Indien

Reisezeit: Juli / August 2012  |  von Sébastien Vogt

vier Wochen Indien stehen dieses Jahr auf dem Programm. Da der ganze Kontinent vom Monsun heimgesucht wird, werde ich mich auf den Norden konzentrieren und versuchen dem ganzen Regen zu entkommen..

Delhi

10.07.12 - Vertraute Klaenge

So, das Abenteuer kann nun also geginnen... Nach nem kurzen Flug von Frankfurt nach Muenchen ging es dann um acht Uhr abends weiter nach Delhi. Im Flugzeug sass ich neben einem frisch verheirateten deutschen Ehepaar (der Mann ist auch Foerderschullehrer). In Delhi angekommen wurde ich auch zuverlaessig von einem Mann mit Schild erwartet (yeah, das wollte ich schon immer mal haben..). Er erklaerte mir, dass er noch auf einen anderen Gast warten muss, der allerdings erst spaeter kommt und ich deshalb mit einem anderen Fahrer mitfahren solle. So ganz sicher war ich mir aber nicht, ob ich das auch richtig verstanden habe, da die englische Aussprache doch recht, nunja, aussergewoehlich klingt. Hat aber dann doch alles gut geklappt. Unterwegs auf der Strasse wurde ich mit einem sehr vertrautem Geraeusch konfrontiert, das ich das letzte Mal in dieser Weise in China gehoert habe. Jep, es war die Hupe. Auch hier wird sie zu jeder Gelegenheit genutzt. Meine Unterkunft (Hotel Namaskar) liegt in einer kleinen Gasse und hat eine sehr "einladende" Eingangshalle. Es ist sehr einfach eingerichtet, aber in Ordnung. Nur wie ich das "grosse Geschaeft" erledigen soll, weiss ich noch nicht so recht, da sich im "Badezimmer" nur eine grosse Wassertonne mit kleiner Schuessel befindet. Ob ich diesen Schritt wage, weiss ich noch nicht, vielleicht kann ich ja noch irgendwo Klopapier auftreiben..So, jetzt werde ich erstmal ein wenig Schlaf nachholen und dann die Gegend erkunden.
Puh, geschlafen hab ich echt lange und musste mich wirklich aus dem Bett quaelen. Mein Guesthouse liegt direkt an der Main Bazar Rd, welche echt der Knaller ist. Hier ist ein kleines Geschaeft ans naechste dran gequetscht und so viel Verkehr, das hab ich in solchen Ausmassen noch nicht gesehen. Staendig wird gehupt und man muss wirklich aufpassen, dass man nicht von einer Auto-Rikscha oder nem Moppet angefahren wird (Yvonne, jetzt weiss ich wie das mit deinem Vater passieren konnte...). Zwischendurch kommt auch mal ein Ochse mit Gespann an einem vorbei, ein seltsames Bild.

Main Bazar Road

Main Bazar Road

Main Bazar Road (hier noch nicht so voll, war noch frueh morgens)

Main Bazar Road (hier noch nicht so voll, war noch frueh morgens)

Wenn die maennliche Fraktion ihr Selbstbewusstsein aufbauen will, ist das hier der perfekte Ort. Staendig werde ich mit dem Kompliment angesprochen, dass mein Bart doch so toll wird. Das ist ja eigentlich ganz nett, aber dahinter steckt natuerlich pure Absicht. Man wird dann so schnell in ein Gespraech verwickelt und bekommt die Schlepper gar nicht mehr los. Sie laufen dann mit dir und wollen dich nur in ein Touristenoffice schleifen. Dabei gehen sie wirklich geschickt vor, da sie echt hartnaeckig aber stets freundlich bleiben. Auch wenn man ihnen staendig sagt, dass man nicht in so ein Office moechte, bleiben sie stets an deiner Seite. Sobald das Office jedoch erreicht ist, und man immer noch nicht reinmoechte, dann verabschieden sie sich ploetzlich. Oder aber sie wollen ploetzlich Tee trinken gehn. Mal sehen, vielleicht sollte ich meinen Bart einfach komplett rasieren, wobei dann bestimmt schon ein naechster Spruch parat steht...
Das Abendessen habe ich in einem Dachrestaurant zu mir genommen. Von hier oben hat man einen tollen Blick auf die Main Bazar Road (siehe Bilder). Da kein Tisch mehr frei war, hab ich mich zu jemandem gesetzt. Er hiess Bashir und stammt aus dem Irak. Wir haben uns nett unterhalten und er liess mich sogar von seinem Essen probieren. Ich hab natuerlich (Gruss an Jochen und Nicole!) Chicken Curry mit Reis bestellt. War sehr lecker und zum Glueck nicht scharf. Anschliessend bin ich mit Bashir in sein Guesthouse wo wir ein bisschen Fernseh geschaut haben und er mir vier Paeckchen Zigaretten geschenkt hat, da er meinte, dass man die indischen Zigaretten nicht rauchen kann und seine aus dem Irak spott billig waren. Echt netter Typ. Wir wollten uns vielleicht am naechsten Tag zum Essen wieder treffen, mal sehn..
Also nach einem Tag hier in Delhi muss ich sagen, dass es schon aufregend ist, aber auch anstrengend, staendig die Schlepper sich vom Hals zu halten. Mal sehen wie der Tag morgen wird. Fuer morgen habe ich einen Stadtspaziergang klar gemacht. Dabei werde ich von einem ehemaligen Strassenkind gefuehrt, das Ganze ist eine Aktion von Salaam Balaak Trust, einer Organisation, welche sich eben um diese Strassenkinder kuemmert. Bin sehr gespannt!

11.07.12 - ich dachte, ich haette Unterricht freie Zeit!!

Nach dem Fruehstueck (wieder im Dachrestaurant) gings zum Treffpunkt mit dem Guide von der Salaam Balaak Trust - Organisation. Auf mich warteten zwei Jugendliche, die mir von ihrem Leben als Strassenkind erzaehlten und mir ihr Viertel zeigten. So zeigten sie mir beispielsweise wo sie ihre Plastikflaschen abgeben konnten die sie tagsueber gesammelt haben. Leider hab ich nicht immer alles verstanden, aber das Wesentliche wohl hoffentlich schon. Ich hab hiervon allerdings keine Fotos gemacht, da es mir irgendwie unpassend erschien. Am Schluss der Tour zeigten sie mir noch die Einrichtung. Das war echt faszinierend. Die Kinder kamen auf mich so offen zu und wollten mir unbedingt die Hand schuetteln und meinen Namen wissen. In einem Raum bekamen sie gerade Unterricht, natuerlich nicht wie wir ihn kennen. Auf dem Boden sassen die Kinder und fuellten ihr Arbeitsblatt aus. Ein paar Leute aus Irland halfen ihnen dabei. Manche lernten gerade indische Schriftzeichen, andere die schriftliche Subtraktion (fuer die Lehrer: Abziehverfahren...). Da mir das echt gut gefallen hat, hab ich mich dazu entschieden, am naechsten Tag noch mal zu helfen.

Salaam Balaak Trust

Salaam Balaak Trust

Salaam Balaak Trust

Salaam Balaak Trust

Da ich die Nacht nicht so gut geschlafen habe, hab ich mich mittags nochmal auf Ohr gehauen. Ist ja auch gar nicht so verkehrt, die Mittagshitze zu meiden. Am Nachmittag gings dann mit der Fahrradrikscha zum Red Fort. Das Red Fort stammt aus der Bluetezeit der Moguln, einer Zeit einmaligen Prunks mit Eunuchen, geschmueckten Elefanten, Saenftentraegern und mit Edelsteinen verzierten Gebaeuden. Davon ist nicht mehr so viel zu sehen, aber einen Eindruck kann man sich dennoch machen.

Red Fort

Red Fort

Moti Masjid (auf dem Gelaende des Red Fort)

Moti Masjid (auf dem Gelaende des Red Fort)

Eigentlich wollte ich nach dem Rumschlendern im Red Fort zur groessten Moschee Indiens laufen, aber wie das so ist, sass ich ploetzlich wieder in einer Fahrradrikscha. An der Moschee angekommen musste ich leider feststellen, dass zur Zeit gebetet wurde, und Auslaender deshalb nicht rein konnten. Also fuhr mich mein netter Fahrer durch die Gassen von Old Delhi. Hier ist auch alles aneinander gequetscht und verdammt viel Fussvolk unterwegs. Wir quetschten uns also durch verschiedene Bereiche, in denen jeweils eine spezielle Ware verkauft wurde (Wedding Market, Silver Market, Paper Market, Book Market usw.). Nach drei Stunden auf der harten Sitzbank der Rikscha war ich froh, als ich an der Central Station, nicht weit von meinem Guesthouse, rausgelassen wurde.

ein Sebi auf der Fahrradrikscha

ein Sebi auf der Fahrradrikscha

die Stromkabel verlaufen hier etwas willkuehrlich

die Stromkabel verlaufen hier etwas willkuehrlich

12.07.12 - komm in die Gaenge Sebi!

Der heutige Tag begann ziemlich schleppend. Da ich verdammt lange nicht einschlafen konnte (dank bellender Hunde, gefühlten 35C im Zimmer und Entscheidungsschwierigkeiten ob ich lieber die Hitze oder das nervende Geräusch des Ventilators ertragen soll) habe ich dementsprechend länger geschlafen. Den Plan zu den Kindern zu gehen hab ich dann verworfen. Irgendwann am Nachmittag konnte ich mich schließlich aufraffen und bin mit der Metro zum Connaught Place gefahren. Wirklich spektakulär fand ich ihn nicht, vielleicht auch deswegen nicht, da ich nicht shoppen wollte, wozu man hier die Gelegenheit hat. Als ich so lang lief, stand plötzlich ein ca. drei Jahre altes Mädchen vor mir und schnappte meine Hand. Ich wusste nicht wirklich wie ich reagieren sollte und versuchte mich sanft von ihr zu lösen und schnell das Weite zu suchen. Aaaah, solche Situationen sind echt schwierig. Naja, mit der Metro und ner Autorikscha ging's dann weiter zu Qutb Minar. Hier steht eine imposante 73m hohe Säule, die nach oben hin immer schmaeler wird. Am Sockel misst sie im Durchmesser 15m, an der Spitze nur noch 2,5m. Der Qutb Minar ist ein maechtiger, beeindruckender Siegesturm, der auch als Minarett genutzt wurde.

Qutb Minar

Qutb Minar

Der Turm entstand zu Beginn der islamischen Herrschaft in Indien. Frueher befand er sich noch im Zentrum der Stadt, jetzt steht er eher am Stadtrand. Ein paar Meter weiter kann man einen weiteren Turm erkennen, der noch groesser werden sollte, jedoch wurde er nie fertig gestellt, sodass man nur noch erahnen kann, wie hoch dieser haette werden koennen.

Alai Minar (sollte urspruenglich doppelt so gross werden wie Qutb Minar)

Alai Minar (sollte urspruenglich doppelt so gross werden wie Qutb Minar)

Interessant ist auch noch eine eiserne Saeule. Bis heute weiss man nicht, wie diese entstanden ist. Wissenschaftler tappen immer noch im Dunkeln, wie das Eisen, das selbst nach fast 2000 Jahren noch nicht gerostet ist, mit der damaligen Technik gegossen werden konnte.

Eiserne Saeule

Eiserne Saeule

Jetzt wollte ich noch zwei weitere Sehenswürdigkeiten (Humayuns Tomb und Hazrat Nizam-ud-din Dargah) abklappern, aber ich bin planlos rumgeirrt und hab dann irgendwann aufgegeben und bin wieder mit der Metro zurück zum Guesthouse gefahren. Bin ja bald wieder in Delhi, dann kann ich das noch nachholen. Den Abend verbrachte ich mal wieder hoch über der Main Bazar Road in meinem Dachrestaurant.

Da ich noch ein bisschen Zeit zum Tippen habe, kann ich ja noch schnell was los werden: In den letzten Tagen hier in Delhi sind mir einige Sachen aufgefallen, die es so bei uns nicht gibt. Hier ist es völlig normal, dass Männer Hand in Hand oder Arm in Arm die Straße entlanglaufen. Besonders witzig ist es, wenn das Männer mit Turban und langen Bärten tun..
In der Metro sind die ersten zwei Abteile ausschliesslich fuer die Damen reserviert. Das hab ich zwar irgendwann schon mal gelesen, aber komplett vergessen. Natuerlich bin ich prompt bei den Damen gelandet und wurde hoeflich darauf hingewiesen, dass ich hier fehl am Platz war..

© Sébastien Vogt, 2012
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Die Reise
 
Details:
Aufbruch: 09.07.2012
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 06.08.2012
Reiseziele: Indien
Der Autor
 
Sébastien Vogt berichtet seit 14 Jahren auf umdiewelt.