Iran - mit dem Fahrrad im Orient

Reisezeit: September - November 2015  |  von Jörn Tietje

Shiraz - von Moscheen, Gärten und Basaren

Shiraz und Isfahan stehen in einem Iran-internen Wettstreit, welche die schönere der beiden Städte ist. Den Schiedsrichter gebe ich in dieser Frage ganz bestimmt nicht, dazu sind die Eindrücke viel zu flüchtig. Isfahan hat mich sofort in seinen Bann gezogen, Shiraz ist anscheinend wesentlich vielfältiger und auch nicht ganz so chaotisch. Meine Bleibe liegt mitten im Zentrum, sodass ich viele der Attraktionen der Stadt zu Fuß besuchen kann. Erstmal bei der Tourist-Information einen Stadtplan holen und ein paar Ratschläge, was man in dieser Stadt gesehen haben muss - unmöglich, alles in zwei Tagen zu sehen. Aber gleich hinter der Tourist-Info liegt die alte Festung der Stadt, ein alter Ziegelbau mit Wehrtürmen an den vier Ecken, von denen einer umzufallen droht.

Der schiefe Turm von Shiraz

Der schiefe Turm von Shiraz

Der Zand-Komplex

Auf der anderen Straßenseite liegt dann der riesige Zand-Komplex, für den man sich einfach ein bisschen mehr Zeit nehmen muss, um die ganzen Eindrücke aufnehmen und verarbeiten zu können. Natürlich mit einer Moschee. Natürlich mit einem Basar. Dazu noch Museum, altes Badehaus und Bibliothek

Von außen wie von innen wirkt die Vakil-Moschee sehr schlicht im Vergleich mit vielen anderen Gotteshäusern, die ich bisher gesehen habe. Eine Besonderheit ist die Treppe rechts: Sie hat 14 Stufen und ist aus einem einzigen Marmorblock gefertigt - einzigartig im Iran

Von außen wie von innen wirkt die Vakil-Moschee sehr schlicht im Vergleich mit vielen anderen Gotteshäusern, die ich bisher gesehen habe. Eine Besonderheit ist die Treppe rechts: Sie hat 14 Stufen und ist aus einem einzigen Marmorblock gefertigt - einzigartig im Iran

Auch hier fasziniert mich die Säulenhalle mit ihrer Schlichtheit

Auch hier fasziniert mich die Säulenhalle mit ihrer Schlichtheit

Ruhig geht's zu auf dem orientalischen Basar

Vermutlich verbindet jeder so seine Vorstellungen mit dem sprichwörtlichen orientalischen Basar. Lautes Feilschen, Gedränge, aufdringliche Händler, die Angst um seine Habe als ständiger Begleiter...
Alles so falsch und so ganz anders. Schon die anderen Basare, die ich besucht habe waren exotisch-schön. Dieser übertrifft sowohl vom Gemäuer wie auch vom Warenangebot und der Atmosphäre alle bisherigen. Auf Touristen ist man hier überhaupt nicht eingestellt und man geht völlig ungehelligt durch die schier endlosen und verwirrenden Gänge. Die Farben und die Düfte sind ein Anschlag auf die Sinne. Nicht aber die Geräuschkulisse. Trotz der vielen Menschen ist es sehr ruhig und entspannt. Gehandelt wird nicht und es wird auch keiner in einen Laden gezogen oder in irgendeiner Art und Weise zum Kauf animiert.

Die zehn Meter hohen Ziegelgewölbe sorgen trotz der Hitze draußen für ein angenehmes Raumklima im Basar

Die zehn Meter hohen Ziegelgewölbe sorgen trotz der Hitze draußen für ein angenehmes Raumklima im Basar

Was weiß ich denn, was hier angeboten wird...

Was weiß ich denn, was hier angeboten wird...

Verschiedene Hülsenfrüchte und Kerne...

Verschiedene Hülsenfrüchte und Kerne...

Vor allem aber die unzähligen Gewürze einzeln oder wie hier als Mischung verwirren den Geruchssinn

Vor allem aber die unzähligen Gewürze einzeln oder wie hier als Mischung verwirren den Geruchssinn

Unvermeidliche natürlich auf die vielen Teppichhändler. Aber auch sonst bekommt man alles was das Herz begehrt.

Unvermeidliche natürlich auf die vielen Teppichhändler. Aber auch sonst bekommt man alles was das Herz begehrt.

Naja, das alte Vakil-Bad ist dagegen schon eine Enttäuschung, wie so vieles andere auch. Oder bin ich inzwischen zu verwöhnt? Oder sind die Geschmäcker einfach zu unterschiedlich. Irgendwann gehe ich hier wahrscheinlich auch in keine Moschee mehr.

Muss das denn sein, die historischen Räume mit ziemlich naiv ausstaffierten Puppen zu dekorieren?

Muss das denn sein, die historischen Räume mit ziemlich naiv ausstaffierten Puppen zu dekorieren?

Viele berühmte Menschen haben ihre letzte Ruhestätte in Shiraz gefunden und es wurden teilweise monumentale Gedenkstätten für sie errichtet. Ich habe mir das Grabmahl von Hafez herausgesucht, der hier mindestens einen Stellenwert hat, wie bei uns Goethe.

Über dem Marmorsarg des Dichters Hafez wurde diese Gedenkstätte errichtet und ist ein richtiger Wallfahrtsort für die Iraner

Über dem Marmorsarg des Dichters Hafez wurde diese Gedenkstätte errichtet und ist ein richtiger Wallfahrtsort für die Iraner

Der heilige Schrein von Shah-e-Cheragh

Eigentlich habe ich schon keine richtige Lust auf noch mehr alte Gemäuer, Heiligtümer und, und, und
Erstmal zurück ins Hotel, bisschen ausruhen. Naja, auf dem Stadtplan ist ein schönes Foto des Schreins von Shah-e-Cheragh. Keine Ahnung wer das war, aber zur blauen Stunde noch schnell vor dem Abendessen ein paar Fotos machen geht wohl noch. Liegt ja auch nur ein paar hundert Meter entfernt. Ist dabei aber ziemlich unscheinbar und ich laufe erstmal an dem Eingang vorbei. Zu erkennen in der Dämmerung eigentlich nur an den riesigen Flutlichttürmen in dem Häusermeer. Ich komme an und dann ist alles anders als sonst. Kein Eintrittsgeld, dafür aber eine Sicherheitskontrolle. Fototasche, Wechselobjektiv und Stativ werden nicht akzeptiert und ich werde zu einer Öffung in der Wand geschickt, wo alles verwahrt werden soll. Na super, da kann ich ja auch gleich draußen bleiben. Wie gesagt, Moscheen habe ich schon reichlich hinter mir und auf eine mehr oder weniger kommt es dann auch nicht mehr an. Keine Ahnung warum, aber der Mann an der Gepäckaufbewahrung hat irgenwie das Bedürfnis, mir zu helfen. Gespräch mit dem Sicherheitsmann. Nichts zu machen. Dieser telefoniert und nach 5 - 10 Minuten erscheint in würdiger Kleidung ein Mann mit breiter Schärpe mit der Aufschrift "International Affairs" - jetzt wird mein Besuch schon zu einer internationalen Angelegenheit. Er erklärt mir, dass die Sicherheitsvorkehrungen dazu dienen, Anschläge zu vermeiden, er wird mich aber begleiten und mir auch alles erklären und meine Ausrüstung darf ich auch mitnehmen. Super! Mein Begleiter heißt Said, hat in Indien IT studiert und unterrichtet an der Uni von Shiraz. Dies ist ein freiwilliger Dienst, den er leistet. Er erklärt mir, dass der Bruder des 8. Imam Reza hier ums Leben kam und begraben wurde............. So weiß ich zumindest ansatzweise, warum diese Anlage entstanden ist. Ich habe schon vieles auf meinen Reisen gesehen, was jetzt kommt, hat mir allerdings in seiner Pracht die Sprache verschlagen - und das kommt selten vor! Nur ein paar Fakten. Allein der kürzlich fertiggestellte Erweiterungsbau fasst 10.000 Gläubige, die Gesamtanlage 200.000 Menschen und ist damit die zweitgrößte Irans. Bis aus den besagten modernen Erweiterungsbau sind alle anderen teilweise Jahrhunderte alte Bauten von innen komplett mit Spiegelmosaiken ausgekleidet. Je neuer, desto filigraner. Die Eingangstür zum Hauptschrein ist mit massivem Gold beschlagen, innen vieles mit Silberreliefs. Es ist wirklich nicht in Worte zu fassen und auch Bilder können nur einen schwachen Eindruck vermitteln, zumal die ganzen Spiegel jeden Kameratechnik an ihre Grenzen führt. Ich versuche es trotzdem mit einigen Bildern.

Mehr als dieses Bild hatte ich eigentlich nicht erwartet. Viele Menschen sind in der Anlage, die Atmosphäre ist aber sehr entspannt und fast fröhlich

Mehr als dieses Bild hatte ich eigentlich nicht erwartet. Viele Menschen sind in der Anlage, die Atmosphäre ist aber sehr entspannt und fast fröhlich

Bevor wir reingehen, noch eine weitere Außenansicht

Bevor wir reingehen, noch eine weitere Außenansicht

Spiegelmosaiken, Gold, Silber und Kronleuchter bringen die Kamera und mich zur Verzweiflung - da muss noch nachgearbeitet werden. Tatsächlich ist es viel heller und auch nicht so sehr ins Goldfarbene

Spiegelmosaiken, Gold, Silber und Kronleuchter bringen die Kamera und mich zur Verzweiflung - da muss noch nachgearbeitet werden. Tatsächlich ist es viel heller und auch nicht so sehr ins Goldfarbene

Es müssen hier Millionen Spiegelscherben verarbeitet worden sein!

Es müssen hier Millionen Spiegelscherben verarbeitet worden sein!

Wort reichen nicht für ein Beschreibung

Wort reichen nicht für ein Beschreibung

Überall sind Gläubige Moslems im Gebet versunken und lassen sich auch nicht von den wenigen Touristen stören

Überall sind Gläubige Moslems im Gebet versunken und lassen sich auch nicht von den wenigen Touristen stören

Ein von Mushahedin nach der islamischen Revolution getötetes Regierungsmitglied hat hier in einem Schrein auch seine letzte Ruhestätte gefunden

Ein von Mushahedin nach der islamischen Revolution getötetes Regierungsmitglied hat hier in einem Schrein auch seine letzte Ruhestätte gefunden

Ich hätte da noch ein paar mehr Fotos, es soll jetzt aber reichen von Spiegelgewölben

Ich hätte da noch ein paar mehr Fotos, es soll jetzt aber reichen von Spiegelgewölben

Einen architektonischen Kontrapunkt setzt der neue Erweiterungsbau für 10.000 Menschen - der Kronleuchter wiegt vier Tonnen. Wollen mal hoffen, dass Statik und nicht Gottvertrauen bei der Planung im Spiel waren

Einen architektonischen Kontrapunkt setzt der neue Erweiterungsbau für 10.000 Menschen - der Kronleuchter wiegt vier Tonnen. Wollen mal hoffen, dass Statik und nicht Gottvertrauen bei der Planung im Spiel waren

Die Schlichtheit dominiert hier

Die Schlichtheit dominiert hier

Man muss das ganze nicht mögen und alles ist schließlich Geschmackssache. Bei aller Pracht und orientalischen Verspieltheit sind die Räume hell und nicht so düstern und einschüchternd wie in christlichen Gotteshäusern. Und völlig zu recht fragt mich Said, ob ich mir vorstellen könne, dass Kinder so fröhlich und ausgelassen in deutschen Kirchen zwischen den Betenden spielen dürften. Und so unrecht hat er ja nicht. Automatisch fängt man in unseren Kirchen an zu flüstern ändert irgendwie sein Verhalten. Wie selbstverständlich und natürlich ist das Verhalten der Menschen hier.
Zum Abschluss gehts dann noch in einen Raum für die internationalen Gäste. Getränke, Süßigkeiten, bisschen rumblödeln, Eintrag ins Gästebuch und natürlich noch ein hochoffizielles Erinnerungsfoto und ich bekomme zum Abschied auch noch einen Umschlag mit einer Winterfotografie der Anlage im Schnee.

Die Stimmung war nicht halb so steif wie das Bild. Zusammen mit anderen "Offiziellen" hatten wir noch viel Spaß

Die Stimmung war nicht halb so steif wie das Bild. Zusammen mit anderen "Offiziellen" hatten wir noch viel Spaß

Genug der Moscheen und Paläste. Einige habe ich noch besucht, es soll hier aber reichen, auch wenn ich trotz allem was ich schon gesehen habe, wieder fasziniert war. Wenn man schon in Shiraz ist, muss man natürlich auch die berühmten alten persischen Gärten besuchen. Diese haben mich allerdings nicht so in ihren Bann gezogen. Sehr gepflegte Parkanlagen in einer Großstadt eben. Morgen ist Schluss mit Müßiggang. Dann setze ich mich wieder auf meinen Drahtesel und fahren auf Nebenstrecken durch die Berge in Richtung Norden - Said meinte noch, dort könnte ich nicht zelten, weil es dafür schon viel zu kalt sein wird: Nachts um die vier Grad. So unterschiedlich kann man Temperaturen empfinden - für mich Wohlfühltemperatur...

© Jörn Tietje, 2015
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Wieder einmal belade ich mein Fahrrad für eine Solotour in einem fremden Land. In meinem Reisepass klebt ein Visum für 60 Tage Iran (keine Ahnung warum, eigentlich sind 30 das Maximum) und die Anspannung und Neugier auf viel Unbekanntes wachsen. Im Kopf ringen die positiven Erfahrungen anderer Reisender über die Schönheit des Landes und die Gastfreundschaft der Menschen mit den Vorbehalten, die sich aus Medienberichten nähren. Ihr seid wieder herzlich eingeladen, mich hier zu begleiten.
Details:
Aufbruch: 19.09.2015
Dauer: 8 Wochen
Heimkehr: 10.11.2015
Reiseziele: Iran
Der Autor
 
Jörn Tietje berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.
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