Auf Buddhas Pfaden: "You travel, you rich, you pay!"

Reisezeit: Oktober / November 2008  |  von Adi Meyerhofer

Kathmandu

Blick über Kathmandu zum Sonnenuntergang (der regelmäßig um diese Zeit stattfindende 1-1½stündige Stromausfall macht derartige, nicht durch Straßenbeleuchtung verschandelte, Bilder möglich).

Blick über Kathmandu zum Sonnenuntergang (der regelmäßig um diese Zeit stattfindende 1-1½stündige Stromausfall macht derartige, nicht durch Straßenbeleuchtung verschandelte, Bilder möglich).

Die Fahrt durch die Vorberge des Himalaya geht durch spektakulär steile Schluchten entlang eines Flußbetts hinauf. Auf dem Weg zur Hochebene zwischendurch ein paar Raststops, man konnte z.B. gräucherte Flußfische, Honig oder Frösche kaufen. Mit im Mini-Bus war eine sehr gute englischsprechende nette Chinesin aus Sian (unverheiratet, wie sie mehrmals betonte). Als sie dann aus einem der Rasthäuser auf mich zustürzte und mir einen Apfel anbot, wurde mir die Eva-Analogie dann doch etwas zu heftig ...

Abgesetzt wurde ich irgendwo am südlichen Stadtrand Kathmandus, also ab mit dem Taxi zum einzigen Ort, den ich kannte -- "Freak Street." Davon ist natürlich nur noch wenig übrig, sie liegt aber zentral. In den Tagen darauf habe ich dort einen schönen handgestrickten Pulli gekauft. Es gibt auch noch auf Ausländer spezialisierte Reisebüros.

Wer nach K. fährt sollte sich bereits zu Hause einen Stadtplan zulegen -- es gibt keine Straßennamen, man ist schnell verloren -- denn auf dem Subkontinent sind brauchbare Karten rar. Hilfreich finde ich "Kathmandu & Pathan City, 1:15000" vom Himalayan Map House (ISBN 99933-23-55-1).

"Truth in advertising" (Freak Street, Kathmandu, Okt. 2008)

"Truth in advertising" (Freak Street, Kathmandu, Okt. 2008)

Der gesamte Durbar Square mit den Pagoden und feinst geschnitzten Wänden ist UNESCO-Weltkulturerbe, man hat an einigen Stellen Kontrollstellen (ca. 9-17 Uhr) eingerichtet, die Ausländern 200 NRs (2,05 €) abknöpfen. Nicht gegen Eintritt, besonders wenn er wirklich der Erhaltung dient, aber wenn ich jedes Mal, nur auf direktem Weg zu meinem Hotel oder zum Markt zu gelangen 200 NRs zahlen soll, wird das etwas lästig -- aber die Schleichwege findet man ja schnell. Der Platz ist eben kein Museum, sondern das Stadtzentrum, um das herum das Leben tobt. Um den Square gibt es ein paar Dachterassen-Restaurants (kein Essenszwang) von denen man den Sonnenuntergang über der Stadt genießen kann.

Im Viertel Thamel fand ich das Lansisha Guest House, nach örtlichem Standard ein 3* Hotel, das mit seinen 5 US$ für ein Doppelzimmer eindeutig zu billig für die gebotene Qualität war. Warmes Wasser wie so oft nur auf Bestellung aus dem Eimer.

Eines der berühmtesten Bauwerke Nepals, ist diese Stupa in einem Innenhof einer Seitenstraße gut versteckt.

Eines der berühmtesten Bauwerke Nepals, ist diese Stupa in einem Innenhof einer Seitenstraße gut versteckt.

Fast mehr Tauben als am Markusplatz von Venedig.

Fast mehr Tauben als am Markusplatz von Venedig.

Der große Aufreger in den örtlichen Medien während meines Aufenthalts Ende Oktober 2008 war die Tatsache, daß der 2006 abgesetzte König bei seinem erst kurz zuvor erfolgten Auszug aus dem Palast seine Stromrechnung nicht bezahlt hatte. Angesichts der mehrmals täglich vorkommenden Stromausfälle -- auf den zum Sonnenuntergang konnte man auf die Minute genau wetten -- hätte ich auch nicht gezahlt.

Angesichts des Zustands der Straßen (Nebenstraßen nur geschottert) in Kathmandu ist eine Taschenlampe unerläßlich. Eine lokale Spezialität ist die Art wie Kanalarbeiten ausgeführt werden. Dabei wird an Tag eins, der zu verarbeitende Sand/Zement in einem Haufen mitten in die Straße gekippt, an den Tagen zwei bis drei wird dann von Hand ein Graben ausgehoben, die zwischendurch gelieferten Rohre irgendwo auf die Straße geworfen. Tage oder Wochen später wird vzugeschaufelt, aber nicht verdichtet, so daß eine schöne Buckelpiste ensteht. Auf Luxus wie Absperrgitter kann man verzichten, das Ganze findet bevorzugt in 3 m breiten Bazarstraßen statt, wo Tag und Nacht Lieferungen mit dem Motorrad kommen und Leute die frisch aufgeworfene Erde festtrampeln. (Da lauf durch, wenn der Strom nachts wieder mal weg ist!)

Am und um Durbar Square.

Am und um Durbar Square.

Zahlreiche antike hochwertige Schnitzereien, oft auch an gewöhnlichen Häusern.

Zahlreiche antike hochwertige Schnitzereien, oft auch an gewöhnlichen Häusern.

Kurz zum abgesetzten Königshaus: In Nepal (BSP 2003: 240 US$) haben von der Ideologie des großen Steuermanns inspirierte Freiheitskämpfer (aktiv ab 1995; im nächsten Jahrzeht geschätzt 11500 Tote) nach langen Jahren dann auf dem Verhandlungswege 2006 eine Regierungsbeteiligung erreicht, nachdem König Gyanendra (reg. 2001, ab 2005 auch Regierungschef) zurückgetreten war. Beim Tode des allenfalls nur mäßig beliebtem Birendra, es kam zu dem Massaker zahlreicher Mitglieder der Dynastie durch Prinz Dipendra (er maschierte zum Abendesssen mit einer MP in den Speisesaal und leerte ein paar Magazine), folgte Gyanendra. Er war von Anfang nicht gern gesehen, zum 1.2.2005 erklärte er den Ausnahmezustand und ließ hunderte politisch Aktive verhaften. Seit 2008 sind reaktionäre Elemente in der Politik und besonders der Armee immer noch stark.

"Waste Free Community Programme" (Durbar Sq.) -- höchst erfolgreich wie man sieht.

"Waste Free Community Programme" (Durbar Sq.) -- höchst erfolgreich wie man sieht.

Als nächstes wollte ich Nepal östlich queren, um bei Bagdogra nach Indien einzureisen und von dort nach Sikkim. Ich kaufte mir also im Reisebüro am Durbar Sq. für 4200 Rs. ein "Luxus"-Busticket. Abfahrt sollte um 5 Uhr morgens vom neuen zentralen Gangabu-Busbahnhof sein. Der ist vom Zentrum 14 km nach Norden. Oh, Du naiver Europäer!

Also um 3.30 aufgestanden, 15 Minuten gebraucht, den schlafenden Rezeptionisten zu wecken, damit er das Rollgitter aufmacht. Nach weiteren 20 Minuten kommt ein Tuk-Tuk die vollkommen ausgestorbene Straße entlang, Rezeptionist hilft -- der Fahrer weiß wann er einen "Stich machen" kann: 300 Rs zum Busbahnhof. Ankunft dort 4.25 h. Alles neu, schön! Alles leer, weniger schön. Es hat ca. 7 °C, alles offen. Außer einem freundlichen Nachtwächter nichts und niemand. Später zeigen sich ein paar wohlgenährte Ratten. Um 6 machte die Toilette, dann der Teeverkäufer auf. Man hatte mir im Reisebüro gesagt, nach wem ich an welchem Schalter fragen sollte. Besagter Herr erschien "fahrplanmäßig" (seiner Meinung nach) Punkt 7, war dann aber ehrlich verdutzt als ich meine Fahrkarte hinhielt. Warum der Bus nicht fuhr ist mir nicht ganz klar geworden, wahrscheinlich hat der Monsun sechs Wochen vorher eine Brücke weggewaschen, was man aber im Reisebüro hätte wissen sollen (die hatten extra telephoniert). Eventuell ginge gegen drei Nachmittags ein anderer Bus, aber so genau wußte das keiner und ich müßte eine neue Fahrkarte kaufen. "Fuck this!" -- um acht sollte der nächste Bus nach Süden zu indischen Grenze gehen.

Also Ticket her und ab (pfeif auf die 4000 im Reisebüro), es war fünf vor acht -- wieder kein Bus. "This Nepal, never on time" gegen ¾9 dann "get in here," ein Kleinbus ohne Fenster. Man fuhr aufs Wildeste durch die Stadt, der zur Tür hinauhängende "Schaffner" war durchgehend am Fahrziel ausraufen. Nachdem dieser Bus nicht voll wurde, durfte ich umsteigen, später dann nochmal während der neue Bus schon im Schrittempo weiter fuhr und irgenwann gings dann auf den "Highway" Richtung Süden. Am ersten Raststopp dann Gepäck aufs Dach, damit ich die Füße ausstrecken kann (soweit das mit 1,84 m in einem Bus "made in Japan" geht).

Blick nach Westen auf dem Highway von Kathmandu Richtung indischer Grenze.

Blick nach Westen auf dem Highway von Kathmandu Richtung indischer Grenze.

Schon fast in der Ebene dann ein Stau. Dazu muß gesagt werden, daß es in Nepal keine Warndreiecke gibt, sondern vor einer Unfall-/Pannenstelle einfach ein Steinbrocken auf die Straße gelegt wird. Ein Pannenfahrzeug -- davon gibt es viele -- wir durch in die Radkästen gesteckte Äste kenntlich gemacht. Wir sind an mehr als einem in den Graben gefallenen LKW vorbeigekommen. Nun gab es eine der (seltenen) Totalsperren. Später ist erzählt worden, es habe zwei Tote darunter ein Kind gegeben. Egal, der Highway war schon ca. 2 km vor der Unfallstelle gesperrt. Wir standen auf der Straße (ich war der einzige Ausländer). Etwa 100 m hinter uns ein Touristen-Kleinbus, ich humpelte hin und unterhielt mich mit zwei netten Engländerinnen im Rentenalter.

Nun kam ein weiterer Bus mit etwas, das ich in Asien immer wieder zum Kotzen finde -- es ist leider "typisch deutsch." In ganz Ostasien leben Hunde verwildert als "räudige Straßenköter." In einigen Kulturen gelten Hund und Schwein als gleich unrein, jede Berührung wird vermieden. In chinesisch beeinflußten Kulturkreisen hält man sich allenfalls Schoßhündchen. In Korea sorgt man dafür, daß Hunde schön fett sind -- bevor sie in den Topf kommen. Absolut Niemandem würde auch nur im Traum einfallen einen Straßenköter zu adoptieren und ihn an die Leine zu legen. Sofern man so etwas sieht kann man darauf wetten, daß derjenige ein Deutscher oder Schweizer ist. (Die verschärfte Version ist der schmerbäuchige über-50-jährige am Strand in Thailand: an einer Hand die Hundeleine(n), an der anderen die Nutte, die altersmäßig seine Enkelin sein könnte.) Nun steigt aus diesem überfüllten Bus voller Nepalis ein ca. 27jähriger in dunklelblauer Pseudo-Hippie-Uniform (der etwa eine Woche alte Bart und das verwuschelte Haar deuten auf persönliche Hygienemängel), mit einem Köter (Strick um den Hals) aus dem Bus: "Bei Fuß!"
(Arschloch!!! Bei so viel Unsensibilität gegenüber der Kultur fremder Länder kann es nicht wundern wenn Touristen nur abgezockt werden .... Von miniberockten, singlet-tragenden Blondinen ohne BH, die hinterher "Vergewaltigung" schreien, fange ich hier jetzt nicht an -- was mir dazu einfällt ist im heute in Deutschland herrschenden Klima der "political correctness" nicht mehr druckreif.)

Meinem wilden Busfahrer durfte ich dann unter lautem Rufen hinterherhechten, der nutzte nämlich die von einem Krankenwagen geschlagene Bresche, um näher an die Spitze der Schlange zu kommen. Die Unfallstelle war nach zwei Stunden geräumt.

Noch eine Nacht auf nepalesischer Seite der Grenze im verwanzten Guest House von der Herfahrt, nochmal gut gewürztes Wasserbüffel-Schaschlik (scheint es in Indien nicht zu geben) und ab nach Benares (Varanasi), Bus bis Gorakhpur, dann Nachtzug. Sleeper 2. Klasse, in der am Morgen ein indischer Geschäftsmann sehr unruhig suchend herumschaut -- man hatte seinen Laptop gestohlen. Tatsächlich erscheint ein Beamter der "Railway Protection Force" (Bahnpolizei, mit Gewehren aus dem 1. Weltkrieg, Modell Enfield .303, wie sie auch die Wächter vor Banken vielfach tragen.)

© Adi Meyerhofer, 2013
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Reisebericht Indien 27.10.-25.11.2008 Route: Delhi - Shimla - McLeod Ganj, Dharamsala - Lumbini - Kathmandu - Bodhgaya - Varanasi/Sarnath - Sikkim - Kalkutta - (Andamanen, ausgefallen) - Darjeeling - Delhi.
Details:
Aufbruch: 27.10.2008
Dauer: 4 Wochen
Heimkehr: 25.11.2008
Reiseziele: Indien
Nepal
Der Autor
 
Adi Meyerhofer berichtet seit 11 Jahren auf umdiewelt.