebot war überschaubar und so verliessen wir den Laden ohne Souvenir.

Papayas

Papayas

Durch Cotonou nach Ganvié

Nun starteten wir zu unserem nächsten Übernachtungsort - Ganvié. Wir durchfuhren Cotonou mit seinem abartigen Verkehr. Wir würden es bei uns sicher als Chaos bezeichnen, doch wie häufig in anderen Ländern fließt der Verkehr dennoch irgendwie, kreuz und quer, mit permanentem Hupen. In Cotonou gibt es sogar teilweise extra Spuren für die Motorräder. An einer Kreuzung nahm ich eine Ampel wahr. Nach der schienen sich auch alle zu richten und zwar ganz genau. Ein Mann zog einen sehr schweren Karren hinter sich her über die Kreuzung. Die hatte er ganz sicher bei grün betreten. Er gab sich redlich Mühe, den Karren so schnell als möglich über die breite Straße zu bekommen. Doch dann bekamen wir grün und alles rauschte los. Der Mann schien niemanden zu interessieren. Er hat mit Ach und Krach seinen Wagen zum Stehen gebracht ohne unter einem Auto zu landen.
Cotonou geht nahtlos über in eine andere sehr belebte Stadt: Abomey-Calavi. Hier passierten wir ein großes Universitätsgelände und bald bogen wir nach rechts ab Richtung Ganvié.

Gesonderte Motorradspuren

Gesonderte Motorradspuren

Ganvié

Ganvié ist eine Stadt auf Stelzen gebaut, mitten im Nowke-See. Etwa 25 - 30.000 Menschen wohnen hier. Man kommt dorthin nur mit dem Boot. Ursprünglich wurde der Ort als Schutz vor den Sklavenfängern aus Dahomey errichtet, denen es verboten war, Wasser zu betreten.
Am Hafen luden wir unsere Sachen aus und verabschiedeten uns von dem Busfahrer, der sich an Land ein Zimmer nahm. Es herrschte ein dichtes Gedränge an Booten und Menschen. Es gab kleinere und größere Boote, viele von Kindern in Bewegung gesetzt. Kaum ein Boot hatte keine Waren an Bord. Von Fotografieren hielten die Menschen allerdings nicht allzu viel. Wann immer sie einen Fotoapparat entdeckten, nahmen sie die Hände oder einen großen Gegenstand vor ihr Gesicht.
Wir bestiegen unser Boot und stachen motorisiert in See. Hinter uns verabschiedete sich allmählich die Sonne und tauchte Wasser, Schilf, Boote und Menschen in ein bezauberndes Licht. Kormorane ließen ihre Flügel weit aufgespannt in hohen Schilfgürteln trocknen, uns begegneten Reiher und Eisvögel.
Nach etwa einer halben Stunde hatten wir unser Ziel erreicht.

Im Hafen

Im Hafen

Die Unterkunft

Die Zimmer, die wir bezogen, waren die einfachsten auf der ganzen bisherigen Reise. Es waren mehr oder minder nebeneinander liegende Bretterverschläge, voneinander eben durch Bretterwände getrennt. Das Zimmer selbst hatte auch noch eine Teilung durch eine Bambuswand erfahren. Gleich hinter der Eingangstür befand sich der Sanitärbereich, bestehend aus Waschbecken, europäischer Toilette und Dusche. Na bitte, geht doch, ganz schön komfortabel. Das stellte sich bald als Irrtum heraus. Das Problem: es gab kein Wasser um all die Sanitäranlagen zum Laufen zu bringen. Doch ganz ohne Wasser mussten wir nicht bleiben. Wenig später brachte eine junge Frau einen etwa 10 l fassenden Wassereimer auf dem Kopf die schmale Wendeltreppe hinauf und bestückte jedes Zimmer damit. Hinter dem "Bad" befand sich der Schlafbereich. Ein einfaches Bett mit Moskitonetz. Das Kopfkissen fühlte sich an wie mit Gras oder Heu gefüllt, es gab nur ein Laken, keine Zudecke. Als ich um etwa 18:30 Uhr das Zimmer betrat, konnte ich mir auch gar nicht vorstellen, was ich hier mit einer Zudecke sollte, und sei sie auch noch so dünn. Maman "M", die das ganze Areal besitzt, hat viel mit Zement gearbeitet, nicht nur mit Holz, wie viele andere Häuser in der Stelzenstadt. Strom gibt es, wenn es dunkel ist bis zum Hellwerden, also etwa von 19:00 Uhr bis 07:00 Uhr.

Anstehen an der Wassertankstelle

Anstehen an der Wassertankstelle

Das Leben auf und mit dem Wasser

Bis zum Abendessen um 20:00 Uhr blieb noch ausreichend Zeit, so dass ich mich auf eine Art Terrasse setzte und das Leben auf dem Wasser an mir vorbeiziehen ließ. Manchmal wirkte es, als würde sich das Haus sanft hin und her bewegen, im "Takt" der kleinen Wellen. Einfach schön. Uns gegenüber war eine Wasserverkaufsstelle. Aus einem dicken Schlauch wurde Wasser in die Tonnen gefüllt, die auf den Booten standen, die der Reihe nach an der "Tankstelle" hielten. Als ich das sah und mir meine 10 l Wasser im Eimer fürs Duschen, Toilettengänge und morgendliche Wäsche in Erinnerung rief, wurde die Bedeutung des Wassers noch einmal sehr deutlich.
Das Abendessen wurde im Freien zubereitet. Wir wurden verwöhnt mit Gemüsesuppe, Reis, Spaghetti, Kochbananen, Fisch und Tomatensauce. Zum Nachtisch bekamen wir frische Ananas.

Das Orakel "Fa"

Nach dem Abendessen hatten wir noch die Möglichkeit, das Orakel Fa zu befragen. Bonoko (der das Orakel bediente) sprach kein Wort französisch, so dass die Tochter des Hauses zum Übersetzen kam. Wir wurde eingeführt in das orakeln. Ich wollte meine Frage an das Orakel loswerden. In welcher Sprache ich das Orakel befragte, sei egal. So flüsterte ich, eine 500 CFA-Münze und einen großen Samen in der Hand, meine Frage in meine Hand. Das Orakel gibt keine konkreten Antworten, sondern antwortet in "Sprichwörtern". Natürlich gibt er auch negative Antworten. Die wollen gut überlegt sein. Doch die beiden Antworten, die ich bekam, stellten mich zufrieden. Die erste lautetete sinngemäß, dass niemand meinem Kind etwas antun wird. Die Zweite hieß sinngemäß, dass, wenn ich einen Fisch an der Angel habe, ihn mir niemand wegnehmen kann. Doch wenn Sturm ist, soll ich diesen Fisch nicht angehen. Beides passt für meine Frage. Ich werde es beherzigen, hoffe ich, und mein Ziel erreichen und somit den Wunsch erfüllt bekommen.

Das Orakel "Fa" mit Bonoko

Das Orakel "Fa" mit Bonoko

Zur Guten Nacht

Noch lange blieb ich danach draußen sitzen, wo ein frisches Lüftchen wehte. Kurz vor Mitternacht bin ich dann in mein Zimmer gegangen und nach dem Vertreiben eines Käfers aus meinem Bett, Bereitlegen der Taschenlampe, Herunterlassen des Moskitonetzes habe ich mich zur Ruhe begeben. Später fröstelte ich doch etwas und nahm mir meinen dünnen Seidenschlafsack, den ich seinerzeit in Vietnam gekauft hatte.

© Beate Böttner, 2016
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Modernes Westafrika voller Traditionen, Wanderungen von Dorf zu Dorf, durch Sahel-Vegetation und Tropenwälder, Feuer- und Maskentänze, die Magie des Vodun, nachhaltigen Projekten begegnen, Einblick in traditionellen Nomaden-Alltag
Details:
Aufbruch: 28.12.2015
Dauer: 3 Wochen
Heimkehr: 16.01.2016
Reiseziele: Togo
Benin
Der Autor
 
Beate Böttner berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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