In 208 Tagen um die Welt

Reisezeit: Oktober 2006 - April 2007  |  von Helena Graf

Goa-und das Klischee ist Fleisch geworden...

Die Benutzung dieses Reiseberichtes erfolgt auf eigene Gefahr. Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie den Autor oder schreiben sie etwas ins Gaestebuch. Es wird ausdruecklich vor akuten, starken bis sehr starken Anfaellen von Fernweh und Neid gewarnt. Personen die zu oben genannten Symptomen neigen, wird von dem Gebrauch des Produkts ausdruecklich abgeraten!
Nachdem wir saemtliche Schwierigkeiten in Jaipur ueberwunden haben und sogar ein Zugticket auf fast direktem Weg nach Goa ergattert haben, machen wir uns auf den Weg ins Hippiparadies Asiens. In Erwartung auf weisse Sandstraende, kristallklares Wasser und Palmen ohne Ende springen wir in der zweitgroessten Stadt Goas nach 11/2 Tagen zugfahren nicht mehr ganz frisch aus der Eisenbahn. Es ist noch viel heisser als in Jaipur oder Bombay. Nassgeschwitzt erreichen wir den Bushof, von wo der Bus nach Palolem, einem ganz beschaulichen, kleinen ruigen Stranddoerfchen abfahren soll. Nach gar nicht allzulanger Zeit haelt auch eine der ueblichen Klapperkisten mit quitschenden Reifen am Strassenrand und der ebenso uebliche Busbegleiter, der normalerweise wie ein Klammeraeffchen draussen am Bus haengt, springt ab und bruellt den Wartenden "Palolempalolempalolempalolem!!!!!!" entgegen. Soweit so gut, da wollen wir hin. Aber nicht nur wir, auch die restliche Bevoelkerung Goas hat offenbar beschlossen einen Strandtag in Palolem einzulegen und eben diesen Bus bestiegen. Der ist naemlich komplet vollgestopft. Weil wir befuerchten, dass der naechste nicht weniger ueberfuellt ist, quetschen wir uns seufzent zwischen die im Bus stehenden und schwitzenden Menschenmassen. Und schwuppdiewupp eine Stunde spaeter kommen wir noch viel nassgeschwitzter und sehr genervt, muede und hungrig in Palolem an. Und werden nicht enttaeuscht. Palmen gibt es en masse, der Strand leuchtet weiss, nur das Meer ist, ganz indialike, mehr kackbraun als kristallblau. Wir schleppen uns mit letzter Kraft den Strand entlang und klappern die unzaeligen Strandhuettendoerfer nach einer billigen Unterkunft ab. Fast wollen wir uns schon damit abfinden, dass wir diesmal wohl nicht mit 3Euro fuer zweit Personen pro Nacht auskommen, als wir ein, zwar nicht direkt am Wasser gelegenes, aber trotzdem wunderschoenes Bambushuetten-Strand-Hoteldoerfchen finden.

Unsere Huette hat zwar kein Bett(nur eine Matratze auf dem Boden) aber dafuer ein Fliegennetz.
Die naechsten zwei einhalb Tage verbringen wir mit am Strand rumgammeln, in den unzaeligen Strandbars Pinapple-Lassis schluerfen, schwimmen, uns von indischen Touris fotografieren lassen (die Inderinnen gehen alle im Sari schwimmen), unglaublich kitschige Sonnenuntergaenge bestaunden und in den vielen kleinen Shops shoppen gehen. Am Strand gibt es sehr viele Strandhunde. Unser "Hotel"-Besitzer hat zwei kleine Hundewelpen gefunden, deren Mutter offenbar keinen Bock auf Kinder hatte, die er nun aufpaeppelt.

Deshalb verbringen wir auch noch einen nicht von der Hand zu weidsenden Teil unseres Aufenthaltes mit im Sand sitzen und Hundebabys streicheln.
An einem Abend werden wir von Krishna, dem indischen Bob Marley zum kochen eingeladen. Er zeigt uns wie man Chapatie macht und Dhal mit Reis kocht.

Am naechsten Morgen machen wir mit zweit Schweizerinnen zusammen eine Fischerbootstour um Delphine anzugucken. Sie machen zwar keine meterhohen Spruenge, zeigen sich aber trotzdem zwischendurch mal.
Nachdem wir Hampi erfolgreich besichtigt haben (siehe Kapitel Hampi) duesen wir, mal wieder mit dem Sleeper Bus, nach Panjim, der Hauptstadt Goas. Uns ist zwar schon vorher aufgefallen, dass Goa ziemlich unindisch ist, aber hier bekommen wir es erst richtig zu spueren. Es faengt schon damit an, dass wir in einem superchicken Zimmer mit hohen Decken und Fernseher unterkommen. Nachdem wir uns erstmal von der 12 Stunden Busfahrt erholt haben, machen wir einen Stadtspaziergang. Es gibt hier so gut wie keine Motorrikschas und keine Fahrradrikschas. Die Strassen sind nur maessig befahren, richtig sauber und es gibt Buergersteige. Ueberall zwischen den knallbunt gestrichenen Haeusern sieht man strahlend weisse Kirchen und grosse Gebaeude im Kolonialstil.

Die portugisische Kolonialherrschaft hat deutliche Spuren hinterlassen. Und angesichts der maechtigen weissen Kirchen, wollten sich die Hindus offenbar nicht lumpen lassen und haben einen wunderschoenen leuchtend orangen Tempel auf einen Huegel ueber die Stadt gesetzt.

An unserem zweiten Tag in Panjim machen wir morgens einen Ausflug nach Old Goa, der Hauptstadt den Staates zur Kolonialstadt. Hier gibt es zwei Restaurants, ein Haus 5 riiiiiesige Kirchen, die auf engstem Raum nebeneinander stehen. Unter anderem kann man hier das Wunder des heiligen Franz Xaviers bestaunen, dessen Leichnam auch heute, 500 Jahre nach seinem Tot nicht verwesen will.

Die Kirchen haben wir relativ schnell abgeklappert und machen uns dann wieder auf den Weg zurueck nach Panjim.
Am naechsten Tag fahren wir zunaechst mit einem angenehm leeren und dann mit einem sehr unangenehm seeeeeehr vollen Bus nach Arambol. Hier soll die legendaere Party anlaesslich meines 23 Geburtstages starten. Es werden sage und schreibe 2 Gaeste erwartet. Wir finden schon wieder eine fantastisch billige Strandhuette. Leider nur in zweiter Reihe, aber mit der Option am naechsten Tag in eine der, zwar etwas teureren, aber dafuer mit Luxushaengematte ausgestatteten Huetten direkt am Wasser umzuziehen.

Arambol ist noch schoener als Palolem, weil hier der Strand nicht so mit Strandhuetten zugebaut ist und bisher wirklich nur sehr wenige Touristen hier sind. An unserem ersten abend essen wir in einer kleinen Bar direkt am Strand, aus der offensichtlich Livemusik toent. Die aelteren Maenner mit langen Zottelhaaren, freien Oberkoerpern, die wilde Tatoos schmuecken und laessig um die Hueften geschlungenen Tuechern stehen zwar mit dem Ruecken zum Publikum und unterbrechen ihre Lieder staendig, aber sowas kann uns nach zwei Monaten Indien und Nepal nicht mehr verwirren. Wir informieren noch Sara, meinen zweiten Gast, wo die Party steigen soll und gehen dann bald ins Bett.
Am naechsten Morgen kommt Sara voellig erschoepft nach einer 12 Stunden Bustour aus Bombay an, an deren Ende der Fahrer auch noch an Arambol vorbeigefahren ist.
Wir verbringen den Tag mit einem langen Strandspaziergang und befinden uns die restliche Zeit im Wasser oder auf den Strandliegen unseres Hotels.
Abends sitzen wir gemuetlich mit ein paar anderen Hotelgaesten (die meisten sind Israelis, davon gibts hier naemlich tausende) in der Beachbar und feiern in meinen geburtstag hinein. Die Israelis geben ihre Deutschkenntnisse zum besten. Wir sind beeindruckt, welch existenziell wichtige Saetze sie von sich geben koennen:"Ach Unsinn, ich bin doch kein Kamel, ich bin ein Dromendar!"(????!!). Gegen halb zwoelf stellt einer der Kellner wortlos und andaechtig folgendes Schild auf unseren Tisch, was allerdings eher das Gegenteil bewirkt.

Der naechste Tag ist endlich mein Jubeltag! Wir wollen eigentlich eigentlich einen Roller mieten und zum groessten und aeltesten Hippimarkt Indiens fahren, der jeden Mittwoch stattfindet. Aber das wollen auch alle andern Touristen in Arambol und deswegen ist kein Roller aufzutreiben. Yvonne schenkt mir einen Gutschein fuer eine Ayuvedamassage, die ich auch gleich nach dem Fruehstueck in Anspruch nehme. Nach einer Weile finden wir auch einen Laden, der auch weibliche Masseure hat. Darueber bin ich auch spaetestens nachdem sie mich auffordert mich komplet nackt auszuziehen, sehr froh. Zunaechst laesst sie aus einem speziellen Behaelter warmes Oel auf meine Stirn fliessen und massiert meinen Kopf. Danach beginnt die eigentliche Massage und sie walzt mit viel Oel ueber meinen ganzen Koerper. Nach einer weiteren Stunde wanke ich vollkommen entspannt zurueck zum Strand und lasse mich in die Haengematte vor unserer Huette fallen (wir sind inzwischen umgezogen).

Abends gehen wir in ein kleinen Restaurant dass auf den Felsen direkt ueber dem Meer liegt und essen zur feier des Tages Seefoot. Wir bestellen eine Platte fuer drei Personen und bekommen zwei koestliche Fische, viele Garnelen und Tintenfisch. Dazu gibts Salat und Pommes. Der Spass kostet uns 12 Euro. Nach einem abschliessenden Supernachtisch laufen bzw. rollen wir zu der Bar, in der wai schon am ersten Abend gegessen haben, den von dort hoert man wieder Livemusik. Das vorgestern war offenbar nur eine Probe, denn heute bietet uns die Band alles was zu einem Konzert dazugehoert. Sie sind zwar nicht wirklich gut, machen aber eine Bomben Stimmung. Die Tanzflaeche wir von einer riesen Horde Klischee-alt-68er gestuermt. Der naechste Programmpunkt ist ein Didgeridoospieler. Wir setzen uns direkt vor der Buehne auf den Boden und bekommen promt jeder eine Art Rassel in die Hand gedrueckt. Die Band und das Publikum machen alle einfach irgendwelche Geraeusche zu den Klaengen des Didgeridoo und das Ganze hoert sich sehr cool an.

Schliesslich ergreift der Oberhippi das Mikri und performt einen ganz speziellen Didgeridoo-am-Strand-von-Arambol-Song (irgendwas von "create your own reality"). Ich schaue mich ain bisschen um hier wird wirklich meine Klischeevorstellung von Goa zum Leben erweckt. Auf der Tanzflaeche wiegt sich ein ziemlich zugedroenter, braungebranter, zotteliger Opi im Takt der Musik, an der Bar sitzt die dazugehoerige Omi und dreht sich einen Joint.
Nach dem Didgeridookonzert muss die Musik leiser gedreht werden, weil sonst die Polizei kommt (uns war nicht bewusst, dass es sowas in Indien ueberhaupt gibt). Ein Typ jongliert in der Mitte der Bar ziemlich gekonnt mit einem Hut und uns kommt die besondere Ehre zu teil, dass sich der Leadsaenger der Band und der Oberhippi zu uns an den Tisch setzen.

Der Saenger erzaehlt, waehrend er sich eine riesen Tuete baut, dass er jedes Jahr vier Monate in England als Architekt arbeitet und des Rest des Jahres hier am Strand verbringt. Und dann kommt es, wie es kommen muss und sich fuer Indien gehoert, und der Strom faellt aus. Die Menschen fallen sich in die Arme und singen einfach irgendwas um den Mangel an Musik zu ueberbruecken. Es ist eine seeehr sehr coole Geburtstagsparty. Irgendwann schlendern wir durch die sanfte Brandung zurueck zu unseren Huetten und beschliessen under dem atemberaubenden Sternenzelt am Strand zu schlafen. Es funkeln eine Millarde Sterne und eine Sternschnuppe nach der anderen rast ueber den schwarzen Himmel. Irgendwann gehen mir aber die Wuensche aus und ich schlafe sehr zufrieden ein.

© Helena Graf, 2006
Du bist hier : Startseite Asien Indien Goa-und das Klischee ist Fleisch geworden...
Die Reise
 
Worum geht's?:
Nepal-Indien-Neuseeland-Chile-Peru-Bolivien-Argentinien
Details:
Aufbruch: 02.10.2006
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: 27.04.2007
Reiseziele: Indien
Nepal
Varanasi
Australien
Neuseeland
Chile
Peru
Bolivien
Argentinien
Uruguay
Der Autor
 
Helena Graf berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.