Die arabische Welt für Einsteiger

Reisezeit: April - Dezember 2006  |  von Kerstin Franz

Auf der Suche nach einer Bleibe

Zwar hab ich immer im Scherz verkündet, dass ich ja auch am Strand übernachten könnte, wenn ich keine Wohnung finde - aber eine Wohnung mit Bett, Badezimmer, Küche wäre schon irgendwie netter...

Leider hängen hier kaum irgendwelche Gesuche nach Flatmates aus, wie man mir ja eigentlich versichert hatte. Aber das ist in Dubai vielleicht auch anders als hier in Abu Dhabi. Die Lehrer meldeten sich auch nicht zurück. Aber glücklicherweise erscheinen jeden Tag Wohnungsanzeigen in den "Gulf News".

So trafen Steffen und ich uns auf einen Fruit-Cocktail (seeeehr lecker! aus den verschiedensten und vor allem frischen Früchten) und blätterten die Anzeigen durch.

Steffen beim Studieren der Anzeigen

Steffen beim Studieren der Anzeigen

Machten auch eine Menge Kreuzchen, umkringelten vieles und schwelgten schon in der Vorstellung einer möblierten Wohnung mit zwei Schlafzimmern, und wenn nicht direkt an der Corniche mit direktem Blick auf's Meer, dann doch wenigstens in der Hamdan Street (5. Straße), die quirligste Einkaufsstraße hier in Abu Dhabi...

Nach ein paar Tagen mehr mit Kringeln und Kreuzchen und sollen wir - sollen wir nicht's traute ich mich dann auch endlich mal irgendwo anzurufen Einiges war natürlich direkt nichts, weil entweder viel zu teuer, unmöbliert oder weil wir keine Philippinos sind. Schließlich konnte ich aber einen Termin mit einer Maklerfirma verbuchen.

Da saßen wir dann in dem kleinen Büro voller Leute, die wild miteinander in Arabisch, Pakistanisch oder in was für einer Sprache auch immer miteinander sprachen, mit dem Gedanken im Hinterstübchen, bloß vorsichtig zu sein und uns nicht hinter den Tisch ziehen zu lassen.
Wir sagten, was wir uns vorstellten und mussten direkt erfahren, dass in der Preisklasse, die Steffens Firma bezahlen würde, nicht wirklich ein großes Angebot besteht. Aber der Makler könne uns erfreulicherweise eine Wohnung anbieten, die direkt gegenüber seinem Büro läge...
Steffen, als der Mann und Geldgeber , musste dann ein Formular ausfüllen und auch eine Unterschrift leisten, was zwischen uns - vorsicht! vorsicht! - erstmal noch Diskussionen auslöste. Denn man kann ja nie wissen... Die Gebühr zum Angucken der Wohnung handelten wir dann auch noch von 100 Dirham (Dhs) auf 50 runter (und fühlten uns, als hätten wir alles perfekt im Griff ), und dann ging es die paar Schritte zur Wohnung. Ein Pluspunkt: direkt an der Hamdan Street gelegen. Hausflur war auch okay, der Aufzug einigermaßen vertrauenserweckend... . Die Wohnung an sich von der Größe okay, Zimmerverteilung gut, aber unmöbliert, Klimaanlage (AC) funktionierte nicht richtig, alles ziemlich dreckig, ab und zu mal ein komisches Insekt und auf die Toilettenspülung kein Druck und der Preis viel zu hoch. Da sagten wir "Nein, danke!" und gingen schnell.

Inzwischen hatte sich auch jemand gemeldet, der den Aufruf gelesen hatte, dass dringend ein Zimmer für eine Praktikantin gesucht werden würde. Aufgrund dieses Appells meldete sich eine Frau Z. bei mir: sie und ihr Mann hätten ein Zimmer in ihrer Wohnung frei.
Ihre Wohnung befindet sich in der Airport Road, nicht wirklich zentral, aber auch nicht zu weit außerhalb. Im Hausflur roch es stark nach Gewürzen, aber er war sauber. Die Wohnung besteht aus Wohnzimmer, das auch gleichzeitig Ess- und Arbeitszimmer ist, Küche, Gästezimmer, Schlafzimmer und 2 Badezimmern. Sie haben eine Katze, die mich mißtrauisch aus großen grünen Augen aus der Ferne betrachtete.
Frau Z. ist halb Deutsche, halb Französin und ursprünglich aus der sächsischen Schweiz. Er ist Marrokkaner. Sie unterhalten sich in einem Kauderwelsch aus Englisch, Französisch, paar Brocken Deutsch und Arabisch. Schon lustig, ich habe dadurch natürlich nur die Hälfte verstanden, aber das ist hier ja ganz normal...
Sie hatte extra Kuchen gebacken (bzw. backen lassen von ihrer Maid), der noch warm war und erzählten und erzählten und erzählten... Sie lehrt Deutsch am Berlitz-Institut und wird von ihren Schülern geliebt, er ist Fußballtrainer für Kinder und wird von diesen geliebt. Beide würden ab Juni für anderthalb Monate nach Deutschland fahren, dann würden sie beide wiederkommen und er kurz darauf wieder für einige Zeit verschwinden, weil er mit seinen Fußballkindern in ein Trainingslager fährt.
Sie luden mich dann noch ein, mit ihnen in die Marina Mall zu fahren. Nahm ich natürlich an, weil sie schon nett waren und ich die Marina Mall noch nicht kannte.

Dort besuchten wir ein Café, das vor allem Schokolade in allen möglichen Variationen anbietet: Trinkschokolade, Schokoladen-Tee, Crêpe mit Schokolade, Schokoladentorte.... Ich fühlte mich wie im Himmel
Letztendlich denke ich aber nicht, dass ich das Zimmer nehme, auch wenn es mich nichts kosten würde. Aber die Wohnung ist nicht sehr groß und man würde ständig aufeinander treffen. Mir war das alles zu eng...
Aber zur Not...

Die Wohnungsanzeigen gaben auch nicht so viel her. Vieles kam preislich nicht in Frage, und so begann ich, auch für mich allein zu gucken.
Ich meldete mich auf eine Anzeige, in der verschieden große Räume angeboten und für die bevorzugt europäische Frauen gesucht wurden. (NEIN!, nicht, was einem jetzt vielleicht in den Sinn kommen könnte ). Wir verabredeten einen Termin - und ich war auf Anhieb angetan von der Wohnung (nachdem es etwa 1 Stunde gedauert hat, bis ich die gefunden hatte): fast an der Corniche gelegen, im 9. Stock, mit 2 kleinen Balkonen, einer mit Blick auf's Meer.
Mir machte eine junge Frau auf, hintendrein folgte eine graue Perserkatze - im Kleidchen und mit Bimmelglöckchen... . Wir setzten uns ins Wohnzimmer, das riesig war und nur spartanisch eingerichtet, dafür aber 1. schön, und 2. technisch gut ausgestattet: großer Flachbildschirm, Stereo- und DvD-Anlage, Ipod mit Lautsprechern, Laptop... und redeten ein wenig. Sie heißt S., ist 28 Jahre alt, geschieden (auch so ein Phänomen: mir begegnen hier viele Frauen, die geschieden sind), hat 2 Kinder die beim Vater leben und sucht europäische Frauen, weil sie gehört hat, dass Europäer ordentlich und sauber seien und keine Probleme bereiten würden.

Gut für mich, sag ich da nur Konnte ich natürlich auch nur bestätigen!
Der Rest der Wohnung besteht aus einer Küche, einem Masterbedroom mit eigenem Badezimmer, einem kleinen und einem mittleren Zimmer, beide leerstehend, noch zwei weiteren Badezimmern und einer Art kleine Waschküche/Abstellkammer. Außerdem hat sie SAT-TV und ich könnte mir jeden Sender einstellen, den ich wollte und finde, Internetanschluss (Wireless) und eine Putz- und Kochfrau. Für mich käme preislich (1.700 Dhs) der mittlere Raum in Frage, für den sie mir auch Möbel besorgen könnte.
Ich sagte ihr, ich überlege es mir und würde mich bald melden.

Mit Steffen schaute ich mir auch noch eine Wohnung an. Diesmal umsonst, weil ohne Makler Wieder an der Airport Road, mit Blick auf eben diese. Die Wohnung war möbliert, man kam von der Wohnungstür direkt in die Küche, die recht dreckig war, und ging dann weiter ins Wohnzimmer. Es gab auch ein überraschend sauberes Badezimmer und 2 Schlafzimmer. In dem einen davon räkelten sich zwei (philippinische?) Damen (...) verschlafen und spärlich bekleidet auf dem Bett... Ich warf nur einen kurzen Blick hinein, aber, naja, was soll ich dazu noch groß sagen...???
Mir gefiel die Wohnung nicht, Steffen schon (wenig später sah ich endlich mal wo er derzeit wohnt und konnte dann noch weniger verstehen, warum er diese Wohnung gut fand...) aber sie war, selbst nach Handeln, viel zu teuer.
Lustig wurd's, als der Wohnungsbesitzer uns fragte, wie denn Steffen und ich in Beziehung zueinander ständen.
Tja - was nun antworten?
Wir wechselten ein paar Blicke, er sagte nichts, ich sagte nichts, die Sekunden verstrichen, bis ich schließlich meinte, er sei mein Bruder... Absolut unauffällig.... Aber der Wohnungsbesitzer beließ es dabei, und wir nahmen die Wohnung ja eh nicht.

Wenige Tage besichtigte ich das Zimmer bei S. noch einmal und sagte ihr zu, dass ich das mittlere Zimmer mieten würde. Einzug am 11.5., denn die Gastfreundschaft von meiner Chefin (und auch die Komfortabilität ihres Hauses) wollte ich noch ausnutzen

Also, nochmal Glück gehabt: muss ich doch nicht am Strand campieren

© Kerstin Franz, 2007
Du bist hier : Startseite Asien Vereinigte Arabische Emirate Auf der Suche nach einer Bleibe
Die Reise
 
Worum geht's?:
Im Februar fiel die Entscheidung: ich werde mein Praxissemester von Mai bis Ende Oktober in einem Büro in den Vereinigten Arabischen Emiraten, genauer gesagt in deren Hauptstadt Abu Dhabi absolvieren. Diese Entscheidung zu treffen hat sich Tage hingezogen und die Nerven von so einigen arg strapaziert ;-) Vielen Dank an dieser Stelle für eure Unterstützung und Hilfe! :-) Und weil es mir da so gut gefällt, bleibe ich noch etwas länger :-)
Details:
Aufbruch: 27.04.2006
Dauer: 8 Monate
Heimkehr: 14.12.2006
Reiseziele: Vereinigte Arabische Emirate
Al Ain
Ägypten
Der Autor
 
Kerstin Franz berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.