on the road......

Reisezeit: September - November 2006  |  von helli l

ATTENTION: warum bin ich immer noch hier?

11.11.2006

Phom Penh umklammert mich und lässt mich nicht mehr los. Immerhin ist heute mein 4. Tag hier und ich hab nicht wirklich eine Ahnung warum ich immer noch durch die Strassen ziehe. Eigentlich kann man sich alle in Frage kommenden Sehenswürdigkeiten in 1 bis 2 Tagen reinziehen und darüber hinaus ist die Stadt nicht gerade das reizendste Fleckchen auf Erden. Mit dem Elan einer altersschwachen Schnecke schiebe ich meinen Körper durch die vermüllten und von Touristen überfüllten Gassen und bleibe immer wieder hängen, die Menschen hier sind sehr gesprächig und man kann so einiges in Erfahrung bringen. Eindeutig der Grund für mein non stop Verweilen an diesem Ort. Junge Marktfrauen klagen ihr Leid über die von Männern dominierte Gesellschaft, ein jung gebliebener, in Österreich würde er schon längst die Pension einstreichen, Cyclofahrer der voll Euphorie von seinen 11 Kinder erzählt, ein Wirt der seinen ganz persönlichen Beitrag zur Verwestlichung leistet (gekleidet wie ein europäischer Teenager), kleine Kinder, verkaufen natürlich auch alles mögliche, die alle europäischen Hauptstädte kennen und viele andere, die überglücklich sind ihr Englisch auszuprobieren.

Auch die Zahl der Schlitzohren hier ist überdimensional und man muss echt aufpassen nicht überrumpelt zu werden, die Plumpheit der Versuche ist teilweise erstaunlich lächerlich und ein gutes Training für Geduld und Nerven. So weicht der Preis auf der Speisekarte ab (3fach), extra Trinkgeld wird dazugeschummelt (nachzählen empfehlenswert), vereinbarte Preise werden beliebig abgeändert und am Markt bekommt man, mit etwas Pech, die Waren aus dem Hinderstübchen. Abgesehen davon, trifft man trotzdem mindestens genauso viele geniale und freundliche Menschen und wenn man sich die Zeit nimmt kann man die spannendsten Geschichten hören und Einblicke in die so unterschiedliche und fazinierende Welt der Einheimischen gewinnen.

Im Rausch des Nichtstuns hab ich beschlossen, bevor ich den Royal Palace stürme, ein paar Stunden am See zu entspannen. Enttäuscht musste ich feststellen, dass mich dort alles andere als eine idyllische Seelandschaft erwartete. Vielmehr blickte ich auf eine Reihe weiterer Bag Packer Burgen und Schwärme ebensolcher Spezies, die in fremde Länder reist nur um einen billigen Rausch oder ein paar Joints unter der fernöstlichen Sonne zu genießen. Die Gepräche sind meist platt, Langeweile lässt nicht lange auf sich warten und die Atmosphäre gleicht einer Endlosschleife, und täglich grüsst das Murmeltier. Wie auch immer, jeder hat seine eigene Motivation warum er durch die Welt streift, richtig oder falsch gibt es da nicht, jeder sollte selbst entscheiden und ob man findet was man sucht liegt schliesslich an einem selbst.

Es war gar nicht so leicht ein ruhiges Plätzchen zu finden, doch nach einem mehr oder weniger langen Fussmarsch konnte ich in einen gemütlichen Strohsessel, natürlich in einem der vielen Guesthouses, niedersinken. Im zweifelhaften Schutz eines verwahrlosten Sonnenschirms, könnte jedem Schweizer Käse Konkurrenz machen, döste ich so vor mich hin und hatte endlich mal Zeit, ALLEINE!, zu entspannen.

royal palace

royal palace

Royal Palace, der 3. Versuch, diesmal hab ich es geschafft rein zu kommen, wurde ja langsam auch Zeit. Die Eintrittspreise sind nicht gerade klein gehalten und sogar für die Mitnahme einer Foto oder Videokamera muss man die Geldtasche zücken. Den Namen Royal hat sich diese Ansammlung von prunkvollen Palästen, Gebäuden, Tempeln und sonstigem Schnick Schnack auf alle Fälle verdient. Massig Gold, Silber, Edelsteine und vor den Toren kämpfen die vielen armen Menschen um ein Stück Brot, irgendwie pervers. Der Weg aus der überkandidelten Welt war ungleich schwerer, da der König gerade dabei war sein Reich zu verlassen und so war alles gesperrt und ein Entkommen unmöglich. Eine halbe Stunde später, war ich wieder in Freiheit und konnte sogar noch einen Blick auf den Hinterkopf des Königs erhaschen

Mein abendlicher Spaziergang, abseits der touristischen Hauptadern, war mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Die Karten in meinem Reiseführer, ein kopierter lonley planet ist echt das letzte, sind miserabel und so hab ich mich unweigerlich verirrt. Im Hinterkopf begleitete mich die Tatsache, dass Waffen hier nichts Ungewöhnliches sind und abgeraten wird spät abends noch umher zu flanieren. Ich lasse halt nichts aus und mit einem mulmigen Gefühl suchte ich eine Gelegenheit wieder zurück in mein Guesthouse zu gelangen. Keine Ahnung wo ich genau war und die dunkelsten Gestalten warfen mir eigenartige Blicke zu. Zugegeben, man kann sich einiges einbilden, doch das Ambiente war offensichtlich wie geschaffen für einen Alptraum. Keinem der Taxilenker war mein Guesthouse bekannt und darüber hinaus war eine Verständigung, no english, überaus schwierig. Ich war heilfroh als ich wieder in vertrauter Umgebung, die Zombies hatten mittlerweilen schon rechteckige Augen, war.

So nun ist aber Schluss, Zeit sich zu verabschieden, Phnom Penh bleibt hinter mir und es geht auf nach Siem Reap. ANGKOR WAT, die Mutter aller Tempel, streckt die Hand nach mir aus.

© helli l, 2006
Du bist hier : Startseite Asien Kambodscha warum bin ich immer noch hier?
Die Reise
 
Worum geht's?:
Endlich ist es soweit...ich kann die Ketten des Alltags sprengen und mich auf eine wundersame Reise begeben. Meine Ziele stehen fest, doch bin ich mir sicher dass sich der eine oder andere spontane Abstecher ergeben wird. Abseits der Touristenpfade, wenn moeglich, mache ich mich auf um mehr als nur an der Oberflaeche zu kratzen. Ich will tiefer gehen und Land und Leute und die Lebensart entdecken und erleben. Ein wager Plan: Osterreich-Thailand-Vietnam-Oesterreich-Indien
Details:
Aufbruch: 30.09.2006
Dauer: 9 Wochen
Heimkehr: 30.11.2006
Reiseziele: Vietnam
Thailand
Kambodscha
Der Autor
 
helli l berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.